Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Sozialrechtliche Abteilungen P 42/2003
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P 42/03

Urteil vom 6. April 2004
III. Kammer

Präsidentin Leuzinger, Bundesrichter Lustenberger und Kernen;
Gerichtsschreiber Widmer

T.________, 1953, Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwältin Bettina
Schmid, Bachmattstrasse 40, 8048 Zürich,

gegen

1. Amt für Zusatzleistungen zur AHV/IV der Stadt  Zürich, Amtshaus
Helvetiaplatz, 8004 Zürich,
2. Bezirksrat Zürich, Neue Börse, Selnaustrasse 32,  8001 Zürich,
Beschwerdegegner

Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich, Winterthur

(Entscheid vom 27. Mai 2003)

Sachverhalt:

A.
Mit Verfügung vom 16. März 1998 forderte das Amt für Zusatzleistungen zur
AHV/IV der Stadt Zürich von T.________ die für A.________ (geboren 1926) in
der Zeit vom 1. Juni 1994 bis 28. Februar 1998 ausgerichteten
Zusatzleistungen zur Altersrente im Gesamtbetrag von Fr. 71'087.-- zurück.
Zur Begründung hielt es fest, A.________ habe sich während dieser Zeit in
Mazedonien aufgehalten. Die Zusatzleistungen seien unrechtmässig erwirkt und
von T.________ entgegengenommen worden. Dieser sei daher
rückerstattungspflichtig, wobei die Rückzahlung in monatlichen Raten von Fr.
1'200.-- zu erfolgen habe. Gleichzeitig verneinte das Amt die Voraussetzungen
für den Erlass der Rückerstattung.
Mit Urteil des Bezirksgerichts vom 15. März 2000 war T.________ im
Zusammenhang mit der Entgegennahme der Zusatzleistungen des gewerbsmässigen
Betruges sowie der Urkundenfälschung schuldig befunden und mit 12 Monaten
Gefängnis, unter Gewährung des bedingten Strafvollzuges, bestraft worden. Der
Verurteilte liess Berufung erklären.
Die von T.________ gegen die Verfügung des Amtes für Zusatzleistungen vom 16.
März 1998 eingereichte Einsprache wies der Bezirksrat Zürich mit Entscheid
vom 21. März 2002 ab.

B.
Die von T.________ hiegegen erhobene Beschwerde, mit welcher er zur
Hauptsache die Aufhebung des Einspracheentscheides hatte beantragen lassen,
wies das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich ab (Entscheid vom 27.
Mai 2003).

C.
Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde lässt T.________ beantragen, der
vorinstanzliche Entscheid und der Einspracheentscheid seien aufzuheben;
eventuell sei die Sache an das kantonale Gericht zurückzuweisen, damit es
nach Beizug der Strafakten neu entscheide; subeventuell sei das Verfahren bis
zum Abschluss des Strafprozesses zu sistieren. Ferner ersucht er um Anordnung
eines zweiten Schriftenwechsels und die Bewilligung der unentgeltlichen
Verbeiständung.
Während das Amt für Zusatzleistungen zur AHV/IV der Stadt Zürich und der
Bezirksrat Zürich auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde schliessen,
verzichtet das Bundesamt für Sozialversicherung auf eine Vernehmlassung.

D.
Am 26. September 2003 reichte das Amt für Zusatzleistungen zur AHV/IV der
Stadt Zürich das Urteil der I. Strafkammer des Obergerichts vom 27. Juni 2003
ein, mit welchem T.________ in Bestätigung des Entscheides des
Bezirksgerichts vom 15. März 2000 des gewerbsmässigen Betruges sowie der
Urkundenfälschung schuldig gesprochen und zu einer Gefängnisstrafe von 12
Monaten, unter Gewährung des bedingten Strafvollzuges, verurteilt wurde.
Die Parteien erhielten Gelegenheit, im Rahmen eines zweiten Schriftenwechsels
zu diesem neuen Aktenstück Stellung zu nehmen.

Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:

1.
Auf die Verwaltungsgerichtsbeschwerde ist nur soweit einzutreten, als die
Rückerstattung von bundesrechtlichen Ergänzungsleistungen und deren Erlass
streitig sind. Im vorliegenden Verfahren ist daher nicht zu prüfen, wie es
sich bezüglich der kantonalen Beihilfen und der kommunalen Zuschüsse verhält
(vgl. BGE 124 V 146 Erw. 1 mit Hinweis).

2.
Die Vorinstanz hat richtig festgehalten, dass das auf den 1. Januar 2003 in
Kraft getretene Bundesgesetz über den Allgemeinen Teil des
Sozialversicherungsrechts (ATSG) vom 6. Oktober 2000 im vorliegenden Fall
nicht anwendbar ist (vgl. BGE 127 V 467 Erw. 1, 121 V 366 Erw. 1b) und hat
die hier massgebenden, bis Ende 2002 gültig gewesenen Bestimmungen über das
Anspruchserfordernis des Wohnsitzes und des gewöhnlichen Aufenthaltes in der
Schweiz (Art. 2 Abs. 1 und 2 ELG), die Rückerstattung zu Unrecht bezogener
Ergänzungsleistungen (Art. 27 Abs. 1 ELV in Verbindung mit Art. 47 Abs. 1
AHVG) unter den für die Wiedererwägung oder die prozessuale Revision
geltenden Voraussetzungen (BGE 126 V 23 Erw. 4b, 46 Erw. 2b), den Erlass der
Rückerstattung (Art. 47 Abs. 1 AHVG) sowie die rückerstattungspflichtigen
Personen (Art. 78 in Verbindung mit Art. 76 AHVV) zutreffend dargelegt.
Richtig festgestellt hat das kantonale Gericht sodann, dass nach der
Rechtsprechung auch Personen oder Behörden, welche die Leistungen als
Drittempfänger entgegengenommen haben, ohne dass die Voraussetzungen des Art.
76 AHVV erfüllt waren, rückerstattungspflichtig sind (BGE 110 V 14 Erw. 2).
Darauf kann verwiesen werden.

3.
3.1 Aufgrund des von der Beschwerdegegnerin eingereichten Urteils des
Obergerichts vom 27. Juni 2003 steht fest, dass der Beschwerdeführer zwischen
Juni 1994 und Februar 1998 Zusatzleistungen zur Altersrente von A.________ im
Gesamtbetrag von Fr. 71'087.-- entgegennahm, indem er das zuständige Amt über
deren Wohnsitzverhältnisse täuschte und in den Glauben versetzte, die in
Mazedonien wohnhafte Rentnerin halte sich in der Schweiz auf. Wie die
Vorinstanz zutreffend erkannt hat, erweist sich die Ausrichtung der
Zusatzleistungen für die in Mazedonien lebende A.________ aufgrund von Art. 2
Abs. 2 ELG als zweifellos unrichtig. Die Berichtigung ist sodann angesichts
des in Frage stehenden Betrages von erheblicher Bedeutung, weshalb die
Voraussetzungen für die Rückforderung erfüllt sind. Nicht zu beanstanden ist
unter den gegebenen Umständen, dass die Vorinstanz den Beschwerdeführer zur
Rückerstattung der ertrogenen Leistungen verpflichtete, trat er doch der
Verwaltung gegenüber als von der vermeintlich anspruchsberechtigten
A.________ bezeichneter Drittempfänger auf, der als ihr Bevollmächtigter die
Zahlungsanweisungen bei der Post entgegennahm. Das gewählte Vorgehen und die
konkreten Verhältnisse, u.a. die Tatsache, dass der Beschwerdeführer für die
Rentnerin am 15. August 1996 das Formular "Periodische Überprüfung des
Anspruchs auf Zusatzleistungen zur AHV/IV" des kommunalen Amtes ausfüllte,
verbieten die Annahme, dass der Beschwerdeführer die Leistungen im Auftrag
der Rentnerin lediglich als Inkasso- oder Zahlstelle, ähnlich einer Bank,
entgegengenommen hat, was seine Rückerstattungspflicht rechtsprechungsgemäss
(BGE 110 V 14 Erw. 2b) ausschliessen würde.
Die Vorinstanz hat sodann auch zu Recht festgestellt, dass die
Voraussetzungen für den Erlass der Rückerstattung klarerweise nicht erfüllt
sind und der Rückforderungsanspruch des städtischen Amtes bei Erlass der
Verfügung vom 16. März 1998 nicht verwirkt war. Auf die entsprechenden
Erwägungen im angefochtenen Entscheid wird verwiesen.

3.2 Die in der Verwaltungsgerichtsbeschwerde erhobenen Einwendungen sind,
soweit erheblich, nicht geeignet, zu einem vom vorinstanzlichen Entscheid
abweichenden Ergebnis zu führen. Nachdem das Urteil des Obergerichts vom 27.
Juni 2003 vorliegt, erweist sich die Behauptung, die Vorinstanz habe den
Sachverhalt hinsichtlich des Wohnsitzes der Rentnerin während der Zeit des
Leistungsbezugs unrichtig festgestellt, als hinfällig und der mehrfach
beantragte Beizug der Strafakten erübrigt sich, da kein Grund besteht, von
den tatbeständlichen Feststellungen des Obergerichts abzuweichen (vgl. BGE
125 V 242 Erw 6a mit Hinweisen).

4.
Das Verfahren ist kostenlos (Art. 134 OG). Da die
Verwaltungsgerichtsbeschwerde als aussichtslos (BGE 129 I 135 Erw. 2.3.1, 128
I 236 Erw. 2.5.3) bezeichnet werden muss, ist das Gesuch um unentgeltliche
Verbeiständung abzuweisen (Art. 152 OG; BGE 125 V 202 Erw. 4a und 372 Erw.
5b, je mit Hinweisen).

Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht:

1.
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten
ist.

2.
Es werden keine Gerichtskosten erhoben.

3.
Das Gesuch um unentgeltliche Verbeiständung wird abgewiesen.

4.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht des Kantons
Zürich und dem Bundesamt für Sozialversicherung zugestellt.
Luzern, 6. April 2004

Im Namen des Eidgenössischen Versicherungsgerichts

Die Präsidentin der III. Kammer:  Der Gerichtsschreiber: