Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Sozialrechtliche Abteilungen K 76/2003
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K 76/03

Urteil vom 9. August 2005
III. Kammer

Präsidentin Leuzinger, Bundesrichter Lustenberger und Seiler;
Gerichtsschreiber Flückiger

G.________, 1944, Beschwerdeführer,

gegen

Visana Krankenversicherung, Juristischer Dienst, Weltpoststrasse 19/21, 3000
Bern, Beschwerdegegnerin

Verwaltungsgericht des Kantons Bern, Bern

(Entscheid vom 2. Juni 2003)

Sachverhalt:

A.
Mit Verfügung vom 1. Oktober 2002 verpflichtete die Krankenversicherung
Visana G.________ zur Bezahlung von Prämien der obligatorischen
Krankenpflegeversicherung für die Monate April 2001 bis Juni 2002 in Höhe von
insgesamt Fr. 4346.70 zuzüglich Mahn- und Bearbeitungskosten von Fr. 300.-
und beseitigte den in der entsprechenden Betreibung erhobenen
Rechtsvorschlag. Daran hielt sie mit Einspracheentscheid vom 9. Dezember 2002
fest.

Mit Verfügung vom 9. Oktober 2002 verpflichtete die Visana G.________
ausserdem zur Zahlung von Prämien der freiwilligen Taggeldversicherung nach
KVG für die Zeit von Januar 2000 bis Juni 2002 in Höhe von Fr. 825.- und
beseitigte den in der diese Forderung betreffenden Betreibung erhobenen
Rechtsvorschlag. Dies bestätigte der Versicherer mit Einspracheentscheid vom
9. Dezember 2002.

B.
Die dagegen erhobenen Beschwerden wies das Verwaltungsgericht des Kantons
Bern ab, soweit es darauf eintrat (Entscheid vom 2. Juni 2003).

C.
Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde beantragt G.________ sinngemäss die
Aufhebung des kantonalen Entscheids und der beiden Einspracheentscheide.

Die Visana schliesst auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Das
Bundesamt für Sozialversicherung, Abteilung Krankenversicherung (heute im
Bundesamt für Gesundheit), verzichtet auf eine Vernehmlassung.

Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:

1.
Da es sich bei der angefochtenen Verfügung nicht um die Bewilligung oder
Verweigerung von Versicherungsleistungen handelt, hat das Eidgenössische
Versicherungsgericht nur zu prüfen, ob das vorinstanzliche Gericht
Bundesrecht verletzt hat, einschliesslich Überschreitung oder Missbrauch des
Ermessens, oder ob der rechtserhebliche Sachverhalt offensichtlich unrichtig,
unvollständig oder unter Verletzung wesentlicher Verfahrensbestimmungen
festgestellt worden ist (Art. 132 in Verbindung mit Art. 104 lit. a und b
sowie Art. 105 Abs. 2 OG).

2.
Das kantonale Gericht hat die Bestimmungen und Grundsätze über die Pflicht
einer in der Schweiz wohnhaften Person, sich für Krankenpflege zu versichern
(Art. 3 Abs. 1 KVG), die Kündigung und das Ende des
Versicherungsverhältnisses (Art. 7 Abs. 1 und Abs. 5 KVG), das
Vollstreckungsverfahren bezüglich ausstehender Prämien und
Kostenbeteiligungen (Art. 9 Abs. 1 KVV; BGE 121 V 110 f. Erw. 2 und 3) sowie
die Zulässigkeit der Erhebung von Mahngebühren und Umtriebsspesen (BGE 125 V
277 Erw. 2c/bb) zutreffend dargelegt. Gleiches gilt hinsichtlich der
Voraussetzungen des Abschlusses der freiwilligen Taggeldversicherung gemäss
KVG (Art. 67 Abs. 1 KVG). Darauf wird verwiesen. Richtig ist auch, dass die
materiellrechtlichen Bestimmungen des Bundesgesetzes über den Allgemeinen
Teil des Sozialversicherungsrechts vom 6. Oktober 2000 (ATSG) auf den
vorliegenden Fall nicht anwendbar sind, da die streitigen
Einspracheentscheide vor dessen In-Kraft-Treten (1. Januar 2003) ergingen
(BGE 129 V 4 Erw. 1.2 mit Hinweisen).

3.
Gemäss den grundsätzlich verbindlichen (Erw. 2 hievor) Feststellungen des
kantonalen Gerichts hat der Beschwerdeführer die bei der Visana bestehende
obligatorische Krankenpflegeversicherung am 29. September 1999 gekündigt. Der
laut dem Beschwerdeführer zuständige neue Versicherer Sumiswalder
Krankenkasse hatte der Visana jedoch während des vorliegend relevanten
Zeitraums bis Ende Juni 2002 nicht, wie in Art. 7 Abs. 5 Satz 1 KVG
vorgesehen, mitgeteilt, dass der Beschwerdeführer bei ihm ohne Unterbrechung
des Versicherungsschutzes versichert sei. Deshalb bestand das
Versicherungsverhältnis bei der Visana während dieses Zeitraums weiter (Art.
7 Abs. 5 Satz 2 KVG; BGE 127 V 42 Erw. 4b/ee), mit der Folge, dass der
Beschwerdeführer zur Prämienzahlung verpflichtet blieb. Die rückwirkende
Auflösung des Versicherungsverhältnisses ist nach der Rechtsprechung nur dann
möglich, wenn der bisherige Versicherer die Entlassung einer Person
verweigert, obwohl ihm die Mitteilung des neuen Versicherers zugegangen ist
(BGE 125 V 275 Erw. 7). Diese Konstellation ist hier jedoch nicht gegeben.
Die Visana ist daher berechtigt, die streitigen Prämien für die Zeit von
April 2001 bis Juni 2002 einzufordern. Der Versicherer war ausserdem befugt,
die geltend gemachten Mahn- und Bearbeitungsgebühren von Fr. 300.- erheben,
da die erforderliche Grundlage in den Allgemeinen Versicherungsbedingungen
existiert, die Unterlassung der Prämienzahlung angesichts der mehrfachen
Rechtsbelehrungen durch verschiedene Stellen als schuldhaft qualifiziert
werden muss und die Entschädigung angesichts der konkreten, besonderen
Umstände - wenn auch im Sinne eines Grenzfalles - als betragsmässig
angemessen erscheint (vgl. BGE 125 V 277 Erw. 2c/bb mit Hinweisen).

4.
Der Beschwerdeführer war unbestrittenermassen im Rahmen einer
Taggeldversicherung bei der ehemaligen Krankenkasse KKB versichert. Mit der
Übernahme der KKB durch die Visana und dem gleichzeitig erfolgten
In-Kraft-Treten des KVG am 1. Januar 1996 wurde diese Versicherung in eine
freiwillige Taggeldversicherung nach diesem Gesetz umgewandelt, was die
Visana dem Versicherten mehrfach mitteilte, ohne dass dieser Einwände erhoben
hätte. Bei der Taggeldversicherung handelt es sich somit, wie das kantonale
Gericht zutreffend erkannt hat, um eine solche nach KVG und nicht nach VVG.
Daher war der Versicherer befugt, Verfügungen zu erlassen (Art. 80 KVG in der
bis Ende 2002 gültig gewesenen Fassung). Das Kündigungsschreiben vom 29.
September 1999 bezog sich nach seinem Wortlaut nur auf die obligatorische
Grundversicherung. Die Visana hatte keinen Anlass, anzunehmen, dass damit
auch die freiwillige Taggeldversicherung gekündigt werden sollte. Auch die am
26. September 2001 ausgesprochene Kündigung der Zusatzversicherungen erfasst
die Taggeldversicherung nach KVG nicht, worauf die Visana den Versicherten
auch umgehend hingewiesen hat. Da nicht geltend gemacht wird, während des
umstrittenen Zeitraums bis Ende Juni 2002 sei noch eine weitere Kündigung
erfolgt, bestand auch dieses Versicherungsverhältnis fort. Die Berechnung des
Betrags von Fr. 825.- wurde nicht beanstandet.

5.
Krankenversicherer können auf dem Gebiet der obligatorischen
Krankenpflegeversicherung gemäss einem allgemeinen betreibungsrechtlichen
Grundsatz für ihre Geldforderungen auch ohne rechtskräftigen
Rechtsöffnungstitel die Betreibung einleiten, im Falle des Rechtsvorschlags
nachträglich eine formelle Verfügung erlassen und nach Eintritt der
Rechtskraft derselben (respektive des sie gegebenenfalls ersetzenden
Einspracheentscheides) die Betreibung fortsetzen. Voraussetzung für eine
direkte Fortsetzung der Betreibung ohne Durchlaufen des
Rechtsöffnungsverfahrens nach Art. 80 SchKG ist allerdings, dass das
Dispositiv der Verwaltungsverfügung mit Bestimmtheit auf die hängige
Betreibung Bezug nimmt und den Rechtsvorschlag ausdrücklich als aufgehoben
erklärt, sei es vollumfänglich oder in einer bestimmten Höhe (BGE 121 V 110
f. Erw. 2 und 3, 119 V 331 Erw. 2b, je mit Hinweisen; Urteil Z. vom 27.
November 2003, K 107/02, Erw. 4.2.1). Unter denselben Voraussetzungen ist die
Beseitigung des Rechtsvorschlags auch bei Prämienforderungen aus der
freiwilligen Taggeldversicherung nach KVG möglich. Das Vorgehen der Visana
wird den genannten Anforderungen gerecht und ist daher nicht zu beanstanden.

6.
Weil das Verfahren nicht die Bewilligung oder Verweigerung von
Versicherungsleistungen zum Gegenstand hat, ist es kostenpflichtig
(Umkehrschluss aus Art. 134 OG). Die Gerichtskosten sind dem unterliegenden
Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 156 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 135
OG).

Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht:

1.
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 1000.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt und
mit dem geleisteten Kostenvorschuss verrechnet.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Bern,
Sozialversicherungsrechtliche Abteilung, und dem Bundesamt für Gesundheit
zugestellt.

Luzern, 9. August 2005
Im Namen des Eidgenössischen Versicherungsgerichts

Die Präsidentin der III. Kammer:  Der Gerichtsschreiber:
i.V.