Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Sozialrechtliche Abteilungen K 18/2003
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K 18/03
K 19/03
K 20/03

Urteil vom 16. Mai 2003
III. Kammer

Präsident Borella, Bundesrichter Meyer und Lustenberger; Gerichtsschreiber
Nussbaumer

M.________, 1960, Beschwerdeführer,

gegen

ASSURA Kranken- und Unfallversicherung, Mettlenwaldweg 17, 3037
Herrenschwanden, Beschwerdegegnerin

Versicherungsgericht des Kantons Solothurn, Solothurn

(Entscheid vom 19. Dezember 2002)

Sachverhalt:
Mit Einspracheentscheiden vom 7. September 2001, 6. Februar 2002 und 25.
April 2002 verpflichtete die Assura Kranken- und Unfallversicherung ihr
Mitglied M.________ zur Bezahlung der Prämien für die Monate Januar bis
Dezember 2001 unter Anrechnung der Prämienverbilligungsbeiträge und unter
Beseitigung der in den verschiedenen Betreibungen vom Versicherten erhobenen
Rechtsvorschläge.

Die hiegegen erhobenen Beschwerden wies das Versicherungsgericht des Kantons
Solothurn mit drei Entscheiden vom 19. Dezember 2002 ab und erteilte der
Krankenkasse in der Betreibung Nr. 54038 des Betreibungsamtes X.________ für
den Betrag von Fr. 291.-, in den Betreibungen Nrn. 40544 und 47774 für total
Fr. 813.- und in der Betreibung Nr. 33989 für Fr. 77.40 die definitive
Rechtsöffnung.

M.________ führt jeweils Verwaltungsgerichtsbeschwerde mit dem Antrag auf
Aufhebung der angefochtenen Gerichtsentscheide. Ferner stellt er das Gesuch
um unentgeltliche Prozessführung.

Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:

1.
Da den drei Verwaltungsgerichtsbeschwerden ein ähnlicher Sachverhalt zu
Grunde liegt, sich die gleichen Rechtsfragen stellen und die Rechtsmittel die
nämlichen vorinstanzlichen Entscheide betreffen, rechtfertigt es sich, die
drei Verfahren zu vereinigen und in einem einzigen Urteil zu erledigen (BGE
128 V 126 Erw. 1 mit Hinweisen; vgl. auch BGE 128 V 194 Erw. 1).

2.
Da es sich bei den angefochtenen Verfügungen nicht um die Bewilligung oder
Verweigerung von Versicherungsleistungen handelt, hat das Eidgenössische
Versicherungsgericht nur zu prüfen, ob das vorinstanzliche Gericht
Bundesrecht verletzt hat, einschliesslich Überschreitung oder Missbrauch des
Ermessens, oder ob der rechtserhebliche Sachverhalt offensichtlich unrichtig,
unvollständig oder unter Verletzung wesentlicher Verfahrensbestimmungen
festgestellt worden ist (Art. 132 in Verbindung mit Art. 104 lit. a und b
sowie Art. 105 Abs. 2 OG).

3.
3.1 Gemäss Art. 61 Abs. 1 KVG legt der Versicherer die Prämien für seine
Versicherten fest. Nach Art. 90 KVV sind die Prämien in der Regel monatlich
zu bezahlen. Entrichten Versicherte fällige Prämien oder Kostenbeteiligungen
trotz Mahnung nicht, hat der Versicherer laut Art. 9 Abs. 1 KVV das
Vollstreckungsverfahren einzuleiten.

Die Kantone gewähren den Versicherten in bescheidenen wirtschaftlichen
Verhältnissen Prämienverbilligungen (Art. 65 Abs. 1 KVG). Die Kantone sorgen
laut Art. 65 Abs. 3 KVG ferner dafür, dass nach der Feststellung der
Bezugsberechtigung die Auszahlung der Prämienverbilligung so erfolgt, dass
die anspruchsberechtigten Personen ihrer Prämienzahlungspflicht nicht
vorschussweise nachkommen müssen.

3.2 Hauptpflicht eines Versicherten im Versicherungsverhältnis mit dem
Krankenversicherer ist die Pflicht zur Bezahlung der Prämien. Diese Pflicht
entsteht entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers nicht erst nach
Abklärung eines allfälligen Anspruchs auf Prämienverbilligung nach Art. 65
KVG. Art. 65 Abs. 1 KVG legt lediglich fest, dass die Kantone den
Versicherten in bescheidenen wirtschaftlichen Verhältnissen
Prämienverbilligungen zu gewähren haben. In einzelnen Kantonen wurden die
entsprechenden Prämienverbilligungsbeiträge nur semester- oder quartalsweise
rückwirkend ausgerichtet. Für die betroffenen Versicherten bedeutete dies,
dass sie die monatlichen Prämien grundsätzlich zuerst an den
Krankenversicherer zu entrichten hatten und unter Umständen erst Monate
später die Prämienverbilligung rückwirkend ausbezahlt oder gutgeschrieben
erhielten. Angesichts der bei vielen Versicherten dadurch verursachten
erheblichen finanziellen Schwierigkeiten hat der Gesetzgeber aus diesem
Grunde im Rahmen der Teilrevision des KVG vom 24. März 2000 (in Kraft seit 1.
Januar 2001) in Art. 65 Abs. 3 zweiter Satz KVG den Kantonen die Aufgabe
überbunden, nach der Feststellung der Bezugsberechtigung dafür zu sorgen,
dass die Auszahlung der Prämienverbilligung so erfolgt, dass die
anspruchsberechtigten Personen ihrer Prämienzahlungspflicht nicht
vorschussweise nachkommen müssen (vgl. dazu bundesrätliche Botschaft betr.
den Bundesbeschluss über die Bundesbeiträge in der Krankenversicherung und
die Teilrevision des Bundesgesetzes über die Krankenversicherung vom 21.
September 1998, BBl 1999 S. 845). Mit dieser Regelung wollte der Gesetzgeber
die Kantone anhalten, die Prüfung der Anspruchsberechtigung und die Bezahlung
der Prämienverbilligung möglichst rasch durchzuführen, damit der in
bescheidenen Verhältnissen lebende Versicherte die von ihm geschuldete volle
Prämie nicht vorschussweise bezahlen muss. Diese Konzeption ändert aber
nichts daran, dass ein Versicherer berechtigt und nach Art. 9 Abs. 1 KVV auch
verpflichtet ist, die vollen Prämienbeiträge einzufordern, selbst wenn für
den betroffenen Versicherten der Anspruch auf Prämienverbilligungsbeiträge
noch nicht abgeklärt oder die Prämienverbilligung bei ihm oder beim
Krankenversicherer noch nicht eingetroffen ist.

3.3 Im vorliegenden Fall hat der Kanton Solothurn der Krankenkasse am 4. Juli
2001 die Prämienverbilligung des Beschwerdeführers für das Jahr 2001
ausgerichtet. Der Haupteinwand des Beschwerdeführers würde daher ohnehin nur
die Prämien für die Monate Januar bis Juni 2001 betreffen. Die Prämien für
den Zeitraum Juli bis Dezember 2001 hat die Krankenversicherung erst nach
Erhalt der Prämienverbilligung in Betreibung gesetzt. Sodann geht aus den
Akten hervor, dass die Krankenkasse lediglich die Differenz zwischen den
geschuldeten Prämien und den erhaltenen Prämienverbilligungsbeiträgen geltend
macht. Was den Einspracheentscheid vom 7. September 2001 betrifft, so legt
der Beschwerdeführer des Weitern in der Verwaltungsgerichtsbeschwerde nicht
in rechtsgenügender und substanziierter Weise dar, inwiefern der
vorinstanzliche Entscheid hinsichtlich der Verrechnung bundesrechtswidrig
sein sollte (vgl. hiezu RKUV 2003 KV 234 S. 7). Schliesslich ist auch der
Hinweis auf das betreibungsrechtliche Existenzminimum unbegründet, da sich
diese Frage erst in einem späteren Stadium des Vollstreckungsverfahrens
stellt (vgl. auch Art. 9 KVV).

4.
Da es nicht um Versicherungsleistungen, sondern um Krankenkassenprämien geht,
ist das Verfahren nach Art. 134 OG e contrario kostenpflichtig. Dem Gesuch um
unentgeltliche Prozessführung ist zu entsprechen (Art. 152 in Verbindung mit
Art. 135 OG), da die Voraussetzungen hiefür vorliegen (BGE 125 V 202 Erw. 4a
und 372 Erw. 5b, je mit Hinweisen). Es wird indessen ausdrücklich auf Art.
152 Abs. 3 OG aufmerksam gemacht, wonach die begünstigte Partei der
Gerichtskasse Ersatz zu leisten haben wird, wenn sie später dazu im Stande
ist.

Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht:

1.
Die drei Verwaltungsgerichtsbeschwerden werden abgewiesen.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 500.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.
Zufolge Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege werden sie einstweilen auf
die Gerichtskasse genommen.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Versicherungsgericht des Kantons
Solothurn und dem Bundesamt für Sozialversicherung zugestellt.

Luzern, 16. Mai 2003
Im Namen des Eidgenössischen Versicherungsgerichts

Der Präsident der III. Kammer:   Der Gerichtsschreiber: