Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Sozialrechtliche Abteilungen K 165/2003
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K 165/03

Urteil vom 1. Oktober 2004
IV. Kammer

Präsident Ferrari, Bundesrichterin Widmer und Bundesrichter Ursprung;
Gerichtsschreiberin Kopp Käch

Helsana Versicherungen AG, Schadenrecht, Birmensdorferstrasse 94, 8003
Zürich, Beschwerdeführerin,

gegen

R.________, 1961, Beschwerdegegnerin, vertreten durch den Rechtsdienst für
Behinderte, Bürglistrasse 11, 8002 Zürich

Versicherungsgericht des Kantons Solothurn, Solothurn

(Entscheid vom 26. November 2003)

Sachverhalt:

A.
Die 1961 geborene R.________ ist bei der Helsana Versicherungen AG
(nachfolgend Helsana) obligatorisch krankenpflegeversichert. Sie litt in den
Jahren 1975 bis 1994 an einer Anorexia nervosa und Bulimie, erkrankte zudem
1997 an einem Adenokarzinom der Speiseröhre und musste sich deswegen einem
operativen Eingriff sowie einer Chemotherapie unterziehen. R.________ liess
sich im Zeitraum vom 24. September 1999 bis 25. Juli 2001 zahnärztlich
behandeln und ersuchte die Helsana um Übernahme der daraus resultierenden
Kosten. Mit Verfügung vom 17. Oktober 2002 lehnte die Krankenversicherung die
Übernahme der Kosten für eine festsitzende Lösung im Betrag von Fr. 17'492.10
ab, erklärte sich jedoch bereit, die Kosten für eine bewegliche Lösung in
Form einer Teilprothese im Ober- und Unterkiefer einschliesslich Laborkosten
im Gesamtbetrag von ca. Fr. 1200.- pro Kiefer zu übernehmen. Mit
Einspracheentscheid vom 17. Februar 2003 hielt sie an ihrem Standpunkt fest.

B.
In Gutheissung der hiegegen eingereichten Beschwerde, mit welcher R.________
die Übernahme von Zahnbehandlungskosten im Betrag von Fr. 19'535.- beantragen
liess, hob das Versicherungsgericht des Kantons Solothurn mit Entscheid vom
26. November 2003 den Einspracheentscheid vom 17. Februar 2003 auf und wies
die Sache an die Helsana zurück, damit sie weitere Abklärungen treffe und
anschliessend über den Leistungsanspruch der Versicherten neu verfüge.

C.
Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde beantragt die Helsana die Aufhebung des
Entscheids des Versicherungsgerichts des Kantons Solothurn vom 26. November
2003 und die Bestätigung ihres Einspracheentscheids vom 17. Februar 2003.

R. ________ lässt auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde,
eventualiter auf Verpflichtung der Helsana zur Übernahme der gesamten
Zahnbehandlungskosten im Betrag von Fr. 19'535.- zuzüglich Zinsen schliessen.
Das Bundesamt für Gesundheit verzichtet auf eine Vernehmlassung.
Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:

1.
Die Vorinstanz hat die massgebenden gesetzlichen Bestimmungen über den
Anspruch auf Leistungen der obligatorischen Krankenpflegeversicherung für
zahnärztliche Behandlungen, die durch eine schwere, nicht vermeidbare
Erkrankung des Kausystems oder durch eine schwere Allgemeinerkrankung oder
deren Folgen bedingt sind (Art. 31 Abs. 1 lit. a und b KVG, Art. 33 Abs. 2
und 5 KVG in Verbindung mit Art. 33 lit. d KVV sowie Art. 17 und 18 KLV)
zutreffend dargelegt. Darauf kann verwiesen werden. Zu ergänzen ist, dass die
Behandlung, damit deren Kosten als Pflichtleistung zu übernehmen sind, nicht
nur notwendig, sondern nach Art. 32 Abs. 1 KVG auch wirksam, zweckmässig und
wirtschaftlich sein muss.

2.
2.1 Das kantonale Gericht hat hinsichtlich der von der Krankenversicherung
vorgenommenen Abklärungen Mängel festgestellt, einerseits bezüglich der Frage
der Vermeidbarkeit der Kausystemerkrankung durch genügende Mundhygiene,
anderseits bezüglich Wirtschaftlichkeit, Zweckmässigkeit und Wirksamkeit der
beweglichen und der festen Lösung des Zahnersatzes. Es hat die Sache daher
zur weiteren Abklärung an die Beschwerdeführerin zurückgewiesen, damit sie
zunächst ein ärztliches Gutachten zur Frage der Mundhygiene einhole. Komme
die Krankenversicherung dann zum Schluss, die Mundhygiene sei ungenügend und
eine Erkrankung des Kausystems somit vermeidbar gewesen, entfalle eine
Leistungspflicht. Sei jedoch von einer genügenden Mundhygiene und
unvermeidbaren Erkrankung des Kausystems auszugehen, habe die
Beschwerdeführerin ebenso mit einem ärztlichen Gutachten abzuklären, ob sich
die festsitzende oder die abnehmbare Rekonstruktion des Gebisses als
wirtschaftlich, zweckmässig und wirksam erweise.

2.2 Die Krankenversicherung hat bereits im vorinstanzlichen Verfahren
Einwände bezüglich genügender Mundhygiene der Versicherten vorgebracht,
indessen auf ihre Bereitschaft hingewiesen, die Kosten für eine nicht
festsitzende Lösung zu übernehmen. Diese bereits in der Verfügung vom 17.
Oktober 2002 geäusserte Leistungsbereitschaft bezüglich einer abnehmbaren
Lösung wiederholte sie im Einspracheentscheid und sie hält auch in der
Verwaltungsgerichtsbeschwerde daran fest. Ihren Standpunkt begründet sie vor
allem damit, dass eine festsitzende Lösung in Anbetracht der noch vorhandenen
Bulimie weder wirtschaftlich noch zweckmässig sei, da nach wie vor Magensäure
in den Mund fliesse und unweigerlich neue Behandlungen wegen Sekundärkaries
anstehen würden.

2.3 Die Beschwerdegegnerin macht demgegenüber geltend, sie stehe wohl noch
wegen Bulimie in Behandlung, erbreche aber - wie dies der behandelnde Arzt
Dr. med. W.________, Psychiatrie und Psychotherapie FMH, am 2. Februar 2004
bestätigt habe - seit Jahren nicht mehr.

3.
Streitig und zu prüfen ist demzufolge im vorliegenden Verfahren noch die
Frage, ob im Rahmen der obligatorischen Krankenpflegeversicherung eine
Leistungspflicht für die festsitzende und nicht nur für die abnehmbare Lösung
besteht. Massgebend ist diesbezüglich die Wirksamkeit, Wirtschaftlichkeit und
Zweckmässigkeit der beiden Varianten im Sinne von Art. 32 Abs. 1 KVG.
Aufgrund der dürftigen medizinischen Aktenlage kann diese Frage nicht
beantwortet werden. Die Vorinstanz hat die Sache diesbezüglich zu Recht an
die Beschwerdeführerin zurückgewiesen, damit sie weitere Abklärungen zur
Wirtschaftlichkeit, Zweckmässigkeit und Wirksamkeit der möglichen Lösungen
treffe und darüber neu verfüge. Die Frage der genügenden Mundhygiene ist
dabei insoweit von Bedeutung, als von der Mundhygiene der Versicherten in der
Vergangenheit auf jene in der Zukunft geschlossen werden könnte und dies für
die Wirksamkeit und Zweckmässigkeit der Lösung entscheidend wäre (vgl. BGE
124 V 354 Erw. 2f).

Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht:

1.
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird im Sinne der Erwägungen abgewiesen.

2.
Es werden keine Gerichtskosten erhoben.

3.
Die Helsana Versicherungen AG hat der Beschwerdegegnerin für das Verfahren
vor dem Eidgenössischen Versicherungsgericht eine Parteientschädigung von Fr.
1500.- (einschliesslich Mehrwertsteuer) zu bezahlen.

4.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Versicherungsgericht des Kantons
Solothurn und dem Bundesamt für Gesundheit zugestellt.

Luzern, 1. Oktober 2004
Im Namen des Eidgenössischen Versicherungsgerichts

Der Präsident der IV. Kammer:  Die Gerichtsschreiberin:
i.V.