Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Sozialrechtliche Abteilungen K 145/2003
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K 145/03

Urteil vom 5. August 2004
IV. Kammer

Präsident Ferrari, Bundesrichter Meyer und Ursprung; Gerichtsschreiber
Attinger

B.________, 1953, Beschwerdeführer,

gegen

Sanitas Krankenversicherung, St. Leonhardstrasse 20, 9001 St. Gallen,
Beschwerdegegnerin

Verwaltungsgericht von Appenzell Ausserrhoden, Trogen

(Entscheid vom 30. April 2003)

Sachverhalt:

A.
Der zuvor mit seinen beiden Töchtern während längerer Zeit im Ausland lebende
B.________ (geboren 1953) wurde am 28. September 2002 mit einem Flugzeug der
Rega in die Schweiz geflogen, wo er sich anschliessend für rund 14 Tage in
die Pflege des Spitals X.________ begeben musste. Am 2. Oktober 2002 meldete
er sich und seine Töchter bei der Krankenversicherung Sanitas zur Aufnahme in
die obligatorische Krankenpflegeversicherung an, wobei er in den
entsprechenden Formularen beantragte, den Versicherungsbeginn (rückwirkend)
auf den 1. September 2002 festzulegen. In der Folge stellte ihm die Sanitas
Versicherungspolicen zu, in welchen unter der Rubrik "Eintritt in die
Sanitas" jeweils das Datum vom "01.09.2002" angegeben wurde. Nachdem
B.________ den Krankenversicherer um Kostenvergütung für ärztliche Leistungen
ersuchte hatte, welche (zwar bereits) im September 2002, jedoch noch vor
seiner Einreise in die Schweiz vom 28. September 2002 erbracht worden waren,
teilte ihm die Sanitas mit Schreiben vom 28. Oktober 2002 mit, dass der
Versicherungsbeginn irrtümlich auf den 1. September 2002 festgelegt worden
sei: Versicherungsschutz bestehe erst seit dem 28. September 2002; die zu
Unrecht geleisteten Prämienbetreffnisse würden dem Versicherten
zurückerstattet. Daran hielt die Sanitas mit Verfügung vom 19. November 2002
und Einspracheentscheid vom 16. Dezember 2002 fest.

B.
Das Verwaltungsgericht von Appenzell Ausserrhoden wies die dagegen erhobene
Beschwerde mit Entscheid vom 30. April 2003 ab.

C.
B. ________ führt Verwaltungsgerichtsbeschwerde mit dem sinngemässen Antrag
auf Anerkennung eines seit dem 1. September 2002 bestehenden
Versicherungsverhältnisses.
Sanitas und Bundesamt für Sozialversicherung verzichten auf eine
Stellungnahme zur Verwaltungsgerichtsbeschwerde.

Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:

1.
Der Streit, ab welchem Zeitpunkt der Beschwerdeführer bei der Sanitas
obligatorisch krankenpflegeversichert ist, betrifft nicht unmittelbar die
Bewilligung oder Verweigerung von Versicherungsleistungen, weshalb das
Eidgenössische Versicherungsgericht nur zu prüfen hat, ob das vorinstanzliche
Gericht Bundesrecht verletzt hat, einschliesslich Überschreitung oder
Missbrauch des Ermessens, oder ob der rechtserhebliche Sachverhalt
offensichtlich unrichtig, unvollständig oder unter Verletzung wesentlicher
Verfahrensbestimmungen festgestellt worden ist (Art. 132 in Verbindung mit
Art. 104 lit. a und b sowie Art. 105 Abs. 2 OG).
Im Rahmen von Art. 105 Abs. 2 OG ist die Möglichkeit, im Verfahren vor dem
Eidgenössischen Versicherungsgericht neue tatsächliche Behauptungen
aufzustellen oder neue Beweismittel geltend zu machen, weitgehend
eingeschränkt. Nach der Rechtsprechung sind nur jene neuen Beweismittel
zulässig, welche die Vorinstanz von Amtes wegen hätte erheben müssen und
deren Nichterheben eine Verletzung wesentlicher Verfahrensvorschriften
darstellt (BGE 121 II 99 Erw. 1c, 120 V 485 Erw. 1b, je mit Hinweisen).

2.
Gemäss Art. 3 Abs. 1 KVG muss sich jede Person mit Wohnsitz in der Schweiz
innert drei Monaten nach der Wohnsitznahme oder der Geburt in der Schweiz für
Krankenpflege versichern oder von ihrem gesetzlichen Vertreter
beziehungsweise ihrer gesetzlichen Vertreterin versichern lassen. Bei
rechtzeitigem Beitritt (Art. 3 Abs. 1 KVG) beginnt die Versicherung im
Zeitpunkt der Geburt oder der Wohnsitznahme in der Schweiz (Art. 5 Abs. 1
erster Satz KVG).
Letztinstanzlich ist unter sämtlichen Verfahrensbeteiligten zu Recht
unbestritten, dass die obligatorische Krankenpflegeversicherung nach den
angeführten gesetzlichen Bestimmungen erst am 28. September 2002 beginnen
konnte, als der Beschwerdeführer (wieder) in die Schweiz einreiste und
(erneut) in S._________ Wohnsitz begründete. An diesem Tag begannen die
materiellrechtliche Versicherungspflicht und der daraus resultierende
Versicherungsschutz, sodass die Sanitas nicht zur Vergütung von Arzt- und
Spitalrechnungen verpflichtet werden kann, welche eine vor der Wohnsitznahme
in der Schweiz durchgeführte Behandlung (in Malaysia) betreffen.

3.
Streitig und zu prüfen bleibt, ob eine falsche Auskunft der Sanitas oder
deren Verhalten nach dem öffentlich-rechtlichen Vertrauensschutzprinzip (Art.
9 BV; BGE 127 I 36 Erw. 3a, 126 II 387 Erw. 3a; RKUV 2000 Nr. KV 126 S. 223;
zu Art. 4 Abs. 1 aBV ergangene, weiterhin geltende Rechtsprechung: BGE 121 V
66 Erw. 2a mit Hinweisen) eine vom materiellen Recht abweichende Behandlung
des Beschwerdeführers gebietet.
Was die den geltenden Rechtsvorschriften widersprechende Festsetzung des
Versicherungsbeginns (auf den 1. September 2002) in den Versicherungspolicen
vom 11. Oktober 2002 anbelangt, hat das kantonale Gericht im angefochtenen
Entscheid zutreffend dargelegt, dass der Beschwerdeführer hieraus nichts zu
seinen Gunsten ableiten kann. Die in Frage stehenden Policen konnten für vor
dem 28. September 2002 getroffene Dispositionen (namentlich die Durchführung
des medizinischen Eingriffs in Malaysia) offenkundig nicht kausal gewesen
sein. Dasselbe gilt mit Bezug auf die vom Krankenversicherer anfangs Oktober
2002 erteilte Kostengutsprache für Behandlung und Aufenthalt im Spital
X.________. Die bereits im Verwaltungs- und im erstinstanzlichen
Beschwerdeverfahren erhobenen, vor dem Eidgenössischen Versicherungsgericht
wiederholten Vorbringen, wonach die Sanitas den Versicherungsbeginn
anlässlich der verschiedenen früheren Auslandaufenthalte des
Beschwerdeführers stets auf den ersten Tag des Kalendermonats seiner Rückkehr
festgelegt habe, sind ebenfalls unbehelflich. Denn eine solche gesetzwidrige
Verwaltungspraxis in vereinzelten Fällen schüfe für sich allein genommen,
vorbehältlich besonderer Umstände, rechtsprechungsgemäss noch keine genügende
Vertrauensgrundlage (RKUV 1999 Nr. KV 97 S. 526 f. Erw. 5b und c;
unveröffentlichte Urteile B. vom 11. August 1994 [K 181/93] und Ch. vom 27.
September 1993 [K 124/92]). In der Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird
schliesslich geltend gemacht, im Jahre 1996 habe die Sanitas dem
Beschwerdeführer vor seiner Abreise nach Peru ausdrücklich mitgeteilt, er
könne die Versicherung entweder "weiterlaufen" lassen oder aber ab dem ersten
Tag des Kalendermonats seiner Rückkehr in die Schweiz "wieder aufleben"
lassen. Dieser letztinstanzlich erstmals vorgebrachte (unbelegte) Einwand
stellt eine neue Tatsachenbehauptung dar und ist im Rahmen des vorliegenden
Verfahrens als unzulässiges Novum (vgl. Erw. 1 hievor) nicht zu hören.
Bleibt es somit dabei, dass der Beschwerdeführer keine unrichtige Auskunft
des Krankenversicherers nachweisen kann, welche ihn zu einer nicht ohne
Nachteil rückgängig zu machenden Disposition veranlasste (Inanspruchnahme
medizinischer Leistungen vor dem 28. September 2002), dringt die Berufung auf
den öffentlich-rechtlichen Vertrauensschutz nicht durch.

Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht:

1.
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen.

2.
Es werden keine Gerichtskosten erhoben.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Beschwerdeführer auf dem Ediktalweg, dem
Verwaltungsgericht von Appenzell Ausserrhoden und dem Bundesamt für
Gesundheit (BAG) zugestellt. Das für den Beschwerdeführer bestimmte Exemplar
wird einstweilen zu den Akten gelegt.
Luzern, 5. August 2004

Im Namen des Eidgenössischen Versicherungsgerichts

Der Präsident der IV. Kammer:  Der Gerichtsschreiber: