Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Sozialrechtliche Abteilungen K 136/2003
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K 136/03

Urteil vom 17. Februar 2004
III. Kammer

Präsidentin Leuzinger, Bundesrichter Rüedi und Lustenberger;
Gerichtsschreiber Fessler

W.________, 1933, Beschwerdeführerin,

gegen

Universa Krankenkasse, Rue du Nord 5, 1920 Martigny, Beschwerdegegnerin

Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich, Winterthur

(Entscheid vom 22. September 2003)

Sachverhalt:

A.
Mit Einspracheentscheid vom 6. Juni 2002 lehnte die Universa Krankenkasse in
Bestätigung ihrer Verfügung vom 26. März 2002 die Übernahme der Kosten der am
10. Oktober 2001 bei W.________ vorgenommenen Brustoperation (Mastopexie nach
Lejour-Lassus bds) im Rahmen der obligatorischen Krankenpflegeversicherung
ab.

B.
Die Beschwerde von W.________ wies das Sozialversicherungsgericht des Kantons
Zürich mit Entscheid vom 22. September 2003 ab.

C.
W.________ führt Verwaltungsgerichtsbeschwerde und beantragt sinngemäss, es
seien ihr aus der obligatorischen Krankenpflegeversicherung die Kosten der
Brustoperation vom 10. Oktober 2001 zu vergüten.

Die Universa und das Bundesamt für Sozialversicherung, Abteilung Kranken- und
Unfallversicherung, als Aufsichtsbehörde (seit 1. Januar 2004 im Bundesamt
für Gesundheit) reichen keine Vernehmlassungen ein.

Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:

1.
Das am 1. Januar 2003 in Kraft getretene Bundesgesetz vom 6. Oktober 2000
über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts (ATSG) ist nicht
anwendbar, wie auch das kantonale Gericht richtig erkannt hat (BGE 129 V 4
Erw. 1.2).

2.
2.1 Die Vorinstanz hat die streitige Leistungspflicht der Universa für die
Brustoperation (Mastopexie nach Lejour-Lassus bds) vom 10. Oktober 2001 im
Rahmen der obligatorischen Krankenpflegeversicherung im Lichte der unter dem
alten Krankenversicherungsgesetz (KUVG) ergangenen Rechtsprechung (vgl. BGE
121 V 213 f. Erw. 4 und 5) geprüft. Das ist richtig (vgl. RKUV 2000 Nr. KV
138 S. 357).

2.2 Unter dem alten Recht hat sich die vom Eidgenössischen
Versicherungsgericht in ständiger Rechtsprechung angewendete Praxis
herausgebildet, wonach eine Mammareduktionsplastik medizinisch indiziert ist
und dem Erfordernis der Zweckmässigkeit genügt, «sofern eine Gewebereduktion
von gegen 500 g oder mehr beidseits vorgesehen ist bzw. durchgeführt wurde
und wenn gleichzeitig Beschwerden geltend gemacht werden, 'die auf die
Hypertrophie zurückgeführt werden können (könnten) und keine Adipositas
vorliegt'». Dabei gilt eine Person als übergewichtig (adipös), wenn der Body
Mass Index (BMI), also der Quotient von Körpergewicht (kg) und Körperlänge im
Quadrat (m2) grösser als 25 ist (RKUV 1996 Nr. K 972 S. 3 ff. Erw. 5a-c mit
Hinweisen).

Im vorliegenden Fall steht fest, dass im Zeitpunkt des Eingriffs am 10.
Oktober 2001 das Körpergewicht 62 kg betrug. Das entspricht bei einer
Körpergrösse von 170 cm einem BMI von 21,5. Gemäss Operationsbericht vom
selben Tag wurden an der rechten Brust ca. 150 g, an der linken knapp 200 g
Brustdrüsen- und Fettgewebe reseziert.

3.
Das kantonale Gericht ist nach einlässlicher Würdigung der Berichte des
operierenden Arztes Dr. med. C.________ zum Ergebnis gelangt, der
Kausalzusammenhang zwischen den geklagten Rücken-, Schulter- und
Kopfschmerzen und der lediglich moderaten Mammahypertrophie könne nicht als
rechtsgenüglich erstellt betrachtet werden. Das gelte umso mehr, als bei
einer Gewebeentnahme von deutlich unter den praxisgemäss geforderten 500 g
beidseits nur ganz besondere Umstände körperliche oder psychische Beschwerden
überwiegend wahrscheinlich als krankheitswertig und von der Mammahypertrophie
verursacht erscheinen liessen. Hiefür fehlten indessen Hinweise in Form
eindeutiger ärztlicher Aussagen oder sonstiger Indizien. Die angegebenen
Indikationen für die Operation liessen im Übrigen mit überwiegender
Wahrscheinlichkeit darauf schliessen, dass neben den körperlichen Beschwerden
dem ästhetischen Motiv der Verbesserung der Form der Mammae eine wesentliche
Rolle zugekommen sei.

4.
Die Beschwerdeführerin bringt nichts vor, was die tatsächlichen
Feststellungen und rechtlichen Schlussfolgerungen der Vorinstanz als
bundesrechtswidrig erscheinen liesse. Entgegen der Auffassung der
Versicherten kann auf die verschiedenen Berichte des operierenden Arztes
abgestellt werden. Dass sich Dr. med. C.________ gegenüber dem Vertrauensarzt
der Universa sowie im Rahmen der vom kantonalen Gericht eingeholten
Beweisauskunft zur Indikation des Eingriffs äusserte, stellt keine Verletzung
des Arztgeheimnisses dar (vgl. Art. 42 Abs. 4 und 5 KVG, Art. 57 Abs. 7 und 8
KVG sowie Art. 84 KVG; ferner Urteil S. vom 8. April 2002 [K 23/00] Erw. 7b
am Ende). Auch wenn die Beschwerdeführerin nach ihrem Dafürhalten die
fragliche Brustoperation nicht aus ästhetischen Motiven vornehmen liess,
ändert das nichts an der Feststellung, dass die Voraussetzungen nach Gesetz
und Rechtsprechung für eine Kostenübernahme durch die obligatorische
Krankenpflegeversicherung nicht gegeben sind. Ebenso wenig vermag die seit
dem Eingriff angeblich bestehende Beschwerdefreiheit die Leistungspflicht
ihrer Krankenkasse zu begründen. Im Übrigen sind vorliegend weder
EL-rechtliche Aspekte noch das (Werbe-)Verhalten von Krankenversicherern im
Zusatzversicherungsbereich von Belang.

5.
Die Beschwerdeführerin beantragt, dass die Universa der Gerechtigkeit wegen
vom Sozialversicherungsgericht zur Bezahlung der Operationskosten
verpflichtet werde.

Dem Gesetz kommt von Verfassungs wegen Vorrang zu. Ein korrigierendes
Eingreifen des Sozialversicherungsgerichts in die bundesgesetzliche Ordnung
ist lediglich in engen Grenzen zulässig (vgl. Art. 191 BV und BGE 125 V 11 f.
Erw. 3 [«unechte Lückenfüllung»]). Als Grundlage hiefür kommen insbesondere
Art. 8 Abs. 1 BV (Gebot der Gleichbehandlung) und Art. 9 BV (Verbot von
Willkür) in Betracht. Beide verfassungsmässigen Garantien sind gleichermassen
bei der Rechtsetzung und in der Rechtsanwendung zu beachten (BGE 129 I 3 Erw.
3, 9 Erw. 2.1, 127 V 454 Erw. 3b). Indessen sind einem richterlichen
Eingreifen auch hier sehr enge Grenzen gesetzt. Namentlich findet eine am
Gleichbehandlungsgebot orientierte Betrachtungsweise dort keinen Raum, wo die
Gesetzesinterpretation anhand der normunmittelbaren Kriterien zu einem klaren
Ergebnis führt (vgl. BGE 125 V 492 Erw. 4c/dd am Ende mit Hinweisen).
Vorliegend sind keine Umstände gegeben, welche es erlaubten, die Streitfrage
abweichend von Gesetz und Rechtsprechung zu entscheiden.

Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht:

1.
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen.

2.
Es werden keine Gerichtskosten erhoben.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht des Kantons
Zürich und dem Bundesamt für Gesundheit (BAG) zugestellt.

Luzern, 17. Februar 2004
Im Namen des Eidgenössischen Versicherungsgerichts

Die Präsidentin der III. Kammer:  Der Gerichtsschreiber:
i.V.