Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Sozialrechtliche Abteilungen I 8/2003
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I 8/03

Urteil vom 26. August 2003
II. Kammer

Präsident Schön, Bundesrichterin Widmer und Bundesrichter Ursprung;
Gerichtsschreiber Ackermann

K.________, 1964, Beschwerdeführer,

gegen

IV-Stelle des Kantons Zürich, Röntgenstrasse 17, 8005 Zürich,
Beschwerdegegnerin

Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich, Winterthur

(Entscheid vom 4. Dezember 2002)

Sachverhalt:

A.
Mit Verfügung vom 14. Februar 2002 sprach die IV-Stelle des Kantons Zürich
K.________, geboren 1964, die Umschulung an der Handelsschule Q.________ mit
dem Ziel VSH-Diplom zu. Mit Schreiben vom 18. August 2002 beantragte
K.________ die Übernahme der Kosten von nicht durch die Schule abgegebenem
Schulmaterial (Hefte, Blöcke, Ordner, Schreibmaterial etc.) im Wert von Fr.
120.-, die Abgabe eines Computers sowie die Zusprechung einer
Verpflegungspauschale, was die IV-Stelle mit Schreiben vom 30. August 2002
ablehnte und mit Verfügung vom 13. September 2002 bestätigte.

B.
Die dagegen erhobene Beschwerde hiess das Sozialversicherungsgericht des
Kantons Zürich mit Entscheid vom 4. Dezember 2002 insoweit gut, als es den
Anspruch auf Übernahme der Kosten für notwendiges, von der Schule nicht
abgegebenes Schulmaterial bejahte; soweit weitergehend wurde die Beschwerde
abgewiesen.

C.
K.________ führt Verwaltungsgerichtsbeschwerde mit den Anträgen, unter
teilweiser Aufhebung des vorinstanzlichen Entscheides und der
Verwaltungsverfügung seien ihm ein Computer abzugeben und eine
Verpflegungspauschale zuzusprechen.

Die IV-Stelle schliesst auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde,
während das Bundesamt für Sozialversicherung auf eine Vernehmlassung
verzichtet.

D.
Mit Verfügung vom 8. Januar 2003 sprach die IV-Stelle K.________ einen
Computer zu.

Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:

1.
Streitig ist einzig der Anspruch auf Übernahme der Kosten der auswärtigen
Verpflegung. Soweit mit der Verwaltungsgerichtsbeschwerde die Abgabe eines
Computers beantragt wird, ist sie gegenstandslos geworden, da die Verwaltung
mit Verfügung vom 8. Januar 2003 die entsprechende Leistung erbracht hat.

2.
2.1 Am 1. Januar 2003 ist das Bundesgesetz über den Allgemeinen Teil des
Sozialversicherungsrechts (ATSG) vom 6. Oktober 2000 in Kraft getreten. Mit
ihm sind zahlreiche Bestimmungen im Invalidenversicherungsbereich geändert
worden. Weil in zeitlicher Hinsicht grundsätzlich diejenigen Rechtssätze
massgebend sind, die bei der Erfüllung des zu Rechtsfolgen führenden
Tatbestandes Geltung haben (BGE 127 V 467 Erw. 1), und weil ferner das
Sozialversicherungsgericht bei der Beurteilung eines Falles grundsätzlich auf
den bis zum Zeitpunkt des Erlasses der streitigen Verfügung (hier: 13.
September 2002) eingetretenen Sachverhalt abstellt (BGE 121 V 366 Erw. 1b),
sind im vorliegenden Fall die bis zum 31. Dezember 2002 geltenden
Bestimmungen anwendbar.

2.2 Bei auswärtiger Verpflegung während der Umschulung vergütet die
Invalidenversicherung (vorbehältlich tariflicher Vereinbarungen) die Beträge
nach Art. 90 Abs. 4 lit. a und b IVV (Art. 6 Abs. 4 lit. a IVV in der ab 1.
Januar 1998 geltenden Fassung). Der Anspruch setzt voraus, dass die
auswärtige Verpflegung wegen der konkret in Frage stehenden
invaliditätsbedingten Umschulungsmassnahme erforderlich ist (ZAK 1988 S. 92
Erw. 2b). Im Übrigen kann ein Zehrgeld grundsätzlich auch dann gewährt
werden, wenn sich Wohn- und Ausbildungsort zwar in der gleichen Ortschaft,
aber weit entfernt voneinander befinden (ZAK 1966 S. 267 Erw. 3).

3.
3.1 Das kantonale Gericht hat die Ausrichtung eines Zehrgeldes abgelehnt, da
es aufgrund der dichten und kurzen S-Bahn-Verbindungen dem Versicherten
innert 20 bis 25 Minuten möglich sei zwischen Wohn- und Ausbildungsort hin-
und herzufahren, sodass er bei einer Mittagspause von einer Stunde und
zwanzig Minuten rund eine halbe Stunde Zeit habe, um sich mit einer
vorbereiteten Mahlzeit zu verpflegen. Der Beschwerdeführer ist demgegenüber
der Auffassung, dass ihm unter Benützung der S-Bahn etwa zehn Minuten
Essenszeit verbliebe, was zu einer Übermüdung führe; zudem würden Mitschüler
aus D.________ Zehrgeld erhalten, obwohl sie innert zehn Minuten zu Hause
seien.

3.2 Wie den zutreffenden Erwägungen der Vorinstanz entnommen werden kann,
verkehrt die S-Bahn um die Mittagszeit in einem Takt von drei resp. elf oder
zwölf Minuten und weist zwischen den beiden Bahnhöfen A.________-B.________
und A.________-C.________ eine Fahrzeit zwischen elf und zwölf Minuten auf,
wobei die Stationen jeweils in unmittelbarer Nähe des Wohn- resp.
Ausbildungsortes liegen; damit resultiert - unter Berücksichtigung von Warte-
und Fusswegzeiten - eine Reisezeit von etwa zwanzig Minuten pro Weg. Die vom
Versicherten geltend gemachten Verspätungen der S-Bahn sind bei einem
dermassen dichten Fahrplan kaum von Bedeutung, da in diesem Fall einfach der
verspätet fahrende frühere Zug benützt wird; im Übrigen ist der
Beschwerdeführer auch nicht zu (zeitintensivem) Umsteigen gezwungen, sondern
hat eine direkte Verbindung zwischen Schul- und Wohnort. Durch den dichten
Fahrplan fällt es im Weiteren auch nicht stark ins Gewicht, wenn die
Lehrkräfte die letzte Schulstunde vor der Mittagspause etwas überziehen
sollten; dies ist zudem durch Absprache mit dem entsprechenden Lehrer resp.
durch vorzeitiges Weggehen aus dem Unterricht vermeidbar
(Schadenminderungspflicht). Die Mittagspausen an der Handelsschule dauern
gemäss dem eingereichten Stundenplan eine Stunde und zwanzig Minuten (von
11.50 Uhr bis 13.10 Uhr), sodass - entgegen der Auffassung in der
Verwaltungsgerichtsbeschwerde - bei einem Hin- und Rückweg von je ca. zwanzig
Minuten ein Zeitraum von etwa dreissig bis vierzig Minuten verbleibt, in
welchem es möglich ist, eine vorgekochte Mahlzeit aufzuwärmen und zu essen.
Diese (allerdings knappe) Zeitspanne wird im Übrigen dadurch relativiert,
dass es sich um eine auf zweieinhalb Jahre begrenzte Umschulung handelt und
der Versicherte während dreizehn bis vierzehn Wochen pro Jahr Schulferien
hat. Im Weiteren finden gemäss dem vorliegenden Stundenplan nicht
notwendigerweise während der ganzen Dauer der Umschulung jeden Vor- und
Nachmittag Schulstunden statt, auch wenn dies gemäss dem Stundenplan des
Versicherten im Wintersemester 2002/03 der Fall gewesen ist; in dieser
Hinsicht ist allerdings zu berücksichtigen, dass die Schule nur einmal
bereits um 08.15 Uhr begonnen hat, während dies an den anderen Schultagen
einmal um 09.10 Uhr, zweimal um 10.10 Uhr und einmal gar erst um 11.05 Uhr
der Fall gewesen ist, sodass sich die in der Verwaltungsgerichtsbeschwerde
geltend gemachte Übermüdung wegen der Hin- und Rückreise am Mittag in Grenzen
hält. Sollte der Versicherte für sich selber dagegen eher den - in seinem
Fall nicht medizinisch notwendigen - Erholungseffekt der Mittagspause in den
Vordergrund stellen, bleibt es ihm unbenommen, sich mit Sandwiches oder
kalten Speisen am Schulort zu verpflegen und der medizinischen Empfehlung,
regelmässig Mahlzeiten einzunehmen, in dieser Weise nachzukommen. Dass gemäss
den Ausführungen in der Verwaltungsgerichtsbeschwerde Mitschüler aus
D.________, die ebenfalls durch die Invalidenversicherung umgeschult werden,
trotz kürzerem Schulweg ein Zehrgeld erhalten, vermag nichts an der
Zumutbarkeit zu ändern, während der Mittagspausen zu Hause zu essen.

3.3 Nach der Rechtsprechung bildet der Zeitraum bis zum Verfügungserlass
Grenze der richterlichen Überprüfungsbefugnis (BGE 121 V 366 Erw. 1b; hier:
September 2002), sodass in der Zwischenzeit eingetretene Änderungen im
Sachverhalt nicht massgebend sind. Deshalb sind der offenbar erfolgte Umzug
des Beschwerdeführers an ein neues Domizil oder ein allfälliger
Fahrplanwechsel der S-Bahn für das vorliegende Verfahren unbeachtlich.
Allerdings steht es dem Versicherten offen, sich bei der
Invalidenversicherung zum Leistungsbezug betreffend Zehrgeld neu anzumelden,
wenn sich die Mittagspause aus solchen Gründen verkürzt haben sollte.

Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht:

1.
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen.

2.
Es werden keine Gerichtskosten erhoben.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht des Kantons
Zürich, der Ausgleichskasse des Schweizerischen
Konditor-Confiseurmeister-Verbandes und dem Bundesamt für Sozialversicherung
zugestellt.
Luzern, 26. August 2003

Im Namen des Eidgenössischen Versicherungsgerichts

Der Präsident der II. Kammer:   Der Gerichtsschreiber: