Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Sozialrechtliche Abteilungen I 757/2003
Zurück zum Index Sozialrechtliche Abteilungen 2003
Retour à l'indice Sozialrechtliche Abteilungen 2003


I 757/03

Urteil vom 18. Mai 2004
III. Kammer

Präsidentin Leuzinger, Bundesrichter Lustenberger und Kernen;
Gerichtsschreiber Hadorn

F.________, 1992, Beschwerdeführer, vertreten durch seine Eltern und diese
vertreten durch Rechtsanwältin Lotti Stokar-Hildbrand, Schmiedengasse 33,
4104 Oberwil,

gegen

IV-Stelle Basel-Landschaft, Hauptstrasse 109, 4102 Binningen,
Beschwerdegegnerin

Kantonsgericht Basel-Landschaft, Liestal

(Entscheid vom 20. August 2003)

Sachverhalt:
Mit Verfügung vom 6. August 2001 lehnte die IV-Stelle Basel-Landschaft ein
Gesuch des an Autismus leidenden F.________ (geb. 1992) um Übernahme einer
ABA-Therapie nach Lovaas ab.
Die dagegen erhobene Beschwerde wies das Kantonsgericht Basel-Landschaft nach
Einholen eines Gutachtens von Dr. phil. W.________, Fachpsychologe für
Kinder- und Jugendpsychologie FSP am Institut für Spezielle Pädagogik und
Psychologie B.________, vom 28. Dezember 2002 mit Entscheid vom 20. August
2003 ab.

F. ________ lässt Verwaltungsgerichtsbeschwerde führen und erneut die
Übernahme der erwähnten Therapie beantragen.
Die IV-Stelle und das Bundesamt für Sozialversicherung verzichten auf eine
Vernehmlassung.

Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:

1.
Das Kantonsgericht hat die gesetzlichen Vorschriften zum Anspruch
Minderjähriger auf medizinische Massnahmen der Invalidenversicherung im
Allgemeinen (Art. 12 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 5 Abs. 2 IVG) und bei
Geburtsgebrechen im Besonderen (Art. 13 Abs. 1 IVG; Art. 1 Abs. 1 GgV), auf
Sonderschulung (Art. 19 Abs. 1 IVG), auf pädagogisch-therapeutische
Massnahmen (Art. 8 ff. IVV) sowie die zu den jeweiligen Leistungsarten
ergangene Rechtsprechung richtig dargelegt. Ferner trifft zu, dass die
materiellen Bestimmungen des ATSG nicht anwendbar sind. Darauf wird
verwiesen. Zu ergänzen ist, dass auch die am 1. Januar 2004 in Kraft
getretenen Änderungen des Bundesgesetzes über die Invalidenversicherung vom
21. März 2003 und der Verordnung über die Invalidenversicherung vom 21. Mai
2003 nicht zur Anwendung gelangen (BGE 129 V 4 Erw. 1.2).

2.
Streitig und zu prüfen ist, ob und gegebenenfalls unter welchem Titel die
Invalidenversicherung die ABA-Therapie nach Lovaas zu übernehmen hat.

2.1 Die Vorinstanz hat erwogen, nach der Rechtsprechung müsse eine Behandlung
bewährter Erkenntnis der medizinischen Wissenschaft entsprechen, damit sie
von der Invalidenversicherung übernommen werden könne. Dies sei dann der
Fall, wenn die Massnahme von Forschern und Praktikern der medizinischen
Wissenschaft auf breiter Basis anerkannt sei. Bei der hier streitigen
ABA-Therapie nach Lovaas sei gestützt auf das Gutachten von Dr. phil.
W.________ vom 28. Dezember 2002 davon auszugehen, dass die erwähnte Therapie
wohl die derzeit wissenschaftlich am besten untersuchte Therapieform zur
Behandlung von Autismus sei. In Norwegen und in den USA beginne sie sich
langsam durchzusetzen. Hingegen stosse sie in andern Ländern, darunter in
Deutschland und in der Schweiz, zumindest momentan noch auf Widerstand. In
der Schweiz fehlten geeignete Ausbildungsstätten zur Anwendung der Therapie.
Diese sei von den Krankenkassen noch nicht als Pflichtleistung anerkannt
worden. Erfahrungswerte sowie Untersuchungen über Ergebnisse fehlten
weitgehend. Daher sei die Therapie noch nicht auf breiter Basis
wissenschaftlich anerkannt.

2.2 Es mag durchaus zutreffen, dass die streitige Therapie die gegenwärtig
besterforschte auf dem Gebiet der Autismusbehandlung ist. Nicht zu übersehen
ist auch deren bisheriger Erfolg in den USA und in Norwegen. Wie Dr. phil.
W.________ jedoch ausführt, gibt es weiterhin Länder, welche der Therapie
skeptisch gegenüber stehen. Insgesamt lässt sich daher noch nicht sagen,
diese sei auf breiter Basis wissenschaftlich anerkannt. Den sorgfältigen und
zutreffenden Erwägungen des kantonalen Gerichts ist beizupflichten.

2.3 Da sowohl für die Übernahme medizinischer wie pädagogisch-therapeutischer
Massnahmen durch die Invalidenversicherung vorausgesetzt wird, dass die
entsprechende Vorkehr von der Wissenschaft auf breiter Basis anerkannt ist,
kann offen bleiben, ob die ABA-Therapie im vorliegenden Fall als medizinische
oder als pädagogisch-therapeutische Massnahme einzustufen ist. Es fehlt
ohnehin am Erfordernis der breiten wissenschaftlichen Anerkennung, weshalb
die Invalidenversicherung nicht leistungspflichtig wird. Die Vorinstanz hat
den Anspruch des Versicherten unter allen in Frage kommenden Titeln (Art. 12,
13 und 19 IVG) eingehend abgeklärt und bei allen Varianten mit richtiger
Begründung verneint. Dem ist nichts Weiteres beizufügen.

Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht:

1.
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen.

2.
Es werden keine Gerichtskosten erhoben.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Kantonsgericht Basel-Land-schaft,
Abteilung Sozialversicherungsrecht, und dem Bundesamt für Sozialversicherung
zugestellt.
Luzern, 18. Mai 2004

Im Namen des Eidgenössischen Versicherungsgerichts

Die Präsidentin der III. Kammer:  Der Gerichtsschreiber: