Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Sozialrechtliche Abteilungen I 541/2003
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I 541/03

Urteil vom 6. Juli 2004
III. Kammer

Präsidentin Leuzinger, Bundesrichter Rüedi und Lustenberger;
Gerichtsschreiber Hadorn

S.________, 1966, Beschwerdeführer, vertreten durch den Rechtsdienst für
Behinderte, Schützenweg 10, 3014 Bern,

gegen

IV-Stelle Bern, Chutzenstrasse 10, 3007 Bern, Beschwerdegegnerin

Verwaltungsgericht des Kantons Bern, Bern

(Entscheid vom 20. Juni 2003)

Sachverhalt:

A.
Mit Verfügung vom 18. November 2002 lehnte die IV-Stelle Bern ein
Leistungsgesuch von S.________ ab.

B.
Die dagegen erhobene Beschwerde wies das Verwaltungsgericht des Kantons Bern
mit Entscheid vom 20. Juni 2003 ab.

C.
S.________ lässt Verwaltungsgerichtsbeschwerde führen und beantragen, es sei
ihm eine Invalidenrente zuzusprechen. Eventualiter sei die Sache zu näheren
psychiatrischen Abklärungen an die IV-Stelle zurückzuweisen.

Die IV-Stelle schliesst auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde,
während das Bundesamt für Sozialversicherung auf eine Vernehmlassung
verzichtet.

Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:

1.
1.1 Das kantonale Verwaltungsgericht hat die gesetzlichen Voraussetzungen
über den Begriff der Invalidität (Art. 4 Abs. 1 IVG), für den Anspruch auf
Eingliederungsmassnahmen (Art. 8 IVG, sämtliche Vorschriften jeweils in den
bis Ende 2002 gültig gewesenen Fassungen) sowie die Rechtsprechung zur
Schadenminderungspflicht aller Versicherten (BGE 113 V 28 Erw. 4a; vgl. auch
BGE 123 V 233 Erw. 3c) richtig dargelegt. Zutreffend ist ferner, dass die
materiellen Bestimmungen des ATSG vorliegend nicht anwendbar sind. Darauf
wird verwiesen.

1.2 Nach Art. 28 Abs. 1 IVG (in der bis Ende 2003 gültig gewesenen, hier
anwendbaren Fassung) hat der Versicherte Anspruch auf eine ganze Rente, wenn
er mindestens zu 66 2/3 %, auf eine halbe Rente, wenn er mindestens zu 50 %
oder auf eine Viertelsrente, wenn er mindestens zu 40 % invalid ist; in
Härtefällen hat der Versicherte nach Art. 28 Abs. 1bis IVG (in der bis Ende
2003 gültig gewesenen Fassung) bereits bei einem Invaliditätsgrad von
mindestens 40 % Anspruch auf eine halbe Rente. Für die Bemessung der
Invalidität wird gemäss Art. 28 Abs. 2 IVG (in der bis Ende 2002 gültig
gewesenen Fassung) das Erwerbseinkommen, das der Versicherte nach Eintritt
der Invalidität und nach Durchführung allfälliger Eingliederungsmassnahmen
durch eine ihm zumutbare Tätigkeit bei ausgeglichener Arbeitsmarktlage
erzielen könnte, in Beziehung gesetzt zum Erwerbseinkommen, das er erzielen
könnte, wenn er nicht invalid geworden wäre.

2.
Streitig und zu prüfen ist der Invaliditätsgrad.

2.1 Dabei ist unbestritten, dass der Beschwerdeführer auf Grund  allein der
körperlichen Leiden keine schweren Arbeiten mehr ausüben kann, in einer dem
Rücken angepassten, leichten Tätigkeit jedoch noch eine Arbeitsfähigkeit von
100 % aufweist. Uneinigkeit besteht hingegen in Bezug auf die psychischen
Beeinträchtigungen. Diesbezüglich stehen sich zwei medizinische Berichte
gegenüber: einerseits der Bericht von Dr. med. L.________, Psychiatrie und
Psychotherapie, vom 24. Februar 2003, wonach eine volle Arbeitsunfähigkeit
aus psychiatrischer Sicht seit 1999 vorliege, anderseits das Gutachten von
Dr. med. R.________, Spezialarzt FMH für Rheumatologie und physikalische
Medizin, und Dr. med. H.________, Psychiatrie Psychotherapie FMH, vom April
2002, laut welchem der Versicherte in psychiatrisch-psychosomatischer Sicht
als gesund zu beurteilen sei. Die Vorinstanz hat auf das Letztere abgestellt
und eine Invalidität in rentenberechtigendem Ausmass verneint, während der
Beschwerdeführer die Schlussfolgerungen des Gutachtens R.________/H.________
bestreitet. Hiezu reicht er einen neuen Bericht des Dr. L.________ vom 21.
August 2003 ein.

2.2 Wie die Vorinstanz zutreffend erwogen hat, sind die beiden Gutachten
R.________/H.________ umfassend, beruhen auf den Vorakten sowie auf einer
persönlichen Untersuchung des Versicherten, berücksichtigen die geklagten
Beschwerden und erscheinen in ihren Schlussfolgerungen einleuchtend. Sie
stehen überdies, sieht man von Dr. L.________ ab, in Übereinstimmung mit den
Berichten von Dr. med. A.________, Neurochirurgie FMH, vom 5. September 2000
und 22. November 2001. Dr. H.________ hat sodann im Gegensatz zu Dr.
L.________ zutreffend auch invaliditätsfremde Faktoren erkannt, welche die
Arbeitsfähigkeit des Versicherten beeinflussen könnten (z.B. die Sorge um die
herzkranke Ehefrau). Um nichts zu übersehen, hat Dr. H.________ zudem eine
testpsychologische Untersuchung durchgeführt, welche nichts Auffälliges an
den Tag brachte. Demnach lagen keine latenten psychischen Probleme vor. Dass
die Untersuchung bei diesem Arzt bloss 10 Minuten gedauert haben soll, ist
angesichts des entsprechenden Gutachtens und der darin enthaltenen Angaben
sowie der Tests unglaubwürdig. Gegen die ausführlichen Gutachten
R.________/H.________ vermag der Bericht von Dr. L.________ vom 24. Februar
2003 nicht aufzukommen. Weiterer Abklärungen bedarf es nicht. Daran vermag
auch der Bericht von Dr. L.________ vom 21. August 2003 nichts zu ändern.

2.3 Anhaltspunkte für sprachliche Verständigungsschwierigkeiten finden sich
entgegen der Behauptung in der Verwaltungsgerichtsbeschwerde nicht, verneint
doch Dr. R.________ solche ausdrücklich, und Dr. H.________ weist zweimal auf
den guten affektiven Rapport zum Versicherten hin. Ob eine medizinische
Abklärung in der Muttersprache der zu untersuchenden Person oder unter Beizug
eines Übersetzers im Einzelfall geboten ist, hat grundsätzlich der Gutachter
im Rahmen sorgfältiger Auftragserfüllung zu entscheiden. Massgebend für die
Frage, in welcher Form sprachlicher Verständigung Rechnung getragen werden
muss, ist letztlich, ob das Gutachten aussagekräftig und beweismässig
verwertbar wird (AHI 2004 S. 146 Erw. 4.2.1). Angesichts der von Dr.
R.________ und Dr. H.________ geschilderten sprachlichen Situation bestand
kein Anlass, einen Dolmetscher einzusetzen. Zudem hatte auch der Versicherte
vor der entsprechenden Untersuchung nicht den Beizug eines Dolmetschers
beantragt. Demnach muss es dabei sein Bewenden haben, dass bis zum Datum der
streitigen Verwaltungsverfügung (18. November 2002), welches die zeitliche
Grenze der richterlichen Überprüfungsbefugnis bildet (BGE 130 V 140 Erw. 2.1,
121 V 366 Erw. 1b), auch unter Berücksichtigung der psychischen Leiden keine
Invalidität in rentenbegründendem Ausmass bestanden hat.

Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht:

1.
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen.

2.
Es werden keine Gerichtskosten erhoben.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Bern,
Sozialversicherungsrechtliche Abteilung, der Ausgleichskasse Berner
Arbeitgeber (AKBA), Bern, und dem Bundesamt für Sozialversicherung
zugestellt.

Luzern, 6. Juli 2004

Im Namen des Eidgenössischen Versicherungsgerichts

Die Präsidentin der III. Kammer:  Der Gerichtsschreiber: