Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Sozialrechtliche Abteilungen I 478/2003
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I 478/03

Urteil vom 10. Oktober 2003
IV. Kammer

Präsidentin Leuzinger, Bundesrichter Rüedi und Ferrari; Gerichtsschreiber
Scartazzini

C.________, 1956, Beschwerdeführer, vertreten durch Fürsprecher Dr. Michael
Weissberg, Zentralstrasse 47, 2502 Biel,

gegen

IV-Stelle Bern, Chutzenstrasse 10, 3007 Bern, Beschwerdegegnerin

Verwaltungsgericht des Kantons Bern,

(Entscheid vom 27. Mai 2003)

Sachverhalt:

A.
Der 1956 geborene C.________ reiste im Jahre 1983 aus der Türkei in die
Schweiz ein und übte seither bei B.________ seinen erlernten Beruf als
Möbellackierer aus. Am 25. Mai 2000 meldete er sich zum Rentenbezug bei der
Invalidenversicherung an, wobei er als Behinderung schwere Depressionen
nannte, die seit Dezember 1998 bestanden und zur Aufgabe seiner
Erwerbstätigkeit geführt hatten. Die IV-Stelle Bern holte Arztberichte des
Hausarztes des Versicherten Dr. med. S.________ vom 30. Oktober 2000 und des
behandelnden Psychiaters Dr. med. A.________, Klinik D.________, vom 13.
September 2000 ein, klärte die erwerbliche Situation ab und liess C.________
bei Dr. med. R.________, Spezialarzt FMH für Rheumatologie, und Dr. med.
H.________, Psychiatrie und Psychotherapie FMH, spezialärztlich untersuchen
(Gutachten vom Februar 2001). Nach Durchführung des Vorbescheidverfahrens
(Vorbescheid vom 26. März 2001), in welchem ein Invaliditätsgrad von gerundet
60 % festgestellt wurde, sprach sie dem Versicherten mit Verfügung vom 25.
Mai 2001 ab Dezember 1999 eine halbe Rente zu.

B.
Die hiegegen erhobene Beschwerde wies das Verwaltungsgericht des Kantons Bern
mit Entscheid vom 27. Mai 2003 ab.

C.
C.________ lässt Verwaltungsgerichtsbeschwerde führen und die Zusprechung
einer ganzen Invalidenrente beantragen, wobei er eine ärztliche Beurteilung
des Psychiaters Dr. med. A.________ vom 13. Mai 2002 ins Recht legt.
Eventuell seien die Akten an die Beschwerdegegnerin zum Erlass einer neuen
Verfügung zurückzuweisen.

Während die IV-Stelle Bern auf Abweisung der Verwaltungsgerichts-beschwerde
schliesst, verzichten das Verwaltungsgericht des Kantons Bern und das
Bundesamt für Sozialversicherung auf eine Vernehmlassung.

Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:

1.
Das kantonale Gericht hat die gesetzlichen Bestimmungen und Grundsätze zum
Begriff der Invalidität (Art. 4 Abs. 1 IVG; BGE 116 V 249 Erw. 1b), zu den
Voraussetzungen und zum Umfang des Rentenanspruchs (Art. 28 Abs. 1 und 1bis
IVG) und zur Bemessung des Invaliditätsgrades bei erwerbstätigen Versicherten
nach der Einkommensvergleichsmethode (Art. 28 Abs. 2 IVG; vgl. BGE 104 V 136
f. Erw. 2a und b; AHI 2000 S. 309 Erw. 1a; vgl. auch BGE 128 V 30 Erw. 1),
namentlich die Verwendung von Tabellenlöhnen bei der Ermittlung des trotz
Gesundheitsschädigung zumutbarerweise noch realisierbaren Einkommens
(Invalideneinkommen; BGE 126 V 76 f. Erw. 3b mit Hinweis; AHI 2002 S. 67 Erw.
3b) und den in diesem Zusammenhang gegebenenfalls vorzunehmenden
behinderungsbedingten Abzug (AHI 1999 S. 181 Erw. 3b; siehe auch BGE 126 V 78
ff. Erw. 5; AHI 2002 S. 67 ff. Erw. 4) zutreffend dargelegt. Dasselbe gilt
für die Rechtsprechung zur Aufgabe des Arztes bei der Invaliditätsbemessung
(BGE 125 V 261 f. Erw. 4 mit Hinweisen) und zum Beweiswert ärztlicher
Berichte und Gutachten (BGE 125 V 352 Erw. 3a mit Hinweis; AHI 2000 S. 152
Erw. 2c). Darauf wird verwiesen. Richtig ist auch, dass das am 1. Januar 2003
in Kraft getretene Bundesgesetz über den Allgemeinen Teil des
Sozialversicherungsrechts (ATSG) nach den von der Rechtsprechung entwickelten
intertemporalrechtlichen Regeln (BGE 127 V 467 Erw. 1, 121 V 366 Erw. 1b) in
materiellrechtlicher Hinsicht auf den vorliegenden Sachverhalt nicht
anwendbar ist.

2.
Streitig ist der Invaliditätsgrad. Die Vorinstanz hat erwogen, dass der
Beschwerdeführer in einer angepassten Tätigkeit zu 50 % arbeitsfähig sei und
nach erstelltem Einkommensvergleich eine 60 %ige Erwerbsunfähigkeit aufweise.
Demnach ist vorliegend zu prüfen, welche Restarbeitsfähigkeit der Versicherte
in einer ihm zumutbaren Tätigkeit noch aufweist und ob die darauf gestützte
Berechnung des Invaliditätsgrades mittels Einkommensvergleich Anspruch auf
eine ganze Rente gibt.

3.
3.1 Nach Ansicht des Beschwerdeführers hatte sein depressiver Zustand ab 1998
eine Dauerinvalidität zur Folge, wobei er das von der Verwaltung angenommene
und von der Vorinstanz bestätigte Ausmass der psychisch bedingten
Einschränkungen, welche durch Rückenprobleme begleitet werden, beanstandet.
Er lässt im Wesentlichen geltend machen, das kantonale Gericht habe
ausschliesslich auf die Begutachtung der Dres. med. H.________ und R.________
abgestellt und von der durch Dr. med. A.________ attestierten 100 %igen
Arbeitsunfähigkeit zu Unrecht mit der Begründung abgesehen, es bestehe kein
Widerspruch zwischen dieser Beurteilung und derjenigen von Dr. med.
H.________, weil im Zeitpunkt des von der Verwaltung eingeholten Gutachtens
die familiären Probleme wieder überwunden gewesen wären. Dr. med. H.________
habe ihn ein einziges Mal untersucht, während er seit Jahren in der Klinik
D.________ bei Dr. med. A.________, welchem die notwendige Unabhängigkeit
nicht abgesprochen werden könne, in Behandlung sei. Des Weiteren beanstandet
der Beschwerdeführer, bei der Ermittlung des Invalideneinkommens müsse ein
zusätzlicher Leidensabzug von 25 % vorgenommen werden. Nicht nachvollziehbar
sei sodann, aus welchem Grund bei der Invaliditätsbemessung auf eine
Hilfsarbeitertätigkeit abgestellt werden soll, nachdem er eine solche wegen
seiner körperlichen Einschränkungen nicht erfüllen könne, weshalb auch das
ermittelte Invalideneinkommen von Fr. 24'159.- nicht erreichbar sei.

3.2 Nach dem im Februar 2001 erstellten interdisziplinären Gutachten der
Dres. med. R.________ und H.________ ist dem Beschwerdeführer aus somatischer
und psychiatrischer Sicht auf Grund der verschiedenen objektivierbaren
Befunde und Diagnosen eine körperlich geeignete Tätigkeit zu 50 % zumutbar.
Aus rheumatologischer Sicht stellte Dr. med. R.________ eine weitgehend
unauffällige Diagnose und hielt fest, Hauptbefund sei die deutlich depressive
Grundstimmung des Versicherten mit Antriebsarmut. Im Bericht vom 28. Februar
2001 führte Dr. med. H.________ aus, der Beschwerdeführer leide seit längerem
an einer rezidivierenden depressiven Störung, gegenwärtig mittelgradige
Episode mit somatischem Syndrom, wobei die Arbeitsfähigkeit aus
psychiatrischer Sicht zu 50 % eingeschränkt sei. In den beiden Gutachten
wurde eine Arbeitsunfähigkeit von 50 % attestiert. Die vom Beschwerdeführer
beanstandete Differenz zwischen den Beurteilungen der Begutachter und der von
Dr. med. A.________ auf 100 % festgesetzten Arbeitsunfähigkeit wurde in
eingehender Würdigung der vorhandenen Arztberichte geklärt, während der
Einwand, die Befunde der sich dazu geäusserten Ärzte sei je nach
Abklärungsperson unterschiedlich beurteilt worden, in den Akten keine Stütze
findet.

Gestützt auf das ausführliche interdisziplinäre Gutachten ist dem kantonalen
Gericht darin beizupflichten, dass der Beschwerdeführer für leidensangepasste
Tätigkeiten zu 50 % arbeitsfähig ist. Die hiegegen in der
Verwaltungsgerichtsbeschwerde vorgebrachten Einwendungen geben weder zu einer
anderen Beurteilung noch zu zusätzlichen medizinischen Abklärungen Anlass.

3.3 Das kantonale Gericht hat für die Bemessung der Invalidität im
erwerblichen Bereich das Einkommen für das Jahr 1999 auf Fr. 60'385.- im Jahr
festgesetzt. Das entsprechende Einkommen als invalide Person hat es gestützt
auf die Tabellenlöhne im Anforderungsniveau 4 im Bereich
Hilfsarbeitertätigkeit gestützt auf die LSE 1998, indexiert per 1999, nach
vorgenommenem Leidensabzug von 10 % auf Fr. 24'159.- festgelegt. Diese
grundsätzlichen Beträge bestreitet der Beschwerdeführer in der
Verwaltungsgerichtsbeschwerde zu Recht nicht. Er anerkennt hingegen zum einen
das ermittelte Invalideneinkommen wegen des Umfangs des ihm zumutbaren
Arbeitspensums nicht und zum anderen die Höhe des von der Verwaltung auf 10 %
festgesetzten Leidensabzuges, ohne indessen weitere persönliche oder
berufliche Umstände in Betracht zu ziehen.

Wie bereits ausgeführt (Erw. 3.2 hievor), ist gestützt auf das
interdisziplinäre Gutachten vom Februar 2001, auf welches abzustellen ist,
mit der Vorinstanz davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer eine
leidensangepasste erwerbliche Tätigkeit im Umfang von 50 % ausüben könnte.
Demzufolge wäre er in der Lage, ein Jahreseinkommen von Fr. 26'843.- zu
erzielen. Davon ist ein leidensbedingter Abzug vorzunehmen (BGE 126 V 78 ff.
Erw. 5a und b). Das kantonale Gericht hält einen Einfluss auf den
statistischen Lohn durch die psychische Beeinträchtigung für gegeben und den
von der IV-Stelle vorgenommene Abzug von 10 % als angemessen. An diesem
Ergebnis ist festzuhalten, weshalb sich der auf gerundet 60 % festgesetzte
Invaliditätsgrad als rechtmässig erweist.

Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht:

1.
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen.

2.
Es werden keine Gerichtskosten erhoben.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Bern,
Sozialversicherungsrechtliche Abteilung, der Ausgleichskasse des Schreiner-,
Möbel- und Holzgewerbes und dem Bundesamt für Sozialversicherung zugestellt.

Luzern, 10. Oktober 2003
Im Namen des Eidgenössischen Versicherungsgerichts

Die Präsidentin der IV. Kammer:  Der Gerichtsschreiber: