Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Sozialrechtliche Abteilungen I 415/2003
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I 415/03

Urteil vom 23. Februar 2004
II. Kammer

Präsident Borella, Bundesrichter Meyer und Lustenberger; Gerichtsschreiber
Scartazzini

B.________, 1945, Beschwerdeführer, vertreten durch die Beratungsstelle für
Ausländer, Weinbergstrasse 147, 8006 Zürich,

gegen

IV-Stelle des Kantons Zürich, Röntgenstrasse 17, 8005 Zürich,
Beschwerdegegnerin

Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich, Winterthur

(Entscheid vom 30. April 2003)

Sachverhalt:

A.
Der 1945 geborene B.________ war als Bauarbeiter im Strassen- und Tiefbau
tätig. Wegen Beschwerden an der linken Hand, am linken Knie sowie im Rücken
gab er seine Erwerbstätigkeit ab Januar 2000 auf und meldete sich am 2.
November 2000 bei der Invalidenversicherung zum Bezug von Leistungen im Sinne
von Berufsberatung, Umschulung auf eine neue Tätigkeit und Ausrichtung einer
Invalidenrente an.

Nach Einholung von medizinischen Unterlagen und Abklärung der
beruflich-erwerblichen Situation sowie Durchführung des Vorbescheidverfahrens
sprach die IV-Stelle des Kantons Zürich dem Versicherten auf Grund eines
Invaliditätsgrades von 44 % mit Wirkung ab 1. Januar 2001 eine Viertelsrente
zu (Verfügung vom 14. Juni 2002).

B.
Die hiegegen erhobene Beschwerde, mit welcher das Rechtsbegehren gestellt
wurde, es sei dem Versicherten eine ganze Invalidenrente zuzusprechen, wies
das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich mit Entscheid vom 30. April
2003 ab.

C.
B.________ lässt Verwaltungsgerichtsbeschwerde führen und das vorinstanzliche
Rechtsbegehren unter Kosten- und Entschädigungsfolgen zu Lasten der
Beschwerdegegnerin erneuern. Er beantragt zudem, eventuell sei ein serbisch
sprechender Psychiater zu beauftragen, den Grad seiner Arbeitsfähigkeit
festzustellen. Mit Eingabe vom 1. Juli 2003 hat der Beschwerdeführer ein am
25. Juni 2003 erstelltes Arztzeugnis von Frau Dr. med. M.________, Fachärztin
für Allgemeine Medizin, ins Recht legen lassen.

Die IV-Stelle schliesst auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde,
während das Bundesamt für Sozialversicherung auf eine Vernehmlassung
verzichtet.
Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:

1.
1.1 Das kantonale Gericht hat die gesetzlichen Bestimmungen und Grundsätze
zum Begriff der Invalidität (Art. 4 Abs. 1 IVG; BGE 116 V 249 Erw. 1b), zu
den Voraussetzungen und zum Umfang des Rentenanspruchs (Art. 28 Abs. 1 und
1bis IVG) und zur Bemessung des Invaliditätsgrades bei erwerbstätigen
Versicherten nach der Einkommensvergleichsmethode (Art. 28 Abs. 2 IVG; vgl.
BGE 104 V 136 f. Erw. 2a und b; AHI 2000 S. 309 Erw. 1a; vgl. auch BGE 128 V
30 Erw. 1), namentlich die Verwendung von Tabellenlöhnen bei der Ermittlung
des trotz Gesundheitsschädigung zumutbarerweise noch realisierbaren
Einkommens (Invalideneinkommen; BGE 126 V 76 f. Erw. 3b mit Hinweis; AHI 2002
S. 67 Erw. 3b) und den in diesem Zusammenhang gegebenenfalls vorzunehmenden
behinderungsbedingten Abzug (AHI 1999 S. 181 Erw. 3b; siehe auch BGE 126 V 78
ff. Erw. 5; AHI 2002 S. 67 ff. Erw. 4) zutreffend dargelegt. Dasselbe gilt
für die Rechtsprechung zur Aufgabe des Arztes bei der Invaliditätsbemessung
(BGE 125 V 261 f. Erw. 4 mit Hinweisen) und zum Beweiswert ärztlicher
Berichte und Gutachten (BGE 125 V 352 Erw. 3a mit Hinweis; AHI 2000 S. 152
Erw. 2c). Darauf wird verwiesen. Richtig ist auch, dass das am 1. Januar 2003
in Kraft getretene Bundesgesetz über den Allgemeinen Teil des
Sozialversicherungsrechts (ATSG) nach den von der Rechtsprechung entwickelten
intertemporalrechtlichen Regeln (BGE 127 V 467 Erw. 1, 121 V 366 Erw. 1b) in
materiellrechtlicher Hinsicht auf den vorliegenden Sachverhalt nicht
anwendbar ist. Zu ergänzen ist, dass die am 1. Januar 2004 in Kraft
getretenen Änderungen des Bundesgesetzes über die Invalidenversicherung vom
21. März 2003 und der Verordnung über die Invalidenversicherung vom 21. Mai
2003 nicht zur Anwendung gelangen (BGE 129 V 4 Erw. 1.2).
1.2 Beizufügen bleibt, dass es nach der Rechtsprechung des Eidgenössischen
Versicherungsgerichts unzulässig ist, nach Ablauf der Beschwerdefrist neue
Beweismittel beizubringen, es sei denn, ausnahmsweise werde ein zweiter
Schriftenwechsel (Art. 110 Abs. 4 OG) angeordnet. Zu berücksichtigen sind
solche Eingaben lediglich dann, wenn die nach Ablauf der Beschwerdefrist oder
nach Abschluss des zweiten Schriftenwechsels unaufgefordert eingereichten
Schriftstücke neue erhebliche Tatsachen oder schlüssige Beweismittel
enthalten, welche eine Revision im Sinne von Art. 137 lit. b OG zu
rechtfertigen vermöchten (BGE 127 V 357 Erw. 3b und 4).
Der Beschwerdeführer hat nach Ablauf der Beschwerdefrist ein neues
Beweismittel eingereicht. Im vorliegenden Fall sind die nach der genannten
Rechtsprechung gestellten Voraussetzungen für die Einreichung neuer
Beweismittel und für einen zweiten Schriftenwechsel nicht erfüllt, weshalb
das am 25. Juni 2003 von Frau Dr. med. M.________ erstellte ärztliche Zeugnis
nicht berücksichtigt werden kann.

2.
2.1 Das kantonale Gericht hat die Rüge, bei der psychiatrischen Untersuchung
durch Dres. med. K.________ und C.________ sei Voreingenommenheit zu
beanstanden, weil letzterer Arzt aus ethnischen und ausländerfeindlichen
Gründen ein diskriminierendes Gutachten ausgestellt hätte und zudem der
Muttersprache des Versicherten nicht mächtig gewesen wäre, zu Recht als
unbegründet abgewiesen. Zum einen deutet nichts auf eine solche Befangenheit
hin, zum anderen wurde das Gutachten auch von der als Gutachterin nicht
beanstandeten Dr. med. K.________ mitunterzeichnet. Schliesslich hielten die
Gutachter in ihrem Bericht vom 20. August 2001 ausdrücklich fest, dass nicht
die schlechten Deutschkenntnisse des sonst bewusstseinsklaren und allseitig
orientierten Versicherten, sondern die mangelhafte Intelligenz, der niedrige
Bildungsgrad und die ungenügende kulturelle Eingewöhnung die Abklärung
erschwert hatten. Dieses Ergebnis ist somit nicht zu beanstanden.

2.2 Die Vorinstanz hat sodann in sorgfältiger und einlässlich begründeter
Würdigung der medizinischen Aktenlage zu Recht auf die überzeugende, von der
Verwaltung in Auftrag gegebene interdisziplinäre Abklärung abgestellt.
Gestützt auf die internistisch-rheumatologische Expertise von Dr. med.
F.________, Facharzt für Innere Medizin und Rheumaerkrankungen (vom 14.
August 2001), sowie auf das psychiatrische Gutachten von Dres. med.
K.________ und C.________, Fachärzte für Psychiatrie und Psychotherapie (vom
20. August 2001), hat sie auf eine 60%ige Arbeitsfähigkeit des
Beschwerdeführers in einer behinderungsangepassten, körperlich leichten bis
knapp mittelschweren Tätigkeit geschlossen. Den davon abweichenden
Bescheinigungen einer 100%igen Arbeitsunfähigkeit durch die behandelnde
Ärztin Dr. med. M.________, auf die sich der Beschwerdeführer wie schon im
kantonalen Verfahren beruft, kann im Sinne der zutreffenden Erwägungen im
angefochtenen Entscheid, auf welche verwiesen wird, nicht gefolgt werden.

2.3 Was hiegegen in der Verwaltungsgerichtsbeschwerde vorgetragen wird,
vermag nicht zu überzeugen. Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers
beruhen sowohl die rheumatologische als auch die psychiatrische Begutachtung
auf genauen Tatsachen und sind überzeugend. Demzufolge hat das kantonale
Gericht zu Recht geschlossen, dem Beschwerdeführer sei eine körperlich
leichte bis knapp mittelschwere Tätigkeit weiterhin zu 60 % zumutbar, ohne
dass dabei berufliche Eingliederungsmassnahmen durchzuführen wären. Unter
diesen Umständen ist auch von einem zusätzlichen psychiatrischen Gutachten
kein entscheidswesentlicher Aufschluss zu erwarten, weshalb davon abzusehen
ist.

2.4 In erwerblicher Hinsicht hat die Vorinstanz richtig befunden, nach
Heranziehen der Dokumentation über Arbeitsplätze (DAP) und Ermittlung des
Invalideneinkommens nach Tabellenlöhne (LSE) sowie einer Herabsetzung des
statistischen Lohnes um 15 % resultiere aus dem Vergleich der beiden
Einkommen (Valideneinkommen von Fr. 57'866.10 und Invalideneinkommen von Fr.
29'016.15) ein Invaliditätsgrad von 49,85 %. Mit dem dagegen erhobenen
Einwand, ein behinderungsbedingter Abzug wäre im vorliegenden Fall nicht
berücksichtigt worden, stösst der Beschwerdeführer ins Leere, wobei er die
Höhe des Abzuges an sich nicht beanstandet.

2.5 Im zur Publikation in BGE V bestimmten Urteil R. vom 19. Dezember 2003, U
27/02, hat das Eidgenössische Versicherungsgericht in Änderung der
Rechtsprechung gemäss BGE 127 V 129 entschieden, dass ein rechnerisch exakt
ermitteltes Ergebnis nach den Regeln der Mathematik auf die nächste ganze
Prozentzahl auf- oder abzurunden ist. Nach dieser Rundungsregel liegt
beispielsweise in der Invalidenversicherung bei einem Ergebnis von 49,5 %
mathematisch gerundet ein Invaliditätsgrad von 50 % vor, was den Anspruch auf
eine halbe Rente begründet. Diese Rechtsprechung findet sofortige Anwendung
auf alle hängigen Fälle (Urteil S. vom 15. Januar 2004, U 173/02).

Im vorliegenden Fall ist das aus dem Einkommensvergleich resultierende
Ergebnis von 49,85 % nach der genannten Rechtsprechung auf einen
Invaliditätsgrad von 50 % aufzurunden, weshalb der Beschwerdeführer Anspruch
auf eine halbe Rente hat.

3.
Nachdem das kantonale Gericht die Zusprechung einer Viertelsrente im Ergebnis
bestätigt hatte, wies es die Sache an die IV-Stelle zurück, damit sie die
Frage prüfe, ob der Versicherte Anspruch auf eine Härtefallrente habe, was
mangels Einreichung der erforderlichen Unterlagen durch den Beschwerdeführer
noch nicht abgeklärt worden war. Mit dem in Erw. 2.5 festgestellten Ergebnis
entfällt die Rückweisung der Vorinstanz an die Verwaltung zur Prüfung des
Härtefalls.

Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht:

1.
In teilweiser Gutheissung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde werden der
Entscheid des Sozialversicherungsgerichts des Kantons Zürich vom 30. April
2003 und die Verfügung vom 14. Juni 2002 aufgehoben, und es wird
festgestellt, dass der Beschwerdeführer ab 1. Januar 2001 Anspruch auf eine
halbe Invalidenrente hat.

2.
Es werden keine Gerichtskosten erhoben.

3.
Die IV-Stelle des Kantons Zürich hat dem Beschwerdeführer für das erst- und
letztinstanzliche Verfahren eine Parteientschädigung von Fr. 1'000.-
(einschliesslich Mehrwertsteuer) zu bezahlen.

4.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht des Kantons
Zürich, der Ausgleichskasse des Kantons Zürich und dem Bundesamt für
Sozialversicherung zugestellt.

Luzern, 23. Februar 2004
Im Namen des Eidgenössischen Versicherungsgerichts

Der Präsident der II. Kammer:   Der Gerichtsschreiber: