Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Sozialrechtliche Abteilungen I 352/2003
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I 352/03

Urteil vom 8. Oktober 2003
IV. Kammer

Präsidentin Leuzinger, Bundesrichter Rüedi und Ferrari; Gerichtsschreiber
Lanz

C.________, 1959, Beschwerdeführer, vertreten durch lic.iur. Max S. Merkli,
Praxis für Sozialversicherungsrecht, Schaffhauserstrasse 345, 8050 Zürich,

gegen

IV-Stelle für Versicherte im Ausland, avenue Edmond-Vaucher 18, 1203 Genf,
Beschwerdegegnerin

Eidgenössische Rekurskommission der AHV/IV für die im Ausland wohnenden
Personen, Lausanne

(Entscheid vom 25. März 2003)

Sachverhalt:

A.
Der 1959 geborene portugiesische Staatsangehörige C.________ bezog gestützt
auf eine Verfügung der IV-Stelle des Kantons St. Gallen vom 17. Oktober 1996
eine ganze Invalidenrente (nebst Zusatzrente für die Ehefrau und einer
Kinderrente).

Im Juni 1998 leitete die infolge Wohnsitzverlegung nach Portugal neu
zuständige IV-Stelle für Versicherte im Ausland ein Revisionsverfahren ein.
Gestützt auf ein Gutachten des Servizio Accertamento Medico
dell'Assicurazione Invalidità (SAM), Bellinzona, vom 21. Oktober 1999 hob sie
die Invalidenrente per 1. Juli 2000 mit der Begründung auf, der Versicherte
sei aufgrund seines Gesundheitszustandes wieder in der Lage, ein
rentenausschliessendes Erwerbseinkommen zu erzielen (Verfügung vom 16. Mai
2000).

Die hiegegen von C.________ erhobene Beschwerde wies die Eidgenössische
Rekurskommission der AHV/IV für die im Ausland wohnenden Personen mit
einzelrichterlichem Entscheid vom 12. März 2002 ab. Diesen Entscheid hob das
Eidgenössische Versicherungsgericht mit Urteil vom 4. November 2002 auf, und
es wies die Sache an die Vorinstanz zurück, damit diese mindestens in
Dreierbesetzung über die Beschwerde neu entscheide.

B.
Mit Entscheid vom 25. März 2003 wies die Rekurskommission in Dreierbesetzung
die Beschwerde ab.

C.
C.________ lässt Verwaltungsgerichtsbeschwerde führen mit dem Rechtsbegehren,
der Entscheid der Rekurskommission vom 25. März 2003 und die
Verwaltungsverfügung vom 16. Mai 2000 seien aufzuheben, und es sei ihm
weiterhin eine ganze Invalidenrente auszurichten.

Die IV-Stelle beantragt mit Hinweis auf eine Stellungnahme ihres ärztlichen
Dienstes vom 12. August 2003 die Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde.
Das Bundesamt für Sozialversicherung hat sich nicht vernehmen lassen.

Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:

1.
Vorab ist festzuhalten, dass der Beschwerdeführer die in dem mit Urteil vom
4. November 2002 abgeschlossenen Verfahren noch erhobene formellrechtliche
Rüge, wonach die Aufhebungsverfügung vom 16. Mai 2000 ungenügend begründet
sei, nicht erneuert. Zu Recht, denn selbst wenn darin eine Verletzung des
rechtlichen Gehörs erblickt werden müsste, wäre diese nicht schwerwiegend und
als vor der Vorinstanz geheilt zu betrachten. Es kann auf die Erwägungen im
angefochtenen Entscheid verwiesen werden, denen das Eidgenössische
Versicherungsgericht nichts hinzuzufügen hat.

2.
2.1 Wie die Rekurskommission zutreffend erkannt hat, werden nach dem
massgebenden Zeitpunkt des Erlasses der streitigen Verfügung (hier: 16. Mai
2000) eingetretene Rechts- und Sachverhaltsänderungen vom
Sozialversicherungsgericht nicht berücksichtigt (BGE 127 V 467 Erw. 1, 121 V
366 Erw. 1b). Damit entfällt im vorliegenden Fall die Anwendbarkeit des am 1.
Juni 2002 in Kraft getretenen Abkommens vom 21. Juni 1999 zwischen der
Schweizerischen Eidgenossenschaft einerseits und der Europäischen
Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten andererseits über die Freizügigkeit
(APF), insbesondere auch des Anhanges II zum Abkommen, der die Koordinierung
der Systeme der sozialen Sicherheit regelt, sowie des am 1. Januar 2003 in
Kraft getretenen Bundesgesetzes über den Allgemeinen Teil des
Sozialversicherungsrechts (ATSG) vom 6. Oktober 2000 (BGE 129 V 3 f. Erw. 1.1
und 1.2).
2.2 Im angefochtenen Entscheid wird unter Hinweis auf Art. 2 Abs. 1 in
Verbindung mit Art. 1 des Abkommens vom 11. September 1975 zwischen der
Schweizerischen Eidgenossenschaft und Portugal über Soziale Sicherheit
(nachstehend: Abkommen; SR 0.831.109.654.1) richtig festgestellt, dass der
Beschwerdeführer als portugiesischer Staatsangehöriger mit Wohnsitz in
Portugal in seinen Rechten und Pflichten aus der Schweizerischen
Invalidenversicherung dem Schweizer Bürger grundsätzlich gleichgestellt ist.

Die Vorinstanz legt im Weiteren die massgeblichen Bestimmungen und Grundsätze
über den Invaliditätsbegriff (Art. 4 Abs. 1 IVG) sowie die Voraussetzungen
und den Umfang des Rentenanspruchs (Art. 28 Abs. 1 IVG), insbesondere den für
eine Leistungsausrichtung an nicht in der Schweiz wohnhafte Personen
mindestens erforderlichen Invaliditätsgrad von 50% (Art. 28 Abs. 1ter IVG;
BGE 121 V 269 ff. Erw. 5 und 6), welche Regelung nach Art. 3 des Abkommens
zulässig ist, zutreffend dar. Die Erwägungen über die Invaliditätsbemessung
bei erwerbstätigen Versicherten nach der allgemeinen Methode des
Einkommensvergleichs (Art. 28 Abs. 2 IVG) und über die Aufgabe des Arztes bei
der Invaliditätsbemessung (BGE 110 V 275 Erw. 4a; vgl. auch BGE 125 V 261
Erw. 4 mit Hinweisen) sind ebenfalls nicht zu beanstanden. Korrekt
dargestellt sind auch die Rechtsgrundlagen der Revision einer Invalidenrente
bei einer wesentlichen Änderung in den tatsächlichen Verhältnissen (Art. 41
IVG; Art. 88a IVV; BGE 117 V 199 Erw. 3b, 112 V 372 Erw. 2b je mit Hinweisen)
sowie die dabei zu vergleichenden Sachverhalte (BGE 125 V 369 Erw. 2 mit
Hinweis). Darauf wird verwiesen.

2.3 Richtigerweise erwähnt die Rekurskommission sodann, dass mit dem
Inkrafttreten des APF, abweichend von Art. 28 Abs. 1ter IVG, auch bei
Wohnsitz in einem EU-Staat ein Anspruch auf eine Viertelsrente bestehen kann.
Eine solche Rente hat die IV-Stelle dem Beschwerdeführer gestützt auf die
veränderte Rechtslage mit Verfügung vom 3. Juli 2002 ab 1. Juni 2002
zugesprochen. Auf diesen Verwaltungsakt ist aber, da nicht Gegenstand des
vorliegenden Verfahrens, nicht einzugehen. Hier geht es einzig um die am 16.
Mai 2000 mit Wirkung ab 1. Juli 2000 revisionsweise verfügte Aufhebung der
bis dahin bezogenen ganzen Invalidenrente.

3.
3.1 Die Zusprechung der ganzen Invalidenrente am 17. Oktober 1996 beruhte auf
der Annahme, der Beschwerdeführer sei infolge eines  panvertebralen
Schmerzsyndroms ohne erfassbares adäquates somatisches Korrelat im Rahmen
einer psychosozialen Belastungssituation und einer depressiven Verstimmung in
jeder, insbesondere der zuletzt ausgeübten Tätigkeit als Kellermeister
vollumfänglich arbeitsunfähig (Berichte der Klinik X.________ vom 17. März,
26., 27. und 28. April 1995, des Medizinischen Zentrums Y.________ vom 27.
Januar 1995 und 22. April 1996 sowie des Kantonsspitals A.________ vom 9.
Januar 1995).

3.2 Gemäss SAM-Gutachten vom 19. Oktober 1999 ist der Beschwerdeführer in den
Tätigkeiten als "cantiniere, uomo tuttofare nel campo alberghiero, aiuto
cucina, addetto all'office" sowie in jedem anderen mittelschweren Beruf
nurmehr zu 20% eingeschränkt. Die noch bestehende gesundheitliche
Beeinträchtigung beruht auf einer Fibromyalgie. Andere die funktionelle
Leistungsfähigkeit vermindernde physische oder psychische Leiden liegen nicht
vor. Die Vertrauensärztin der IV-Stelle schloss sich dieser Einschätzung in
ihrer Stellungnahme vom 23. September 2000 weitgehend an und macht lediglich
insofern einen Vorbehalt, dass sie - im Sinne einer Präzisierung der
Expertenaussagen - die zuletzt verrichtete schwere körperliche Arbeit eines
Kellermeisters sowie andere mehr als nur leichte bis mittelschwere Arbeiten,
wie etwa die des Küchengehilfen und des "Mannes-für-alles", als nicht
zumutbar bezeichnete und als Verweisungstätigkeiten mit einer
Arbeitsfähigkeit von 80% die Berufe Portier, Bote, Taxichauffeur,
Officegehilfe, Bürogehilfe und Gehilfe im Magazin anführte. Die gegenüber
früher andere Einschätzung der Arbeitsfähigkeit führen die SAM-Gutachter und
die Vertrauensärztin auf eine gesundheitliche Verbesserung zurück. Für eine
solche positive Entwicklung des bei der Rentenzusprechung gegebenen, von
einer Schmerzsymptomatik und einer depressiven Verstimmung geprägten
Leidensbildes spricht auch der Umstand, dass der Beschwerdeführer gemäss
Feststellung in der SAM-Expertise schmerzlindernde Medikamente nur zeitweise
und die damals benötigten Antidepressiva nicht mehr einnimmt.

Bei dieser Aktenlage kann mit dem im Sozialversicherungsrecht erforderlichen
Beweisgrad der überwiegenden Wahrscheinlichkeit (BGE126 V 360 Erw. 5b mit
Hinweisen) von einer wesentlichen Veränderung des Gesundheitszustandes seit
der Verfügung vom 17. Oktober 1996 ausgegangen und mit Verwaltung und
Vorinstanz das Vorliegen eines Rentenrevisionsgrundes bejaht werden.

3.3 Die Vorbringen in der Verwaltungsgerichtsbeschwerde führen zu keiner
anderen Betrachtungsweise. Widersprüche im SAM-Gutachten lassen sich nicht
ausmachen und können auch darin nicht gesehen werden, dass einerseits
bestehende körperliche Schmerzen und psychische Auffälligkeiten erwähnt,
anderseits diesem Beschwerdebild aber keine über das bescheinigte Mass der
Arbeitsunfähigkeit hinausgehende Bedeutung beigemessen wird. Die Experten
nehmen damit eine Wertung aus (fach-)ärztlicher Sicht vor, was Teil ihrer
Aufgabe bei der Invaliditätsbemessung ist (BGE 125 V 261 Erw. 4 mit
Hinweisen). Ihre von der Vertrauensärztin der IV-Stelle im Wesentlichen
geteilte Einschätzung ist nachvollziehbar und überzeugt. Dies gilt auch bei
Berücksichtigung der weiteren medizinischen Akten. Wenn Dr. med. V.________,
especialista em medicina geral e familiar, Portugal, in dem neu aufgelegten
Attest vom 11. April 2003 den Beschwerdeführer aus psychischen und
somatischen Gründen für gänzlich arbeitsunfähig bezeichnet, vermag diese,
ohnehin nur sehr kurz gefasste und erst zwei Jahre nach dem massgebenden
Zeitpunkt der Revisionsverfügung vom 16. Mai 2000 abgegebene Aussage eines
Allgemeinmediziners die fachübergreifenden und in Kenntnis der medizinischen
Vorakten getroffenen spezialärztlichen Feststellungen der SAM-Gutachter nicht
zu entkräften. Den anderen vom Versicherten zuvor aufgelegten Arztberichten
hat die Vorinstanz zu Recht ebenfalls keine entscheidrelevante Bedeutung
beigemessen. Es wird hiezu auf die einlässlichen vorinstanzlichen Erwägungen
verwiesen, mit denen sich der Beschwerdeführer nicht weiter auseinandersetzt.
Wenn sodann geltend gemacht wird, die Rekurskommission verneine
fälschlicherweise die noch bestehenden Schmerzen in den Extremitäten, hat es
mit dem Hinweis sein Bewenden, dass diese Beschwerden bei der Gesamtwürdigung
der SAM-Gutachter und damit auch bei der darauf abstellenden vorinstanzliche
Beurteilung berücksichtigt wurden. In der Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird
schliesslich, nebst weiteren, nicht einzeln zu behandelnden Vorbringen, auch
auf den niedrigen Intelligenzquotienten hingewiesen. Inwiefern der
Versicherte dadurch anders als in der früheren Tätigkeit eines Kellermeisters
eingeschränkt sein soll, wird aber nicht dargetan und ist auch nicht
ersichtlich.

4.
Der gestützt auf die Annahme einer 80%igen Arbeitsfähigkeit in einer
leidensangepassten Tätigkeit vorgenommene Einkommensvergleich der IV-Stelle
mit dem Ergebnis eines Invaliditätsgrades von höchstens 41% ist mit der
Vorinstanz nicht zu beanstanden. Der Beschwerdeführer erhebt dagegen auch
keine Einwendungen. Die gesundheitliche Verbesserung hat demnach zu einem
Invaliditätsgrad unter den 50% geführt, welche für einen Rentenanspruch des
im Ausland wohnhaften Beschwerdeführers mindestens vorausgesetzt werden (Art.
28 Abs. 1ter IVG; Erw. 2.2 hievor). Damit erweisen sich die revisionsweise
Aufhebung der Invalidenrente und der dies bestätigende vorinstanzliche
Entscheid als rechtens.

Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht:

1.
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen.

2.
Es werden keine Gerichtskosten erhoben.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien, der Eidgenössischen Rekurskommission der
AHV/IV für die im Ausland wohnenden Personen, der Schweizerischen
Ausgleichskasse und dem Bundesamt für Sozialversicherung zugestellt.

Luzern, 8. Oktober 2003
Im Namen des Eidgenössischen Versicherungsgerichts

Die Präsidentin der IV. Kammer:  Der Gerichtsschreiber: