Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Sozialrechtliche Abteilungen I 345/2003
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I 345/03

Urteil vom 10. Mai 2005
IV. Kammer

Präsident Ferrari, Bundesrichterin Widmer und Bundesrichter Ursprung;
Gerichtsschreiber Grunder

IV-Stelle Luzern, Landenbergstrasse 35, 6005 Luzern, Beschwerdeführerin,

gegen

C.________, 1964, Beschwerdegegnerin

Verwaltungsgericht des Kantons Luzern, Luzern

(Entscheid vom 21. März 2003)

Sachverhalt:

A.
Die 1964 geborene C.________, Mutter zweier Kinder, meldete sich am 5. Mai
1998 wegen rheumatischen Beschwerden und einem chronischen Rückenleiden bei
der Invalidenversicherung zum Leistungsbezug an. Nach Abklärungen in
medizinischer, beruflich-erwerblicher und haushaltlicher Hinsicht lehnte die
IV-Stelle Luzern einen Anspruch auf Invalidenrente mangels rentenbegründender
Invalidität ab (Verfügung vom 17. Januar 2002).

B.
Die hiegegen erhobene Beschwerde hiess das Verwaltungsgericht des Kantons
Luzern teilweise gut und hob die angefochtene Verfügung insoweit mit der
Feststellung auf, dass die Versicherte ab 1. Mai 2000 bei einem
Invaliditätsgrad von 48,62 % Anspruch auf eine Invalidenrente habe (Entscheid
vom 21. März 2003). Zur Prüfung des Härtefalles wies es die Sache an die
IV-Stelle zurück.

C.
Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde beantragt die IV-Stelle, Dispositiv Ziffer
1 des vorinstanzlichen Entscheids sei aufzuheben.

Die Beschwerdegegnerin hat am 3. Juni 2003 eine Vernehmlassung zur
Verwaltungsgerichtsbeschwerde eingereicht. Das Bundesamt für
Sozialversicherung verzichtet auf eine Stellungnahme.

Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:

1.
Das am 1. Januar 2003 in Kraft getretenen ATSG ist nicht anwendbar, wie die
Vorinstanz richtig erkannt hat.

Das kantonale Gericht hat weiter die Bestimmungen und Grundsätze über die
Voraussetzungen und den Umfang des Rentenanspruchs (Art. 28 Abs. 1 und 1bis
IVG), die Bemessung des Invaliditätsgrades bei Erwerbstätigen nach der
Einkommensvergleichsmethode (Art. 28 Abs. 2 IVG), bei Nichterwerbstätigen,
namentlich im Haushalt beschäftigten Versicherten, nach der spezifischen
Methode (Art. 28 Abs. 3 IVG in Verbindung mit Art. 27 Abs. 1 und 2 IVV) sowie
bei teilerwerbstätigen Versicherten nach der gemischten Methode (Art. 27bis
Abs. 1 IVV) zutreffend dargelegt. Darauf wird verwiesen.

2.
Es steht ausser Frage, dass zur Ermittlung des Invaliditätsgrades die
gemischte Methode anzuwenden ist. Unbestritten sind weiter die
Bemessungsfaktoren Anteile Erwerbstätigkeit (40 %) und Haushaltführung (60
%), Behinderung im Haushaltbereich (34,9 %) sowie die zumutbare
Arbeitsfähigkeit im Erwerbsbereich (40 %) bzw. das für die
Invaliditätsbemessung nach der Methode des Einkommensvergleichs relevante
Invalideneinkommen von Fr. 13'167.-. Streitig ist einzig, ob die Invalidität
im erwerblichen Bereich auf Grundlage einer Vollzeitbeschäftigung zu
ermitteln ist, was die Vorinstanz annimmt, oder ob als Basis von einer
Teilerwerbstätigkeit von 40 % auszugehen ist, wie die IV-Stelle in der
Verwaltungsgerichtsbeschwerde geltend macht.

3.
3.1 Gemäss konstanter Rechtsprechung ist die Invalidität im erwerblichen
Bereich im Rahmen der Teilerwerbstätigkeit zu ermitteln (vgl. BGE 125 V 152
ff. Erw. 4 und 5; 104 V 136 Erw. 2a; ZAK 1992 S. 128 Erw. 1b; letztmals
bestätigt in BGE 130 V 293 mit Hinweis auf in neuester Zeit ergangene
Urteile). Bereits im nicht veröffentlichten Urteil B. vom 9. Mai 1993, I
417/92, hat das Eidgenössische Versicherungsgericht zusammenfassend
festgehalten, dass beim Einkommensvergleich darauf abzustellen ist, was die
versicherte Person (im massgebenden Zeitpunkt nach dem Beweisgrad der
überwiegenden Wahrscheinlichkeit) als Gesunde tatsächlich verdienen würde und
als Invalide verdienen könnte. Nicht massgebend (für das Valideneinkommen)
ist insbesondere, was der Versicherte als voll Erwerbstätiger verdienen
könnte (vgl. Pra 1992 Nr. 224 S. 877 Erw. 4a).

In BGE 125 V 146 hat das Eidgenössische Versicherungsgericht die geltende
Praxis im Lichte der im Schrifttum geäusserten Kritik erneut überprüft und
Art. 27bis IVV als gesetzmässig erachtet. Es erwog im Wesentlichen, dass die
geltende Praxis zur Bemessung der Invalidität bei teilerwerbstätigen
Versicherten mit einem anderen Aufgabenbereich nach Art. 5 Abs. 1 IVG dem
klaren Willen des Verordnunggebers entspricht, dass sich Art. 27bis IVV im
Rahmen der weiten Delegationsnorm des Art. 28 Abs. 3 IVG hält und dass die
Regelung des Art. 27bis IVV nicht gegen den gesetzlichen Begriff der
Invalidität (Art. 4 Abs. 1 IVG) verstösst; schliesslich hat es festgehalten,
alle bisher beurteilten Varianten einer modifizierten Anwendung der
gemischten Methode bei teilerwerbstätigen Hausfrauen mit teilweise
einlässlicher Begründung, insbesondere unter dem Gesichtspunkt der
Rechtsgleichheitsgebots und des in Art. 163 ZGB konkretisierten Grundsatzes
der Gleichheit der Geschlechter nach Art. 4 Abs. 2 BV, verworfen.
Es besteht somit kein Anlass, die geltende Praxis einer weiteren Überprüfung
zu unterziehen, zumal das kantonale Gericht seine abweichende Rechtsanwendung
unbegründet lässt.

3.2 Nach dem Gesagten steht fest, dass die vorinstanzliche Berechnungsweise
bundesrechtswidrig ist. Wird im erwerblichen Bereich von dem auf ein
40%-Teilzeitpensum umgerechneten Betrag des im Übrigen für eine
Vollzeitstelle unbestrittenen Wertes für das Jahr 2002 ausgegangen (Fr.
42'765.-), ergibt sich ein Valideneinkommen von Fr. 17'106.-. Dem
Invalidenverdienst von Fr. 13'167.- gegenübergestellt resultiert ein
Invaliditätsgrad von 23 %. In Anwendung der gemischten Methode beträgt die
Gesamtinvalidität 30 % (23 % x 40 % + 34,9 % x 60 %). Die Beschwerdegegnerin
ist daher nicht in rentenbegründendem Ausmass invalid, weshalb die Verfügung
vom 17. Januar 2002 im Ergebnis nicht zu beanstanden ist.

Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht:

1.
In Gutheissung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird der Entscheid des
Verwaltungsgerichts des Kantons Luzern, Sozialversicherungsrechtliche
Abteilung, vom 21. März 2003 aufgehoben.

2.
Es werden keine Gerichtskosten erhoben.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Luzern,
Sozialversicherungsrechtliche Abteilung, der Ausgleichskasse Luzern und dem
Bundesamt für Sozialversicherung zugestellt.

Luzern, 10. Mai 2005
Im Namen des Eidgenössischen Versicherungsgerichts

Der Präsident der IV. Kammer: Der Gerichtsschreiber: