Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Sozialrechtliche Abteilungen I 289/2003
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I 289/03

Urteil vom 8. Oktober 2003
III. Kammer

Präsident Borella, Bundesrichter Meyer und Kernen; Gerichtsschreiber Lanz

G.________, 1950, Beschwerdeführer, vertreten durch Fürsprecher Bruno
Habegger, Brauihof 2, Hübeligasse, 4900 Langenthal,

gegen

IV-Stelle Bern, Chutzenstrasse 10, 3007 Bern, Beschwerdegegnerin

Verwaltungsgericht des Kantons Bern, Bern

(Entscheid vom 24. März 2003)

Sachverhalt:

A.
Der 1950 geborene, nach eigener Angabe seit 1980, nach Angabe der
Arbeitgeberin seit 1983 bei der X._________ AG als Bauhandlanger tätig
gewesene G.________ meldete sich im November 2000 unter Hinweis auf seit Juni
1999 bestehende Beschwerden im Bereich der Wirbelsäule bei der
Invalidenversicherung zum Rentenbezug an. Nach medizinischen und erwerblichen
Abklärungen sprach ihm die IV-Stelle Bern mit Wirkung ab 1. Februar 2001 eine
halbe Invalidenrente zu (Verfügung vom 18. September 2001).

B.
Die von G.________ hiegegen eingereichte Beschwerde wies das
Verwaltungsgericht des Kantons Bern mit Entscheid vom 24. März 2003 ab.

C.
G.________ lässt Verwaltungsgerichtsbeschwerde führen mit dem Rechtsbegehren,
Verwaltungsverfügung und kantonaler Entscheid seien aufzuheben und es sei die
Sache zu weiteren Abklärungen und neuer Verfügung über den Rentenanspruch an
die IV-Stelle zurückzuweisen.

Die IV-Stelle beantragt die Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Das
Bundesamt für Sozialversicherung hat sich nicht vernehmen lassen.

Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:

1.
Wie im angefochtenen Entscheid zutreffend erwähnt wird, ist das am 1. Januar
2003 in Kraft getretene Bundesgesetz über den Allgemeinen Teil des
Sozialversicherungsrechts (ATSG) vom 6. Oktober 2000 im vorliegenden Fall
nicht anwendbar, da nach dem massgebenden Zeitpunkt des Erlasses der
streitigen Verfügung (hier: 18. September  2001) eingetretene Rechts- und
Sachverhaltsänderungen vom Sozialversicherungsgericht nicht berücksichtigt
werden (BGE 127 V 467 Erw. 1, 121 V 366 Erw. 1b).
Die Vorinstanz hat auch die Bestimmungen und Grundsätze über den
Invaliditätsbegriff (Art. 4 Abs. 1 IVG), die Voraussetzungen und den Umfang
des Rentenanspruchs (Art. 28 Abs. 1 und 1bis IVG), die Invaliditätsbemessung
bei erwerbstätigen Versicherten nach der allgemeinen Methode des
Einkommensvergleichs (Art. 28 Abs. 2 IVG; BGE 104 V 136 Erw. 2a und b; ferner
BGE 128 V 30 Erw. 1), die Verwendung von Tabellenlöhnen bei der Ermittlung
des Invalideneinkommens (BGE 126 V 76 f. Erw. 3b/bb mit Hinweisen; vgl. auch
AHI 2002 S. 67 Erw. 3b) und den dabei gegebenenfalls vorzunehmenden
behinderungsbedingten Abzug (BGE 126 V 75; ferner AHI 2002 S. 67 ff. Erw. 4
mit Hinweisen) richtig wiedergegeben. Dasselbe gilt für die Rechtsprechung
über die Aufgabe des Arztes bei der Invaliditätsbemessung (BGE 125 V 261 Erw.
4 mit Hinweisen). Darauf wird verwiesen. Zu ergänzen bleibt, dass
hinsichtlich des Beweiswertes eines Arztberichtes entscheidend ist, ob er für
die streitigen Belange umfassend ist, auf allseitigen Untersuchungen beruht,
auch die geklagten Beschwerden berücksichtigt, in Kenntnis der Vorakten
(Anamnese) abgegeben worden ist, in der Beurteilung der medizinischen
Situation einleuchtet und ob die Schlussfolgerungen des Experten begründet
sind. Ausschlaggebend für den Beweiswert ist grundsätzlich somit weder die
Herkunft eines Beweismittels noch die Bezeichnung der eingereichten oder in
Auftrag gegebenen Stellungnahme als Bericht oder Gutachten (BGE 125 V 352
Erw. 3a mit Hinweis; AHI 2001 S. 113 f. Erw. 3a).

2.
Das kantonale Gericht hat gestützt auf die Berichte des Dr. med. S.________,
Innere Medizin FMH, vom 12. Januar 2000 und 25. April 2001 sowie des Spitals
Y.________, Neurologische Klinik und Poliklinik, vom 13. Dezember 2000 zu
Recht erkannt, dass der Beschwerdeführer in Anbetracht seiner
gesundheitlichen Beschwerden zwar nicht mehr im angestammten Beruf eines
Bauhandlangers, wohl aber zu 50 % in einer angepassten leichteren, vorwiegend
sitzend zu verrichtenden Verweisungstätigkeit eingesetzt werden kann. Es wird
vollumfänglich auf die eingehende Darlegung und sorgfältige Würdigung des
rechtserheblichen medizinischen Sachverhaltes im angefochtenen Entscheid
verwiesen. Darin wird auch mit zutreffender Begründung, die zu wiederholen
sich erübrigt, die Notwendigkeit von ergänzenden ärztlichen Abklärungen für
den zu beurteilenden Zeitraum bis zur streitigen Verfügung vom 18. September
2001 (BGE 121 V 366 Erw. 1b; Erw. 1 hievor) verneint.

3.
Zu prüfen bleiben die erwerblichen Auswirkungen der festgestellten
Arbeitsunfähigkeit.

3.1 Gemäss dem in diesem Punkt der Beschwerde folgenden kantonalen Entscheid
hätte der Beschwerdeführer im Jahr 2001 (Beginn des Rentenanspruchs als
massgebender Zeitpunkt für die Invaliditätsbemessung, vgl. BGE 129 V 222, 128
V 174) ohne Gesundheitsschädigung mutmasslich ein Erwerbseinkommen von Fr.
52'721.- (Valideneinkommen) erzielt.

3.2
3.2.1Streitig und zu prüfen bleibt die Bestimmung des Einkommens, das der
Versicherte trotz gesundheitlicher Beeinträchtigung zumutbarerweise noch
realisieren könnte (Invalideneinkommen). Hiefür hat die Vorinstanz den in
Tabelle A1 der Schweizerischen Lohnstrukturerhebung 2000 (LSE 2000) für
einfache und repetitive Tätigkeiten (Anforderungsniveau 4) von Männern im
privaten Sektor aufgeführten standardisierten monatlichen Bruttolohn von Fr.
4437.- herangezogen und der Nominallohnentwicklung bis 2001 sowie der
betriebsüblichen durchschnittlichen Arbeitszeit angepasst. Den sich aufs Jahr
ergebenden Lohnbetrag von Fr. 56'894.- hat sie nach Massgabe der
Arbeitsunfähigkeit um 50 % herabgesetzt und sodann einen
behinderungsbedingten Abzug von 15 % vorgenommen. Daraus resultiert ein
Invalideneinkommen von Fr. 24'180.- und im Vergleich mit dem Valideneinkommen
von Fr. 52'721.- (Erw. 3.1 hievor) ein Invaliditätsgrad von 54,1 %, was den
Anspruch auf eine halbe Rente begründet (Art. 28 Abs. 1 IVG).

3.2.2 Das Vorgehen des kantonalen Gerichts entspricht in allen Teilen Gesetz
und Praxis (vgl. BGE 126 V 75). An dieser Betrachtungsweise vermögen die
Einwendungen in der Verwaltungsgerichtsbeschwerde nichts zu ändern.

Mit dem Vorbringen, das (hypothetische) Invalideneinkommen dürfe nicht höher
angesetzt werden als das (effektive) Valideneinkommen, wird fälschlicherweise
davon ausgegangen, ein Versicherter erziele ohne Invalidität den ihm
höchstmöglichen Lohn. Dies trifft indes nicht zu (Urteil P. vom 14. Januar
2002 Erw. 2b, I 460/00, auch zum Folgenden). Es ist durchaus möglich, dass
ein Versicherter vor Eintritt des Gesundheitsschadens einer weniger gut
entlöhnten Tätigkeit nachging und damit weniger verdiente, als ihm eigentlich
möglich und zumutbar gewesen wäre. Für die Festsetzung des
Invalideneinkommens ist dieser Umstand nur dann beachtlich, wenn nicht aus
freien Stücken eine weniger gut entlöhnte Tätigkeit ausgeübt wird, sondern
wenn besondere invaliditätsfremde Gründe vorliegen, welche der
Einkommenserzielung entgegenstehen oder diese vermindern, wie beispielsweise
der ausländerrechtliche Status eines Versicherten als Asylbewerber (Urteil A.
vom 7. März 2001 Erw. 2b, U 132/00), und dadurch bereits ohne Invalidität nur
ein unterdurchschnittliches Einkommen erzielt wird (vgl. ZAK 1989 S. 457 f.
Erw. 3b, RKUV 1993 Nr. U 168 S. 103 f. Erw. 5a und b). Anhaltspunkte für
derartige Umstände werden vom Beschwerdeführer nicht geltend gemacht und sind
auch anderweitig nicht ersichtlich.

Soweit der Versicherte weiter geltend macht, der behinderungsbedingte Abzug
vom Tabellenlohn sei auf 25 %, den nach der Rechtsprechung höchstmöglichen
Ansatz (BGE 126 V 75), anzusetzen, hat es, ohne dass die Richtigkeit dieses
Vorbringen zu prüfen ist, mit dem Hinweis sein Bewenden, dass auch diesfalls
der für eine ganze Rente minimal vorausgesetzte Invaliditätsgrad (66 2/3 %
[Art. 28 Abs. 1 IVG]) nicht erreicht würde.

Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht:

1.
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen.

2.
Es werden keine Gerichtskosten erhoben.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Bern,
Sozialversicherungsrechtliche Abteilung, der Ausgleichskasse des Kantons Bern
und dem Bundesamt für Sozialversicherung zugestellt.
Luzern, 8. Oktober 2003

Im Namen des Eidgenössischen Versicherungsgerichts

Der Präsident der III. Kammer:   Der Gerichtsschreiber: