Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Sozialrechtliche Abteilungen I 274/2003
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I 274/03

Urteil vom 4. Dezember 2003
IV. Kammer

Präsidentin Leuzinger, Bundesrichter Rüedi und Ferrari; Gerichtsschreiberin
Polla

K.________, 1956, Lochmattstrasse 1A, 5417 Untersiggenthal, Beschwerdeführer,

gegen

IV-Stelle des Kantons Aargau, Kyburgerstrasse 15, 5001 Aarau,
Beschwerdegegnerin

Versicherungsgericht des Kantons Aargau, Aarau

(Entscheid vom 11. März 2003)

Sachverhalt:

A.
Der 1956 geborene K.________ war vom 3. April 2000 bis 30. November 2001 als
Fassadenisoleur bei der I.________ GmbH tätig. Am 22. Oktober 2001 meldete er
sich unter Hinweis auf Rückenbeschwerden und Lähmungserscheinungen an den
Händen zum Leistungsbezug (Berufsberatung, Rente) bei der
Invalidenversicherung an. Nach Abklärungen in medizinischer und beruflicher
Hinsicht verneinte die IV-Stelle Aarau den Anspruch auf berufliche Massnahmen
wie auch auf Rente (Verfügung vom 13. März 2002).

B.
Die hiegegen erhobene Beschwerde, mit welcher K.________ die erneute
berufliche Abklärung (mit Dolmetscher) sowie die Einholung weiterer Berichte
des Hausarztes sowie eines psychiatrischen Gutachtens beantragte, wies das
Versicherungsgericht des Kantons Aargau mit Entscheid vom 11. März 2003 ab.

C.
K.________ führt unter Beilage eines Schreibens des externen psychiatrischen
Dienstes (EPD) des Kantons Aargau (vom 21. Februar 2003) und des Dr. med.
H.________, Allgemeine Medizin FMH, (vom 3. Februar 2003)
Verwaltungsgerichtsbeschwerde mit dem sinngemässen Rechtsbegehren, in
Aufhebung der Verwaltungsverfügung und des vorinstanzlichen Entscheids sei
ihm eine Rente zuzusprechen, eventuell sei die Sache zur erneuten
Sachverhaltsabklärung an die IV-Stelle zurückzuweisen.
Die IV-Stelle und das Bundesamt für Sozialversicherung verzichten auf eine
Vernehmlassung.

D.
Nach Ablauf der Rechtsmittelfrist lässt K.________ (am 30. April 2003) ein
weiteres Schreiben des EPD vom 25. März 2003 zukommen und reicht zudem nach
Abschluss des Schriftenwechsels Arztzeugnisse des Dr. med. H.________ (vom
28. Mai. 2002, 17. Januar, 31. März und 25. Juni 2003) ein.

Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:

1.
Die Vorinstanz hat die Bestimmungen und Grundsätze über den
Invaliditätsbegriff (Art. 4 Abs. 1 IVG), den Umfang des Rentenanspruchs (Art.
28 Abs. 1 und 1bis IVG), die Bemessung des Invaliditätsgrades bei
Erwerbstätigen nach der Einkommensvergleichsmethode (Art. 28 Abs. 2 IVG), die
Bedeutung ärztlicher Auskünfte für die Belange der Invaliditätsbemessung (BGE
115 V 134 Erw. 2, 114 V 314 Erw. 3c) zutreffend wiedergegeben. Darauf wird
verwiesen. Zu ergänzen ist, dass das am 1. Januar 2003 in Kraft getretene
Bundesgesetz über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts (ATSG)
vom 6. Oktober 2000 im vorliegenden Fall nicht anwendbar ist, da nach dem
massgebenden Zeitpunkt des Erlasses der streitigen Verfügung (hier: 13. März
2002) eingetretene Rechts- und Sachverhaltsänderungen vom
Sozialversicherungsgericht nicht berücksichtigt werden (BGE 127 V 467 Erw. 1,
121 V 366 Erw. 1b).

2.
Streitig und zu prüfen ist der Anspruch des Versicherten auf eine
Invalidenrente. Insofern mit dem gestellten Antrag auf Neubeurteilung der
Streitsache wiederum ein Anspruch auf berufliche Massnahmen geltend gemacht
wird, wird diesbezüglich vollumfänglich auf die vorinstanzlichen Erwägungen
verwiesen, welchen nichts mehr beizufügen ist.

2.1 Unbestrittenermassen ist der Beschwerdeführer aufgrund seiner
Rückenbeschwerden mit Sensibilitätsstörungen des linken Armes (bei Status
nach ventraler Diskektomie C5/C6 und C6/C7 mit Spondylodese und Status nach
Dekompression des linken Nervus ulnaris) nicht mehr in der Lage, die bisher
ausgeübte, körperlich schwere Tätigkeit als Fassadenisoleur fortzuführen. In
Würdigung der medizinischen Akten, insbesondere gestützt auf den Bericht des
Dr. med. F.________, Neurochirurgische Klinik am Spital X.________, vom 16.
Oktober 2001 sowie den hausärztlichen Bericht des Dr. med. H.________ vom 17.
Dezember 2001 sind Vorinstanz und Verwaltung indessen zum Schluss gelangt,
dass der Versicherte unter Berücksichtigung der körperlichen Leiden für eine
leichte Tätigkeit zu 100 % arbeitsfähig sei.

2.2 Der Versicherte bringt zur Hauptsache vor, das kantonale Gericht habe bei
der Beurteilung ausser Acht gelassen, dass seine Behinderung nicht nur
aufgrund physischer, sondern auch psychischer Leiden bestehe, so dass er sich
auf Anraten des Hausarztes in psychiatrische Behandlung habe begeben müssen.
Mit der Vorinstanz ist hiezu festzuhalten, dass sich bis zum hier
massgebenden Zeitpunkt des Verfügungserlasses (13. März 2002) ausser dem
Vermerk des Hausarztes im Bericht vom 17. Dezember 2001 "eventuell
psychiatrische Behandlung", wobei dieser am 2. September 2001 auch auf
gewisse offensichtliche "rentenneurotische Tendenzen" hinwies, in den
medizinischen Akten keinerlei Anhaltspunkte für ein psychisches Leiden mit
relevanten Auswirkungen auf die Arbeits- und Erwerbsfähigkeit finden. Das
kantonale Gericht durfte deshalb davon ausgehen, dass von weiteren
medizinischen Abklärungen, insbesondere in psychiatrischer Hinsicht, keine
rechtserheblichen neuen Erkenntnisse zu erwarten sind, und dementsprechend
auf weitere Beweisvorkehren verzichten (antizipierte Beweiswürdigung; 124 V
94 Erw. 4b; RKUV 2003 Nr. U 473 S. 50 Erw. 3.4).
Wenn Vorinstanz und Verwaltung daher aufgrund der hausärztlichen Angaben des
Dr. med. H.________ vom 17. Dezember 2001 den Versicherten für eine leichte
wechselbelastende Tätigkeit, bei welcher keine Gewichte zu heben sind, keine
schnellen Bewegungen wie auch keine Überkopfarbeiten notwendig sind,
vollumfänglich einsetzbar erachten, lässt sich dies nicht beanstanden.

2.3 Soweit der Beschwerdeführer eine Verschlechterung des Gesundheitszustands
seit März 2002 geltend macht, liegt dies ausserhalb des hier zu beurteilenden
Anfechtungs- und Streitgegenstandes und ist daher unbeachtlich (Erw. 1).
Ebenso unbeachtlich ist der nach Ablauf der Rechtsmittelfrist und nicht im
Rahmen eines zweiten Schriftenwechsels aufgelegte Bericht des EPD vom 25.
März 2003, wie auch die (zudem wenig aussagekräftigen) Zeugnisse des
Hausarztes (vom 28. Mai 2002, 17. Januar, 31. März und 25. Juni 2003), da
diese weder neue erhebliche Tatsachen noch entscheidende Beweismittel im
Sinne von Art. 137 lit. b OG enthalten, die eine Revision des Gerichtsurteils
rechtfertigen könnten (BGE 127 V 355 ff. insbes. 357 Erw. 4). Aus dem mit
Verwaltungsgerichtsbeschwerde eingereichten Schreiben des EPD vom 21. Februar
2003 geht aber hervor, dass sich - zumindest nach Erlass der streitigen
Verfügung - psychische Beschwerden bemerkbar machten, sodass sich der
Versicherte ab Mai 2002 in psychiatrische Behandlung begab, und ab 10. Mai
2002 (Datum Behandlungsbeginn) gemäss EPD aus psychiatrischer Sicht eine
100%ige Arbeitsunfähigkeit besteht. Zudem ist aufgrund des ebenfalls
letztinstanzlich eingereichten Schreibens des Dr. med. H.________
ersichtlich, dass sich auch in somatischer Hinsicht nach dem hier
massgebenden Zeitpunkt eine Verschlechterung des Gesundheitszustandes ergab,
sodass der Hausarzt den Versicherten am 3. Februar 2003 aus rein körperlicher
Sicht nur für leichtere, rückenschonende Arbeiten zu sechs Stunden im Umfang
von 70 % (einem 50%igen Pensum entsprechend) arbeitsfähig schätzt. Es bleibt
dem Beschwerdeführer daher umbenommen, gestützt auf diese medizinischen
Angaben im Rahmen einer Neuanmeldung (Art. 87 Abs. 3 und 4 IVV) Leistungen
bei der Invalidenversicherung geltend zu machen.

3.
Mit Blick auf die vom kantonalen Gericht ermittelten hypothetischen Einkommen
(Validen- und Invalideneinkommen) besteht weder nach den Akten noch nach den
Vorbringen der Parteien Anlass, hierauf zurückzukommen, nachdem der
festgesetzte Umfang der Arbeitsfähigkeit als einziges strittiges
Rentenelement letztinstanzlich nach der Sachlage nicht zu beanstanden ist und
der Einkommensvergleich richtigerweise bezogen auf den Zeitpunkt des
allfälligen Rentenbeginns im Jahr 2001 (Art. 29 Abs. 1 lit. b IVG)
vorgenommen wurde (BGE 129 V 222 Erw. 4.1 und 4.2, 128 V 174). Die
vorinstanzliche Verneinung eines Rentenanspruchs bei einem errechneten
Invaliditätsgrad von 23,1 % ist damit rechtens.

Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht:

1.
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen.

2.
Es werden keine Gerichtskosten erhoben.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Versicherungsgericht des Kantons Aargau,
der Ausgleichskasse des Kantons Aargau und dem Bundesamt für
Sozialversicherung zugestellt.

Luzern, 4. Dezember 2003

Im Namen des Eidgenössischen Versicherungsgerichts

Die Präsidentin der IV. Kammer:  Die Gerichtsschreiberin: