Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Sozialrechtliche Abteilungen I 25/2003
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I 25/03

Urteil vom 7. November 2003
III. Kammer

Präsident Borella, Bundesrichter Meyer und Kernen; Gerichtsschreiberin
Fleischanderl

G.________, 1958, Spanien, Beschwerdeführerin, vertreten durch Rechtsanwalt
Dr. Jürg Knus, Molkereistrasse 1, 8645 Jona,

gegen

IV-Stelle für Versicherte im Ausland, Avenue Edmond-Vaucher 18, 1203 Genf,
Beschwerdegegnerin

Eidgenössische Rekurskommission der AHV/IV für die im Ausland wohnenden
Personen, Lausanne

(Entscheid vom 18. November 2002)

Sachverhalt:

A.
Am 31. Juli 1995 sprach die IV-Stelle des Kantons St. Gallen der 1958
geborenen, aus Italien stammenden G.________ verfügungsweise eine ganze
Invalidenrente (samt Zusatzrenten) rückwirkend auf den 1. Februar 1995 zu.
Anlässlich des im März 1999 eingeleiteten Revisionsverfahrens holte die
nunmehr zuständige IV-Stelle für Versicherte im Ausland - G.________ lebt
seit Juli 1997 mit ihrer Familie in Spanien - u.a. Berichte des Dr. med.
F.________, Institut X.________, Spanien, (undatiert, Eingangsstempel vom 9.
März 2000) und des IV-Stellenarztes Dr. med. M.________ vom 4. Mai 2001 sowie
ein polydisziplinäres Gutachten der Clinique Y.________ vom 27. Februar 2001
ein. Gestützt darauf hob sie die bisherige Rente per 1. Oktober 2001 auf
(Verfügung vom 21. August 2001).

B.
Im daraufhin durch die Versicherte angehobenen Beschwerdeverfahren reichte
die Verwaltung einen Bericht der IV-Stellenärztin Frau Dr. med. E.________
vom 30. März 2002 zu den Akten. Die Eidgenössische Rekurskommission der
AHV/IV für die im Ausland wohnenden Personen hiess die Beschwerde in dem
Sinne gut, als sie die Rentenaufhebung erst per 1. November 2001 bestätigte;
im Übrigen wies sie das Rechtsmittel ab (Entscheid vom 18. November 2002).

C.
G.________ lässt Verwaltungsgerichtsbeschwerde führen mit dem Rechtsbegehren,
in Aufhebung des vorinstanzlichen Entscheides und der Verwaltungsverfügung
sei ihr weiterhin eine ganze Rente zuzusprechen.
Während die IV-Stelle auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde
schliesst, verzichtet das Bundesamt für Sozialversicherung auf eine
Vernehmlassung.
Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:

1.
Streitig ist, ob die Rekurskommission die Aufhebung der per 1. Februar 1995
zugesprochenen ganzen Rente zu Recht - unter Neufestsetzung des
Aufhebungszeitpunktes auf den 1. November 2001 - bestätigt hat. Zu prüfen ist
daher, ob im Zeitraum zwischen dem 31. Juli 1995 (Rentenverfügung) und dem
21. August 2001 (Revisionsverfügung) eine Änderung der tatsächlichen
Verhältnisse eingetreten ist, welche die Aufhebung rechtfertigt. Nicht
rechtserheblich ist in diesem Zusammenhang die Mitteilung der IV-Stelle des
Kantons St. Gallen vom 4. Juli 1996, wonach die bisherige Rente weiterhin
unverändert ausgerichtet werde (BGE 109 V 265 Erw. 4a).

2.
2.1 Die Revisionsverfügung wurde vor Inkrafttreten (1. Juni 2002) des
Abkommens vom 21. Juni 1999 zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft
einerseits und der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten
andererseits über die Freizügigkeit erlassen. Dieses Abkommen, insbesondere
dessen Anhang II, der die Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit
regelt, muss demnach im vorliegenden Verfahren unberücksichtigt bleiben (BGE
128 V 315). Zur Anwendung gelangt deshalb weiterhin - die Beschwerdeführerin
ist italienische Staatsangehörige - das Abkommen zwischen der Schweizerischen
Eidgenossenschaft und der Italienischen Republik über Soziale Sicherheit vom
14. Dezember 1962 (nachfolgend: Abkommen).

2.2 Im angefochtenen Entscheid werden die Anspruchsvoraussetzungen von nicht
in der Schweiz wohnhaften italienischen Staatsangehörigen auf eine
Invalidenrente (Art. 28 Abs. 1, 1ter und 2 IVG [je in der hier massgeblichen,
bis 31. Dezember 2002 in Kraft gestandenen Fassung] in Verbindung mit Art. 1
und 2 des Abkommens) zutreffend dargelegt. Richtig wiedergegeben hat die
Vorinstanz auch die nach schweizerischem Recht massgebenden Bestimmungen und
Grundsätze über die Revision von Invalidenrenten bei wesentlicher Änderung
der tatsächlichen Verhältnisse (Art. 41 IVG; Art. 88a Abs. 1, Art. 88bis Abs.
2 lit. a IVV; BGE 117 V 199 Erw. 3b, 112 V 372 Erw. 2b und 390 Erw. 1b; ZAK
1987 S. 36 ff.; vgl. auch BGE 125 V 369 Erw. 2 und AHI 2000 S. 309 Erw. 1b
mit Hinweisen) sowie die Aufgabe des Arztes bei der Invaliditätsbemessung
(BGE 115 V 134 Erw. 2, 114 V 314 Erw. 3c; siehe BGE 125 V 261 Erw. 4). Darauf
wird verwiesen. Zu ergänzen ist, dass das am 1. Januar 2003 in Kraft
getretene Bundesgesetz über den Allgemeinen Teil des
Sozialversicherungsrechts (ATSG) vom 6. Oktober 2000 im vorliegenden Fall
nicht anwendbar ist, da nach dem massgebenden Zeitpunkt des Erlasses der
streitigen Verfügung (hier: 21. August 2001) eingetretene Rechts- und
Sachverhaltsänderungen vom Sozialversicherungsgericht nicht berücksichtigt
werden (BGE 127 V 467 Erw. 1, 121 V 366 Erw. 1b).

3.
3.1 Auf Grund einer leichten Fehlhaltung der Lendenwirbelsäule mit
flachbogiger Skoliose nach links, ohne ossäre Veränderungen, paramedianer
Diskurshernie L4/5 links und wiederholten Lumbalgien nach einem Sturz vom 12.
September 1992 mit Rückfall am 10. Februar 1994 sowie der dadurch bedingten
vollständigen Arbeitsunfähigkeit war der Beschwerdeführerin per 1. Februar
1995 eine ganze Rente zugesprochen worden. Ein im Jahre 1996 durchgeführtes
Revisionsverfahren ergab keine wesentlichen Änderungen des Beschwerdebildes.
Dr. med. F.________, welcher die Versicherte nach ihrem Umzug nach Spanien
anfangs 2000 untersuchte, beschrieb in seinem undatierten, am 9. März 2000
der Verwaltung zugegangenen Bericht demgegenüber einen stabilisierten
Gesundheitszustand mit guter Toleranz bei Vermeiden von Kraftanstrengung
sowie eine gut erhaltene Beweglichkeit des Stütz- und Bewegungsapparates; er
veranschlagte die Beeinträchtigung im angestammten Beruf auf weniger als 33 %
und hielt dafür, dass die Beschwerdeführerin auch andere Tätigkeiten ohne
weiteres zu verrichten imstande sei. Zum gleichen Schluss gelangten die Ärzte
der Clinique Y.________, welche in ihrem Gutachten vom 27. Februar 2001 -
gestützt auch auf Abklärungen betreffend die körperliche Eignung für die
Ausübung einer Erwerbstätigkeit - ab 9. März 2000 eine uneingeschränkte
Arbeitsfähigkeit für leichte Tätigkeiten bescheinigten. Nach Einsichtnahme in
diese Unterlagen kam der IV-Stellenarzt Dr. med. M.________ in seinem Bericht
vom 4. Mai 2001 ebenfalls zum Ergebnis, dass der Gesundheitszustand der
Versicherten seit der Rentenzusprechung wegen bedeutender Schmerzen bei
zeitweiliger Wurzelkompression nach einem Sturz nunmehr eine objektive
Besserung erfahren habe, wobei ihr spätestens ab 9. März 2000 leichtere
Tätigkeiten in vollem Umfang zuzumuten seien. In ihrem Bericht vom 30. März
2002 führt Frau Dr. med. E.________ alsdann aus, es sei nach der Rückkehr der
Beschwerdeführerin nach Spanien eine Besserung der zur Rentenzusprechung
führenden gesundheitlichen Beeinträchtigungen eingetreten, indem die - die
Arbeitsfähigkeit der Versicherten zur Hauptsache beeinflussenden -
Rückenschmerzen an Intensität nurmehr wechselnd seien, Ischialgien nicht mehr
aufträten und radikuläre Ausfälle weder im Neurostatus noch
elektromyographisch nachweisbar seien. Eine rentenausschliessende
Erwerbstätigkeit sei der Versicherten wieder zumutbar.

3.2 Gestützt auf diese medizinische Aktenlage ist mit der Rekurskommission
und der IV-Stelle davon auszugehen, dass sich der Gesundheitszustand der
Versicherten durch den Wegzug nach Spanien insofern in revisionsrechtlich
erheblicher Weise verbessert hat, als diese spätestens seit der Untersuchung
durch das spanische Institut X.________ im März 1999 wieder in der Lage ist,
ganztags eine körperlich leichte Tätigkeit auszuüben. Unter Berücksichtigung
einer ausgeglichenen Arbeitsmarktlage wäre es ihr daher möglich - der von
Verwaltung und Vorinstanz angestellte Einkommensvergleich ist unbestritten
geblieben und gibt zu keinen Beanstandungen Anlass - ein
rentenausschliessendes Erwerbseinkommen zu erzielen, weshalb eine
Weiterausrichtung der per 1. Februar 1995 zugesprochenen Rente richtigerweise
verneint worden ist. Es wird auf die zutreffenden Erwägungen des
vorinstanzlichen Entscheides verwiesen, bei denen es, namentlich auch
hinsichtlich des auf den 1. November 2001 festgesetzten Zeitpunkts der
Aufhebung der Rente, sein Bewenden haben muss.

4.
Die von der Beschwerdeführerin dagegen erhobenen Einwände vermögen zu keinem
anderem Ergebnis zu führen.

4.1 Insbesondere ist die Rüge, der Bericht des Instituts X.________ sei
unvollständig, nicht stichhaltig. Die Arbeitsfähigkeitsbeurteilung beruht
letztlich auf einer Gesamtbetrachtung der vorhandenen medizinischen
Unterlagen - so u.a. des Gutachtens der Clinique Y.________ vom 27. Februar
2001 sowie der Stellungnahmen der IV-Stellenärzte Frau Dr. med. E.________
vom 30. März 2002 und des Dr. med. M.________ vom 4. Mai 2001 -, in deren
übereinstimmende Einschätzung des noch verbliebenen erwerblichen
Leistungsvermögens sich der Bericht des Dr. med. F.________ widerspruchslos
einfügt.

4.2 Ferner macht die Beschwerdeführerin geltend, dass auf das im Rahmen des
Verwaltungsverfahrens eingeholte Gutachten der Clinique Y.________ vom 27.
Februar 2001 nicht abgestellt werden könne, da weder das Eintrittsgespräch
noch die Untersuchungen in ihrer Muttersprache Italienisch durchgeführt
worden seien. Obwohl ihr Ehemann, der als Übersetzer hätte fungieren sollen,
am Eintrittsgespräch nicht habe teilnehmen dürfen, sei zudem kein Dolmetscher
beigezogen worden.
Der Versicherten ist entgegenzuhalten, dass sie der vorgesehenen Begutachtung
- auch hinsichtlich der sprachlichen Verständigung - weder opponierte, als
sie bestellt worden war, noch entsprechende Einwendungen durch ihren Ehemann
vorbringen liess, als dieser sich in der Vorbereitungsphase zweimal
telefonisch auf französisch bei der Verwaltung gemeldet hatte. Die
Versicherte unterliess es demnach, vorgängig gegenüber der Beschwerdegegnerin
einen Antrag auf Begutachtung in der deutsch- oder italienischsprechenden
Schweiz zu stellen, weshalb sie aus der in BGE 127 V 219 zitierten
Rechtsprechung nichts zu ihren Gunsten ableiten kann. Dem darin beurteilten
Fall lag der Sachverhalt zugrunde, dass der Versicherte seit Beginn der von
der IV-Stelle angeordneten MEDAS-Begutachtung darum ersucht hatte, die
medizinischen Untersuchungen in einer ihm verständlichen Sprache durchführen
zu lassen, worauf die Verwaltung indes nicht weiter eingegangen war.
Vorliegend erhellt aus den Akten des Weitern, dass die im Rahmen der
gutachtlichen Abklärungen vorgenommenen psychiatrischen wie auch die
Erhebungen bezüglich der noch möglichen konkreten Berufstätigkeiten auf
italienisch und die neurologischen Untersuchungen auf deutsch, einer Sprache,
deren sich die Beschwerdeführerin auch in ihrer Korrespondenz mit der
IV-Stelle bediente, geführt worden waren. Auf Grund der Aussage im
orthopädischen Untersuchungsbericht, die Explorandin spreche kein
Französisch, kann überdies geschlossen werden, dass auch diese Teilabklärung
in einer anderen, der Beschwerdeführerin verständlichen Sprache stattgefunden
haben muss. Wie die Rekurskommission folglich zu Recht erkannt hat, ergeben
sich gestützt auf die Angaben der hinzugezogenen Experten keine Anhaltspunkte
dafür, dass die spezialärztlichen Untersuchungen durch erhebliche
Verständigungsschwierigkeiten behindert worden wären, weshalb auch keine
Veranlassung bestand, einen Dolmetscher beizuziehen. Auf deren Ergebnisse -
das Gutachten genügt auch den übrigen rechtsprechungsgemäss erforderlichen
Kriterien für beweiskräftige ärztliche Entscheidungsgrundlagen (vgl. BGE 125
V 352 Erw. 3a mit Hinweis) - ist somit abzustellen. Ebenso wenig bestehen
Hinweise darauf, dass die Ärzte der Clinique, da für ein
"SUVA-Abklärungszentrum" arbeitend, nicht "neutral" begutachten konnten (vgl.
dazu BGE 125 V 353 f. Erw. 3b/ee mit Hinweis), zumal es sich vorliegend um
ein invaliden- und nicht um ein unfallversicherungsrechtliches Verfahren
handelt (in diesem Sinne Urteil B. vom 26. Juli 2002, I 19/02).

Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht:

1.
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen.

2.
Es werden keine Gerichtskosten erhoben.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien, der Eidgenössischen Rekurskommission der
AHV/IV für die im Ausland wohnenden Personen, der Schweizerischen
Ausgleichskasse und dem Bundesamt für Sozialversicherung zugestellt.
Luzern, 7. November 2003

Im Namen des Eidgenössischen Versicherungsgerichts

Der Präsident der III. Kammer:   Die Gerichtsschreiberin: