Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Sozialrechtliche Abteilungen I 254/2003
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I 254/03

Urteil vom 26. April 2004
IV. Kammer

Präsident Ferrari, Bundesrichterin Widmer und Bundesrichter Ursprung;
Gerichtsschreiberin Hofer

Z.________, 1975, Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwalt Alfred
Dätwyler, Bielstrasse 3, 4500 Solothurn,

gegen

IV-Stelle des Kantons Solothurn, Allmendweg 6, 4528 Zuchwil,
Beschwerdegegnerin

Versicherungsgericht des Kantons Solothurn, Solothurn

(Entscheid vom 3. März 2003)

Sachverhalt:

A.
Der 1975 geborene Z.________ war von Juli 1998 bis zur Kündigung durch die
Arbeitgeberin auf Ende März 2001 im Restaurant X.________ als
Buffet-Mitarbeiter angestellt. Vom 9. November 2000 bis 9. Januar 2001
unterzog er sich einer stationären psychiatrischen Behandlung der Klinik
Y.________. Unter Hinweis auf Schmerzen und eine Depression meldete er sich
am 16. Januar 2001 bei der Invalidenversicherung zum Leistungsbezug an. Die
IV-Stelle des Kantons Solothurn holte unter anderem den Bericht des
Hausarztes Dr. med. R.________ vom 6. Februar 2001 ein, welchem das von den
Alpina Versicherungen AG in Auftrag gegebene psychiatrische Gutachten des Dr.
med. M.________ vom 14. November 2000, der Austrittsbericht der Klinik
Y.________ vom 24. Januar 2001, der Bericht des Spitals I.________ vom 11.
Oktober 1999 und jener des Spitals N.________ vom 3. Juni 1999 beilagen.
Weiter zog sie den Arbeitgeberbericht vom 20. Februar 2001 bei. Mit
Vorbescheid vom 22. Juni 2001 stellte die Verwaltung dem Versicherten in
Aussicht, sein Leistungsbegehren abzulehnen, da aufgrund der bei den Akten
liegenden medizinischen Unterlagen keine Arbeitsunfähigkeit gegeben sei.
Z.________ liess daraufhin Einwände gegen das Gutachten des Dr. med.
M.________ erheben und die Einholung einer neutralen psychiatrischen
Expertise beantragen. Mit der von der IV-Stelle am 17. Juli 2001 angeordneten
Begutachtung durch Dr. med. W.________, Spezialarzt für Psychiatrie und
Psychotherapie, war er ebenfalls nicht einverstanden und verlangte am 5.
September 2001 die Abklärung durch eine andere Fachperson. Nachdem Dr. med.
W.________ der IV-Stelle mit Schreiben vom 23. September 2001 mitgeteilt
hatte, er habe das Gutachten bereits erstellt, lehnte diese nach Eintreffen
der Expertise mit Verfügung vom 4. Dezember 2001 das Leistungsbegehren ab.

B.
Die dagegen erhobene Beschwerde wies das Versicherungsgericht des Kantons
Solothurn mit Entscheid vom 3. März 2003 ab.

C.
Z.________ lässt Verwaltungsgerichtsbeschwerde führen mit dem Antrag, in
Aufhebung des vorinstanzlichen Entscheids sei die Sache zur ergänzenden
Abklärung an die Verwaltung zurückzuweisen. Zudem wird um unentgeltliche
Rechtspflege ersucht. Der Eingabe lagen weitere Arztberichte bei.

Die IV-Stelle schliesst auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Das
Bundesamt für Sozialversicherung verzichtet auf eine Vernehmlassung.

Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:

1.
Am 1. Januar 2003 ist das Bundesgesetz über den Allgemeinen Teil des
Sozialversicherungsrechts vom 6. Oktober 2000 (ATSG) in Kraft getreten. Mit
ihm sind zahlreiche Bestimmungen im Invalidenversicherungsbereich geändert
worden. Während in materiellrechtlicher Hinsicht - nach einem allgemeinen
übergangsrechtlichen Grundsatz - der Beurteilung jene Rechtsnormen zu Grunde
zu legen sind, die gegolten haben, als sich der zu den materiellen
Rechtsfolgen führende Sachverhalt verwirklicht hat (vgl. BGE 129 V 4 Erw. 1.2
mit Hinweisen), verhält es sich mit den verfahrensrechtlichen Neuerungen
anders. Diese sind mangels gegenteiliger Übergangsbestimmungen mit dem Tag
des In-Kraft-Tretens sofort und in vollem Umfang anwendbar (BGE 129 V 115
Erw. 2.2 mit Hinweisen).

2.
2.1 Wie bereits im vorinstanzlichen Verfahren macht der Beschwerdeführer
geltend, die IV-Stelle habe Dr. med. W.________ mit einer psychiatrischen
Begutachtung beauftragt, ohne ihm vorgängig Gelegenheit gegeben zu haben,
sich dazu zu äussern. Zudem rügt er das Vorgehen der Verwaltung bei der
Erteilung des Gutachterauftrages.

2.2 Gemäss Art. 73bis Abs. 1 IVV in der bis 31. Dezember 2002 gültig
gewesenen Fassung hatte die IV-Stelle, bevor sie über die Ablehnung eines
Leistungsbegehrens beschloss, dem Versicherten oder seinem Vertreter
Gelegenheit zu geben, sich mündlich oder schriftlich zur geplanten Erledigung
zu äussern und die Akten des Falles einzusehen. Bezüglich der Einwendungen
gegen den Gutachter hatte der Versicherte die Möglichkeit, anlässlich des
Aufgebots zur Begutachtung sofort zu reagieren, worauf die IV-Stelle ohne
Verfügung zu bestimmen hatte, was mit dem Aufgebot weiter zu geschehen habe.
Im Anhörungsverfahren konnte die versicherte Person ihre Einwendungen
erneuern und insbesondere geltend machen, sie sei vom betreffenden Gutachter
schlecht behandelt oder nicht unvoreingenommen untersucht worden (BGE 125 V
405 Erw. 3c).

2.3 Auf Ersuchen des Versicherten hat die IV-Stelle im Rahmen des
Vorbescheidverfahrens eine ergänzende psychiatrische Begutachtung in die Wege
geleitet und Dr. med. W.________ damit beauftragt. Nachdem ein erstes
Explorationsgespräch am 27. August 2001 stattgefunden hatte, sagte der
Beschwerdeführer die zweite Besprechung, welche am 5. September 2001 in
Anwesenheit einer Dolmetscherin hätte durchgeführt werden sollen, kurzfristig
ab. Ebenfalls am 5. September 2001 liess der Rechtsvertreter des Versicherten
die IV-Stelle wissen, dass gegen Dr. med. W.________ Einwände erhoben würden,
da ihm aus einem anderen Verfahren bekannt sei, dass dieser Facharzt
anhaltenden somatoformen Schmerzstörungen keinen Krankheitswert zumesse. Die
IV-Stelle wollte dem Einwand entsprechen und den Gutachterauftrag Dr. med.
A.________ erteilen. Aufgrund der Mitteilung des Dr. med. W.________ vom 23.
September 2001, sein Gutachten sei bereits erstellt, liess sie es alsdann
dabei bewenden. Die Verfügung vom 4. Dezember 2001 erging, ohne dass der
Versicherte Gelegenheit hatte, sich vorgängig zum Gutachten des Dr. med.
W.________ vom 22. September 2001 zu äussern.

2.4 Das kantonale Gericht hat erwogen, Art. 44 ATSG schreibe vor, wenn der
Versicherungsträger zur Abklärung des Sachverhaltes ein Gutachten einer oder
eines unabhängigen Sachverständigen einholen müsse, so gebe er der Partei
deren oder dessen Namen bekannt. Diese könne den Gutachter aus triftigen
Gründen ablehnen und Gegenvorschläge machen. Zwar habe es die IV-Stelle
unterlassen, den Versicherten vor der Nomination des Gutachters zu begrüssen.
Weil die Gehörsverletzung nicht besonders schwer wiege, könne sie im
kantonalen Gerichtsverfahren geheilt werden.

2.5 Da das Verwaltungsverfahren mit der Verfügung vom 4. Dezember 2001
abgeschlossen wurde, fand das am 1. Januar 2003 in Kraft getretene ATSG und
somit auch Art. 44 ATSG darauf noch keine Anwendung (vgl. BGE 129 V 115 Erw.
2.2). Mit dem In-Kraft-Treten des ATSG ist Art. 73bis Abs. 1 IVV ersatzlos
aufgehoben worden. Dieses regelt das Sozialversicherungsverfahren in den Art.
34 ff. und kennt kein Vorbescheidverfahren. Auf Grund der geänderten
Verfahrensbestimmungen besteht somit keine Möglichkeit mehr, ein in
verfahrensrechtlicher Hinsicht korrektes Vorbescheidverfahren nachzuholen
(vgl. SVR 2003 IV Nr. 25 S. 76; Urteil B. vom 16. Dezember 2003, I 353/03).
Sowohl im vorinstanzlichen als auch im vorliegenden Verfahren konnte sich der
Beschwerdeführer eingehend zum Beweiswert der psychiatrischen Gutachten
äussern. Da beiden Gerichten die uneingeschränkte Überprüfungsbefugnis in
rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht zusteht, kann der Mangel somit ohnehin
als geheilt betrachtet werden (vgl. BGE 120 V 362 Erw. 2b; AHI 2001 S. 122
Erw. 1a/cc).

3.
Im angefochtenen Entscheid werden die massgeblichen Bestimmungen über die
Voraussetzungen und den Umfang des Rentenanspruchs (Art. 28 Abs. 1 und 1bis
IVG) zutreffend dargelegt. Ebenfalls richtig wiedergegeben sind die
Rechtsprechung zur Bedeutung ärztlicher Berichte und Gutachten für die
Bestimmung des Invaliditätsgrades (BGE 125 V 261 Erw. 4, 115 V 134 Erw. 2,
114 V 314 Erw. 3c, 105 V 158 Erw. 1) sowie die Grundsätze der Beweiswürdigung
(BGE 125 V 352 Erw. 3a, 122 V 160 Erw. 1c, je mit Hinweisen). Darauf wird
verwiesen. Die materiellen Bestimmungen des ATSG sind im vorliegenden
Verfahren nicht anwendbar, da die streitige Verfügung vom 4. Dezember 2001
vor dessen In-Kraft-Treten erlassen worden ist. Entgegen der Auffassung der
Vorinstanz ist daher für den Begriff der Invalidität Art. 4 Abs. 1 IVG in der
bis 31. Dezember 2002 gültig gewesenen Fassung und nicht Art. 8 Abs. 1 ATSG
massgebend.

Zu ergänzen ist, dass die Bestimmungen der auf den 1. Januar 2004 in Kraft
getretenen 4. IVG-Revision im hier zu beurteilenden Fall nicht anwendbar
sind, da nach dem massgebenden Zeitpunkt des Erlasses der Verfügung vom 4.
Dezember 2001 eingetretene Rechts- und Sachverhaltsänderungen vom
Sozialversicherungsgericht nicht berücksichtigt werden (BGE 129 V 4 Erw. 1.2
mit Hinweisen).

4.
Die Vorinstanz hat für die Beurteilung des Gesundheitszustandes und des
funktionellen Leistungsvermögens auf die psychiatrischen Gutachten der Dres.
med. M.________ vom 14. November 2000 und W.________ vom 22. September 2001
abgestellt und diesen vollen Beweiswert im Sinne der Rechtsprechung
zuerkannt. Den im wesentlichen übereinstimmenden Expertisen lasse sich keine
psychiatrische Diagnose entnehmen, welche die Arbeitsfähigkeit des
Beschwerdeführers beeinträchtige. Vielmehr sei ihm jede
Hilfsarbeitertätigkeit vollschichtig zumutbar. Die Arztzeugnisse der Klinik
Y.________ vermöchten die Schlüssigkeit dieser Beurteilung nicht zu
erschüttern.

5.
5.1 Der Beschwerdeführer bestreitet, dass das Gutachten des Dr. med.
M.________ eine ausreichende Grundlage zur Beurteilung seiner
Leistungsansprüche darstellt. Es handle sich um ein reines Parteigutachten.
Aufgrund der Angaben im Briefkopf sei dieser Arzt  für Behörden und
Versicherungen tätig und übe die Funktion eines Waffenplatzpsychiaters aus.
Zudem sei die Expertise im Zeitpunkt des Erlasses der streitigen Verfügung
gar nicht mehr aktuell gewesen.

Bei einem Parteigutachten handelt es sich um ein von der versicherten Person
als Partei des Verfahrens vor dem Sozialversicherungsträger oder im Prozess
vor dem Sozialversicherungsgericht bei einem Arzt oder einer medizinischen
Institution eingeholtes Gutachten (BGE 125 V 353; Ulrich Meyer-Blaser, Der
Rechtsbegriff der Arbeitsunfähigkeit und seine Bedeutung in der
Sozialversicherung, namentlich für den Einkommensvergleich in der
Invaliditätsbemessung, in: René Schaffhauser/Franz Schlauri [Hrsg.] Schmerz
und Arbeitsunfähigkeit, St. Gallen 2003, S. 54). Dies ist mit Bezug auf das
vom Hausarzt der IV-Stelle eingereichte, von den Alpina Versicherungen bei
Dr. med. M.________ in Auftrag gegebene Gutachten indessen nicht der Fall.
Die Verwaltung kann auch von dritter Seite in Auftrag gegebene Gutachten in
die Beurteilung miteinbeziehen. Dafür genügt es, wenn sie der betroffenen
Person das Recht einräumt, sich nachträglich zum Gutachten zu äussern (nicht
veröffentlichtes Urteil I. vom 2. November 1998, I 209/98). Ob ihm für die zu
beurteilenden Belange Beweiswert zukommt, ist von der Verwaltung und im
Beschwerdefall vom Gericht nach den von der Rechtsprechung aufgestellten
Richtlinien für die Beweiswürdigung (vgl. BGE 125 V 351) zu prüfen. Wie
bereits die Vorinstanz zutreffend festgehalten hat, erfüllt die Expertise des
Dr. med. M.________ vom 14. November 2000 die entsprechenden Voraussetzungen,
weshalb ohne weiteres darauf abgestellt werden kann. Von einem reinen
Aktengutachten kann nicht die Rede sein, hält doch der Psychiater
ausdrücklich fest, seine Expertise stütze sich nebst den zur Verfügung
gestellten Akten auch auf die von ihm am 27.  Juni und 24. August 2000
erhobenen Befunde. Eine relevante Veränderung des Gesundheitszustandes bis
zum für die Beurteilung massgebenden Zeitpunkt der Verfügung vom 4. Dezember
2001 (BGE 121 V 366 Erw. 1b mit Hinweis) wird vom Beschwerdeführer nicht
dargetan und ergibt sich auch nicht aus den Akten, weshalb auch unter diesem
Aspekt kein Anlass besteht, dem Gutachten die Beweistauglichkeit
abzusprechen. Der Umstand allein, dass ein frei praktizierender Facharzt
wiederholt für Versicherungen und Behörden Gutachten erstellt, vermag ihn
sodann nicht aus diesem Grund als befangen erscheinen zu lassen (vgl. RKUV
1999 Nr. U 332 S. 193).

5.2
5.2.1Bezüglich des Gutachtens von Dr. med. W.________ vom 22. September 2001
wird gerügt, die IV-Stelle habe diesen selber als ungeeignet betrachtet.
Zudem habe der Arzt den Versicherten am 27. August 2001 nur kurz gesehen und
ohne die Hilfe eines Dolmetschers befragt. Der Umstand, dass eine zweite
Konsultation in Anwesenheit einer Übersetzerin vereinbart worden sei, lasse
auf Kommunikationsschwierigkeiten bei der Erstbefragung schliessen. Da die
zweite Besprechung nicht zustande gekommen sei, fehle es an einer
ordentlichen Befunderhebung, was das Gutachten als untaugliches Beweismittel
erscheinen lasse.

5.2.2 Über die Gebotenheit der Durchführung einer medizinischen
Abklärungsmassnahme unter Beizug eines Übersetzers hat grundsätzlich der
Gutachter im Rahmen sorgfältiger Auftragserfüllung zu entscheiden. Massgebend
dafür, ob und in welcher Form bei medizinischen Abklärungen dem Gesichtspunkt
der Sprache resp. der sprachlichen Verständigung Rechnung getragen werden
muss, ist letztlich die Bedeutung der Massnahme im Hinblick auf die in Frage
stehende Leistung. Es geht um die Aussagekraft und damit die beweismässige
Verwertbarkeit des Gutachtens als Entscheidungsgrundlage für die IV-Stelle
und gegebenenfalls das Sozialversicherungsgericht. Danach müssen die
Feststellungen des Experten nachvollziehbar sein, seine Beschreibung der
medizinischen Situation muss einleuchten und die Schlussfolgerungen müssen
begründet sein (BGE 125 V 352 Erw. 3a).

Dr. med. W.________ führte aus, die Kollaboration habe sich als schwierig
erwiesen. Gesamthaft habe der Versicherte dysphorisch und vergrämt gewirkt
und habe sich ausgesprochen wortkarg und dysthym verhalten. Er habe sich kaum
motivieren lassen, seine Lebensgeschichte zu erzählen. Psychiatrisch müsse
klar eine aktive Verweigerungshaltung festgehalten werden. Das Schweigen habe
einen recht demonstrativen und ostentativen Charakter gehabt. Das ganze Verhalten könne keiner psychiatrischen Erkrankung zugeordnet werden. Hinweise
auf ein psychotisches Geschehen, eine schwere depressive Erkrankung oder eine
schwere Persönlichkeitsstörung fehlten. Höchstens eine leichte depressive
Symptomatik könne diskutiert werden. Da somit nicht in erster Linie
sprachliche Probleme für die mangelhafte Zusammenarbeit des Beschwerdeführers
verantwortlich waren, erscheint es zumindest fraglich, ob sich durch die
Anwesenheit einer Dolmetscherin etwas geändert hätte. Dr. med. M.________
hält in seinem Gutachten vom 14. November 2000 fest, die Deutschkenntnisse
seien passabel. Ein guter affektiver Rapport komme indessen nicht zustande.
Fest stehe, dass sich der Versicherte nicht helfen lassen wolle, was auch der
Hausarzt klar bestätige. Verschiedene Störungen und Beschwerden würden
erheblich aggraviert oder gar vorgetäuscht. Im weitesten Sinne könne von
einer Somatisierungsstörung oder einer Schmerzverarbeitungsstörung gesprochen
werden, während an der Diagnose einer agitierten Depression erhebliche
Zweifel anzubringen seien. Viel eher liege eine dysthym-dysphorische
Entwicklung vor dem Hintergrund einer Ehekrise und einer unbefriedigenden
Arbeitssituation vor. Damit ergibt sich eine weitgehende Übereinstimmung in
den Feststellungen der beiden Gutachter. Obwohl das spätere Gutachten wegen
der nicht zustande gekommenen zweiten Untersuchung in beweisrechtlicher
Hinsicht mit Zurückhaltung gewürdigt werden muss, ist es in die
Gesamtbetrachtung miteinzubeziehen.

5.2.3 Befangenheitsgründe sind mit Bezug auf Dr. med. W.________ keine
auszumachen. Insbesondere können solche nicht aus der Begutachtung in einem
nicht näher bekannten Verfahren abgeleitet werden. Auch aus dem Umstand, dass
die IV-Stelle später einen vom Versicherten genannten Experten
berücksichtigen wollte, kann nicht auf Voreingenommenheit geschlossen werden,
zumal die Beweistauglichkeit des Gutachtens erst nach dessen Vorliegen
beurteilt werden konnte. Unter den gegebenen Umständen ist nicht zu
beanstanden, dass die Verwaltung schliesslich das Gutachten des Dr. med.
W.________ abwartete, bevor sie nötigenfalls einen weiteren Experten
beauftragte. Nichts zu seinen Gunsten abzuleiten vermag der Beschwerdeführer
sodann daraus, dass Datum und Zustellungszeitpunkt der Expertise
auseinanderliegen.

6.
6.1 Die Auffassungen der beiden Gutachter weichen in der Erhebung und
Beurteilung des Psychostatus sowie bezüglich der Auswirkungen der Befunde auf
die Arbeitsfähigkeit nicht wesentlich voneinander ab. Beide konnten keine
relevanten Befunde erheben, welche eine Arbeitsunfähigkeit zu begründen
vermöchten. Unter Berücksichtigung der weiteren medizinischen Unterlagen
zeigt sich, dass die geltend gemachten chronischen occipitalen Kopfschmerzen,
welche am 22. Mai 1999 zur notfallmässigen Hospitalisation geführt hatten,
durch keine pathologischen oder organischen Befunde bestätigt werden konnten
(Bericht des Spitals N.________ vom 3. Juni 1999). Im Spital I.________ wurde
daraufhin eine Schmerzverarbeitungsstörung bei therapieresistenten, chronisch
occipito-nuchalen Spannungskopfschmerzen diagnostiziert. Es wurde ein
Wiedereinstieg ins Berufsleben mit einem anfänglichen Pensum von 50%
empfohlen (Bericht vom 11. Oktober 1999). Vom 9. November 2000 bis 9. Januar
2001 hielt sich der Versicherte zur stationären Behandlung in der Klinik
Y.________ auf, wünschte dann aber unvermittelt, entlassen zu werden. Gemäss
Austrittsbericht vom 24. Januar 2001 ergab der Somatostatus normale Befunde.
Es wurde eine Somatisierungsstörung (ICD-10 F45.0) diagnostiziert und auf
eine psychosoziale Belastungssituation hingewiesen. Zur Arbeitsfähigkeit
äusserten sich die Ärzte nicht. Sie hielten jedoch fest, dass sich der
Versicherte unter Angabe von Beschwerden geweigert habe, länger als eine
Stunde in der klinikinternen Beschäftigungsstätte tätig zu sein. Im Gespräch
habe er leidend gewirkt und vermittelt, dass er nichts zur Besserung
beitragen könne. Insbesondere sei es nicht gelungen, ihn zur Aufnahme einer
körperlichen Betätigung zu motivieren. Bei insgesamt inaktivem Verhalten habe
er sich darüber beklagt, dass sich bezüglich seiner Schmerzen nichts ändere.
Dies lässt sich durchaus in Übereinstimmung bringen mit den Feststellungen
des Dr. med. M.________, welchem der Versicherte den Eindruck vermittelte, er
wolle gar nicht gesund sein und im Sinne eines sekundären Krankheitsgewinns
in seiner appellativ-ostentativen Leidensrolle verharren. Die Darlegungen im
Austrittsbericht vermögen die Schlussfolgerungen des Gutachters jedenfalls
nicht in Frage zu stellen. In der nachträglich eingereichten Stellungnahme
vom 27. März 2003 diagnostizierten die Ärzte der Klinik Y.________ eine
depressive Störung mit somatischem Syndrom mittelgradiger Ausprägung (ICD-10
F32.11), ohne sich zur Arbeitsfähigkeit zu äussern. Ob sie damit eine seit
dem Austrittsbericht vom 24. Januar 2001 eingetretene
Zustandsverschlechterung geltend machen wollten, ist mangels näherer
Begründung nicht ersichtlich. Dies kann jedoch offen bleiben, da jedenfalls
bis zum Erlass der vorinstanzlich bestätigten Verfügung vom 4. Dezember 2001
keine solche auszumachen ist. Die weiteren bei den Akten liegenden Zeugnisse
und Stellungnahmen der Klinik Y.________, welche von einer vollständigen
Arbeitsunfähigkeit ausgehen, sind nur kurz und stichwortartig gehalten,
weshalb sie die Anforderungen an eine schlüssige medizinische Beurteilung
nicht zu erfüllen vermögen. Dasselbe gilt für die Berichte des Dr. med.
R.________ vom 6. Februar 2001 und 19. Juli 2002. Da der medizinische
Sachverhalt umfassend abgeklärt worden ist, mit dem Gutachten des Dr. med.
M.________ eine schlüssige und nachvollziehbar begründete
Beurteilungsgrundlage vorliegt und auch unter Berücksichtigung der weiteren
bei den Akten liegenden medizinischen Unterlagen nichts gegen deren
Zuverlässigkeit spricht, ist von der beantragten ergänzenden medizinischen
Abklärung abzusehen.

6.2 Das Vorliegen eines fachärztlich ausgewiesenen psychischen Leidens mit
Krankheitswert ist aus rechtlicher Sicht wohl Voraussetzung, nicht aber
hinreichende Basis für die Annahme einer invalidisierenden Einschränkung der
Arbeitsfähigkeit. Der Psychiater hat zwar zur Arbeitsfähigkeit Stellung zu
nehmen, und seine Ausführungen bilden eine wichtige Grundlage für die
Beurteilung der Zumutbarkeit von Arbeitsleistungen (vgl. BGE 105 V 158 Erw. 1
in fine), doch obliegt es letztlich der rechtsanwendenden Behörde - der
Verwaltung oder, im Streitfall, dem Gericht - zu beurteilen, ob eine
Invalidität im Rechtssinne (Art. 4 Abs. 1 IVG), bejahendenfalls eine solche
rentenbegründender Art (Art. 4 Abs. 2 in Verbindung mit Art. 28 f. IVG),
eingetreten ist. Dabei kommt es entscheidend darauf an, ob die betroffene
Person, von ihrer psychischen Verfassung her, an sich die Möglichkeit hat,
trotz ihrer subjektiv erlebten Schmerzen einer Arbeit nachzugehen. Die
Unzumutbarkeit einer willentlichen Schmerzüberwindung und eines
Wiedereinstiegs in den Arbeitsprozess setzt das Vorliegen einer mitwirkenden,
psychisch ausgewiesenen Komorbidität von erheblicher Schwere, Intensität,
Ausprägung und Dauer oder das Vorhandensein anderer qualifizierter, mit
gewisser Intensität und Konstanz erfüllter Kriterien voraus. So sprechen
unter Umständen chronische körperliche Begleiterkrankungen und mehrjähriger
Krankheitsverlauf bei unveränderter oder progredienter Symptomatik ohne
längerfristige Remission, ein ausgewiesener sozialer Rückzug in allen
Belangen des Lebens, ein verfestigter, therapeutisch nicht mehr angehbarer
innerseelischer Verlauf einer an sich missglückten, psychisch aber
entlastenden Konfliktbewältigung (primärer Krankheitsgewinn) oder
unbefriedigende Behandlungsergebnisse trotz konsequent durchgeführter
ambulanter und/oder stationärer Behandlungsbemühungen und gescheiterte
Rehabilitationsmassnahmen bei vorhandener Motivation und Eigenanstrengung der
versicherten Person für die Unüberwindbarkeit von somatoformen
Schmerzstörungen (zur Publikation in der Amtlichen Sammlung vorgesehenes
Urteil N. vom 12. März 2004, I 683/03 mit Hinweisen).

6.3 Aus rechtlicher Sicht sprechen keine hinreichenden Gründe dafür, dass die
psychischen Ressourcen es dem Versicherten nicht erlaubten, trotz seiner
Schmerzen eine Hilfsarbeitertätigkeit in vollem Umfang auszuüben. Es ist
keine psychische Krankheit ausgewiesen, welche die Willensbildung und die
Handlungsfreiheit in einem Masse einschränken würde, dass vom Versicherten
nicht zumindest ein ernsthaftes Bemühen um eine positive Beeinflussung seines
Gesundheitszustandes erwartet werden könnte. Vielmehr lässt es der
Beschwerdeführer an einer zumutbaren Willensanstrengung gänzlich fehlen,
indem er sich während der zweimonatigen Hospitalisation in der Klinik
Y.________ insgesamt sehr inaktiv verhielt. Dr. med. W.________ gegenüber gab
er an, abgesehen von Einkäufen und kurzen Spaziergängen verbringe er den Tag
meistens im Bett. Mit der gesamten Verweigerungshaltung geht auch ein Verlust
der sozialen Integration einher. Diese wie auch der von Dr. med. M.________
erwähnte sekundäre Krankheitsgewinn mit Verharren in einer
appellativ-ostentativen Leidensrolle stellen einen bewussten oder zumindest
bewusstseinsnahen Vorgang dar, weshalb sie nicht gegen die Zumutbarkeit der
geforderten Willensanstrengung sprechen. Körperliche Begleiterkrankungen sind
keine auszumachen. Dass die Behandlungsmassnahmen zu keinem ersichtlichen
Erfolg führten, ist vorwiegend auf die fehlende Motivation des Versicherten
zurückzuführen. In Würdigung der Gesamtsituation und weil Dr. med. M.________
wie auch die Ärzte des Spitals I.________ und Dr. med. W.________
ausdrücklich die Wiederaufnahme einer Erwerbstätigkeit empfehlen und hievon
zumindest längerfristig eine Verbesserung des psychischen
Gesundheitszustandes erwarten, ist davon auszugehen, dass dem Versicherten
zuzumuten ist, seine Schmerzen zu überwinden und einer Erwerbstätigkeit
nachzugehen.

7.
Das Verfahren ist kostenlos (Art. 134 OG). Dem Gesuch um unentgeltliche
Verbeiständung ist stattzugeben (Art. 152 in Verbindung mit Art. 135 OG), da
die Bedürftigkeit aktenkundig ist, die Beschwerde nicht als aussichtslos zu
bezeichnen und die Vertretung geboten war (BGE 125 V 202 Erw. 4a mit
Hinweisen). Es wird indessen ausdrücklich auf Art. 152 Abs. 3 OG aufmerksam
gemacht, wonach die begünstigte Partei der Gerichtskasse Ersatz zu leisten
haben wird, wenn sie später dazu im Stande ist.

Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht:

1.
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen.

2.
Es werden keine Gerichtskosten erhoben.

3.
Zufolge Gewährung der unentgeltlichen Verbeiständung wird Rechtsanwalt Alfred
Dätwyler, Solothurn, für das Verfahren vor dem Eidgenössischen
Versicherungsgericht aus der Gerichtskasse eine Entschädigung von Fr. 1500.-
(einschliesslich Mehrwertsteuer) ausgerichtet.

4.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Versicherungsgericht des Kantons
Solothurn, der Ausgleichskasse des Kantons Solothurn und dem Bundesamt für
Sozialversicherung zugestellt.

Luzern, 26. April 2004
Im Namen des Eidgenössischen Versicherungsgerichts

Der Präsident der IV. Kammer:  Die Gerichtsschreiberin: