Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Sozialrechtliche Abteilungen I 229/2003
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I 229/03

Urteil vom 2. September 2003
IV. Kammer

Präsidentin Leuzinger, Bundesrichter Rüedi und Ferrari; Gerichtsschreiber
Widmer

S._________, Beschwerdeführerin, vertreten durch Rechtsanwältin Bernadette
Zürcher, Dahliastrasse 5, 8034 Zürich,

gegen

IV-Stelle des Kantons Zürich, Röntgenstrasse 17, 8005 Zürich,
Beschwerdegegnerin

Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich, Winterthur

(Entscheid vom 25. Februar 2003)

Sachverhalt:

A.
Die 1969 geborene S._________, Mutter einer 1994 geborenen Tochter, arbeitete
seit 1991 als Servicemitarbeiterin im Umfang von 90 % eines Vollzeitpensums
bei der C.________ AG. Am 4. September 1998 musste sie sich einer
Tumorexzision im Bereich der rechten Mamma mit axielärer Lymphonodektomie
unterziehen. Im Herbst 1999 trat ein sekundäres Lymphödem des rechten Armes
auf. Am 21. Februar 2000 meldete sich S._________ unter Hinweis auf
persistierende Beschwerden nach der Brustkrebsoperation bei der
Invalidenversicherung zum Leistungsbezug an. Gestützt auf die beigezogenen
medizinischen Unterlagen, worunter Berichte des Gynäkologen Dr. med.
F.________ vom 17. April und 14. November 2000 sowie ein Gutachten des
Zentrums X.________ vom 24. September 2001 und Auskünfte der
Arbeitgeberfirma, ermittelte die IV-Stelle einen Invaliditätsgrad von 53 %,
worauf sie der Versicherten nach durchgeführtem Vorbescheidverfahren
rückwirkend ab 1. August 1999 eine halbe Invalidenrente zusprach (Verfügung
vom 25. März 2002).

B.
Die von S._________ hiegegen eingereichte Beschwerde, mit welcher sie die
Zusprechung einer ganzen Invalidenrente ab 1. August 1999 hatte beantragen
lassen, wies das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich mit Entscheid
vom 25. Februar 2003 ab.

C.
Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde lässt S._________ das vorinstanzlich
gestellte Rechtsbegehren erneuern; eventuell seien ergänzende medizinische
Abklärungen anzuordnen.

Während die IV-Stelle auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde
schliesst, verzichtet das Bundesamt für Sozialversicherung auf eine
Vernehmlassung.

Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:

1.
Die Vorinstanz hat zutreffend festgestellt, dass das am 1. Januar 2003 in
Kraft getretene Bundesgesetz über den Allgemeinen Teil des
Sozialversicherungsrechts vom 6. Oktober 2000 (ATSG) im vorliegenden Fall
nicht anwendbar ist. Weil in zeitlicher Hinsicht grundsätzlich diejenigen
Rechtssätze massgebend sind, die bei Erfüllung des zu Rechtsfolgen führenden
Tatbestandes Geltung haben (BGE 127 V 467 Erw. 1) und das
Sozialversicherungsgericht bei der Beurteilung eines Falles grundsätzlich auf
den bis zum Zeitpunkt des Erlasses der streitigen Verfügung (hier: 25. März
2002) eingetretenen Sachverhalt abstellt (BGE 121 V 366 Erw. 1b), sind im
vorliegenden Fall somit die bis zum 31. Dezember 2002 gültig gewesenen
Bestimmungen massgebend.

2.
Das kantonale Gericht hat unter Hinweis auf die Verwaltungsverfügung die
Bestimmungen über den Umfang des Rentenanspruchs (Art. 28 Abs. 1 und 1bis
IVG) und die Invaliditätsbemessung bei teilerwerbstätigen Versicherten, die
gleichzeitig im Haushalt tätig sind, nach der gemischten Methode (Art. 27bis
Abs. 1 IVV in Verbindung mit Art. 28 Abs. 2 IVG und Art. 27 IVV) zutreffend
dargelegt. Ebenso hat es die Rechtsprechung zur Bedeutung ärztlicher
Auskünfte für die Belange der Invaliditätsschätzung (BGE 125 V 261 Erw. 4 mit
Hinweisen) und zum Beweiswert von Arztberichten (BGE 125 V 352 Erw. 3a)
richtig wiedergegeben. Darauf kann verwiesen werden.

3.
Es ist unbestritten, dass die Invaliditätsbemessung nach der gemischten
Methode mit Anteilen von 90 % Erwerbstätigkeit und 10 % Haushaltarbeiten
vorzunehmen ist. Ebenso steht der Rentenbeginn am 1. August 1999 ausser
Frage. Aufgrund der ärztlichen Berichte kann des Weiteren als erstellt
gelten, dass die Beschwerdeführerin ihre bisherige Arbeit im Service nicht
mehr verrichten kann. Streitig ist hingegen, ob sie anstelle der halben eine
ganze Invalidenrente beanspruchen kann. Dabei ist als Voraussetzung für eine
korrekte Invaliditätsbemessung in erster Linie der Grad der
Arbeitsunfähigkeit in einer leidensangepassten Tätigkeit zu prüfen.

3.1 Zur Zumutbarkeit einer Verweisungstätigkeit äusserte sich zunächst Dr.
med. F.________. Er führte am 17. April 2000 aus, die Beschwerdeführerin
könnte seit 7. November 1999 halbtags arbeiten, wobei Tragen mit dem rechten
Arm nur sehr kurz möglich sei und Nässe sich ungünstig auswirke. In einem
weiteren Bericht vom 14. November 2000 schloss Dr. F._________ sodann
repetitive handwerkliche Tätigkeiten mit dem rechten Arm aus. Der von der
Rechtsvertreterin der Versicherten beigezogene Psychiater Dr. med.
H._________, der am 12. April 2001 als Reaktion auf die Krebserkrankung eine
deutliche behandlungswürdige Depression diagnostizierte, hielt die
Versicherte für voll arbeitsunfähig. Die Administrativgutachter des Zentrums
X.________ wiederum, die nebst den somatischen Behinderungen eine
mittelgradige depressive Störung mit somatischem Syndrom diagnostizierten,
gelangten zur Auffassung, dass die Restarbeitsfähigkeit in einer geeigneten
Tätigkeit 80 % betrage. In Frage komme eine die rechte Hand wenig belastende
Tätigkeit. In Betracht fielen Steuerungs- und Überwachungsaufgaben,
Rezeption, etwas weniger auch leichte Montagearbeiten oder Verkauf. Die
Gutachter bezogen diese Angaben indessen auf die Zeit im Anschluss an eine
vorgängig durchzuführende stationäre und anschliessend ambulante, auf die
berufliche Reintegration ausgerichtete Therapie. Die Psychologin Frau
G._________, welche die Beschwerdeführerin seit Mai 2001 behandelte, teilte
in einem Schreiben an das   Zentrum X.________ vom 18. Oktober 2001 die
Auffassung des Psychiaters Dr. H._________, dass die Versicherte nicht
arbeitsfähig sei, wobei eine wesentliche Verbesserung des aktuellen
Zustandsbildes in absehbarer Zeit nicht wahrscheinlich sei.

3.2 Die Vorinstanz liess das Gutachten des Zentrums X.________ hinsichtlich
der Arbeitsunfähigkeit und der zumutbaren Arbeitsleistungen ausser Acht, weil
sich die entsprechenden Angaben auf die Zeit nach Therapieende bezogen. Sie
kam aufgrund der ersten Stellungnahme des Dr. F._________ (vom 17. April
2000) zum Schluss, dass der Versicherten ab November 1999 eine halbtägige
leidensangepasste Erwerbstätigkeit zumutbar wäre.

In der Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird hiegegen im Wesentlichen
eingewendet, Dr. F._________ habe in seinem späteren Verlaufsbericht vom 14.
November 2000 die frühere Einschätzung berichtigt, indem er festgehalten
habe, dass der Versicherten eine repetitive handwerkliche Tätigkeit mit dem
rechten Arm nicht zuzumuten sei. Sodann sei die psychisch bedingte
Einschränkung der Arbeitsfähigkeit, die von mehreren Ärzten und der
behandelnden Psychologin festgestellt wurde, unberücksichtigt geblieben.

3.3 Die Einwendungen der Beschwerdeführerin sind begründet. Es ist in der Tat
nicht einzusehen, weshalb das kantonale Gericht einzig auf den ersten Bericht
des Dr. F._________ vom 17. April 2000 abstellt und den aktuelleren
Verlaufsbericht vom 14. November 2000 ausser Acht lässt, worin der Arzt eine
repetitive handwerkliche Tätigkeit mit dem rechten Arm als unzumutbar
erachtet. Zwar mag diese neuere Aussage auch mit der unterschiedlichen
Fragestellung der Verwaltung zusammenhängen. Angesichts der gesamten,
teilweise divergierenden medizinischen Akten kommt der Stellungnahme des Dr.
F._________ vom 17. April 2000 nicht hinreichender Beweiswert zu, zumal er
selbst, wie erwähnt, in seinem späteren Bericht vom 14. November 2000 die
Einsatzfähigkeit der Versicherten gerade in Tätigkeiten, die für sie am
ehesten in Frage kämen, ausschliesst, weil sie mit repetitiven Armbewegungen
verbunden wären. Da zudem das Administrativgutachten keine Stellungnahme zur
aktuellen Arbeitsunfähigkeit enthält und deshalb ebenfalls keine schlüssige
Beurteilung erlaubt, sind ergänzende Abklärungen in medizinischer Hinsicht
unabdingbar. Zu diesem Zweck ist die Sache an die IV-Stelle zurückzuweisen.
Diese wird ein fachärztliches Gutachten veranlassen, das sich aus somatischer
und psychischer Sicht zur Einschränkung der Arbeitsfähigkeit und zu den der
Beschwerdeführerin zumutbaren Arbeitsleistungen äussern wird. Gestützt auf
die Ergebnisse dieser Abklärung wird die Verwaltung über den Rentenanspruch
neu verfügen.

Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht:

1.
In teilweiser Gutheissung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde werden der
Entscheid des Sozialversicherungsgerichts des Kantons Zürich vom 25. Februar
2003 und die Verwaltungsverfügung vom 25. März 2002 aufgehoben, und die Sache
wird an die IV-Stelle des Kantons Zürich zurückgewiesen, damit sie, nach
erfolgter Abklärung im Sinne der Erwägungen, über den Anspruch auf eine
Invalidenrente neu verfüge.

2.
Es werden keine Gerichtskosten erhoben.

3.
Die IV-Stelle des Kantons Zürich hat der Beschwerdeführerin für das Verfahren
vor dem Eidgenössischen Versicherungsgericht eine Parteientschädigung von Fr.
2500.- (einschliesslich Mehrwertsteuer) zu bezahlen.

4.
Das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich wird über eine
Parteientschädigung für das kantonale Verfahren entsprechend dem Ausgang des
letztinstanzlichen Prozesses zu befinden haben.

5.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht des Kantons
Zürich und dem Bundesamt für Sozialversicherung zugestellt.

Luzern, 2. September 2003
Im Namen des Eidgenössischen Versicherungsgerichts

Die Präsidentin der IV. Kammer:  Der Gerichtsschreiber: