Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Sozialrechtliche Abteilungen I 207/2003
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I 207/03

Urteil vom 26. August 2003
II. Kammer

Bundesrichterin Widmer, Bundesrichter Ursprung und Frésard; Gerichtsschreiber
Flückiger

P.________, 1950, Beschwerdeführer, vertreten durch die Beratungsstelle für
Ausländer, Weinbergstrasse 147, 8006 Zürich,

gegen

IV-Stelle des Kantons Zürich, Röntgenstrasse 17, 8005 Zürich,
Beschwerdegegnerin

Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich, Winterthur

(Entscheid vom 19. Februar 2003)

Sachverhalt:

A.
Der 1950 geborene P.________ war seit Juli 1998 bei der X.________ AG als
Plattenleger angestellt. Ab 21. September 2000 setzte er die Arbeit aus
gesundheitlichen Gründen aus. Am 17. August 2001 meldete sich der Versicherte
unter Hinweis auf Rückenbeschwerden und Beckenschmerzen bei der
Invalidenversicherung zum Leistungsbezug (Rente) an. Die IV-Stelle des
Kantons Zürich zog Angaben der Arbeitgeberin vom 29. August 2001 sowie
Berichte des Dr. med. S.________, Innere Medizin und Rheumatologie FMH, vom
23. August und 8. September 2001 (letzterer mit beigelegten Berichten des
Spitals Z._________, Rheumaklinik und Institut für Physikalische Medizin, vom
4. Januar 2001, und des Medizinisch-Radiodiagnostischen Instituts an der
Klinik B._________ vom 5. November 2000 [über ein MRI der LWS vom 4. November
2000]) bei. Zudem holte sie Gutachten des Dr. med. M.________, phys. Medizin,
speziell Rheumaerkrankungen FMH, vom 19. November 2001 und des Dr. med.
L.________, Psychiatrie und Psychotherapie FMH, vom 20. März 2002 ein.
Anschliessend lehnte es die Verwaltung - nach Durchführung des
Vorbescheidverfahrens - mit Verfügung vom 28. Mai 2002 ab, dem Versicherten
eine Rente auszurichten.

B.
Die dagegen erhobene Beschwerde wies das Sozialversicherungsgericht des
Kantons Zürich ab (Entscheid vom 19. Februar 2003).

C.
P.________ lässt Verwaltungsgerichtsbeschwerde führen mit dem Rechtsbegehren,
es sei ihm eine ganze Rente zuzusprechen; eventuell sei ein zusätzliches
medizinisches Gutachten einzuholen. Mit der Beschwerdeschrift wurden
Zeugnisse (Bescheinigung der Arbeitsunfähigkeit) des Dr. med. S.________ und
des Dr. med. R.________, Psychiatrie und Psychotherapie FMH, eingereicht.

Die IV-Stelle schliesst auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Das
Bundesamt für Sozialversicherung verzichtet auf eine Vernehmlassung.

Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:

1.
Das kantonale Gericht hat die Bestimmungen und Grundsätze über den Begriff
der Invalidität (Art. 4 Abs. 1 IVG), insbesondere bei geistigen
Gesundheitsschäden unter Einschluss psychischer Störungen mit Krankheitswert
(BGE 127 V 298 Erw. 4c, 102 V 165), die Voraussetzungen und den Umfang des
Rentenanspruchs (Art. 28 Abs. 1 und 1bis IVG), die Ermittlung des
Invaliditätsgrades bei erwerbstätigen Versicherten nach der
Einkommensvergleichsmethode (BGE 104 V 136 Erw. 2a und b) sowie die Aufgabe
des Arztes oder der Ärztin im Rahmen der Invaliditätsbemessung (BGE 125 V 261
Erw. 4, 115 V 134 Erw. 2, 114 V 314 Erw. 3c, 105 V 158 Erw. 1) zutreffend
dargelegt. Richtig ist auch, dass das am 1. Januar 2003 in Kraft getretene
Bundesgesetz über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts (ATSG)
nach den von der Rechtsprechung entwickelten intertemporalrechtlichen Regeln
(BGE 127 V 467 Erw. 1, 121 V 366 Erw. 1b) auf den vorliegenden Sachverhalt
nicht anwendbar ist.

2.
In medizinischer Hinsicht gelangte das kantonale Gericht zum Ergebnis, der
Versicherte leide an einem Lumbovertebralsyndrom mit spondylogener
Ausstrahlung bei einer medialen Diskushernie L3/4, an degenerativen
Veränderungen der Wirbelsäule, an einem Status nach lumbalem Morbus
Scheuermann und an einer Fehlhaltung/Fehlform der Lendenwirbelsäule. Im
angestammten Beruf als Plattenleger sei er zu 100 % arbeitsunfähig. Dagegen
sei eine wechselbelastende Tätigkeit ohne Heben und Tragen von Lasten über 10
kg, ohne Betätigung in halbgebückter Position oder stereotypes
Überkopfarbeiten mit Reklinationsposition der Lendenwirbelsäule zu 100 %
zumutbar. Die Vorinstanz stützte sich dabei auf das Gutachten des Dr. med.
M.________ vom 19. November 2001. Dieses wird den von der Rechtsprechung
entwickelten Anforderungen an eine beweiskräftige medizinische Stellungnahme
(BGE 125 V 352 Erw. 3a) gerecht. Wie die Vorinstanz mit ausführlicher und
zutreffender Begründung erkannt hat, sind die Ergebnisse des Gutachtens mit
dem Bericht des Spitals Z.________, Rheumaklinik und Institut für
Physikalische Medizin, vom 4. Januar 2001 vereinbar, während die anders
lautende Stellungnahme des Dr. med. C.________ (Berichte vom 23. August und
8. September 2001 sowie mit der Verwaltungsgerichtsbeschwerde eingereichte
Zeugnisse) nicht geeignet ist, die Zuverlässigkeit des Gutachtens in Frage zu
stellen. Zur Klärung des durch Dr. med. M.________ geäusserten Verdachts auf
eine funktionelle Überlagerung holte die IV-Stelle auch ein spezialärztliches
psychiatrisches Gutachten ein. Dr. med. L.________ gelangte zum Ergebnis, es
liege keine psychische Symptomatik von relevantem Krankheitswert vor. Er
führt in seinem Gutachten vom 20. März 2002 aus, aus rein psychiatrischer
Sicht sei die Arbeitsfähigkeit des Patienten nach seiner Beurteilung nie
beeinträchtigt gewesen. Auch diesem Gutachten kann volle Beweiskraft
zugesprochen werden. Das letztinstanzlich aufgelegte Zeugnis des Dr. med.
R.________, welches dem Beschwerdeführer ohne Begründung eine 100 %ige
Arbeitsunfähigkeit seit 2. Mai 2002 attestiert, vermag die im Gutachten
enthaltenen Aussagen nicht in Zweifel zu ziehen. Bei dieser medizinischen
Aktenlage ist mit der Vorinstanz von einer vollen Arbeitsfähigkeit in Bezug
auf eine leidensangepasste, den erwähnten Anforderungen gerecht werdende
Tätigkeit auszugehen.

3.
3.1 Den Verdienst, welchen der Beschwerdeführer ohne die gesundheitliche
Beeinträchtigung mutmasslich erzielen könnte (Valideneinkommen), bezifferte
das kantonale Gericht gestützt auf die Angaben der früheren Arbeitgeberin vom
29. August 2001 auf Fr. 54'470.-. Diese Vorgehensweise ist korrekt.

3.2 Da der Beschwerdeführer keine Erwerbstätigkeit ausübt, hat die Vorinstanz
das Einkommen, welches er trotz der Behinderung durch eine zumutbare Arbeit
bei ausgeglichener Arbeitsmarktlage erzielen könnte (Invalideneinkommen), zu
Recht gestützt auf die Ergebnisse der vom Bundesamt für Statistik
herausgegebenen Schweizerischen Lohnstrukturerhebung (LSE) festgesetzt (zu
den Grundlagen dieses Vorgehens BGE 126 V 76 f. Erw. 3b/bb mit Hinweisen).
Ausgehend vom Zentralwert des standardisierten Monatslohns der im privaten
Sektor mit einfachen und repetitiven Arbeiten beschäftigten Männer im Jahr
2000 von Fr. 4437.- (LSE 2000, Tabelle A1, S. 31) sowie unter
Berücksichtigung der Lohnentwicklung von 2000 auf 2001 und nach Hochrechnung
des 40 Wochenstunden entsprechenden Tabellenwertes auf die durchschnittliche
wöchentliche Arbeitszeit 2001 von 41,7 Stunden resultierte ein Betrag von Fr.
56'895.-. Rechtsprechungsgemäss kann einer zu erwartenden
behinderungsbedingten Lohneinbusse sowie weiteren einkommensmindernden
Faktoren durch einen gesamthaft zu bemessenden, prozentualen Abzug vom
Tabellenlohn Rechnung getragen werden (BGE 126 V 79 f. Erw. 5b mit
Hinweisen). Wie das kantonale Gericht zutreffend erwogen hat, kann offen
bleiben, wie dieser Abzug im vorliegenden Fall zu bemessen wäre, ergibt doch
selbst das bei Vornahme des maximal möglichen Abzugs von 25 % (BGE 126 V 80
Erw. 5b/cc; AHI 2002 S. 62) resultierende Invalideneinkommen von Fr. 42'671.-
in Gegenüberstellung zum Valideneinkommen von Fr. 54'470.- einen
Invaliditätsgrad, der keinen Rentenanspruch begründet.

Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht:

1.
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen.

2.
Es werden keine Gerichtskosten erhoben.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht des Kantons
Zürich, der Ausgleichskasse des Kantons Zürich und dem Bundesamt für
Sozialversicherung zugestellt.

Luzern, 26. August 2003

Im Namen des Eidgenössischen Versicherungsgerichts

Die Vorsitzende der II. Kammer:  Der Gerichtsschreiber: