Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Sozialrechtliche Abteilungen I 201/2003
Zurück zum Index Sozialrechtliche Abteilungen 2003
Retour à l'indice Sozialrechtliche Abteilungen 2003


I 201/03

Urteil vom 8. März 2004
III. Kammer

Präsidentin Leuzinger, Bundesrichter Rüedi und Lustenberger;
Gerichtsschreiber Renggli

H.________, 1942, Beschwerdeführer,

gegen

IV-Stelle für Versicherte im Ausland, Avenue Edmond-Vaucher 18, 1203 Genf,
Beschwerdegegnerin

Eidgenössische Rekurskommission der AHV/IV für die im Ausland wohnenden
Personen, Lausanne

(Entscheid vom 24. Februar 2003)

Sachverhalt:

A.
H. ________, geboren 1942, österreichischer Staatsangehöriger, hatte 1960
sowie von 1968 bis 1972 in der Schweiz gearbeitet und dabei die
obligatorischen Beiträge an die Alters-, Hinterlassenen- und
Invalidenversicherung entrichtet. Am 14. Mai 1999 stellte er über den
österreichischen Sozialversicherungsträger Antrag auf Ausrichtung einer
schweizerischen Invalidenrente. Die IV-Stelle für Versicherte im Ausland
(nachfolgend: IV-Stelle) zog in der Folge diverse Unterlagen
versicherungstechnischen, erwerblichen und medizinischen Inhalts bei,
darunter ein ärztliches Gutachten des Dr. med. G.________, Facharzt für
innere Medizin, vom 27. August 1999 und ein Gutachten von Dr. med.
F.________, Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie, vom 14. August 1999.
In einer Stellungnahme aufgrund der eingereichten Unterlagen vom 23. Mai 2000
stellte der Vertrauensarzt der IV-Stelle, Dr. med. M.________ folgende
Diagnosen: Alkoholismus mit Polyneuropathie, Lumbalgien und chronischer
Nikotinabusus. Dem Versicherten seien sämtliche leichten Arbeiten in
geschlossenen Räumen - eingeschlossen Arbeiten an Computern - sowie teilweise
auch im Freien zumutbar. In der bisherigen Tätigkeit als Computer-Techniker
bestehe somit keine Arbeitsunfähigkeit von mindestens 40 %. Mit Vorbescheid
vom 31. Mai 2000 stellte die IV-Stelle die Abweisung des Leistungsgesuchs
wegen des Fehlens einer rentenbegründenden Invalidität in Aussicht. Der
Versicherte teilte mit Eingabe vom 21. Juni 2000 (Eingangsstempel) mit, ihm
sei der Vorbescheid nicht verständlich, werde ihm doch in Österreich eine
Rente ausbezahlt. Er reichte nachträglich zwei weitere Arztberichte ein. Der
Vertrauensarzt der IV-Stelle hielt in einer Stellungnahme vom 12. Februar
2001 fest, die eingereichten Arztberichte von Dr. med. R.________ vom 27.
Januar 1999 und von Dr. med. A.________ (Hausarzt des Versicherten) vom 20.
April 2000 enthielten keine neuen Elemente. Dr. med. M.________ hielt deshalb
an seiner Beurteilung vom 23. Mai 2000 fest. Daraufhin wies die IV-Stelle das
Rentengesuch mit derselben Begründung wie im Vorbescheid ab (Verfügung vom
27. Februar 2001).

B.
Die dagegen am 7. März 2001 bei der Eidgenössischen AHV/IV-Rekurskommission
für die im Ausland wohnenden Personen (nachfolgend: Rekurskommission)
eingereichte Beschwerde wurde von dieser mit Entscheid vom 24. Februar 2003
abgewiesen. Aufgrund von Arztberichten, die während des Verfahrens
eingereicht worden waren und den Gesundheitszustand des Versicherten nach dem
Erlass der angefochtenen Verfügung betrafen, ordnete die Rekurskommission die
Überweisung der Akten an die IV-Stelle zur Behandlung als neues
Leistungsgesuch an.

C.
H.________ führt Verwaltungsgerichtsbeschwerde mit dem Rechtsbegehren, es ihm
ab April 2000 eine "angemessene" Invalidenrente auszurichten.

Mit der Verwaltungsgerichtsbeschwerde reichte er ein von Dr. med. U.________,
Facharzt für Innere Medizin (Kardiologie), zuhanden des Sozialgerichts Berlin
erstelltes Gutachten vom 14. November 2001 zu den Akten.

Die IV-Stelle schliesst auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde,
während das Bundesamt für Sozialversicherung auf eine Stellungnahme
verzichtet.

D.
Mit Schreiben vom 15. Juli 2003 liess H.________ dem Eidgenössischen
Versicherungsgericht ein weiteres Gutachten von Dr. med. U.________ vom 8.
Juli 2003 zukommen.

Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:

1.
Die Vorinstanz hat die massgeblichen gesetzlichen Bestimmungen und die dazu
ergangene Rechtsprechung zutreffend dargelegt. Es betrifft dies: die
vorliegend gegebene Nichtanwendbarkeit des am 1. Juni 2002 in Kraft
getretenen Abkommens vom 21. Juni 1999 zwischen der Schweizerischen
Eidgenossenschaft einerseits und der Europäischen Gemeinschaft und ihren
Mitgliedstaaten anderseits über die Freizügigkeit sowie des seit dem 1.
Januar 2003 in Kraft stehenden Bundesgesetzes über den Allgemeinen Teil des
Sozialversicherungsrechts (ATSG) vom 6. Oktober 2000 aufgrund der Praxis,
dass nach dem massgebenden Zeitpunkt des Erlasses der streitigen Verfügung
(hier: 27. Februar 2001) eingetretene Rechts- und Sachverhaltsänderungen vom
Sozialversicherungsgericht nicht berücksichtigt werden (BGE 128 V 315, 127 V
467 Erw. 1, 121 V 366 Erw. 1b); die staatsvertraglich verankerte
Gleichstellung schweizerischer und österreichischer Staatsangehöriger (Art. 3
und 4 des Abkommens zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der
Republik Österreich über Soziale Sicherheit vom 15. November 1967) und die
ausschliessliche Anwendbarkeit schweizerischen Rechts bei der Prüfung des
Anspruchs auf eine schweizerische Invalidenrente mangels einer abweichenden
staatsvertraglichen Bestimmung; den Begriff der Invalidität (Art. 4 IVG); den
Umfang und die Voraussetzungen des Rentenanspruchs (Art. 28 Abs. 1 und 1ter
sowie Art. 36 Abs. 1 IVG; BGE 121 V 275 Erw. 6c) sowie dessen Beginn (Art. 29
IVG), die Bemessung des Invaliditätsgrades bei erwerbstätigen Versicherten
nach der allgemeinen Methode des Einkommensvergleichs (Art. 28 Abs. 2 IVG);
die Aufgabe der Ärztinnen und Ärzte bei der Bestimmung des Invaliditätsgrades
(BGE 125 V 261 Erw. 4 mit Hinweisen); die praxisgemässen Anforderungen an
eine beweistaugliche ärztliche Stellungnahme (BGE 125 V 352 Erw. 3a mit
Hinweisen) und den Grundsatz der Schadenminderungspflicht (BGE 123 V 233 Erw.
3c, 117 V 278 Erw. 2b, je mit Hinweisen). Darauf wird verwiesen.

Zu ergänzen bleibt, dass die am 1. Januar 2004 in Kraft getretenen Änderungen
des IVG (4. IVG-Revision, AS 2003 S. 3837) aus den gleichen Gründen wie das
Freizügigkeitsabkommen und das ATSG im vorliegenden Fall keine Anwendung
finden.

2.
Streitig und zu beurteilen ist der Rentenanspruch des Beschwerdeführers.

2.1 Zu den gesundheitlichen Beeinträchtigungen und ihren Auswirkungen auf die
Arbeitsfähigkeit erstellte der Vertrauensarzt der IV-Stelle, Dr. med.
M:________, am 23. Mai 2000 eine zusammenfassende Darstellung aufgrund zweier
Gutachten, die in Österreich im Verlauf des dortigen
Rentengewährungsverfahrens erstellt worden waren. Dr. med. G.________ hielt
am 27. August 1999 als Diagnosen im Wesentlichen Alkoholismus und eine
rezidivierende Lumbalgie ohne relevante Funktionseinschränkung fest. Er
erachtete den Patienten als vollschichtig für leichte und mittelschwere
Tätigkeiten einsetzbar. Dr. med. F.________ stellte in ihrem Gutachten vom
14. August 1999 die selben Diagnosen. Die Beeinträchtigungen vermöchten keine
Berufsunfähigkeit im erlernten Beruf (Hotelkaufmann) oder in der zuletzt
ausgeübten Tätigkeit (EDV-Techniker/Berater) zu begründen. Auch in diesem
Gutachten wurde von einer vollschichtigen Tätigkeit ausgegangen. Dr. med.
M.________ kam in Würdigung dieser Gutachten zum Schluss, es liege jedenfalls
keine Arbeitsunfähigkeit von mindestens 40 % vor.
In einer weiteren Stellungnahme vom 12. Februar 2001 hielt Dr. med.
M.________ an seiner Einschätzung fest. Ein Befundbericht des Dr. med.
R.________ vom 27. Januar 1999 enthalte keinerlei Hinweise auf
Einschränkungen der Arbeitsfähigkeit. Die ärztliche Bestätigung des
Hausarztes, Dr. med. A.________, vom 20. April 2000 gebe zwar eine
vollständige Arbeitsunfähigkeit an, enthalte jedoch keine medizinische
Begründung.

Im Verlauf des vorinstanzlichen Verfahrens beurteilte Dr. med. L.________ als
weiterer von der IV-Stelle beigezogener Arzt die Einschätzung durch Dr.
M.________ als zutreffend. Hingegen sei mit der durch die Klinik X.________
bestätigten Hospitalisierung im April 2001 eine neue Situation entstanden.
Der Einfluss auf die zukünftige Arbeitsfähigkeit sei noch offen (Beurteilung
vom 21. Juni 2001).

2.2 Verwaltung und Vorinstanz gingen aufgrund der im Verfügungszeitpunkt
vorliegenden medizinischen Berichte von einer nicht in relevantem Umfang
eingeschränkten Arbeitsfähigkeit und demzufolge vom Fehlen einer
rentenbegründenden Invalidität aus. Diese Beurteilung ist zu bestätigen; in
den Akten findet sich nichts, was zu anderen Schlüssen führen könnte. Der
kurze Arztbericht von Dr. med. A.________ vom 20. April 2000, der eine
100%ige Arbeitsunfähigkeit bescheinigt, genügt den Anforderungen an eine
beweistaugliche ärztliche Stellungnahme (s. Erw. 1) nicht; insbesondere
entbehrt die Angabe zur Arbeitsfähigkeit jeglicher Begründung und ist nicht
nachvollziehbar.

2.3 Die während des vorinstanzlichen Verfahrens eingereichten medizinischen
Unterlagen beziehen sich ebenso wie die beiden im Verlauf des
letztinstanzlichen Verfahrens vorgelegten Gutachten von Dr. med. U.________
vom 14. November 2001 und 8. Juli 2003 auf den gesundheitlichen Zustand nach
Erlass der angefochtenen Verfügung und können daher bei der Beurteilung der
Rechtmässigkeit dieser Verfügung nicht berücksichtigt werden (BGE 121 V 366
Erw. 1b mit Hinweisen). Sie werden jedoch im Rahmen der durch die Vorinstanz
angeordneten Überweisung der Akten an die IV-Stelle zur Prüfung als
Neuanmeldung in die Gesamtbetrachtung einbezogen werden.

2.4 In der Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird nichts vorgebracht, was zu
einem anderen Ergebnis führen könnte. Im Wesentlichen beschränkt sich der
Beschwerdeführer darauf, den Einbezug von - aus den genannten Gründen -
bisher nicht berücksichtigten medizinischen Unterlagen zu verlangen. Die
Charakterisierung der den beiden Gutachten von Dr. G.________ und Dr.
F.________ zugrunde liegenden Untersuchungen als nicht mehr als 10 bis 15
Minuten dauernde Routineuntersuchungen erscheint als wenig glaubwürdig und
vermag keine Zweifel an deren Ergebnissen zu begründen.

3.
In Anwendung von Art. 134 OG werden in Beschwerdeverfahren über die
Bewilligung oder Verweigerung von Versicherungsleistungen keine
Gerichtskosten auferlegt.

Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht:

1.
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen.

2.
Es werden keine Gerichtskosten erhoben.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien, der Eidgenössischen Rekurskommission der
AHV/IV für die im Ausland wohnenden Personen, der Schweizerischen
Ausgleichskasse und dem Bundesamt für Sozialversicherung zugestellt.

Luzern, 8. März 2004
Im Namen des Eidgenössischen Versicherungsgerichts

Die Präsidentin der III. Kammer:  Der Gerichtsschreiber: