Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Sozialrechtliche Abteilungen I 200/2003
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I 200/03

Urteil vom 26. Juli 2004
III. Kammer

Präsidentin Leuzinger, Bundesrichter Rüedi und nebenamtlicher Richter
Staffelbach; Gerichtsschreiber Hadorn

IV-Stelle Luzern, Landenbergstrasse 35, 6005 Luzern, Beschwerdeführerin,

gegen

K.________, 1959, Beschwerdegegnerin, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Bruno
Häfliger, Schwanenplatz 7, 6004 Luzern

Verwaltungsgericht des Kantons Luzern, Luzern

(Entscheid vom 14. Februar 2003)

Sachverhalt:

A.
K.  ________ (geb. 1959) absolvierte vom März 1977 bis März 1981 eine
Ausbildung zur Hotelfachassistentin. 1981 und 1985 gebar sie zwei Söhne. Im
September 1994 wurde die Ehe geschieden, nachdem K.________ sich wegen
Gewalttätigkeit des Ehemannes ein halbes Jahr im Frauenhaus aufgehalten
hatte. Seit 1989 übt sie eine Tätigkeit als Heimarbeiterin aus. Weiter nahm
sie Stellen als Haushalthilfe und Raumpflegerin an. Wegen psychischen
Problemen, Zähneklappern, Zittern, Schlafstörungen und Schweissausbrüchen
meldete sich K.________ am 29. Oktober 1996 bei der Invalidenversicherung zum
Leistungsbezug an. Nach medizinischen, erwerblichen und Haushaltsabklärungen
sprach ihr die IV-Stelle Luzern mit Verfügung vom 19. Juli 2001 bei einem
Invaliditätsgrad von 41 % eine Viertelsrente zu. Ein eventueller Härtefall
konnte nicht geprüft werden, da das Ergänzungsblatt 3 nicht ausgefüllt
zurückgesandt worden war.

B.
Die hiegegen eingereichte Beschwerde hiess das Verwaltungsgericht des Kantons
Luzern nach Einholen eines gerichtlichen Gutachtens von Dr. med. B.________,
Spezialarzt FMH für Psychiatrie, vom 24. August 2002 gut und sprach
K.________ ab dem 1. Januar 1996 eine ganze IV-Rente zu.

C.
Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde lässt die IV-Stelle beantragen, es sei
festzustellen, dass die Versicherte ab 1. Januar 1996 bis zum Erlass der
angefochtenen Verfügung als zu je 50% als Erwerbstätige und im Haushalt
Tätige zu betrachten sei, und die Sache sei an das kantonale Gericht
zurückzuweisen, damit es die Berechnung der Invaliditätsgrade der Jahre 1996
bis 2001 nach der gemischten Methode neu vornehme.

K.  ________ lässt auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde schliessen
und die unentgeltliche Verbeiständung beantragen. Das Bundesamt für
Sozialversicherung verzichtet auf eine Vernehmlassung.
Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:

1.
Das kantonale Gericht hat die gesetzlichen Bestimmungen zum
Invaliditätsbegriff (Art. 4 Abs. 1 IVG), zu Voraussetzungen und Umfang des
Rentenanspruchs (Art. 28 Abs. 1 und 1bis IVG), zu den verschiedenen Methoden
der Invaliditätsbemessung bei erwerbstätigen und teilerwerbstätigen
Versicherten (Art. 28 Abs. 2 und 3 IVG; Art. 27 Abs. 1 und 2, Art. 27bis Abs.
1 IVV; sämtliche Vorschriften in den jeweils bis Ende 2002 gültig gewesenen
Fassungen) sowie die Rechtsprechung zur Bedeutung ärztlicher Auskünfte im
Rahmen der Invaliditätsbemessung (BGE 125 V 261 Erw. 4, 115 V 134 Erw. 2, 114
V 314 Erw. 3c, 105 V 158 Erw. 1) richtig wiedergegeben. Darauf wird
verwiesen. Ferner trifft zu, dass das ATSG vorliegend nicht anwendbar ist. Zu
ergänzen ist, das die am 1. Januar 2004 in Kraft getretenen Änderungen des
Bundesgesetzes über die Invalidenversicherung vom 21. März 2003 und der
Verordnung über die Invalidenversicherung vom 21. Mai 2003 ebenfalls nicht
zur Anwendung gelangen (BGE 129 V 4 Erw. 1.2).

2.
Streitig und zu prüfen sind der Zeitpunkt des Rentenbeginns bzw. die Frage,
ab wann die Versicherte ohne Beeinträchtigung der Gesundheit voll
erwerbstätig geworden wäre, die massgebende Einschränkung der
Leistungsfähigkeit und die Berechnung des Invaliditätsgrades nach der
gemischten Methode.

2.1  Die Invalidität gilt als eingetreten, sobald sie die für die Begründung
des Anspruchs auf die jeweilige Leistung erforderliche Art und Schwere
erreicht hat (Art. 4 Abs. 2 IVG). Im Falle einer Rente gilt die Invalidität
in dem Zeitpunkt als eingetreten, in dem der Anspruch nach Art. 29 Abs. 1 IVG
entsteht, d.h. frühestens wenn die versicherte Person mindestens zu 40%
bleibend erwerbsunfähig geworden ist (lit. a) oder während eines Jahres ohne
wesentlichen Unterbruch durchschnittlich zu 40% arbeitsunfähig gewesen ist
(lit. b; BGE 129 V 418 Erw. 2.1).
2.2  Sowohl im Rahmen einer erstmaligen Prüfung des Rentenanspruchs als auch
anlässlich einer Rentenrevision (Art. 41 IVG) stellt sich unter dem
Gesichtspunkt der Art. 4 und 5 IVG die Frage nach der anwendbaren
Invaliditätsbemessungsmethode (Art. 28 Abs. 2 und Art. 3 IVG in Verbindung
mit Art. 27 f. IVV). Ob eine versicherte Person als ganztägig oder
teilzeitlich erwerbstätig zu betrachten ist, beurteilt sich praxisgemäss
nicht danach, ob sie vor ihrer Heirat erwerbstätig war oder nicht. Diese
Tatsache kann allenfalls ein Indiz darstellen. Entscheidend ist vielmehr,
welche Tätigkeit sie ausüben würde, wenn sie nicht invalid geworden wäre. Es
ist demnach zu prüfen, ob die Person ohne Invalidität mit Rücksicht auf die
gesamten Umstände (dazu gehören die persönlichen, familiären, sozialen und
erwerblichen Verhältnisse) vorwiegend erwerbstätig oder im Haushalt
beschäftigt wäre (BGE 117 V 195, 98 V 263 Erw. 1 und 268 Erw. 1c). Für die
Beurteilung und Festlegung des im Gesundheitsfall mutmasslich ausgeübten
Aufgabenbereichs sind ausser der finanziellen Notwendigkeit, eine
Erwerbstätigkeit wieder aufzunehmen oder auszudehnen, auch allfällige
Erziehungs- und Betreuungsaufgaben gegenüber Kindern, das Alter, die
beruflichen Fähigkeiten und die Ausbildung sowie die persönlichen Neigungen
und Begabungen zu berücksichtigen (BGE 125 V 150 Erw. 2c, 117 V 195; AHI 1997

S. 289, 1996 S 197 Erw. 1c).

3.
3.1 Die Vorinstanz gelangte nach Würdigung der Umstände zur Auffassung, dass
die Beschwerdegegnerin ab 1996 als zu je 50% erwerbstätig und im Haushalt
tätig und ab August 2000 als voll erwerbstätig zu betrachten sei. Die
Beschwerdeführerin erachtet diese Auffassung als willkürlich. Die
Rechtsprechung in Scheidungs- und Trennungsfällen gehe davon aus, dass der
erziehungsberechtigten Person erst ab dem erreichten 16. Altersjahr des
jüngsten Kindes wieder eine volle ausserhäusliche Erwerbstätigkeit zugemutet
werden könne. Es gebe im vorliegenden Fall, in dem das jüngste Kind ein
Problemkind gewesen sei, keinen Anlass, von dieser Alterslimite nach unten
abzuweichen, zumal die Beschwerdegegnerin gemäss Scheidungsurteil bis Ende
August 2001 Anspruch auf persönliche Unterhaltsbeiträge des geschiedenen
Ehemannes gehabt habe.

3.2  Die Beschwerdeführerin bezieht sich auf die Rechtsprechung zu dem seit
1.
Januar 2000 gültigen Art. 125 ZGB, der zum Zeitpunkt des die Versicherte
betreffenden Scheidungsurteils noch nicht in Kraft war. Ist einem Ehegatten
nicht zuzumuten, dass er für den ihm gebührenden Unterhalt unter Einschluss
einer angemessenen Altersvorsorge selbst aufkommt, hat ihm der andere einen
angemessenen Betrag zu leisten (Art. 125 Abs. 1 ZGB). Beim Entscheid, ob ein
solcher geschuldet sei, und gegebenenfalls in welcher Höhe und wie lange,
sind insbesondere die Kriterien nach Art. 125 Abs. 2 Ziff. 1 - 6 ZGB zu
berücksichtigen. Diese entstammen weitgehend der Rechtsprechung des
Bundesgerichts zum alten Recht (Ingeborg Schwenzer [Hrsg.], Praxis Kommentar
zum Scheidungsrecht, Helbing & Lichtenhahn, Basel, Genf, München 2000, N 40
zu Art. 125 ZGB). In der Tat stellte das Bundesgericht in dieser
Rechtsprechung zur Zumutbarkeit einer Erwerbstätigkeit neben der
Kinderbetreuung den Grundsatz auf, dass eine Vollzeiterwerbstätigkeit erst
zumutbar sei, wenn das jüngste Kind das 16. Altersjahrs vollendet hat (vgl.
BGE 115 II 6, 10; 109 II 286, 289 f.; Schwenzer, a.a.O., N 59 zu Art. 125
ZGB). Indessen ist der entsprechende Einwand der IV-Stelle im vorliegenden
Zusammenhang unbeachtlich. Im Scheidungsrecht beschlägt die Frage der
Zumutbarkeit einer Vollzeiterwerbstätigkeit für den die Kinder betreuenden
Elternteil einen in der Zukunft liegenden Sachverhalt. Die Frage der
Zumutbarkeit muss zwangsläufig für den Regelfall normativ beantwortet werden,
wobei sich die Frage nach der künftigen Zumutbarkeit der
Vollzeiterwerbstätigkeit und weniger nach den tatsächlichen, künftigen
Verhältnissen im Einzelfall stellt. Bei der Rentenbemessung nach IVG hingegen
ist für die Frage, ob eine versicherte Person als ganztägig oder zeitweilig
erwerbstätig zu betrachten sei, der Sachverhalt konkret im individuellen Fall
zu beurteilen. So kann das Verhalten der versicherten Person vor und nach der
Scheidung sowie vor und nach der gesundheitlichen Beeinträchtigung
mitberücksichtigt werden, was der beurteilenden Instanz eine vertiefte
Auseinandersetzung mit den tatsächlichen Verhältnissen abverlangt und damit
eine präzisere Annäherung an die wahrscheinlichen Verhältnisse im Einzelfall
erlaubt.

3.3  Nachdem die Beschwerdegegnerin in ihrer Jugend zuerst aus
gesundheitlichen Gründen eine Lehre als Sarner-Schwester abbrach, absolvierte
sie im Anschluss daran 1981 mit Erfolg eine Hotelfachassistentinnen-Schule.
Im selben Jahr gebar sie ihren ersten Sohn. Wegen knapper finanzieller
Verhältnisse arbeitete die Versicherte während der Ehe an Wochenenden im
Service, später als Hauswartin. Seit 1989 war sie für das Firma Z.________
als Heimarbeiterin tätig. 1994 versuchte sie trotz ihrer gesundheitlichen
Leiden und den betreuungsbedürftigen Kindern, ihre Arbeitstätigkeit
auszubauen. Diesen Versuch wiederholte sie 1999 als Raumpflegerin für die
Gemeinde X.________. Die Beschwerdegegnerin hat damit unter allen Umständen
vor, während und nach der Ehe mit und ohne gesundheitliche Beeinträchtigungen
den Tatbeweis erbracht, dass sie willens und fähig gewesen wäre, sich und
ihre Familie so zu organisieren, dass sie zum für sie frühest möglichen
Zeitpunkt ihre Arbeitskraft wiederum voll realisiert hätte. Auf der andern
Seite sind jedoch die Eindrücke der schlimmen Ereignisse in der Ehe und des
Mordes im Frauenhaus auf die Psyche der Kinder und deren daraus
resultierende, erhöhte Betreuungsbedürftigkeit nicht zu unterschätzen. Daher
erscheint eine Vollzeiterwerbstätigkeit bereits im Jahre 1998, wie sie die
Beschwerdegegnerin geltend macht, als unrealistisch. Es finden sich keine
Gründe, von der Auffassung der Vorinstanz abzuweichen, wonach davon
auszugehen ist, dass die Beschwerdegegnerin ohne ihre gesundheitlichen
Probleme ab 1996 als zu je 50% erwerbs- und im Haushalt tätig und ab August
2000 voll erwerbstätig gewesen wäre.

4.
Die Vorinstanz legte gestützt auf das gerichtlich in Auftrag gegebene
Gutachten von Dr. med. B.________ vom 24. August 2002 den Beginn der
Arbeitsunfähigkeit von 50 - 55% auf September 1994 fest. Die
Beschwerdeführerin rügt, dass das fragliche Gutachten aus dem Jahre 2002
stamme, sich aber zu einer acht Jahre zurückliegende Arbeitsunfähigkeit
äussere. Es sei gerade im Bereich der psychischen Erkrankungen, wo grosse
Schwankungen auftreten könnten, äusserst heikel, Einschätzungen des
Gesundheitszustandes oder der medizinisch-theoretischen Arbeitsfähigkeit über
einen grösseren Zeitraum rückwirkend abzugeben. Es sei nicht nachvollziehbar
und auch nicht gerechtfertigt, auf diese Einschätzung abzustellen, da die im
Jahre 1997 behandelnde Ärztin, Frau Dr. med. S.________, FMH für Psychiatrie,
in ihrem Bericht vom 20. August 1997 die Arbeitsunfähigkeit lediglich "ca. 1
1/2 Jahre" zurückdatiert habe. Es fehle an Gründen, sich beim Zeitpunkt des
Rentenbeginns auf das Gerichtsgutachten abzustützen. Zu prüfen ist somit, ob
und ab wann die Beschwerdegegnerin während eines Jahres durchschnittlich
mindestens 40% arbeitsunfähig gewesen war (Art. 29 Abs. 1 lit. b IVG).

4.1  Die Beschwerdegegnerin meldete sich am 29. Oktober 1996 zum
Leistungsbezug an. Der Anmeldung lag eine Adressliste bei. Dieser ist zu
entnehmen, dass die ärztliche Behandlung am 16. November 1993 bei Dr. med.

C. ________, FMH für Psychiatrie, begann (Dauer bis 14. März 1995). Zum
Zeitpunkt der Anmeldung war die Versicherte bei Frau Dr. med. S.________ und
beim Hausarzt Dr. med. I.________, Allgemeine Medizin FMH, in Behandlung. An
Medikamenten nahm sie damals gemäss der erwähnten Liste Deanxit, Zoloft,
Akineton, Melleril 10 mg und 25 mg, Xanax 0,5 mg und Temesta 1.0 mg ein,
somit fünf verschiedene Psychopharmaka und ein Medikament gegen Tremor.
Ergänzte Medikamentenlisten finden sich im Bericht von Dr. med. I.________
vom 7. Mai 1997 (Zoloft, Deanxit, Melleril, Xanax und Akineton bei Bedarf)
und im Abklärungsbericht zum Haushalt vom 3. Januar 1998 (Zoloft, Deanxid,
Truxal, Temesta, Litarex).

4.2  In den Akten liegen ferner ein Bericht von Dr. med. T.________, Chefarzt
der Klinik für Orthopädie am Spital U.________, vom 27. März 1997 mit
Befunden am linken Knie (Knorpelfraktur in der Hauptbelastungszone des
Condylus femoris medialis) ohne Hinweis auf die Auswirkungen auf die
Arbeitsunfähigkeit, der erwähnte Bericht von Dr. med. I.________ vom 7. Mai
1997 mit ausführlichen Diagnosen und dem Hinweis, dass die behandelnde
Psychiaterin vertiefte Auskünfte geben könne, und einer bestätigten
Arbeitsunfähigkeit von 50%, ein Bericht von Frau Dr. med. S.________ vom 20.
August 1997 mit der Diagnose "schwere chronische Depression", einer
Bestätigung, dass die Beeinträchtigung der Arbeitsunfähigkeit seit ca. 1 1/2
Jahren andauere und einem Beiblatt mit handschriftlichem Vermerk der
Abklärungsperson, dass sie die Versicherte im Gegensatz zur Ärztin für nicht
fähig halte, ihre beiden Kinder zu unterstützen. Weiter finden sich ein
erneuter Bericht von Frau Dr. med. S.________ vom 15. Mai 1998 mit der Angabe
einer je 50%-igen Arbeitsunfähigkeit im Erwerbsbereich und im Haushalt, ein
Bericht vom 6. Oktober 1998 von Dr. med. C.________ ohne Angaben zur
Arbeitsunfähigkeit, aber mit der Bemerkung, dass die Beschwerdegegnerin bei
ihm vom 16. November 1993 bis 14. März 1995 wegen traumatischer
Ehesituationen mit Angst- und Zitteranfällen in Behandlung war, und ein
Abklärungsbericht zum Haushalt vom 3. Januar 1998 mit der Schlussfolgerung,
dass die Versicherte bei einem Anteil der Haushaltsarbeit von 50% zu 47%
eingeschränkt sei, was einen Invaliditätsgrad von 23.5% ausmache. Im Bericht
vom 15. Juli 1999 führt Frau Dr. med. S.________ aus, die Arbeitsunfähigkeit
der Versicherten hinsichtlich Haus- und Heimarbeit liege je nach psychischem
Zustand schwankend zwischen 25% - 50%. Eine Halbtagsarbeit ausser Haus sei
ihr aber nicht möglich.

4.3  Im Bericht vom 18. April 2000 bestätigt der die Versicherte behandelnde
Psychotherapeut, lic. phil. G.________, Psychotherapeut SPV,
psychotherapeutische Praxis, der Versicherten eine 50%-ige Arbeitsfähigkeit
im Haushalt und für Heimarbeiten, unter anderem weil sie diese Arbeiten
zeitlich mit ihrem jeweiligen Befinden koordinieren könne. Als
Teilerwerbstätige ausser Haus sei sie aber arbeitsunfähig. Parallel sei die
Versicherte noch in rheumatologischer und homöopathischer Behandlung. Aus
rheumatologischer Sicht sei sie gemäss der behandelnden Rheumatologin, Frau
Dr. med. W.________, Physika-lische Medizin FMH, speziell Rheumaerkrankungen,
für Arbeiten als Raumpflegerin zu 100% arbeitsunfähig. Für leichte Arbeiten
sei sie 50% arbeitsfähig. Die Tätigkeit müsste aber die Möglichkeit
wechselnder Körperstellung mit Pausen gewährleisten.

4.4  Der von der Vorinstanz beauftragte Dr. med. B.________ hielt in seiner
Expertise vom 24. August 2002 dafür, dass die Ereignisse um die Ehescheidung
das psychophysische Gesamtbefinden der Versicherten derart in Mitleidenschaft
gezogen hätten, dass ihre Arbeitsfähigkeit in wesentlichem Ausmass
beeinträchtigt worden sei. Seit September 1994 habe diese höchstens noch 45%
- 50% betragen und sei im Verlauf der folgenden Jahre bis zum 19. Juli 2001
weiter gesunken, so dass sie zum Zeitpunkt der IV-Verfügung höchstens noch
25% - 30% ausgemacht habe.

4.5  Der Beschwerdeführerin ist zwar zuzustimmen, dass retrospektive
Beurteilungen der Arbeitsunfähigkeit schwierig sind und entsprechende
Begutachtungen deshalb erhöhten Ansprüchen genügen sollten. Die Gutachterin
bzw. der Gutachter hat - soweit nötig - hierbei alle Informationsquellen zu
berücksichtigen, die zur Verfügung stehen, wie die Krankengeschichten der
behandelnden Ärztinnen und Ärzte, ausführliche Patienten-, Fremd- und
Sozialanamnesen und die vollständigen Akten der involvierten
Sozialversicherer und Behörden (allenfalls inkl. Unterlagen der
Krankenversicherer). Dem der Argumentation der Beschwerdeführerin implizite
zu entnehmenden Ansinnen, rückwirkende Beurteilungen der Arbeitsunfähigkeiten
etwa bei psychischen Leiden zu erschweren oder gar grundsätzlich abzulehnen,
kann aber nicht gefolgt werden.

4.6  Vorliegend bringt die Beschwerdeführerin gegen das Abstützen der
Vorinstanz auf das Gerichtsgutachten lediglich die Rüge vor, der Experte sei
in nicht nachvollziehbarer Weise von der früheren Beurteilung der
behandelnden Ärztin hinsichtlich Beginn der Arbeitsunfähigkeit abgewichen.

4.6.1  Bei Gerichtsgutachten weicht das Gericht nach der Praxis nicht ohne
zwingende Gründe von der Einschätzung der medizinischen Fachleute ab, deren
Aufgabe es ist, ihre Fachkenntnisse der Gerichtsbarkeit zur Verfügung zu
stellen, um einen bestimmten Sachverhalt medizinisch zu erfassen. Ein Grund
zum Abweichen kann vorliegen, wenn die Expertise widersprüchlich ist oder
wenn ein vom Gericht eingeholtes Obergutachten in überzeugender Weise zu
anderen Schlussfolgerungen gelangt. Abweichende Beurteilung kann ferner
gerechtfertigt sein, wenn gegensätzliche Meinungsäusserungen anderer
Fachleute dem Gericht als triftig genug erschienen, die Schlüssigkeit des
Gerichtsgutachtens in Frage zu stellen, sei es, dass es die Überprüfung durch
eine weitere Fachperson im Rahmen einer Oberexpertise für angezeigt hält, sei
es, dass es ohne eine solche vom Ergebnis des Gerichtsgutachtens abweichende
Schlussfolgerungen zieht (BGE 125 V 352 Erw. 3b/aa mit Hinweisen).

4.6.2  Die Vorinstanz hat sich mit Recht auf das gerichtliche Gutachten
abgestützt. Zwar hat die ab 1996 behandelnde Psychiaterin im Bericht vom 20.
August 1997 auf die Zusatzfrage, seit wann und in welchem Ausmass aus
psychiatrischer Sicht eine Einschränkung der Arbeitsunfähigkeit bestehe, den
Beginn der Arbeitsunfähigkeit in der Tat lediglich anderthalb Jahre
zurückverlegt. Tatsache ist aber, dass die Versicherte seit 1993 in
psychiatrischer Behandlung war und sie gleichzeitig an physischen Beschwerden
litt, die nicht in die psychiatrische Beurteilung der Arbeitsunfähigkeit von
Frau Dr. med. S.________ eingeflossen sind. Diese beantwortete zudem im
selben Arztzeugnis die Frage, seit wann der Gesundheitsschaden bestehe mit:
"seit der Kindheit". Mit der eher optimistischen Beurteilung der
Arbeitsfähigkeit im Haushalt durch Frau Dr. med. S.________ war zudem die mit
den Haushaltabklärungen betraute Mitarbeiterin der IV-Stelle nicht
einverstanden. Auch der medizinische Dienst der Beschwerdeführerin nimmt an,
dass die 50%-ige Arbeitsunfähigkeit bereits seit der Scheidung bestanden
hatte. Die initiale Auslösung der Arbeitsunfähigkeit durch die schweren
psychischen Leiden als Folge von Ereignissen vor und während der Scheidung
und des miterlebten Mordes im Frauenhaus U.________ erscheint einleuchtend,
so dass der Vorinstanz gefolgt werden kann und in der Prüfung der Ansprüche
der Beschwerdegegnerin auf die Ergebnisse des gerichtlichen Gutachtens
abzustellen ist.

5.
Zu prüfen bleibt die Berechnung des Invaliditätsgrades. Die Vorinstanz sprach
der Beschwerdegegnerin eine ganze Invalidenrente ab dem Jahr 1996 zu. Ab
diesem Zeitpunkt sei bei der Berechnung des Invaliditätsgrades erstmals von
je 50% Haushalts- und auswärtiger Erwerbstätigkeit als Hotelfachassistentin
auszugehen. Bei Annahme eines Mindestlohnes von Fr. 3'050.- nach Art. 29 Abs.
1 des Landes-Gesamtarbeitsvertrags des Gastgewerbes Stand 1996 hätte dies
inkl. 13. Monatslohn und 50%iger Arbeitstätigkeit einen Jahreslohn von Fr.
19'825.- ergeben. Im Verhältnis zum ausgewiesenen effektiven Lohn von Fr.
12'089.- für 1996 resultiere ein Invaliditätsgrad von 39%. Werde von einem
progredierenden Verlauf der Arbeitsunfähigkeit ausgegangen, sei für 1996 von
einer Arbeitsunfähigkeit im Haushalt von 57% auszugehen. Diese ergebe für den
Haushalt einen Invaliditätsgrad von 28.5%. Die Vorinstanz errechnete in der
Folge: "Zusammen mit dem IV-Grad im erwerblichen Bereich von 39% ergibt dies
einen IV-Grad von total 67.5%, was ab 1996 erstmals einen Anspruch auf
Rentenleistung und zwar auf eine ganze Rente ergibt." Die Parameter der
Vorinstanz zur Kalkulation der Invalidität sind unbestritten. Doch die
Beschwerdeführerin rügt zu Recht, dass es die Vorinstanz fälschlicherweise
unterlassen habe, lediglich von einem hälftigen Invaliditätsgrad bei der
Erwerbstätigkeit auszugehen. In der Tat machte der Anteil der
Erwerbstätigkeit bei der Versicherten damals nur 50% aus. Die
Beschwerdegegnerin hat deshalb ab dem 1. Januar 1996 bei einem
Invaliditätsgrad von 48% Anspruch auf eine Viertelsrente (zu dieser
Berechnungsweise vgl. auch BGE 125 V 146).

6.
6.1 Ändert sich der Grad der Invalidität eines Rentenbezügers in einer für
den
Anspruch erheblichen Weise, so ist gemäss Art. 41 IVG die Rente für die
Zukunft entsprechend zu erhöhen, herabzusetzen oder aufzuheben. Anlass zur
Rentenrevision gibt jede wesentliche Änderung in den tatsächlichen
Verhältnissen, die geeignet ist, den Invaliditätsgrad und damit den
Rentenanspruch zu beeinflussen. Art. 41 IVG ist die gesetzliche Grundlage für
die Anpassung des nach Art. 28 f. IVG entstandenen und formell
rechtskräftigen festgesetzten Rentenanspruches an seither eingetretene
anspruchserhebliche geänderte tatsächliche Verhältnisse.

6.2  Der von der Beschwerdegegnerin geltend gemachte Wechsel von der
Teilzeit-
zur Vollzeiterwerbsfähigkeit per August 2000 ist eine Tatsachenänderung, die
eine Neuprüfung des Rentenanspruchs rechtfertigt. Im Jahre 2000 konnte die
Versicherte in ihrer Anstellung als Heimarbeiterin der Firma Z.________ ein
Einkommen von Fr. 11'405.- und als Angestellte der Gemeindeverwaltung
X.________ ein solches von Fr. 2152.-, total ausmachend Fr. 13'557.-,
realisieren (Invalidenlohn). Beim Validenlohn ist weiterhin vom Verdienst
einer Hotelfachassistentin auszugehen. Die Vorinstanz ging hier für 1996 von
Fr. 39'650.- aus. Bei der für die Beschwerdegegnerin schlechtesten Annahme,
dass sie nach dem ersten Arbeitsjahr keine Lohnanpassung erhalten und sich
ihr Lohn ab 1997 gemäss dem Nominallohnindex der Frauen entwickelt hätte
(Schweizerische Lohnstrukturerhebung [LSE] 2000, Tabelle T1.2.93 Abschnitt G,
H für Handel, Reparatur; Gastgewerbe), ergäbe dies für das Jahr 2000 einen
Validenlohn von Fr. 40'721.-. Selbst wenn im Invalidenlohn des Jahres 2000
der Lohn als Raumpflegerin mit berücksichtigt wird, obwohl diese Arbeit der
Beschwerdegegnerin unbestritten nicht zuzumuten war, ergibt dies einen
Invaliditätsgrad von 66.7% (aufgerundet 67%, BGE 130 V 121 Erw. 3), was einem
Anspruch auf eine ganze Rente entspricht.

7.
Das Verfahren ist kostenlos (Art. 134 OG). Zufolge teilweisen Obsiegens steht
der Beschwerdegegnerin eine reduzierte Parteientschädigung zu Lasten der
IV-Stelle zu (Art. 159 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 135 OG). Insoweit ist
ihr Gesuch um Gewährung der unentgeltlichen Verbeiständung gegenstandslos. Im
Übrigen kann diesem entsprochen werden, da die hierfür nach Gesetz (Art. 152
in Verbindung mit Art. 135 OG) und Rechtsprechung (BGE 125 V 202 Erw. 4a und
372 Erw. 5b, je mit Hinweisen) erforderlichen Voraussetzungen erfüllt sind.
Die Beschwerdegegnerin wird indessen ausdrücklich auf Art. 152 Abs. 3 OG
aufmerksam gemacht, wonach die begünstigte Partei der Gerichtskasse Ersatz zu
leisten haben wird, wenn sie später dazu im Stande sein sollte.

Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht:

1.
In teilweiser Gutheissung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird der
Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Luzern vom 14. Februar 2003,
soweit er die Zusprechung einer ganzen Invalidenrente ab dem 1. Januar 1996
betrifft, aufgehoben, und es wird festgestellt, dass die Beschwerdegegnerin
ab dem 1. Januar 1996 Anspruch auf eine Viertelsrente und ab dem 1. August
2000 auf eine ganze IV-Rente hat.

2.
Es werden keine Gerichtskosten erhoben.

3.
Die IV-Stelle Luzern hat der Beschwerdegegnerin für das Verfahren vor dem
Eidgenössischen Versicherungsgericht eine Entschädigung von Fr. 1'250.-
(einschliesslich Mehrwertsteuer) zu bezahlen.

4.
Zufolge Gewährung der unentgeltlichen Verbeiständung wird Rechtsanwalt Dr.
Bruno Häfliger, Luzern, für das Verfahren vor dem Eidgenössischen
Versicherungsgericht aus der Gerichtskasse eine Entschädigung von Fr. 1'250.-
(einschliesslich Mehrwertsteuer) ausgerichtet.

5.
Das Verwaltungsgericht des Kantons Luzern wird über eine Parteientschädigung
sowie über das Gesuch um unentgeltliche Verbeiständung für das kantonale
Verfahren entsprechend dem Ausgang des letzt-instanzlichen Prozesses zu
befinden haben.

6.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Luzern
und dem Bundesamt für Sozialversicherung zugestellt.

Luzern, 26. Juli 2004
Im Namen des Eidgenössischen Versicherungsgerichts

Die Präsidentin der III. Kammer:  Der Gerichtsschreiber:
i.V.   i.V.