Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Sozialrechtliche Abteilungen I 181/2003
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I 181/03

Urteil vom 28. Mai 2003
IV. Kammer

Präsidentin Leuzinger, Bundesrichter Rüedi und Ferrari; Gerichtsschreiber
Hochuli

B.________, 1971, Beschwerdeführerin, vertreten durch Rechtsanwalt lic. iur.
Hans Suppiger, Seidenhofstrasse 12, 6003 Luzern,

gegen

IV-Stelle Obwalden, Brünigstrasse 144, 6060 Sarnen, Beschwerdegegnerin

Verwaltungsgericht des Kantons Obwalden, Sarnen

(Entscheid vom 11. Februar 2003)

Sachverhalt:
B.________, geboren 1971, diplomierte Primar- und Religionslehrerin, leidet
unter anderem an beidseitiger Hüftgelenksdysplasie (links mehr als rechts)
und einem Pfannenrandsyndrom links. Die IV-Stelle des Kantons Obwalden
(nachfolgend: IV-Stelle) sprach ihr deshalb als Umschulungsmassnahme ab 1.
Oktober 1999 ein zehnsemestriges Studium zur Psychologin an der Universität
X.________ zu (Verfügung vom 9. Juni 1999) und richtete ihr für die Dauer der
Umschulung als Haushaltungsentschädigung und Eingliederungszuschlag ein
IV-Taggeld von rund Fr. 150.- pro Tag aus. Mit Verfügung vom 12. Juni 2001
lehnte die IV-Stelle die Übernahme eines ärztlich beantragten Hochpultes und
Hochstuhles als Hilfsmittel ab.
Die hiegegen erhobene Beschwerde der B.________ wies das Verwaltungsgericht
des Kantons Obwalden mit Entscheid vom 11. Februar 2003 ab.
Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde lässt B.________ unter Aufhebung des
kantonalen Entscheids beantragen, die IV-Stelle habe ihr die Kosten für das
Hochpult und den Hochstuhl laut Rechnung der Firma "G.________" vom 5. April
2000 im Betrage von Fr. 4'235.- nebst Zins zu 5% seit 5. April 2000 zu
vergüten.

Während die IV-Stelle auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde
schliesst, verzichtet das Bundesamt für Sozialversicherung (BSV) auf eine
Vernehmlassung.

Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:

1.
1.1 Das kantonale Gericht hat die Bestimmungen über den Anspruch auf ein
Hilfsmittel der Invalidenversicherung (Art. 21 Abs. 1 und 2 IVG sowie Art. 2
HVI) sowie die Hilfsmittelkategorien "Der Behinderung individuell angepasste
Sitz-, Liege- und Stehvorrichtungen" (Ziff. 13.02* HVI Anhang in Verbindung
mit Art. 2 Abs. 2 HVI) und "Der Behinderung individuell angepasste
Arbeitsflächen" (Ziff. 13.03* HVI Anhang in Verbindung mit Art. 2 Abs. 2 HVI)
zutreffend dargelegt. Darauf wird verwiesen.

1.2 Am 1. Januar 2003 ist das Bundesgesetz über den Allgemeinen Teil des
Sozialversicherungsrechts (ATSG) vom 6. Oktober 2000 in Kraft getreten. Mit
ihm sind zahlreiche Bestimmungen im Invalidenversicherungsbereich geändert
worden. Weil in zeitlicher Hinsicht grundsätzlich diejenigen Rechtssätze
massgebend sind, die bei der Erfüllung des zu Rechtsfolgen führenden
Tatbestandes Geltung haben (BGE 127 V 467 Erw. 1), und weil ferner das
Sozialversicherungsgericht bei der Beurteilung eines Falles grundsätzlich auf
den bis zum Zeitpunkt des Erlasses der streitigen Verfügung (hier: vom 12.
Juni 2001) eingetretenen Sachverhalt abstellt (BGE 121 V 366 Erw. 1b), sind
im vorliegenden Fall die bis zum 31. Dezember 2002 geltenden Bestimmungen
anwendbar.

2.
Streitig ist, ob die Invalidenversicherung den Hochstuhl (Modell "Capisco
8106" der norwegischen Firma "H.________") und den Hochtisch (Modell "Libero
Design Center" der deutschen Firma "Z.________") zum Gesamtpreis von Fr.
4'235.- als Hilfsmittel zu übernehmen hat. Unbestritten ist, dass die
gekauften Büromöbel der umschulungsbedingten Ausbildung  -  nämlich der
Einrichtung des Heimarbeitsplatzes im Rahmen der Absolvierung des
Psychologiestudiums  -  und gleichzeitig gemäss ärztlicher Empfehlung der
Linderung der Restbeschwerden am linken Hüftgelenk dienen.

3.
3.1 Die Befugnis zur Aufstellung der Hilfsmittelliste und zum Erlass
ergänzender Vorschriften im Sinne von Art. 21 Abs. 4 IVG hat der Bundesrat in
Art. 14 IVV an das Eidgenössische Departement des Innern übertragen, welches
die Verordnung über die Abgabe von Hilfsmitteln durch die
Invalidenversicherung (HVI) mit anhangsweise aufgeführter Hilfsmittelliste
erlassen hat. Laut Art. 2 HVI besteht im Rahmen der im Anhang aufgeführten
Liste Anspruch auf Hilfsmittel, soweit diese für die Fortbewegung, die
Herstellung des Kontaktes mit der Umwelt oder für die Selbstsorge notwendig
sind (Abs. 1); Anspruch auf die in dieser Liste mit * bezeichneten
Hilfsmittel besteht, soweit diese für die Ausübung einer Erwerbstätigkeit
oder die Tätigkeit im Aufgabenbereich, für die Schulung, die Ausbildung, die
funktionelle Angewöhnung oder für die bei einzelnen Hilfsmitteln ausdrücklich
genannte Tätigkeit notwendig sind (Abs. 2).

3.2 Gemäss den Ziffern 13.02* und 13.03* HVI Anhang in Verbindung mit Art. 2
Abs. 2 HVI gehören der Behinderung individuell angepasste Sitz-, Liege- und
Stehvorrichtungen sowie Arbeitsflächen zu den von der Invalidenversicherung
abgegebenen Hilfsmitteln, sofern sie für die Ausübung einer Erwerbstätigkeit
oder die Tätigkeit im Aufgabenbereich, für die Schulung, die Ausbildung, die
funktionelle Angewöhnung oder für die in der zutreffenden Ziffer des Anhangs
ausdrücklich genannte Tätigkeit notwendig sind. Bei der Abgabe von Geräten,
die auch ein Gesunder in gewöhnlicher Ausführung benötigt, ist dem
Versicherten eine Kostenbeteiligung aufzuerlegen. Hilfsmittel, deren
Anschaffungskosten geringfügig sind, gehen zu Lasten des Versicherten.

4.
Vorinstanz und Verwaltung haben den Anspruch auf Vergütung der Kosten für den
Arbeitsstuhl und den Bürotisch zu Recht verneint. Denn für die Anerkennung
als Hilfsmittel im Sinne von Ziff. 13.02* und 13.03* HVI Anhang ist sowohl in
Bezug auf die Sitz-, Liege- und Stehvorrichtungen als auch hinsichtlich der
Arbeitsflächen vorausgesetzt, dass diese der Behinderung individuell
angepasst sind. Diesem Erfordernis widerspricht jedoch im Allgemeinen eine
serienmässige Herstellung (nicht veröffentlichtes Urteil G. vom 17. Dezember
1999, I 393/99, mit Hinweis). Die in Ziff. 13.02.1* der Wegleitung des BSV
über die Abgabe von Hilfsmitteln durch die Invalidenversicherung (WHMI) in
der bis am 31. Dezember 1988 gültig gewesenen Fassung getroffene
Unterscheidung in der Herstellungsart (Einzelanfertigung oder
Serienfabrikation) kann ein Kriterium dafür bilden, ob eine Sitzvorrichtung
als individuell angepasst und damit als Hilfsmittel gelten kann; im genannten
nicht veröffentlichten Urteil G. vom 17. Dezember 1999 (I 393/99) bestätigte
das Eidgenössische Versicherungsgericht, dass dieses Unterscheidungsmerkmal
nicht willkürlich ist. Weiter entschied das Gericht in besagtem Urteil mit
Blick auf Ziff. 13.02.1* WHMI in der ab 1. Januar 1993 gültig gewesenen
Fassung, wonach normale Büro- und Arbeitsstühle nicht als Hilfsmittel zu
werten seien, dass diese Unterscheidungsregelung mit der früheren inhaltlich
übereinstimme und daher ebenfalls nicht zu beanstanden sei. Die von der
Beschwerdeführerin angeschafften Arbeitsplatzausrüstungsgegenstände
(Arbeitsstuhl und Bürotisch) erfüllen nun aber die Voraussetzungen der
individuellen Anpassung klarerweise nicht. Bei diesen Serienprodukten handelt
es sich - wie die bei den Akten liegenden Prospekte belegen - um
konventionelle, auch von Nichtbehinderten benutzte Bürostühle (vgl. Rz
13.02.2* des vom BSV herausgegebenen Kreisschreibens über die Abgabe von
Hilfsmitteln durch die Invalidenversicherung (KHMI) in der ab 1. Februar 2000
gültigen Fassung) bzw. um seriell hergestellte, auch von Nichtbehinderten
benutzte Arbeitsflächen (vgl. Rz 13.03.2* KHMI), die nach dem Gesagten nicht
als Hilfsmittel im Rechtssinne gelten können.

Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht:

1.
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen.

2.
Es werden keine Gerichtskosten erhoben.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Obwalden,
der Ausgleichskasse Obwalden und dem Bundesamt für Sozialversicherung
zugestellt.

Luzern, 28. Mai 2003
Im Namen des Eidgenössischen Versicherungsgerichts

Die Präsidentin der IV. Kammer:  Der Gerichtsschreiber: