Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Sozialrechtliche Abteilungen I 176/2003
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I 176/03

Urteil vom 29. August 2003
II. Kammer

Bundesrichterin Widmer, Bundesrichter Ursprung und Frésard; Gerichtsschreiber
Scartazzini

G.________, 1958, Beschwerdeführerin, vertreten
durch Rechtsanwalt Alex Beeler, Frankenstrasse 3, 6003 Luzern,

gegen

IV-Stelle Obwalden, Brünigstrasse 144, 6060 Sarnen, Beschwerdegegnerin

Verwaltungsgericht des Kantons Obwalden, Sarnen

(Entscheid vom 11. Februar 2003)

Sachverhalt:

A.
Die 1958 geborene G.________ wurde im April 2000 wegen einer Entzündung an
der Gallenblase operiert. Seither leidet sie an Magen-/ Darmproblemen. Des
Weiteren hat sie Rücken- und Fingerbeschwerden. Am 30. November 2000 meldete
sich G.________ bei der Invalidenversicherung zum Bezug von Leistungen an.
Nach durchgeführtem Vorbescheidverfahren lehnte die IV-Stelle Obwalden das
Leistungsbegehren mit Verfügung vom 10. Oktober 2001 ab.

B.
Dagegen erhob G.________ Beschwerde mit dem Antrag, es sei ihr in Aufhebung
der Verfügung eine ganze Rente zuzusprechen. Mit Entscheid vom 11. Februar
2003 wies das Verwaltungsgericht des Kantons Obwalden die Beschwerde ab.

C.
G.________ lässt Verwaltungsgerichtsbeschwerde führen und erneut beantragen,
in Aufhebung der Verwaltungsverfügung und des kantonalen Entscheids sei ihr
eine ganze Rente zuzusprechen. Eventualiter sei die Sache mit der Auflage,
ein polydisziplinäres Gutachten anzuordnen und nach dessen Vorliegen eine
neue Haushaltsabklärung vorzunehmen, an die Verwaltung zurückzuweisen.

Die IV-Stelle schliesst auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde,
während das Bundesamt für Sozialversicherung auf eine Vernehmlassung
verzichtet.
Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:

1.
Das kantonale Gericht hat die hier massgebenden Bestimmungen und Grundsätze
zum Begriff der Invalidität (Art. 4 Abs. 1 IVG), zu den Voraussetzungen und
dem Umfang des Rentenanspruchs (Art. 28 Abs. 1 und 1bis IVG), zur Bemessung
des Invaliditätsgrades bei erwerbstätigen Versicherten nach der
Einkommensvergleichsmethode (Art. 28 Abs. 2 IVG; BGE 104 V 136 Erw. 2a und b)
sowie bei Teilerwerbstätigen nach der gemischten Methode (Art. 27bis Abs. 1
IVV in der am 1. Januar 2001 in Kraft getretenen Fassung vom 2. Februar 2000;
BGE 104 V 136 Erw. 2a) zutreffend dargelegt. Darauf wird verwiesen.

Zu ergänzen ist, dass am 1. Januar 2003 das Bundesgesetz über den Allgemeinen
Teil des Sozialversicherungsrechts (ATSG) vom 6. Oktober 2000 in Kraft
getreten ist. Mit ihm sind zahlreiche Bestimmungen in der
Invalidenversicherung geändert worden. Weil in zeitlicher Hinsicht
grundsätzlich diejenigen Rechtssätze massgebend sind, die bei der Erfüllung
des zu Rechtsfolgen führenden Tatbestandes Geltung haben (BGE 127 V 467 Erw.
1), und weil ferner das Sozialversicherungsgericht bei der Beurteilung eines
Falles grundsätzlich auf den bis zum Zeitpunkt des Erlasses der streitigen
Verfügung (hier: 10. Oktober 2001) eingetretenen Sachverhalt abstellt (BGE
121 V 366 Erw. 1b), sind im hier zu beurteilenden Fall die bis zum 31.
Dezember 2002 geltenden Bestimmungen anwendbar.

2.
In Bezug auf die Arbeitsfähigkeit der Versicherten hat die Vorinstanz
vollumfänglich auf den Arztbericht von Dr. med. A.________ vom 26. Juni 2001
abgestellt. An der Schlüssigkeit dieses Berichtes ergeben sich indessen
gestützt auf die weiteren ärztlichen Berichte Zweifel, und dies aus mehreren
Gründen:
2.1 Dr. med. A.________ selber geht in seinem Bericht nicht von einer
gesicherten Diagnose aus. So führt er aus, es gebe "gewisse Punkte, welche
diese Diagnose in Frage stellen". Insbesondere sieht er
differentialdiagnostisch noch andere mögliche Gründe für die Leiden der
Versicherten.

2.2 Bezüglich der Beurteilung der Arbeitsfähigkeit weichen die aktenkundigen
Arztberichte teilweise erheblich voneinander ab. So lag die
Arbeitsunfähigkeit gemäss Arztbericht von Dr. med. B.________ vom 11.
Dezember 2000 bei 100 %. Dr. med. C.________ sprach in seinem Bericht vom 8.
Januar 2001 unter Hinweis auf entsprechende Literatur ebenfalls von einer 100
%igen Arbeitsunfähigkeit. Dr. med. D._______ von der Klinik K.________
äusserte sich nicht klar, sprach indessen von einer Arbeitsunfähigkeit von
30-50 % für alle Arbeiten. Dr. med. E.________ schliesslich meint in ihrem
Arztbericht vom 27. Juli 2002, welcher allerdings rund neun Monate nach der
angefochtenen Verfügung ergangen ist, es liege eine 100 %ige
Arbeitsunfähigkeit auch für leichte Arbeiten vor.

2.3 Es fällt ferner auf, dass sich verschiedene Ärzte in ihren Berichten
bezüglich der Diagnose und ihrer Auswirkungen unsicher zeigten oder sich gar
nicht zur Arbeitsfähigkeit äusserten. Dies betrifft die Berichte des Spitals
S.________, von Dr. med. C.________, von Dr. med. F.________ (11. Juni 2001)
und von Dr. med. D.________. Dasselbe gilt, wie bereits erwähnt, für den
Bericht von Dr. med. A.________, auf den die Vorinstanz abgestellt hat.

2.4 Angesichts dieser nicht übereinstimmenden ärztlichen Aussagen erheben
sich namhafte Zweifel an der Schlussfolgerung von Dr. med. A.________, wonach
die Versicherte für leichte Arbeiten voll arbeitsfähig ist. Die Verwaltung
wird daher eine polydisziplinäre Begutachtung (MEDAS) durchzuführen haben.
Dabei wird zu berücksichtigen sein, dass die Beschwerdeführerin neben
chronischen Bauchschmerzen auch an rheumatologischen und psychischen
Beschwerden leidet.

3.
Bei der Beurteilung des Invaliditätsgrades sind Verwaltung und Vorinstanz
zutreffenderweise von einer 60 %igen Tätigkeit im Haushalt und einem 40 %igen
ausserhäuslichen Arbeitspensum ausgegangen. Es findet daher die gemischte
Methode Anwendung. Die eigentliche Berechnung der Invaliditätsgrade erweckt
in doppelter Hinsicht Bedenken:
3.1 Was den Einkommensvergleich für die ausserhäusliche Tätigkeit anbelangt,
ist die Vorinstanz unter Hinweis auf die Vernehmlassung der Verwaltung von
einem Validenlohn von Fr. 60'591.87 ausgegangen. Basis für diesen Lohn war in
zeitlicher Hinsicht das Jahr 1998. Beim Invalidenlohn wurde sodann zu Recht
auf die Tabellenlöhne verwiesen. Indessen wurden diese auf das Jahr 2000
indexiert. Damit beruhen die Einkommen nicht auf zeitlich gleicher Grundlage,
was den in der Rechtsprechung festgelegten Grundsätzen zur
Invaliditätsbemessung (BGE 128 V 175 in fine) widerspricht.

3.2 Beim Invaliditätsgrad in der Haushaltführung hat die Vorinstanz
grundsätzlich zu Recht auf einen Bericht vom 3. Mai 2001 abgestellt. In ihrer
Stellungnahme im Anhang zu diesem Bericht, vom 9. Mai 2001, führte die
Abklärungsperson indessen aus, der Versicherten stünde, da sie nicht
berufstätig sei, mehr Zeit zur Verfügung, um ihre Arbeiten auf die guten
Phasen zu verlegen. Dieser Betrachtungsweise kann insofern nicht gefolgt
werden, als mit Blick auf die Bestimmung des Invaliditätsgrades der
Versicherten in der Haushaltführung davon auszugehen ist, diese sei
zusätzlich zu 40 % ausserhäuslich berufstätig. Wie in der
Verwaltungsgerichtsbeschwerde zu Recht beanstandet wird, wären im Haushalt
teilzeitig tätige Personen benachteiligt, wenn ihr Invaliditätsgrad nicht
ungeachtet dessen, ob sie die Teilerwerbsfähigkeit verwenden oder nicht,
festgesetzt würde. Dies führte dazu, dass einerseits eine
Resterwerbsfähigkeit im Sinne eines Teilpensums in ausserhäuslicher
Tätigkeit, andererseits eine volle Verfügbarkeit in der Haushaltführung
zugemutet würde. Die Haushaltabklärung hat demnach selbst dann unter der
Annahme einer ausserhäuslichen Erwerbstätigkeit zu erfolgen, wenn die
versicherte Person keiner solchen nachgeht. Daraus folgt, dass auch eine
neue, diesen Aspekt berücksichtigende Haushaltsabklärung vorzunehmen ist.

Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht:

1.
In teilweiser Gutheissung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde werden die
Verfügung der IV-Stelle Obwalden vom 10. Oktober 2001 und der Entscheid des
Verwaltungsgerichts des Kantons Obwalden vom 11. Februar 2003 aufgehoben, und
es wird die Sache an die Verwaltung zurückgewiesen, damit sie im Sinne der
Erwägungen verfahre und über die Leistungsbegehren neu entscheide.

2.
Es werden keine Gerichtskosten erhoben.

3.
Die IV-Stelle hat der Beschwerdeführerin für das Verfahren vor dem
Eidgenössischen Versicherungsgericht eine Parteientschädigung von Fr. 2500.-
(einschliesslich Mehrwertsteuer) zu bezahlen.

4.
Das Verwaltungsgericht des Kantons Obwalden wird über eine
Parteientschädigung für das kantonale Verfahren entsprechend dem Ausgang des
letztinstanzlichen Prozesses zu befinden haben.

5.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Obwalden,
der Ausgleichskasse Obwalden und dem Bundesamt für Sozialversicherungen
zugestellt.

Luzern, 29. August 2003
Im Namen des Eidgenössischen Versicherungsgerichts

Die Vorsitzende der II. Kammer:  Der Gerichtsschreiber: