Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Sozialrechtliche Abteilungen I 142/2003
Zurück zum Index Sozialrechtliche Abteilungen 2003
Retour à l'indice Sozialrechtliche Abteilungen 2003


I 142/03

Urteil vom 24. März 2004
IV. Kammer

Präsident Ferrari, Bundesrichterin Widmer und Bundesrichter Meyer;
Gerichtsschreiberin Weber Peter

F.________, 1947, Beschwerdeführerin, vertreten durch die Winterthur-ARAG
Rechtsschutzversicherungs-Gesellschaft, Gartenhofstrasse 17, 8036 Zürich,

gegen

IV-Stelle des Kantons Zürich, Röntgenstrasse 17, 8005 Zürich,
Beschwerdegegnerin

Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich, Winterthur

(Entscheid vom 29. Januar 2003)

Sachverhalt:

A.
F. ________, geboren 1947, bezieht seit dem 1. Februar 1977 u.a. aufgrund von
Rückenbeschwerden und einer kongestiven Kardiomyopathie eine halbe Rente der
Invalidenversicherung basierend auf einem Invaliditätsgrad von 50 %. Die im
Laufe der Jahre durchgeführten Revisionen mit diversen medizinischen
Abklärungen ergaben keine Änderung des Invaliditätsgrades. Letztmals teilte
dies die IV-Stelle des Kantons Zürich der Versicherten nach einer
Begutachtung am Medizinischen Zentrum X.________ vom 12. Oktober 1998 mit
Schreiben vom 13. Januar 1999 mit.

Am 20. Februar 2000 liess F.________ durch ihre Hausärztin Dr. med.
B.________, Innere Medizin FMH, spez. Kardiologie, erneut eine
Verschlechterung des Gesundheitszustandes seit 1998 geltend machen, da nun
zusätzlich zu den bestehenden Beschwerden ein Schwindelgefühl hinzugekommen
sei. Nach weiteren Abklärungen  veranlasste die IV-Stelle nochmals eine
Expertise durch die Medizinische Begutachtungsstelle am Medizinischen Zentrum
X.________, welche am 22. Juni 2001 erstattet wurde. Am 14. Januar 2002
reichte die Versicherte einen Bericht des Spitals Y.________ (vom 29. Oktober
2001) ein, wo sie vom 17. bis 24. Oktober 2001 hospitalisiert war. In der
Folge holte die Invalidenversicherung eine Stellungsnahme des internen
medizinischen Dienstes (vom 31. Januar 2002) sowie einen Bericht der
IV-Berufsberatung betreffend Einkommensvergleich (vom 1. Februar 2002) ein.
Gestützt auf diese Unterlagen verneinte die IV-Stelle mit Verfügung vom 5.
Februar 2002 - nach Durchführung des Vorbescheidverfahrens - eine
rentenbeeinflussende Änderung des Invaliditätsgrades und bestätigte weiterhin
den Anspruch auf eine halbe Invalidenrente.

B.
Die hiegegen erhobene Beschwerde, mit welcher die Zusprache einer ganzen
Rente, eventuell die Durchführung weiterer medizinischer Abklärungen,
beantragt wurde, wies das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich ab
(Entscheid vom 29. Januar 2003).

C.
Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde lässt F.________ das Rechtsbegehren
stellen, in Aufhebung des kantonalen Entscheides sei die Angelegenheit zur
Vornahme weiterer medizinischer Abklärungen an die Verwaltung zurückzuweisen.

Während die IV-Stelle auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde
schliesst, verzichtet das Bundesamt für Sozialversicherung auf eine
Vernehmlassung.

D.
Am 18. März 2003 liess die Versicherte einen ärztlichen Bericht über ihre
Behandlung im Sanatorium S.________ in Italien vom April 2002 einreichen.

Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:

1.
Das kantonale Gericht hat die bis Ende 2002 gültig gewesenen Bestimmungen und
Grundsätze über die Voraussetzungen und den Umfang des Rentenanspruchs (Art.
28 Abs. 1 IVG), die Ermittlung des Invaliditätsgrades nach der
Einkommensvergleichsmethode (Art. 28 Abs. 2 IVG; BGE 110 V 276 Erw. 4b, 104 V
103 Erw. 2; AHI 2000 S. 309 Erw. 1a in fine mit Hinweisen; siehe auch BGE 128
V 30 Erw. 1) sowie die Rentenrevision bei einer wesentlichen Änderung in den
tatsächlichen Verhältnissen (Art. 41 IVG; BGE 117 V 199 Erw. 3b mit
Hinweisen), insbesondere die dabei zu vergleichenden Sachverhalte (BGE 125 V
369 Erw. 2 mit Hinweis), zutreffend dargelegt. Dasselbe gilt für die
Bedeutung ärztlicher Stellungnahmen für die Invaliditätsbemessung (BGE 125 V
261 Erw. 4, 115 V 134 Erw. 2) und den Beweiswert ärztlicher Berichte (BGE 125
V 352 Erw. 3, 122 V 160 Erw.1). Richtig wiedergegeben hat es auch die
Grundsätze über die Verwendung von sog. Tabellenlöhnen bei der Ermittlung des
trotz Gesundheitsschädigung zumutbarerweise noch realisierbaren Einkommens
(BGE 126 V 76 f. Erw. 3b/bb mit Hinweisen) und die Möglichkeit eines Abzuges
zum Ausgleich von Lohnnachteilen (BGE 126 V 78 ff. Erw. 5 mit Hinweisen; AHI
2002 S. 67 ff. Erw. 4). Darauf wird verwiesen.
Zutreffend ist ferner, dass das am 1. Januar 2003 und somit nach dem Erlass
der streitigen Verwaltungsverfügung vom 5. Februar 2002 in Kraft getretene
Bundesgesetz über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts (ATSG)
vom 6. Oktober 2000 auf den vorliegenden Sachverhalt nicht anwendbar ist (BGE
129 V 4 Erw. 1.2 mit Hinweisen).

2.
Streitig und zu prüfen ist, ob in der Zeit zwischen dem Erlass der
ursprünglichen - in nachfolgenden Revisionsverfahren stets bestätigten -
Rentenverfügung vom 26. September 1978 und der angefochtenen Verfügung vom 5.
Februar 2002 eine für den Leistungsanspruch relevante Änderung in den
tatsächlichen Verhältnissen eingetreten ist und ob diese Frage bei gegebener
Aktenlage abschliessend beurteilt werden kann, was die Beschwerdeführerin
verneint.

3.
3.1 Nach umfassender Würdigung sämtlicher Unterlagen gelangte das kantonale
Gericht in seinem ausführlich begründeten Entscheid zutreffend zur
Auffassung, dass der Gesundheitszustand der Beschwerdeführerin keine
wesentliche, die Arbeitsfähigkeit beeinflussende Veränderung erfahren hat. Es
stützte sich dabei zu Recht auf das polydisziplinäre Gutachten des
Medizinischen Zentrums X.________ vom 22. Juni 2001, welches den von der
Rechtsprechung entwickelten Anforderungen an eine beweiskräftige medizinische
Stellungnahme gerecht wird, beruht es doch auf allseitigen Untersuchungen,
berücksichtigt die geklagten Beschwerden und ist in Kenntnis der Vorakten
abgegeben worden; zudem sind die Ausführungen in der Beurteilung der
medizinischen Zusammenhänge einleuchtend und beinhalten begründete
Schlussfolgerungen (BGE 125 V 352 Erw. 3a). Laut dieser Expertise, welche die
Diagnosen des früheren Gutachtens des Medizinischen Zentrums X.________ vom
12. Oktober 1998 gänzlich bestätigt, leidet die Beschwerdeführerin an einer
dilatativen Kardiomyopathie mit mittelschwer eingeschränkter
linksventrikulärer Funktion, klinisch kompensiert; einer rechtskonvexen
Skoliose der Wirbelsäule mit degenerativen Veränderungen; einem
lumbospondilogenen Syndrom sowie einem Carpaltunnelsyndrom beidseits. Die
übrigen Diagnosen, insbesondere die rezidivierenden Schwindelepisoden ohne
Hinweis für eine peripher-vestibuläre Störung, tangieren die Arbeitsfähigkeit
nicht. Zusammenfassend hielten die Gutachter die Beschwerdeführerin in allen
körperlich belastenden Verrichtungen weiterhin für arbeitsunfähig.
Leidensangepasste, leichte bis mittelschwere Tätigkeiten ohne ständiges
Treppensteigen, ohne Heben von Lasten, ohne andauerndes Bücken und ohne
stereotype Haltung der Wirbelsäule und der Hände bezeichneten sie
fortbestehend als zu 50 % zumutbar. Diese Einschränkungen führten die
Gutachter auf die Kardiomyopathie und die degenerativen Veränderungen im
Bewegungsapparat zurück. Mit der Vorinstanz lässt sich bezüglich der
Verminderung der Arbeitsfähigkeit auch dem Bericht des Spitals Y.________ vom
29. Oktober 2001, wo die Beschwerdeführerin wegen vermehrt auftretender
Schwindelattacken vom 17. bis 24. Oktober 2001 hospitalisiert war, nichts
Abweichendes entnehmen. Diese Ärzte diagnostizierten (nach Durchführung eines
MRI Hirn am 11. Oktober 2001) neu eine kortiko-subkortikale Läsion rechts
unklarer Dignität, am ehesten einem niedriggradigen Gliom entsprechend, einen
dringenden Verdacht auf ein Fibromyalgiesyndrom sowie rezidivierende
ungerichtete Schwindelattacken, ätiologisch ungeklärt. Sie bescheinigten aus
neurologischer Sicht eine Einschränkung in der Arbeitsfähigkeit von 50 % -
ohne diese jedoch näher zu begründen - und bezeichneten eine rheumatologische
Neubeurteilung der Arbeitsfähigkeit allenfalls als notwendig. Diese
Einschätzung erfolgte ohne Kenntnis bzw. Berücksichtigung der nur wenige
Monate zuvor anlässlich der Begutachtung im Medizinischen Zentrum X.________
durchgeführten fachärztlichen (insbesondere rheumatologischen und
orthopädischen) Untersuchung des Bewegungsapparates, wo sich die
Fibromyalgiepunkte nicht als dolent darstellten. Die revisionsweise geltend
gemachten Schwindelattacken wurden überdies nicht in einen ursächlichen
Zusammenhang mit den neuen Befunden, insbesondere dem vermuteten
niedriggradigen Gliom, gebracht, sondern deren Ursache blieb unbekannt. Mit
der Vorinstanz ist somit festzustellen, dass der Bericht des Spitals
Y.________ bei der gegebenen Aktenlage gesamthaft keine höhere Bewertung der
Einschränkung in der Arbeitsfähigkeit zulässt.

3.2 Die Einwendungen in der Verwaltungsgerichtsbeschwerde vermögen an diesem
Ergebnis nichts zu ändern. Insbesondere besteht kein Grund für eine
Rückweisung der Sache an die Verwaltung zur Durchführung weiterer,
insbesondere psychologischer, Abklärungen. Nachdem weder in den beiden
Gutachten des Medizinischen Zentrums X.________ (anlässlich des Gutachtens
vom 12. Oktober 1998 war eine psychiatrische Untersuchung erfolgt) noch im
Bericht des Spitals Y.________, wo eine neuropsychologische
Zusatzuntersuchung stattfand, Anhaltspunkte für eine psychische
Beeinträchtigung von Krankheitswert vorzufinden sind, lassen sich von den
beantragten ergänzenden Abklärungen keine neuen Erkenntnisse erwarten,
weshalb sich diese erübrigen (antizipierte Beweiswürdigung; 124 V 94 Erw. 4b;
SVR 2001 IV Nr. 10 S. 28 Erw. 4b). Schliesslich vermag auch der
letztinstanzlich eingereichte ärztliche Bericht betreffend die Behandlung der
Versicherten im Sanatorium S.________ in Italien in der Zeit vom 8. bis 12.
April 2002 nichts zu ändern, ist doch für die gerichtliche Beurteilung der
Sachverhalt bis zum Zeitpunkt des Verfügungserlasses massgebend (BGE 121 V
366 Erw. 1b mit Hinweisen). Im Übrigen lässt sich daraus nichts hinsichtlich
der Arbeitsunfähigkeit entnehmen.

4.
Zu prüfen bleiben die erwerblichen Auswirkungen der Einschränkung in der
Arbeitsfähigkeit.

4.1 Bei der Ermittlung des ohne Gesundheitsschaden hypothetisch erzielbaren
Einkommens (Valideneinkommens) ging die Vorinstanz in Bestätigung der
Verwaltung vom Einkommen aus, das die Beschwerdeführerin als Prüferin
Schlusskontrolle bei der Firma P.________, in der sie früher während Jahren
gearbeitet hatte, im Jahre 2001 durchschnittlich erzielen würde, was Fr.
60'450.- (DAP Nr. 2735, Prüferin Schlusskontrolle) ergab. Dies ist unter
Berücksichtigung der gesamten Umstände nicht zu beanstanden und blieb denn
auch unbestritten.

4.2 Das Invalideneinkommen setzte das kantonale Gericht zu Recht aufgrund der
Tabellenlöhne der vom Bundesamt für Statistik periodisch herausgegebenen
Lohnstrukturerhebungen (LSE) fest; die von der Verwaltung verwendeten DAP
(Dokumentation von Arbeitsplätzen)-Löhne vermöchten im Übrigen den von der
Rechtsprechung formulierten Voraussetzungen (BGE 129 V 472) nicht zu genügen.
Es legte der Berechnung den standardisierten monatlichen Bruttolohn
(Zentralwert bei Arbeitszeit von 40 Wochenstunden) für die im privaten Sektor
Produktion mit einfachen und repetitiven Aufgaben (Anforderungsniveau 4)
beschäftigten Frauen gemäss Tabelle TA1 der LSE 2000 von Fr. 3'641.-
zugrunde. Umgerechnet auf die betriebsübliche durchschnittliche
Wochenarbeitszeit im Jahre 2001 von 41,7 Stunden (Die Volkswirtschaft 2002,
Heft 12, S. 88, Tabelle B 9.2) und unter Berücksichtigung der
Nominallohnentwicklung für Frauen von 2,5 % für das Jahr 2001 (vgl. BfS,
Lohnentwicklung 2002, S. 33, Tabelle T1.2.93 Nominallohnindex, Frauen,
1997-2002; BGE 129 V 408) ergab sich bei einer Arbeitsfähigkeit von 50 % und
einem Abzug vom Tabellenlohn von 10 % ein hypothetisches Invalideneinkommen
von Fr. 21'006.- im Jahr. Nach den zutreffenden Erwägungen der Vorinstanz
rechtfertigt es sich, von dem auf Durchschnittswerten beruhenden
Jahreseinkommen einen leidensbedingten Abzug (BGE 126 V 78 ff. Erw. 5; AHI
2002, S. 67 ff. Erw. 4) vorzunehmen, der mit 10 % im Rahmen der
Angemessenheitskontrolle (Art.132 lit. a OG) nicht zu beanstanden ist.

4.3 Damit ist mit der Vorinstanz in Gegenüberstellung der beiden
Vergleichseinkommen (Valideneinkommen von Fr. 60'450.- und Invalideneinkommen
von Fr. 21'006.-) von einem Invaliditätsgrad von 65,25 %, abgerundet 65 %
(zur Publikation in der Amtlichen Sammlung bestimmtes Urteil R. vom 19.
Dezember 2003, U 27/02, Erw. 3), auszugehen, womit eine rentenrelevante
Änderung des Invaliditätsgrades nicht vorliegt.

5.
Die Beschwerdeführerin sei darauf hingewiesen, dass sie auf Grund des
ausgewiesenen Invaliditätsgrades von 65 % mit Wirkung ab 1. Januar 2004 eine
Dreiviertels-Invalidenrente beantragen kann (Art. 28 Abs. 1 IVG in der
Fassung gemäss Bundesgesetz vom 21. März 2003 in Verbindung mit dessen Ziff.
II lit. d Abs. 1 erster Satz).

Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht:

1.
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen.

2.
Es werden keine Gerichtskosten erhoben.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht des Kantons
Zürich und dem Bundesamt für Sozialversicherung zugestellt.

Luzern, 24. März 2004
Im Namen des Eidgenössischen Versicherungsgerichts

Der Präsident der IV. Kammer:  Die Gerichtsschreiberin: