Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Sozialrechtliche Abteilungen I 121/2003
Zurück zum Index Sozialrechtliche Abteilungen 2003
Retour à l'indice Sozialrechtliche Abteilungen 2003


I 121/03

Urteil vom 30. Oktober 2003
II. Kammer

Präsident Schön, Bundesrichter Ursprung und Frésard; Gerichtsschreiber
Schmutz

T.________, 1951, Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Ueli
Kieser, Ulrichstrasse 14, 8032 Zürich,

gegen

IV-Stelle des Kantons Zürich, Röntgenstrasse 17, 8005 Zürich,
Beschwerdegegnerin

Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich, Winterthur

(Entscheid vom 21. Januar 2003)

Sachverhalt:

A.
Der 1951 geborene, seit 1974 als selbstständiger Coiffeurmeister tätige
T.________ erlitt am 2. Oktober 1994 als Beifahrer eines Personenwagens bei
einem Auffahrunfall mit Heckaufprall ein Schleudertrauma der Halswirbelsäule
(HWS). Mit Verfügung vom 6. Januar 1998 lehnte die IV-Stelle des Kantons
Zürich einen Rentenanspruch des Versicherten mit der Begründung ab, mit dem
von ihm erzielten Jahreseinkommen könne keine rentenbegründende
Erwerbseinbusse geltend gemacht werden.

B.
Die hiegegen erhobene Beschwerde wies das Sozialversicherungsgericht des
Kantons Zürich mit Entscheid vom 21. Januar 2003 ab.

C.
T.________ lässt Verwaltungsgerichtsbeschwerde führen und das vorinstanzlich
gestellte Begehren auf Rückweisung der Sache "zur gesetzeskonformen
Ermittlung des Invaliditätsgrades" erneuern.

Die IV-Stelle und das Bundesamt für Sozialversicherung verzichten auf eine
Vernehmlassung.

Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:

1.
Das kantonale Gericht hat die gesetzlichen Bestimmungen über den
Invaliditätsbegriff (Art. 4 Abs. 1 IVG) und den Begriff der
Schadenminderungspflicht auf dem Gebiet der Invalidenversicherung (BGE 121 V
190 ff.) richtig dargelegt. Darauf wird verwiesen. Zu ergänzen ist, dass für
die Bemessung der Invalidität das Erwerbseinkommen, das der Versicherte nach
Eintritt der Invalidität und nach Durchführung allfälliger
Eingliederungsmassnahmen durch eine ihm zumutbare Tätigkeit bei
ausgeglichener Arbeitsmarktlage erzielen könnte, in Beziehung zum
Erwerbseinkommen gesetzt wird, das er erzielen könnte, wenn er nicht invalid
geworden wäre (allgemeine Methode des Einkommensvergleichs; Art. 28 Abs. 2
IVG).

Hinzuzufügen ist, dass das am 1. Januar 2003 in Kraft getretene Bundesgesetz
über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts (ATSG) vom 6. Oktober
2000 im vorliegenden Fall nicht anwendbar ist, da nach dem massgebenden
Zeitpunkt des Erlasses der streitigen Verfügung eingetretene Rechts- und
Sachverhaltsänderungen vom Sozialversicherungsgericht nicht berücksichtigt
werden (BGE 127 V 467 Erw. 1, 121 V 366 Erw. 1b).

2.
2.1 Die Vorinstanz hat die Berechnung des Invaliditätsgrades anhand der
allgemeinen Methode des Einkommensvergleichs vorgenommen, die immer dann
anzuwenden ist, wenn sich das massgebliche Einkommen auf Grund möglichst
genau ermittelter Zahlen bestimmen lässt (BGE 104 V 135 Erw. 2).

2.2 Nach der Gerichtspraxis kennt die allgemeinen Methode des
Einkommensvergleichs den Vergleich auf Grund möglichst genau ermittelter
Einkommen, auf Grund ziffernmässig geschätzter Einkommen (bezifferter
Schätzungsvergleich) und den Prozentvergleich. Ist die Ermittlung der
Vergleichseinkommen möglich, ist der Einkommensvergleich grundsätzlich auf
diese Weise durchzuführen. Ist die Ermittlung der Einkommen nicht möglich,
ist der Vergleich gestützt auf geschätzte Werte durchzuführen; der
Einkommensvergleich erfolgt in diesem Fall anhand geschätzter
Annäherungswerte oder in der Form des Prozentvergleichs. Die Bestimmung des
Invaliditätsgrades auf Grund von Schätzungen ist im Übrigen nicht nur
zulässig, wenn die genaue Ermittlung der Vergleichseinkommen nicht möglich
ist, sondern auch, wenn deren ziffernmässige Ermittlung zwar möglich wäre,
aber einen unverhältnismässig grossen Aufwand erfordern würde, und wenn zudem
angenommen werden kann, dass die blosse Schätzung der Einkommen ein
ausreichend zuverlässiges Resultat ergibt. Von Letzterem darf insbesondere in
"Extremfällen" ausgegangen werden, in welchen die konkreten Verhältnisse so
liegen, dass die Differenz zwischen den beiden hypothetischen Einkommen die
für den Rentenanspruch massgebenden Grenzwerte von 66 2/3 %, 50 % oder 40 %
eindeutig über- oder unterschreitet (BGE 104 V 136 Erw. 2b, 97 V 57).

2.3 In casu verfügte die Vorinstanz auf Grund der Steuerakten mehrerer Jahre
über hinreichend verlässliche Zahlen, um eine Übersicht über die
Gesamteinkommenssituation des Beschwerdeführers vor und nach dem Unfall zu
gewinnen. Da die Angaben über mehrere aufeinander folgende Jahre hinweg
vorliegen, sind sie ausreichend repräsentativ für den Vergleich der
Einkommensverhältnisse des Beschwerdeführers. Es besteht Gewähr, dass so bei
Verhältnissen wie im vorliegenden Fall die blosse Schätzung der Einkommen ein
genügend zuverlässiges Resultat ergibt.

2.4 Der Beschwerdeführer hat denn auch nicht dargetan, dass das in seinem
Fall von der Vorinstanz gefundene Ergebnis falsch sei, sondern er hat sich
darauf beschränkt, das methodische Vorgehen beim Einkommensvergleich als
rechtswidrig zu rügen und dabei insbesondere zu fordern, dass angesichts der
Schwierigkeiten beim Ermitteln des für die Invaliditätsbemessung massgebenden
Einkommens auf die ausserordentliche Bemessungsmethode zurückzugreifen sei.
Dies war aber nicht notwendig, da das ausserordentliche Bemessungsverfahren
des erwerblich gewichteten Betätigungsvergleichs nur zur Anwendung gelangt,
wenn der Invaliditätsgrad eines Versicherten nicht nach der allgemeinen
Methode des Einkommensvergleichs, weder gestützt auf ermittelte
Vergleichseinkommen noch nach der "summarischen" (BGE 107 V 21 Erw. 2d in
fine) Methode des bezifferten Schätzungsvergleichs oder des Prozentvergleichs
bestimmt werden kann (BGE 104 V 137 Erw. 2c).

3.
Es ist nicht zu beanstanden, dass die Vorinstanz das Valideneinkommen anhand
der durchschnittlichen steuerbaren Einkommen der Jahre vor dem
Unfallgeschehen ermittelt hat (vgl. ZAK 1990 S. 518). Dabei ist zusätzlich
eine Anpassung an die Teuerung und an die reale Einkommensentwicklung
vorzunehmen. Dass die Vorinstanz dies vorliegend nicht getan hat ist
unerheblich, da das Valideneinkommen des Versicherten bei Weitem unter dem
Invalideneinkommen liegt. Dass die Vorinstanz zusätzlich lohnstatistische
Angaben beigezogen hat, war auf Grund des Ergebnisses anhand der
Steuerunterlagen zwar nicht notwendig. Es erlaubte ihr jedoch die Überprüfung
des Ergebnisses im Sinne einer Plausibilitätskontrolle und damit eine
vertiefte Begründung ihres Entscheides. Die Kontrollrechnung hat das auf
Grund der konkreten Zahlen des steuerbaren Einkommens gewonnene Bild
bestätigt und indiziert klar dessen Richtigkeit.

4.
Entsprechend liegen für die Bestimmung des Invalideneinkommens auf Grund der
Erhebung das steuerbaren Einkommens über mehrere Jahre hinweg gefestigte
Zahlen vor und es kann darauf abgestellt werden. Wie sich herausgestellt hat,
verdient der Versicherte seit seinem Unfall durchschnittlich erheblich mehr
als vor diesem Ereignis. In den vorinstanzlichen Erwägungen sind die
möglichen Gründe hiefür aufgeführt und in diesem Licht ist auch hier das
Ergebnis plausibel.

5.
Der Vergleich des Invalideneinkommens mit dem Valideneinkommen ergibt in casu
ein derartig deutliches Bild, dass keine weiteren Beweiserhebungen zu
erfolgen haben. Insbesondere ist davon abzusehen, ein Gutachten über die
Einkommenssituation des Versicherten einzuholen, da der tatsächlich erzielte
Verdienst vorliegt, und keine Hinweise dafür bestehen, dass der Versicherte
seine verbliebene Arbeitsfähigkeit nicht in zumutbarer Weise ausschöpft, oder
dass ein Soziallohn erzielt wird (BGE 117 V 8). Vielmehr nutzt der
Beschwerdeführer seine erwerblichen Möglichkeiten offenbar optimal. Eine
rentenbegründende Invalidität liegt nicht vor.

Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht:

1.
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen.

2.
Es werden keine Gerichtskosten erhoben.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht des Kantons
Zürich, der Ausgleichskasse des Kantons Zürich und dem Bundesamt für
Sozialversicherung zugestellt.

Luzern, 30. Oktober 2003

Im Namen des Eidgenössischen Versicherungsgerichts

Der Präsident der II. Kammer:   Der Gerichtsschreiber: