Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Sozialrechtliche Abteilungen H 75/2003
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H 75/03

Urteil vom 30. April 2003
IV. Kammer

Präsidentin Leuzinger, Bundesrichter Rüedi und Ferrari; Gerichtsschreiber
Schmutz

B.________, 1939, Beschwerdeführer,

gegen

Ausgleichskasse Luzern, Würzenbachstrasse 8, 6006 Luzern, Beschwerdegegnerin

Verwaltungsgericht des Kantons Luzern, Luzern

(Entscheid vom 7. Februar 2003)

Sachverhalt:

A.
Der 1939 geborene B.________ war von 1968 bis 1980 in erster Ehe mit
X.________, von 1983 bis 1991 in zweiter Ehe mit Y._________ und ist seit
1991 in dritter Ehe mit Z._________ verheiratet. Mit Verfügung vom 13.
Februar 2002 sprach ihm die Ausgleichskasse Luzern ab 1. März 2002 eine auf
Grund des Vorbezugs von zwei Jahren dauernd gekürzte ordentliche Altersrente
von Fr. 1410.- pro Monat zu, die auf einem massgebenden durchschnittlichen
Jahreseinkommen von Fr. 42'024.- und der Vollrentenskala 44 beruht.

B.
Das Verwaltungsgericht des Kantons Luzern wies die hiegegen erhobene
Beschwerde, mit welcher B.________ die ungesplittete Anrechnung seiner
während der ersten beiden Ehen erzielten Erwerbseinkommen verlangt hatte, mit
Entscheid vom 7. Februar 2003 ab.

C.
Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde erneuert B.________ sein vorinstanzliches
Rechtsbegehren.

Die Ausgleichskasse beantragt Abweisung der Beschwerde und das Bundesamt für
Sozialversicherung verzichtet auf eine Vernehmlassung.

Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:

1.
Am 1. Januar 2003 ist das Bundesgesetz über den Allgemeinen Teil des
Sozialversicherungsrechts (ATSG) vom 6. Oktober 2000 in Kraft getreten. Mit
ihm sind zahlreiche Bestimmungen im Bereich der Alters-, Hinterlassenen- und
Invalidenversicherung geändert worden. Weil in zeitlicher Hinsicht
grundsätzlich diejenigen Rechtssätze massgebend sind, die bei der Erfüllung
des zu Rechtsfolgen führenden Tatbestandes Geltung haben (BGE 127 V 467 Erw.
1), und weil ferner das Sozialversicherungsgericht bei der Beurteilung eines
Falles grundsätzlich auf den bis zum Zeitpunkt des Erlasses der streitigen
Verfügung (hier: 13. Februar 2002) eingetretenen Sachverhalt abstellt (BGE
121 V 366 Erw. 1b), sind im vorliegenden Fall die die neuen Bestimmungen
nicht anwendbar.

2.
Vorliegend ist einzig streitig, ob dem Beschwerdeführer im Rahmen der
Altersrentenermittlung für die Kalenderjahre seiner ersten beiden Ehen zu
Recht bloss die Hälfte der von ihm erzielten Erwerbseinkommen angerechnet
wurde. Während Ausgleichskasse und Vorinstanz diese Frage bejahen, fordert
der Versicherte die Berücksichtigung der ungeteilten Einkommen.

3.
Gemäss lit. c Abs. 1 erster Satz der Schlussbestimmungen der 10. AHV-Revision
vom 7. Oktober 1994 gelten die neuen Bestimmungen für alle Renten, auf die
der Anspruch nach dem 31. Dezember 1996 entsteht. Laut dem am 1. Januar 1997
in Kraft getretenen Art. 29quinquies Abs. 3 AHVG werden Einkommen, welche die
Ehegatten während der Kalenderjahre der gemeinsamen Ehe erzielt haben,
geteilt und je zur Hälfte den beiden Ehegatten angerechnet; die
Einkommensteilung wird vorgenommen, wenn beide Ehegatten rentenberechtigt
sind (lit. a), wenn eine verwitwete Person Anspruch auf eine Altersrente hat
(lit. b) oder bei Auflösung der Ehe durch Scheidung (lit. c).

4.
Das Gesetz ist in erster Linie nach seinem Wortlaut auszulegen. Ist der Text
nicht ganz klar und sind verschiedene Auslegungen möglich, so muss nach
seiner wahren Tragweite gesucht werden unter Berücksichtigung aller
Auslegungselemente, namentlich des Zwecks, des Sinnes und der dem Text zu
Grunde liegenden Wertung. Wichtig ist ebenfalls der Sinn, der einer Norm im
Kontext zukommt. Vom klaren, d.h. eindeutigen und unmissverständlichen
Wortlaut darf nur ausnahmsweise abgewichen werden, u.a. dann nämlich, wenn
triftige Gründe dafür vorliegen, dass der Wortlaut nicht den wahren Sinn der
Bestimmung wiedergibt. Solche Gründe können sich aus der
Entstehungsgeschichte der Bestimmung, aus ihrem Grund und Zweck oder aus dem
Zusammenhang mit andern Vorschriften ergeben (BGE 125 II 196 Erw. 3a, 244Erw.
5a, 125 V 130 Erw. 5, 180 Erw. 2a, je mit Hinweisen).

5.
Der Wortlaut des hievor angeführten Art. 29quinquies Abs. 3 lit. c AHVG
erweist sich als ganz klar und er steht im Einklang mit Sinn und Zweck der
streitigen Vorschrift sowie deren systematische Einordnung und
Entstehungsgeschichte: Neben der Anrechnung von Erziehungs- und
Betreuungsgutschriften (neue Art. 29sexies und 29septies AHVG) stellt
insbesondere der Übergang vom Ehepaarrenten- zum zivilstandsunabhängigen
Individualrentenkonzept (ersatzlose Aufhebung von altArt. 22 AHVG) einen
Schwerpunkt der 10. AHV-Revision dar. Den Kern dieses neuen
Rentenberechnungssystems markiert das Einkommenssplitting gemäss Art.
29quinquies Abs. 3-5 AHVG. Nach dessen Grundgedanken - wie er im ersten Satz
von Abs. 3 der genannten Bestimmung zum Ausdruck kommt - sollen die während
der Ehe erzielten beitragspflichtigen Einkommen hälftig geteilt und den
beiden Ehegatten gegenseitig im individuellen Konto gutgeschrieben werden.
Wie sich sodann aus den lit. a-c dieser Vorschrift ergibt, ist die
Einkommensteilung sowohl bei weiter bestehender als auch bei (durch Tod oder
Scheidung) aufgelöster Ehe vorzunehmen. Wie die Vorinstanz bereits im Detail
ausgeführt hat, ist in lit. c Abs. 4 SchlBst. 10. AHV-Revision geregelt, dass
bei der Berechnung der Altersrente von geschiedenen Personen die Einkommen
auch nach Art. 29quinquies Abs. 3 AHVG zu teilen sind, wenn die Ehe - wie
vorliegend - vor dem 1. Januar 1997 geschieden wurde.

6.
Die in der Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen die Rentenfestsetzung
erhobenen Einwände sind nicht stichhaltig und von der Vorinstanz bereits
ausführlich erörtert und zu Recht widerlegt worden. So ist hier bloss
ergänzend darauf hinzuweisen, dass dem Beschwerdeführer bei der
Einkommensteilung auch Einkommen seiner ersten beiden Ehefrauen angerechnet
wurden. Des Weitern konnten bei der Ermittlung des Durchschnittseinkommens
neu Erziehungsgutschriften berücksichtigt werden. Beides wurde erst mit der
vom Beschwerdeführer für seinen Fall als nicht anwendbar bezeichneten 10.
AHV-Revision eingeführt.

Da die zugesprochene Altersrente in masslicher Hinsicht im Übrigen nicht
beanstandet wird und keine Anhaltspunkte auf eine fehlerhafte
Berechnungsgrundlage hindeuten, ist der vorinstanzliche Entscheid rechtens.

Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht:

1.
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen.

2.
Es werden keine Gerichtskosten erhoben.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Luzern,
Sozialversicherungsrechtliche Abteilung, und dem Bundesamt für
Sozialversicherung zugestellt.
Luzern, 30. April 2003

Im Namen des Eidgenössischen Versicherungsgerichts

Die Präsidentin der IV. Kammer:  Der Gerichtsschreiber: