Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Sozialrechtliche Abteilungen H 67/2003
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H 67/03

Urteil vom 30. Dezember 2003
II. Kammer

Präsident Schön, Bundesrichter Ursprung und Frésard; Gerichtsschreiber
Fessler

H.________, 1930, Beschwerdeführer,

gegen

Ausgleichskasse des Basler Volkswirtschaftsbundes, Viaduktstrasse 42, 4051
Basel, Beschwerdegegnerin

Kantonsgericht Basel-Landschaft, Liestal

(Entscheid vom 23. Oktober 2002)

Sachverhalt:

A.
Mit Verfügung vom 21. August 1995 sprach die Ausgleichskasse des Basler
Volkswirtschaftsbundes H.________ ab 1. September 1995 eine Altersrente von
monatlich Fr. 1940.- sowie eine Zusatzrente von Fr. 582.- für seine Ehefrau
V.________ zu. Bemessungsgrundlage bildete unter anderem Rentenskala 44. Die
(Voll-) Rente betrug ab 1. Januar 2002 Fr. 2060.-. Im Hinblick auf die
Festsetzung der Altersrente von V.________ ab 1. Juni 2002 nahm die
Ausgleichskasse auf diesen Zeitpunkt eine Neuberechnung der Rente ihres
Ehemannes vor.
Mit Verfügung vom 31. Mai 2002 setzte die Ausgleichskasse die Altersrente von
H.________ ab 1. Juni 2002 neu auf Fr. 1775.- im Monat fest. Am selben Tag
sprach die Kasse seiner Ehefrau V.________ eine Altersrente von Fr. 1194.-
zu. In beiden Verfügungen wurde darauf hingewiesen, die Renten der beiden
Ehegatten seien auf Fr. 2949.- (Rentenskala 42) plafoniert worden.

B.
Die Beschwerde von H.________ gegen die ihn betreffende Verfügung wies das
Kantonsgericht Basel-Landschaft, Abteilung Sozialversicherungsrecht, mit
Entscheid vom 23. Oktober 2002 ab.

C.
H.________ führt Verwaltungsgerichtsbeschwerde mit den sinngemässen
Rechtsbegehren, es sei ihm eine höhere Altersrente in Anwendung der
Rentenskala 44 zuzusprechen.
Die Ausgleichskasse beantragt die Abweisung der
Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Das Bundesamt für Sozialversicherung und
V.________ als Mitinteressierte reichen keine Vernehmlassung ein.

Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:

1.
Die am 31. Mai 2002 neu festgesetzte Altersrente des Beschwerdeführers ist
plafoniert (vgl. Art. 35 Abs. 1 lit. a AHVG). Nach der Rechtsprechung hätte
somit die Verfügung auch der Ehefrau eröffnet oder die Ehegattin zu dem vom
Ehemann durch Beschwerde gegen den ihn betreffenden Verwaltungsakt
eingeleiteten Verfahren beigeladen werden müssen (BGE 127 V 120 Erw. 1c). Das
unterblieb indessen. Im Hinblick auf die dem Eidgenössischen
Versicherungsgericht hier zustehende volle Kognition (Art. 132 OG) kann mit
der letztinstanzlichen Beiladung der Ehefrau des Beschwerdeführers als
Mitinteressierte (sie hat in keinem Verfahrensstadium eigene Rechtsbegehren
erhoben; vgl. BGE 126 V 459 Erw. 2d) der Mangel jedoch als geheilt gelten (in
BGE 129 V 124 nicht publizierte Erw. 1).

2.
Am 1. Januar 2003 ist das Bundesgesetz vom 6. Oktober 2000 über den
Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts (ATSG) in Kraft getreten. Mit
ihm sind zahlreiche Bestimmungen im Bereich der Alters- und
Hinterlassenenversicherung geändert worden. Weil in zeitlicher Hinsicht
grundsätzlich diejenigen Rechtssätze massgebend sind, die bei der Erfüllung
des zu Rechtsfolgen führenden Tatbestandes Geltung haben (BGE 127 V 467 Erw.
1), und weil ferner das Sozialversicherungsgericht bei der Beurteilung eines
Falles in der Regel auf den bis zum Zeitpunkt des Erlasses der streitigen
Verfügung (hier: 31. Mai 2002) eingetretenen Sachverhalt abstellt (BGE 121 V
366 Erw. 1b), sind im vorliegenden Fall die bis zum 31. Dezember 2002
geltenden Bestimmungen anwendbar.

3.
Die Neufestsetzung der Altersrente ab 1. Juni 2002 als Folge des Eintritts
des zweiten Versicherungsfalles Alter bei der Ehefrau des Beschwerdeführers
ist unbestritten. Ebenfalls ist die rechnerische Bestimmung der Höhe der
Rente nach Massgabe der einschlägigen Gesetzes- und Verordnungsbestimmungen
nicht angefochten. Für die Einzelheiten wird auf die entsprechenden
Ausführungen im kantonalen Entscheid sowie in der vorinstanzlichen
Vernehmlassung der Ausgleichskasse verwiesen. Danach beläuft sich bei einem
Höchstbetrag der beiden Renten des Ehepaares von Fr. 2949.- die Altersrente
des Ehemannes auf Fr. 1755.- ab 1. Juni 2002. Das entspricht einer Teilrente
mit Rentenskala 42. Bis zu diesem Zeitpunkt bezog der Beschwerdeführer eine
Vollrente (Rentenskala 44) von zuletzt Fr. 2060.-.
Den Erwägungen des kantonalen Gerichts ist anzufügen, dass der hier zu
beurteilende Sachverhalt (laufende einfache Altersrente des
Beschwerdeführers, dessen Ehefrau im Mai 2002 das 63. Altersjahr vollendete)
unter lit. c Abs. 1 der Übergangsbestimmungen zur 10. AHV-Revision (ÜbBest.
AHV 10) fällt. Es handelt sich somit nicht um einen der in Abs. 5-9 dieser
Litera normierten Rentenüberführungsfälle. Lediglich auf diese Tatbestände
ist lit. c Abs. 10 erster Satz ÜbBest. AHV 10, wonach die neuen massgebenden
Einkommen nicht zu tieferen Leistungen führen dürfen, anwendbar (Urteile S.
vom 31. Mai 2001 [H 204/99] und O. vom 10. Juli 2000 [H 239/98]). Im Weitern
hat das Eidgenössische Versicherungsgericht Art. 53bis AHVV (Plafonierung bei
nicht vollständiger Beitragsdauer) als gesetzmässig bezeichnet (AHI 2001 S.
67).

4.
Der Beschwerdeführer machte im kantonalen Verfahren geltend, bei der
Einführung der 10. AHV-Revision habe das Bundesamt in einer
Informationsbroschüre (vom 31. Oktober 1997) betont, dass der Besitzstand der
bisherigen Rentner gewahrt bleibe und diese «in keinem Fall eine tiefere
Rente erhalten werden». Zur Erfüllung dieses Versprechens wäre aber die
weitere Anwendung der Rentenskala 44 zwingend. Diesen einzigen Einwand gegen
die auf Rentenskala 42 beruhende Altersrente ab 1. Juni 2002 hält er in
diesem Verfahren aufrecht.

5.
Das vom Bundesamt für Sozialversicherung herausgegebene Bulletin Nr. 4 der
Reihe «Informationen zu Einführung der 10. AHV-Revision» vom 31. Oktober 1997
hält in Ziff. 1.2.1 (Beitragsdauer) Folgendes fest: «Bei der Festsetzung nach
neuem Recht ist die bisherige Rentenskala garantiert. Sollte die integrale
Neuberechnung zu einer tieferen Rentenskala als bisher führen, so ist die
bisherige Rentenskala weiterzuführen (...). Bei der integralen Neuberechnung
von laufenden Vollrenten hingegen wird die Rentenskala 44 beibehalten. Die
Beitragsdauer ist in diesen Fällen nicht mehr neu zu ermitteln.»
Rz 3002 des am 1. März 2002 in Kraft getretenen Kreisschreibens über die
Berechnung von überführten und altrechtlichen Renten bei Mutationen und
Ablösungen (KS 3) verweist für besondere Fragen zur integralen Neuberechnung
von vor dem 1. Januar 1997 entstandenen einfachen Altersrenten nach Art. 31
AHVG auf das Informationsbulletin Nr. 4 vom 31. Oktober 1997.

6.
6.1 Es ist vorab festzustellen, dass in Ziff. 1.2.1 des fraglichen Bulletins
nicht gesagt wird, die Neuberechnung der laufenden einfachen Altersrente
dürfe und könne nicht zu einer tieferen Rente führen. Vielmehr wird nur, aber
immerhin garantiert, dass bei der integralen Neuberechnung von laufenden
Vollrenten die Rentenskala 44 beibehalten wird. Vorliegend wurde indessen
sowohl bei der Bestimmung des Prozentsatzes für den Höchstbetrag der beiden
Renten des Ehepaares (Art. 53bis AHVV) als auch bei der Ermittlung der
Anteile der Ehegatten an der plafonierten Rente (Art. 35 Abs. 3 erster Satz
AHVG) die bisherige Rentenskala 44 des Beschwerdeführers voll in Anschlag
gebracht.

6.2
6.2.1Wird Ziff. 1.2.1 des bundesamtlichen Bulletins Nr. 4 vom 31. Oktober
1997 als integrierender Bestandteil des erwähnten Kreisschreibens (KS 3)
betrachtet, ist ihre Tragweite unter Berücksichtigung der übrigen
Bestimmungen der Broschüre sowie der Verwaltungsweisung zu ermitteln. Ziff.
1.2 des Bulletins hält fest, dass bei der integralen Neuberechnung einer
laufenden Rente die ab 1. Januar 1997 geltenden Bestimmungen des AHVG
anwendbar sind. Art. 31 AHVG bezieht sich dagegen auf die zur Anwendung
gelangenden Rententabellen, Aufwertungsfaktoren usw.. Rz 1003 KS 3
präzisiert, was unter integraler Neuberechnung zu verstehen ist. Danach ist
die altrechtliche Rente nach den gegenwärtig geltenden Bestimmungen des AHVG
und IVG, der entsprechenden Verordnungen und der jeweils gültigen
Rentenwegleitung (RWL) neu festzusetzen. Ziffer 1.2.1 des Bulletins Nr. 4 vom
31. Oktober 1997 kann somit im Weisungskontext bei der gebotenen nicht
isolierten Betrachtungsweise nicht dahingehend verstanden werden, die
Neuberechnung der Rente infolge Eintritts des zweiten Versicherungsfalles
beim Ehegatten könne nicht zu einer tieferen Rente führen.

6.2.2 Im Weitern können Informationsblätter der Verwaltung zwar  einen
Tatbestand im Sinne des öffentlich-rechtlichen Vertrauensschutzes bei
unrichtigen behördlichen Auskünften (vgl. dazu BGE 126 II 387 Erw. 3a, 121 V
66 Erw. 2a) begründen (BGE 109 V 55 Erw. 3a und b sowie SVR 1994 AHV Nr. 11
S. 25 f. Erw. 4b). Es ist indessen nach dem in Erw. 6.2.1 Gesagten fraglich,
ob mit Bezug auf Ziff. 1.2.1 des Bulletins Nr. 4 vom 31. Oktober 1997 von
einer derart bestimmten und klaren Auskunft gesprochen werden kann, dass der
Beschwerdeführer sich in guten Treuen auf deren Richtigkeit verlassen durfte.
Abgesehen davon macht er nicht geltend, im Vertrauen auf die Ausrichtung
einer höheren Altersrente als die neu festgesetzte nicht ohne Nachteil
rückgängig zu machende Dispositionen getroffen zu haben.

6.3 Der angefochtene Entscheid ist somit rechtens.

Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht:

1.
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen.

2.
Es werden keine Gerichtskosten erhoben.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Kantonsgericht Basel-Landschaft,
Abteilung Sozialversicherungsrecht, dem Bundesamt für Sozialversicherung und
V.________ zugestellt.
Luzern, 30. Dezember 2003

Im Namen des Eidgenössischen Versicherungsgerichts

Der Präsident der II. Kammer:   Der Gerichtsschreiber: