Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Sozialrechtliche Abteilungen H 32/2003
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H 32/03

Urteil vom 27. Mai 2003
II. Kammer

Präsident Schön, Bundesrichterin Widmer und Bundesrichter Ursprung;
Gerichtsschreiber Fessler

Ausgleichskasse des Basler Volkswirtschaftsbundes, Viaduktstrasse 42, 4051
Basel, Beschwerdeführerin,

gegen

R.________, 1947, Beschwerdegegner,

Obergericht des Kantons Schaffhausen, Schaffhausen

(Entscheid vom 13. Dezember 2002)

Sachverhalt:

A.
Die seit 29. Juni 1999 geschiedenen A.________ und R.________ ersuchten im
März 2001 die Ausgleichskasse des Basler Volkswirtschaftsbundes um
Durchführung der "Einkommensteilung im Scheidungsfall". Nach Abschluss des
Verfahrens stellte die Kasse R.________ eine "Kontenübersicht" über die
Eintragungen in seinem individuellen Konto (IK) zu. Auf Einspruch hin erliess
die Verwaltung am 9. Mai 2001 eine Verfügung, worin sie feststellte, dass die
IK-Eintragungen den gesetzlichen Bestimmungen entsprächen und mit den
vorgelegten Unterlagen übereinstimmten. Eine Korrektur sei nicht möglich.

B.
In teilweiser Gutheissung der von R.________ hiegegen eingereichten
Beschwerde hob das Obergericht des Kantons Schaffhausen mit Entscheid vom 13.
Dezember 2002 die Verfügung vom 9. Mai 2001 auf und wies die Sache an die
Ausgleichskasse zurück, damit sie das individuelle Konto im Sinne der
Erwägungen vervollständige, bereinige und alsdann neu verfüge.

C.
Die Ausgleichskasse führt Verwaltungsgerichtsbeschwerde mit dem
Rechtsbegehren, der kantonale Gerichtsentscheid sei aufzuheben.

R. ________ beantragt die Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Das
Bundesamt für Sozialversicherung verzichtet auf eine Vernehmlassung,
desgleichen die als Mitinteressierte zum Verfahren beigeladene A.________.

Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:

1.
Nach Gesetz (Art. 84 Abs. 1 AHVG, Art. 103 lit. a OG) und Rechtsprechung (BGE
127 V 119 Erw. 1a, 126 V 455) steht das Recht zur Beschwerde in eigenem Namen
auch dem Ehegatten des Adressaten einer auf Grund des AHVG erlassenen
Verfügung zu, wenn und soweit sich der Verwaltungsakt unmittelbar oder
allenfalls in einem späteren Zeitpunkt auf die Höhe seiner Altersrente
auswirkt oder auswirken kann.

Gleiches muss gelten, wenn nach Scheidung der Ehe bei der Durchführung des
"Splitting" (Teilung und gegenseitige je hälftige Anrechnung der während der
Kalenderjahre der gemeinsamen Ehe erzielten Einkommen [vgl. Art. 29quinquies
Abs. 3 lit. c und Abs. 4 AHVG]) vom geschiedenen Ehegatten eine
Kontenberichtigung verlangt wird (vgl. Art. 141 Abs. 2 AHVV in Verbindung mit
Art. 30ter Abs. 1 AHVG).

Vorliegend hätte somit die geschiedene Ehefrau des Beschwerdegegners zum
Verfahren beigeladen werden müssen, was indessen unterblieb. Im Hinblick auf
das Interesse an einer beförderlichen Behandlung der Rechtssache kann mit der
letztinstanzlichen Beiladung als Mitinteressierte (sie hat ausweislich der
Akten selber nicht Einspruch gegen den sie betreffenden Kontenauszug oder
gegen die eine Berichtigung ablehnende Verfügung Beschwerde erhoben [vgl. BGE
126 V 459 Erw. 2]) der Mangel jedoch als geheilt gelten.

2.
Streitig und zu prüfen ist die Richtigkeit der Eintragungen im individuellen
Konto des Beschwerdegegners gemäss der ihm im April 2001 zugestellten
"Kontenübersicht" nach der Teilung und gegenseitigen je hälftigen Anrechnung
der Einkommen, welche er und seine geschiedene Ehegattin während der
Kalenderjahre der gemeinsamen Ehe erzielt haben (vgl. Art. 29quinquies Abs. 3
lit. c und 4 AHVG).

Entgegen der Auffassung des kantonalen Gerichts ist das der Verfügung vom 9.
Mai 2001 beigelegte Berechnungsblatt nicht Bestandteil des Streitgegenstandes
(vgl. dazu BGE 125 V 413). Die betreffende Beilage enthält in tabellarischer
Form die Einkommen gemäss IK und die darauf geschuldeten
Arbeitnehmerbeiträge, die Bruttoeinkommen und die davon abgezogenen Beiträge
entsprechend den vom Beschwerdegegner im Einspruchsverfahren eingereichten
Lohnausweisen für die Beitragsjahre 1969-1997 ohne 1973 und 1974 sowie 1995
und 1996. Es handelt sich hiebei insbesondere nicht um einen Kontenauszug im
Sinne von Art. 141 AHVV. Dem fraglichen Dokument kommt keine weitergehende
Bedeutung zu als die eines Begründungselementes. Soweit der angefochtene
Entscheid die Ausgleichskasse verpflichtet, das Berechnungsblatt durch
Auflistung aller eingetragenen Einkommen und abgerechneten Beiträge zu
vervollständigen (vgl. Dispositiv-Ziffer 1 in Verbindung mit Erw. 3d), kommt
dieser Anordnung keine Rechtswirkung zu.

3.
Im angefochtenen Entscheid werden die materiellen und beweisrechtlichen
Grundsätze für eine Berichtigung von Eintragungen im individuellen Konto vor
Eintritt des Versicherungsfalles zutreffend dargelegt. Darauf wird verwiesen.
Zu ergänzen ist, dass das am 1. Januar 2003 in Kraft getretene Bundesgesetz
vom 6. Oktober 2000 über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts
(ATSG) im vorliegenden Fall nicht anwendbar ist. Nach dem massgebenden
Zeitpunkt der Verfügung vom 9. Mai 2001 eingetretene Rechts- und
Sachverhaltsänderungen haben unberücksichtigt zu bleiben (BGE 127 V 467 Erw.
1, 121 V 366 Erw. 1b).

4.
4.1 Gemäss Vorinstanz sind die IK-Eintragungen für 1988, 1989 und 1991 -
gemäss Berechnungsblatt (vgl. Erw. 2 zweiter Abschnitt) - zum Teil unrichtig
und daher zu bereinigen. Die Akten lassen indessen diesen Schluss nicht zu.

4.1.1 Die im IK für 1988 eingetragenen Fr. 12'597.- ("Einkommensteil von
früherem Ehegatten") entsprechen abgerundet der Hälfte des Bruttolohnes (Fr.
25'685.-) abzüglich der Wegvergütungen (Fr. 490.-) der geschiedenen Ehefrau
gemäss Lohnausweis für die Steuererklärung vom 23. Januar 1990 der Firma
S.________ AG.

4.1.2 Sodann ergibt der 1989 bei der U.________ AG und der Firma F.________
erzielte Bruttolohn von Fr. 90'396.- (Fr. 37'030.- + Fr. 53'366.-) abzüglich
Kinderzulagen und Wegvergütungen (Fr. 3616.- [Fr. 1216.- + Fr. 2400.-]) die
im IK eingetragenen Fr. 35'814.- und Fr. 50'966.-.
4.1.3 Schliesslich entsprechen die für 1991 im IK eingetragenen Fr. 27'950.-
("Einkommensteil von früherem Ehegatten") der Hälfte des Bruttolohnes (Fr.
57'136.-) abzüglich Kinderzulagen und Wegvergütungen (Fr. 1236.-), den die
geschiedene Ehefrau gemäss Lohnausweis vom 20. Januar 1992 in jenem Jahr bei
der Firma S.________ AG erzielt hatte.

4.2 Auf Grund der Akten sowie der Vorbringen in den Rechtsschriften besteht
kein genügender Anlass, an der Richtigkeit der übrigen Eintragungen im
individuellen Konto zu zweifeln. Der Beweis, dass tatsächlich mehr
Arbeitnehmerbeiträge abgezogen als gemäss den Lohnausweisen abgeliefert
worden waren, ist nicht erbracht. Dies gilt namentlich für diejenigen
Beitragsjahre, für welche der geschuldete Beitrag gemäss IK-Eintrag kleiner
ist als der gemäss Lohnausweis abgezogene. Wo es sich umgekehrt verhält, ist
die Differenz sehr gering (maximal 65 Rappen).

4.3 Die Verfügung vom 9. Mai 2001 ist somit rechtens.

5.
Das Verfahren ist kostenpflichtig (Art. 134 OG e contrario).

Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht:

1.
In Gutheissung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird der Entscheid des
Obergerichts des Kantons Schaffhausen vom 13. Dezember 2002 aufgehoben.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 500.- werden dem Beschwerdegegner auferlegt.

3.
Der geleistete Kostenvorschuss von Fr. 500.- wird der Ausgleichskasse des
Basler Volkswirtschaftsbundes rückerstattet.

4.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Obergericht des Kantons Schaffhausen,
dem Bundesamt für Sozialversicherung und A.________ zugestellt.
Luzern, 27. Mai 2003

Im Namen des Eidgenössischen Versicherungsgerichts

Der Präsident der II. Kammer:   Der Gerichtsschreiber: