Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Sozialrechtliche Abteilungen H 312/2003
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H 312/03

Urteil vom 25. Februar 2004
III. Kammer

Präsidentin Leuzinger, Bundesrichter Rüedi und Lustenberger;
Gerichtsschreiber Fessler

Z.________ AG, Beschwerdeführerin,

gegen

Ausgleichskasse des Kantons Appenzell A.Rh., Kasernenstrasse 4, 9100 Herisau,
Beschwerdegegnerin

Verwaltungsgericht von Appenzell Ausserrhoden, Trogen

(Entscheid vom 27. August 2003)

Sachverhalt:

A.
Am 30. Oktober 2002 führte die Ausgleichskasse Appenzell A.Rh. bei der Firma
Z.________ AG eine Arbeitgeberkontrolle durch. Dabei stellte der Revisor
fest, dass auf zwei Zahlungen von insgesamt Fr. 65 000.- an A.________ im
Juli und August 1997 keine bundesrechtlichen Sozialversicherungsbeiträge
verabgabt worden waren. Mit Verfügung vom 24. Dezember 2002 verpflichtete die
Ausgleichskasse die Firma zur Nachzahlung von Fr. 8052.05 (einschliesslich
Verwaltungskostenbeitrag sowie Verzugszinsen).

B.
Die Beschwerde der Z.________ AG wies das Verwaltungsgericht von Appenzell
Ausserrhoden nach zweifachem Schriftenwechsel mit Entscheid vom 27. August
2003 ab.

C.
Die Z.________ AG führt Verwaltungsgerichtsbeschwerde mit dem Rechtsbegehren,
Gerichtsentscheid und Nachzahlungsverfügung seien aufzuheben.

Die Ausgleichskasse beantragt sinngemäss die Abweisung der
Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Das Bundesamt für Sozialversicherung reicht
keine Vernehmlassung ein.

Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:

1.
Das am 1. Januar 2003 in Kraft getretene Bundesgesetz vom 6. Oktober 2000
über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts (ATSG) ist nicht
anwendbar, wie auch das kantonale Gericht richtig erkannt hat (BGE 129 V 4
Erw. 1.2).

2.
2.1 Erlässt eine Ausgleichskasse eine Verfügung über paritätische Beiträge,
stellt sie eine Beitragsschuld sowohl des Arbeitgebers wie des Arbeitnehmers
fest (Art. 4 und 5 sowie Art. 12 und 13 AHVG). Arbeitgeber und Arbeitnehmer
sind in gleicher Weise betroffen, weshalb die Verfügung im Hinblick auf die
Wahrung des rechtlichen Gehörs grundsätzlich beiden zu eröffnen ist. Diese
Regel gilt nicht nur, wenn das Beitragsstatut oder die Natur einzelner
Zahlungen streitig ist. In derselben Weise ist allgemein vorzugehen, wenn es
um die nachträgliche Erfassung von Entgelten als massgebender Lohn im Sinne
von Art. 5 Abs. 2 AHVG geht (BGE 113 V 1; vgl. BGE 127 V 120 Erw. 1c).

2.2 Auf Grund der Akten wurde die Nachzahlungsverfügung vom 24. Dezember 2002
A.________ dem Empfänger der zu verabgabenden Zahlungen, nicht eröffnet.
Ebenfalls wurde A.________ nicht zum erstinstanzlichen Beschwerdeverfahren
beigeladen. Das stellt eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör im
Sinne von Art. 29 Abs. 1 BV dar. Dieser von Amtes wegen zu berücksichtigende
Mangel ist im letztinstanzlichen Verfahren nicht heilbar. In
Beitragsstreitigkeiten kommt dem Eidgenössischen Versicherungsgericht
lediglich eine eingeschränkte Überprüfungsbefugnis zu (Art. 132 OG in
Verbindung mit Art. 104 lit. a und b sowie Art. 105 Abs. 2 OG; BGE 127 V 438
Erw. 3d/bb in fine e contrario).

3. Der die Nachzahlungsverfügung vom 24. Dezember 2002 bestätigende
vorinstanzliche Entscheid widerspricht auch materiell Bundesrecht.

3.1 Das kantonale Gericht hat erwogen, in der Vereinbarung vom 4. Juli 1997
zwischen A.________ und der Firma werde neben der Zahlung von Fr. 70 000.-
ebenfalls ein Konkurrenzverbot von fünf Jahren vereinbart. Von dem
angeblichen Verkauf von Vertragsrechten oder Mobiliar sei mit keinem Wort die
Rede. Zudem sei die Verbuchung des Betrages (von Fr. 65 000.-) unter den
Löhnen aktenkundig. Erst in der Ergänzung zur Beschwerde und in der Replik
werde geltend gemacht, dass es sich hiebei um den Verkauf von Verlagsrechten
sowie Mobiliar gehandelt habe. Diese nachträglichen Aussagen stünden im
Widerspruch zu den Akten. Daran änderte die beantragte Einvernahme von
A.________ als Zeuge nichts, weshalb darauf verzichtet werden könne.

3.2 Es trifft zu, dass sich A.________ in der Vereinbarung vom 4. Juli 1997
verpflichtete, nicht «irgendwie» in Konkurrenz zur Firma zu treten. Daraus
und auch aus den übrigen schriftlich festgehaltenen Abmachungen ergibt sich
indessen keineswegs zwingend, dass die beiden Zahlungen von je Fr. 35 000.-
die Einhaltung dieses Verbotes abgelten sollten. Im Bericht über die
Arbeitgeberkontrolle vom 30. Oktober 2002 wird denn auch ausdrücklich und
lediglich festgehalten, dass die Entschädigungen «u.a. auch» für die
Einhaltung eines Konkurrenzverbotes ausbezahlt worden seien.
Im Weitern werden zwar die fraglichen Zahlungen als Fixspesen im
«Kumulativjournal Mitarbeiter» (Löhne) von A.________ aufgeführt. Das stellt
zweifellos ein gewichtiges Indiz dafür dar, dass es sich hiebei um
massgebenden Lohn im Sinne von Art. 5 Abs. 2 AHVG handelt. Zu beachten ist
indessen, dass A.________ zusammen mit zwei weiteren Personen bis mindestens
Anfang Juni 1997 Teilhaber der Kommanditgesellschaft Z.________ & Co. war. In
dieser Eigenschaft galt er beitragsrechtlich als Selbstständigerwerbender
(AHI 1998 S. 102 Erw. 4b sowie BGE 121 V 81 f. Erw. 2a). Mit Statutendatum
vom 9. Juni 1997 wurde die Z.________ AG gegründet. Einsitz im Verwaltungsrat
nahmen u.a. zwei der drei Teilhaber der Z.________ & Co.. A.________ gehörte
nicht dazu. Gemäss vorinstanzlicher Beschwerde standen die fraglichen
Zahlungen in unmittelbarem Zusammenhang mit der Neugründung der Z.________ AG
und der Auflösung der Z.________ & Co. Danach war A.________ bis zur Gründung
der Kommanditgesellschaft Alleinbesitzer der Verlagsrechte u.a. an der
N.________ sowie der O.________ Zeitung. Mit den Fr. 70 000.- verkaufte er
diese Rechte an die neu gegründete Aktiengesellschaft. Mit dieser Zahlung
sollten laut Vereinbarung vom 4. Juli 1997 offenbar denn auch ausdrücklich
«per Saldo» alle Ansprüche aus den Verträgen zwischen A.________ und dem
Verlagshaus Z.________ AG resp. der Z.________ & Co. resp. der Z.________ AG
abgegolten werden.

Schliesslich ist auf das Schreiben des Verlagshauses Z.________ AG vom 2.
Dezember 2002 an die Revisionsgesellschaft der Ausgleichskasse hinzuweisen.
Darin werden die im Juli und August 1997 an A.________ bezahlten Fr. 65 000.-
als «Entschädigung für sein Ausscheiden (Kapitalgewinn)» bezeichnet.

3.3 Aufgrund des Vorstehenden können die Gegenstand der Nachzahlungsverfügung
vom 24. Dezember 2002 bildenden Zahlungen der Firma Z.________ AG an
A.________ nicht als massgebender Lohn qualifiziert werden. Ob es sich bei
den betreffenden Entgelten allenfalls um sonderbeitragspflichtigen
Kapitalgewinn im Sinne von alt Art. 23bis oder 23bis a AHVV handelt, ist in
diesem Verfahren nicht zu prüfen (vgl. auch BGE 124 V 153). Die
Verwaltungsgerichtsbeschwerde ist somit begründet.

4.
Das Verfahren ist kostenpflichtig (Art. 134 OG e contrario). Dem
Prozessausgang entsprechend sind die Gerichtskosten der Ausgleichskasse
aufzuerlegen (Art. 156 Abs. 1 OG in Verbindung mit Art. 135 OG).

Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht:

1.
In Gutheissung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde werden der Entscheid des
Verwaltungsgerichts von Appenzell Ausserrhoden vom 27. August 2003 und die
Verfügung der Ausgleichskasse Appenzell A.Rh vom 24. Dezember 2002
aufgehoben.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 1000.- werden der Ausgleichskasse Appenzell A.Rh.
auferlegt.

3.
Der geleistete Kostenvorschuss von Fr. 1000.- wird der Beschwerdeführerin
rückerstattet.

4.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht von Appenzell
Ausserrhoden, dem Bundesamt für Sozialversicherung und A.________ zugestellt.

Luzern, 25. Februar 2004
Im Namen des Eidgenössischen Versicherungsgerichts

Die Präsidentin der III. Kammer:  Der Gerichtsschreiber: