Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Sozialrechtliche Abteilungen H 277/2003
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H 277/03

Urteil vom 15. Juni 2004
II. Kammer

Präsident Borella, Bundesrichter Meyer und nebenamtlicher Richter
Staffelbach; Gerichtsschreiber Jancar

B.________, 1941, Gesuchsteller,

gegen

Ausgleichskasse Basel-Stadt, Wettsteinplatz 1, 4058 Basel, Gesuchsgegnerin

(Urteil vom 16. Juli 2003)

Sachverhalt:

A.
Am 9. Januar 2001 erliess die Ausgleichskasse Basel-Stadt Verfügungen über
die persönlichen Sozialversicherungsbeiträge von B.________ für die Jahre
1997, 1998, 1999 und 2000, wobei er als Nichterwerbstätiger eingeschätzt
wurde. Die dagegen erhobene Beschwerde wies die kantonale Rekurskommission
für die Ausgleichskassen und IV-Stellen Basel-Stadt (heute:
Sozialversicherungsgericht Basel-Stadt) mit Entscheid vom 13. September 2001
ab.

B.
Die hiegegen erhobene Verwaltungsgerichtsbeschwerde hiess das Eidgenössische
Versicherungsgericht mit Urteil vom 16. Juli 2003 teilweise gut und
anerkannte B.________ für die Jahre 1997 und 1998 als
Selbstständigerwerbenden. Für die Jahre 1999 und 2000 wies das Eidgenössische
Versicherungsgericht die Verwaltungsgerichtsbeschwerde ab.

C.
Mit Gesuch vom 30. September 2003 beantragt B.________ die Revision dieses
Urteils. Er macht im Wesentlichen geltend, dass Tatsachen falsch beurteilt
worden seien und dem Gericht beim Urteil nicht alle Fakten vorgelegen hätten.

Die Ausgleichskasse und das Bundesamt für Sozialversicherung verzichten auf
eine Vernehmlassung.

Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:

1.
Die Entscheidungen des Eidgenössischen Versicherungsgerichts werden mit der
Ausfällung rechtskräftig (Art. 38 in Verbindung mit Art. 135 OG). Sie
unterliegen der Revision aus den in Art. 136, 137 und 139a OG abschliessend
genannten Gründen (Art. 135 OG).

2.
2.1 Im Revisionsgesuch ist mit Angabe der Beweismittel der Revisionsgrund und
dessen rechtzeitige Geltendmachung darzulegen sowie anzugeben, welche
Abänderung des früheren Entscheides verlangt wird (Art. 140 OG). Auf das
Revisionsgesuch ist nicht einzutreten, wenn Antrag oder Begründung fehlen.
Allerdings genügt es, wenn der Antrag und der angerufene Revisionstatbestand
dem Revisionsgesuch insgesamt entnommen werden können (ZAK 1972 S. 585; siehe
auch BGE 101 V 127). An die Begründung sind strenge Anforderungen zu stellen.
Neben dem angerufenen Revisionsgrund muss dargetan werden, weshalb gerade
dieser gegeben sein soll (Elisabeth Escher, Revision und Erläuterung, in:
Geiser/Münch: Prozessieren vor Bundesgericht, 2. Aufl., Basel/Frankfurt a.M.,
1998, Rz. 8.28).

2.2 Im Revisionsgesuch wird nicht explizit ein bestimmter Revisionsgrund
angerufen; doch ergibt sich sinngemäss aus den Darlegungen im Gesuch die Rüge
der versehentlichen Nichtberücksichtigung einer in den Akten liegenden
erheblichen Tatsache (Art. 136 lit. d OG). Zudem beruft sich der
Gesuchsteller auf neue Beweismittel (Art. 137 lit. b OG). Die ebenfalls
kritisierte falsche Rechtsanwendung betrifft keinen Revisionsgrund, weshalb
das Gesuch insoweit von vornherein unzulässig ist (BGE 122 II 18 Erw. 3 mit
Hinweisen).

3.
Das beanstandete Urteil ist dem Gesuchsteller am 7. August 2003 zugestellt
worden. Das am 30. September 2003 der Post übergebene Revisionsgesuch wahrt
die Verwirkungsfrist von 90 Tagen für eine Revision nach Art. 137 OG, nicht
aber diejenige von 30 Tagen für eine Revision nach Art. 136 OG (Art. 141 Abs.
1 lit. a und b sowie Art. 32 OG). Soweit Rügen nach Art. 136 OG vorgebracht
werden, ist auf das Revisionsgesuch mangels fristgerechten Einreichens
ebenfalls nicht einzutreten. Darunter fallen die Argumente hinsichtlich der
angeblichen planmässigen Verwirklichung der Erwerbsabsicht, der angeblichen
unrichtigen Verlustangabe, des angeblichen provisorischen Charakters der
Steuerrechnungen, der Frage der fehlenden Geschäftsabschlüsse und der
Akquisition weiterer Autoren, der angeblichen Investitionen und der Würdigung
der Frage des Zeitpunktes der Erkennbarkeit der Erfolglosigkeit der
angestrebten wirtschaftlichen Tätigkeit. In dieser Hinsicht erschöpft sich
das Revisionsgesuch im Einwand, der im Hauptverfahren getroffene Entscheid
und die hiefür massgebend gewesenen Erwägungen seien unzutreffend. Abgesehen
davon, dass diese Rügen verspätet erhoben worden sind, kann Art. 136 lit. d
OG nicht angerufen werden zur Korrektur einer angeblich unrichtigen
rechtlichen Würdigung von (berücksichtigten oder bewusst nicht
berücksichtigten) Tatsachen oder einer angeblich unrichtigen Rechtsauffassung
(Erw. 2.2 in fine).
Weiter ist darauf hinzuweisen, dass sich die ursprünglichen Verfügungen vom
9. Januar 2001 lediglich auf die Jahre 1997 bis 2000 bezogen und somit Rügen
betreffend die Jahre 2001 und 2002 mangels Vorhandensein eines
Anfechtungsgegenstandes im Hauptverfahren nicht geprüft wurden.

4.
4.1 Da der Gesuchsteller die 90-tägige Verwirkungsfrist nach Art. 141 Abs. 1
lit. b OG und Art. 32 OG für den Tatbestand von Art. 137 lit. b OG gewahrt
hat, ist auf das Revisionsgesuch soweit einzutreten, als der Beschwerdeführer
sich auf neue Tatsachen oder Beweismittel beruft.

4.2 Nach Art. 137 lit. b in Verbindung mit Art. 135 OG ist die Revision eines
Urteils des Eidgenössischen Versicherungsgerichts u.a. zulässig, wenn der
Gesuchsteller nachträglich neue erhebliche Tatsachen erfährt oder
entscheidende Beweismittel auffindet, die er im früheren Verfahren nicht
beibringen konnte.

Als "neu" gelten Tatsachen, welche sich bis zum Zeitpunkt, da im
Hauptverfahren noch tatsächliche Vorbringen prozessual zulässig waren,
verwirklicht haben, jedoch der um Revision ersuchenden Person trotz
hinreichender Sorgfalt nicht bekannt waren. Die neuen Tatsachen müssen ferner
erheblich sein, d.h. sie müssen geeignet sein, die tatbeständliche Grundlage
des angefochtenen Urteils zu verändern und bei zutreffender rechtlicher
Würdigung zu einer andern Entscheidung zu führen. Beweismittel haben entweder
dem Beweis der die Revision begründenden neuen erheblichen Tatsachen oder dem
Beweis von Tatsachen zu dienen, die zwar im früheren Verfahren bekannt
gewesen, aber zum Nachteil der gesuchstellenden Person unbewiesen geblieben
sind. Sollen bereits vorgebrachte Tatsachen mit den neuen Mitteln bewiesen
werden, so hat die Person auch darzutun, dass sie die Beweismittel im
früheren Verfahren nicht beibringen konnte. Entscheidend ist ein
Beweismittel, wenn angenommen werden muss, es hätte zu einem andern Urteil
geführt, falls das Gericht im Hauptverfahren hievon Kenntnis gehabt hätte.
Ausschlaggebend ist, dass das Beweismittel nicht bloss der
Sachverhaltswürdigung, sondern der Sachverhaltsermittlung dient. Es genügt
daher beispielsweise nicht, dass ein neues Gutachten den Sachverhalt anders
bewertet; vielmehr bedarf es neuer Elemente tatsächlicher Natur, welche die
Entscheidungsgrundlagen als objektiv mangelhaft erscheinen lassen. Für die
Revision eines Entscheides genügt es nicht, dass die Gutachterin oder der
Gutachter aus den im Zeitpunkt des Haupturteils bekannten Tatsachen
nachträglich andere Schlussfolgerungen zieht als das Gericht. Auch ist ein
Revisionsgrund nicht schon gegeben, wenn das Gericht bereits im
Hauptverfahren bekannte Tatsachen möglicherweise unrichtig gewürdigt hat.
Notwendig ist vielmehr, dass die unrichtige Würdigung erfolgte, weil für den
Entscheid wesentliche Tatsachen nicht bekannt waren oder unbewiesen blieben
(BGE 127 V 358 Erw. 5b, 110 V 141 Erw. 2, 293 Erw. 2a, 108 V 171 Erw. 1; vgl.
auch BGE 118 II 205).

4.3 Der Gesuchsteller bringt vor, er sollte nicht nur für die Jahre 1997 und
1998 als Selbstständigerwerbender qualifiziert werden, sondern auch für die
Jahre 1999 und 2000. Auch in diesen Jahren wiesen seine Betriebsrechnungen
zahlenmässig relevante Geschäftsvorgänge aus, was eines der Argumente für das
Gericht im Hauptverfahren gewesen sei, von einer selbständigen
Erwerbstätigkeit in den Jahren 1997 und 1998 auszugehen. Diese
Betriebsrechnungen seien dem Gericht anlässlich des Hauptverfahrens nicht
bekannt gewesen. Er habe nicht gewusst, dass diese für das Verfahren von
Wichtigkeit sein könnten. Er reiche sie deshalb nun im Revisionsverfahren
ein.

Abgesehen davon, dass diese Beweismittel, die dem Gesuchsteller schon
anlässlich des Hauptverfahrens zur Verfügung standen, zu spät eingereicht
wurden (BGE 121 II 99 Erw. 1c, 120 V 485 Erw. 1b, je mit Hinweisen), verkennt
er, dass das Kriterium der zahlenmässig relevanten Geschäftsvorgänge nur
wesentlich für die Annahme der Begründung einer Selbständigkeit war. Nachdem
dem Gesuchsteller spätestens ab dem Jahr 1999 klar gewesen sein musste, dass
er keine erfolgreiche, auf Gewinn ausgerichtete wirtschaftliche Tätigkeit
sondern diese als Hobby oder Liebhaberei weiter verfolgte, ist es im Sinne
der obigen Erwägungen nicht erheblich, ob hinsichtlich seiner Liebhaberei ab
1999 zahlenmässig relevante Geschäftsvorgänge bewiesen werden können. Mit den
weiteren neu eingereichten Beweismitteln verhält es sich nicht anders.

5.
Das Verfahren ist kostenpflichtig, da es nicht um die Bewilligung oder
Verweigerung von Versicherungsleistungen geht (Art. 134 OG e contrario). Die
Gerichtskosten sind daher entsprechend dem Ausgang des Revisionsverfahrens
dem Gesuchsteller aufzuerlegen (Art. 156 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 135
OG).

Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht:

1.
Das Revisionsgesuch wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 1000.- werden dem Gesuchsteller auferlegt und mit
dem geleisteten Kostenvorschuss verrechnet.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht Basel-Stadt
und dem Bundesamt für Sozialversicherung zugestellt.

Luzern, 15. Juni 2004
Im Namen des Eidgenössischen Versicherungsgerichts

Der Präsident der II. Kammer:   Der Gerichtsschreiber: