Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Sozialrechtliche Abteilungen H 234/2003
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H 234/03

Urteil vom 24. Oktober 2003
III. Kammer

Präsident Borella, Bundesrichter Lustenberger und Kernen; Gerichtsschreiber
Schmutz

G.________, 1937, Beschwerdeführer,

gegen

Ausgleichskasse des Kantons Zürich, Röntgen-strasse 17, 8005 Zürich,
Beschwerdegegnerin

Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich, Winterthur

(Entscheid vom 13. August 2003)

Sachverhalt:

A.
Der 1937 geborene G.________ war von 1961 bis 1986 in erster Ehe mit
W.________ verheiratet. 1961, 1963 und 1964 wurden die drei Töchter
E.________, J.________ und Y.________ geboren. Von 1986 bis 1991 war
G.________ in zweiter Ehe mit D.________ verheiratet. Der gemeinsame Sohn
A.________ kam 1984 zur Welt und wurde 1993 von seinem Stiefvater S.________
adoptiert. Seit 1991 ist G.________ in dritter Ehe mit M.________
verheiratet. Mit Verfügung vom 12. Juli 2002 sprach die
Sozialversicherungsanstalt des Kantons Zürich (nachfolgend: SVA) G.________
ab 1. April 2002 eine ordentliche Altersrente von Fr. 1'928.-- zu. Diese
beruhte auf der Vollrentenskala 44 und einem massgebenden durchschnittlichen
Jahreseinkommen von Fr. 64'272.-- bei angerechneten 19 halben
Erziehungsgutschriften.

B.
Das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich hiess die hiegegen erhobene
Beschwerde mit Entscheid vom 13. August 2003 teilweise gut. Es sprach dem
Versicherten ab 1. April 2002 eine monatliche Rente von Fr. 1'961.-- bei
einem massgebenden durchschnittlichen Jahreseinkommen von 66'744.- zu und
rechnete ihm dabei 23 halbe Erziehungsgutschriften an.

C.
Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde erneuert G.________ sein vorinstanzliches
Rechtsbegehren, wonach ihm "eine Maximalrente zuzusprechen" sei. Er macht
geltend, er habe mit D.________ schon vor der Heirat 1986 im gemeinsamen
Haushalt gelebt und sei so schon seit der Geburt 1984 des Sohnes A.________
für diesen voll verantwortlich gewesen. Darum seien ihm für die betreffende
Zeit ebenfalls Erziehungsgutschriften anzurechnen. Zudem hätten die drei
Töchter aus erster Ehe studiert, weshalb ihm über deren 16. Altersjahr hinaus
bis zur Scheidung 1986 weitere Erziehungsgutschriften zuzusprechen seien.
Sodann sei die Rente per 1. Januar 2003 nicht korrekt an die Teuerung
angepasst worden.

Die SVA beantragt Abweisung der Beschwerde. Das Bundesamt für
Sozialversicherung (BSV) verzichtet auf eine Vernehmlassung.

Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:

1.
Am 1. Januar 2003 ist das Bundesgesetz über den Allgemeinen Teil des
Sozialversicherungsrechts (ATSG) vom 6. Oktober 2000 in Kraft getreten. Mit
ihm sind zahlreiche Bestimmungen im Bereich der Alters-, Hinterlassenen- und
Invalidenversicherung geändert worden. Weil in zeitlicher Hinsicht diejenigen
Rechtssätze massgebend sind, die bei der Erfüllung des zu Rechtsfolgen
führenden Tatbestandes Geltung haben (BGE 127 V 467 Erw. 1), und weil ferner
das Sozialversicherungsgericht bei der Beurteilung eines Falles auf den bis
zum Zeitpunkt des Erlasses der streitigen Verfügung (hier: 12. Juli 2002)
eingetretenen Sachverhalt abstellt (BGE 121 V 366 Erw. 1b), sind im
vorliegenden Fall die die neuen Bestimmungen nicht anwendbar.

2.
Die Vorinstanz hat die hier massgebenden gesetzlichen Bestimmungen über die
Berechnung der Altersrenten, namentlich diejenigen über die Teilung und
gegenseitige Anrechnung der während der Ehejahre erzielten Einkommen sowie
über die Erziehungsgutschriften (Art. 29quinquies Abs. 3 lit. a und Abs. 4,
Art. 29sexies AHVG; Art. 50b Abs. 2 und 3, Art. 52f Abs. 1 und 4 AHVV),
richtig wiedergegeben. Darauf wird verwiesen.

3.
Gemäss Art. 29sexies Abs. 1 AHVG wird Versicherten für diejenigen Jahre eine
Erziehungsgutschrift angerechnet, in welchen ihnen die elterliche Sorge für
eines oder mehrere Kinder zusteht, die das 16. Altersjahr noch nicht erreicht
haben. Dabei regelt der Bundesrat die Einzelheiten, insbesondere die
Anrechnung der Erziehungsgutschrift, wenn Eltern Kinder unter ihrer Obhut
haben, ohne dass ihnen die elterliche Sorge zusteht (lit. a) und wenn
geschiedenen oder unverheirateten Eltern gemeinsam die elterliche Sorge
zusteht (lit. d).

3.1 Nach der Rechtsprechung (Urteil Y.Z. vom 17. Januar 2001, H 346/00, Erw.
3b) genügt die Tatsache allein, dass das Kind sich in der persönlichen Obhut
befindet und faktisch auch die elterliche Gewalt (seit 1. Januar 2000: die
elterliche Sorge) ausgeübt wird, nicht für den Anspruch auf
Erziehungsgutschriften. Die gesetzliche Regelung stellt auf die
zivilrechtlichen Verhältnisse ab. Der Bundesrat hat gestützt auf Art.
29sexies Abs. 1 lit. a AHVG in Art. 52e AHVV bestimmt, dass ein Anspruch auf
Anrechnung von Erziehungsgutschriften auch für Jahre besteht, in denen die
Eltern Kinder unter ihrer Obhut hatten, ohne dass ihnen die elterliche Sorge
zustand. Nach BGE 125 V 245 Erw. 2a wird damit aber der Fall geregelt, dass
den leiblichen Eltern, Stief- oder Adoptiveltern die elterliche Gewalt
entzogen wurde (Art. 311 ff. ZGB). Nicht unter die Bestimmung fallen die
Pflegeeltern, weil ihnen von vorneherein keine elterliche Gewalt zukommt.

3.2 Nicht unter die erwähnte Regelung fällt aber auch der Beschwerdeführer,
dem bis zur Heirat mit der Mutter seines Sohnes die elterliche Sorge über
diesen gar nie zustand. Bis zur Aufnahme von Art. 298a ZGB (per 1. Januar
2000) liess es das schweizerische Recht nicht zu, dass nicht miteinander
verheiratete Eltern die elterliche Sorge gemeinsam ausübten (BGE 114 II 412
Erw. 2; Schwenzer, Kommentar zum schweizerischen Privatrecht, Schweizerisches
Zivilgesetzbuch I, N 9 zu Art. 298 mit Hinweisen). Nach Art. 298 Abs. 1 ZGB
stand die elterliche Gewalt in solchen Fällen alleine der Mutter zu. Der
Entscheid der Vorinstanz, dem Beschwerdeführer für die Zeit ab der Geburt
seines Sohnes A.________ bis zur Heirat mit D.________ keine
Erziehungsgutschriften anzurechnen, weil ihm damals keine elterliche Sorge
zustand, ist damit nicht zu beanstanden.

4.
Der Beschwerdeführer hat des Weitern auch keinen Anspruch darauf, über das
16. Altersjahr seiner drei Töchter hinaus Erziehungsgutschriften angerechnet
zu erhalten, denn nach dem klaren Wortlaut von Art. 29sexies Abs. 1 AHVG wird
Versicherten nur für diejenigen Jahre eine Erziehungsgutschrift angerechnet,
in welchen ihnen die elterliche Sorge für Kinder zusteht, die das 16.
Altersjahr noch nicht erreicht haben. Das Bundesrecht sieht nicht vor, dass
für Kinder in Ausbildung auch über das 16. Altersjahr hinaus
Erziehungsgutschriften gewährt werden können. Der Sinn und Zweck der
Gutschriften liegt ja gerade darin, zu berücksichtigen, dass durch die
Betreuung und Erziehung von Kindern eine Erwerbstätigkeit unter Umständen nur
eingeschränkt oder gar nicht möglich ist, und so im Hinblick auf die
Rentenbildung ausfallende Beitragszahlungen durch die Gutschriften
auszugleichen sind. Nach Erreichen des 16. Altersjahrs besteht kein derart
intensiver Betreuungs- und Erziehungsbedarf mehr.

5.
Der Beschwerdeführer hat auch keinen stichhaltigen Grund dafür genannt, warum
in seinem Fall ein Anspruch auf eine Maximalrente gegeben sein sollte. Da in
den Beschwerdeakten nichts auf eine fehlerhafte Berechnungsgrundlage oder
eine unrichtige Berechnung der von der Vorinstanz zugesprochenen Rente
hindeutet, ist der Entscheid auch in diesem Punkt zu schützen.

6.
Der Vorwurf, dass die AHV-Rente 2003 nicht korrekt an die Teuerung angepasst
worden sei, ist unbegründet: Da das Rechtsmittelverfahren über die erstmalige
Rentenfestsetzung erst mit dem vorliegenden Urteil abgeschlossen wird, hat
die SVA dem Beschwerdeführer bisher immer die in der Verfügung vom 12. Juli
2002 festgesetzte Rente ausgerichtet. Der von der SVA zugesprochenen Rente
von Fr. 1'928.-- im Jahr 2002 entspricht 2003 die ausgerichtete Rente von Fr.
1'975.--. Auf Grund des teilweisen Obsiegens des Beschwerdeführers wird ihm
die SVA nun rückwirkend die von der Vorinstanz zugesprochene höhere Rente von
Fr. 1'961.-- (für das Jahr 2002) auszurichten haben. Sie wird die seit 1.
April 2002 aufgelaufene Differenz nachzahlen und dabei berücksichtigen, dass
per 1. Januar 2003 eine Anpassung an die Teuerung erfolgte.

Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht:

1.
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen.

2.
Es werden keine Gerichtskosten erhoben.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht des Kantons
Zürich und dem Bundesamt für Sozialversicherung zugestellt.

Luzern, 24. Oktober 2003

Im Namen des Eidgenössischen Versicherungsgerichts

Der Präsident der III. Kammer:  Der Gerichtsschreiber: