Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Sozialrechtliche Abteilungen H 195/2003
Zurück zum Index Sozialrechtliche Abteilungen 2003
Retour à l'indice Sozialrechtliche Abteilungen 2003


H 195/03

Urteil vom 5. Dezember 2003
II. Kammer

Präsident Schön, Bundesrichter Ursprung und Frésard; Gerichtsschreiber Hadorn

1. B.________,

2. G.________,
Beschwerdeführer,
beide vertreten durch Rechtsanwalt Markus Bischoff, Walchestrasse 17, 8006
Zürich,

gegen

Ausgleichskasse des Schweizerischen Baumeisterverbandes, Sumatrastrasse 15,
8006 Zürich, Beschwerdegegnerin,

Obergericht des Kantons Schaffhausen, Schaffhausen

(Entscheid vom 23. Mai 2003)

Sachverhalt:
Mit Verfügungen vom 16. Mai 2002 verpflichtete die Ausgleichskasse des
Schweizerischen Baumeisterverbandes G.________ und B.________,
Verwaltungsratsmitglieder der in Konkurs gefallenen Firma M.________ AG für
nicht mehr erhältliche Sozialversicherungsbeiträge zuzüglich Verzugszinsen,
Mahngebühren und Betreibungskosten Schadenersatz im Ausmass vom Fr. 42'040.15
bzw. Fr. 72'521.60 zu leisten, dies in solidarischer Haftbarkeit bis zum
kleineren der beiden Beträge.

Auf Einspruch der zwei Belangten klagte die Kasse auf Bezahlung der erwähnten
Summen. Mit Entscheid vom 23. Mai 2003 hiess das Obergericht des Kantons
Schaffhausen die Klagen im Umfang von Fr. 32'587.45 (G.________) bzw. Fr.
62'874.35 (B.________) gut, dies unter solidarischer Haftung beider bis zum
kleineren Betrag.

G. ________ und B.________ lassen Verwaltungsgerichtsbeschwerde führen und
beantragen, es seien der kantonale Entscheid aufzuheben und die Klagen der
Kasse abzuweisen.
Die Ausgleichskasse schliesst auf Abweisung der
Verwaltungsgerichtsbeschwerde, während das Bundesamt für Sozialversicherung
auf eine Vernehmlassung verzichtet.

Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:

1.
Da es sich bei der angefochtenen Verfügung nicht um die Bewilligung oder
Verweigerung von Versicherungsleistungen handelt, hat das Eidgenössische
Versicherungsgericht nur zu prüfen, ob das vorinstanzliche Gericht
Bundesrecht verletzt hat, einschliesslich Überschreitung oder Missbrauch des
Ermessens, oder ob der rechtserhebliche Sachverhalt offensichtlich unrichtig,
unvollständig oder unter Verletzung wesentlicher Verfahrensbestimmungen
festgestellt worden ist (Art. 132 in Verbindung mit Art. 104 lit. a und b
sowie Art. 105 Abs. 2 OG).

2.
Das kantonale Gericht hat unter Hinweis auf Gesetz (Art. 52 AHVG) und
Rechtsprechung (vgl. statt vieler BGE 123 V 15 Erw. 5a) die Voraussetzungen
zutreffend dargelegt, unter welchen Organe juristischer Personen den der
Ausgleichskasse wegen Missachtung der Vorschriften über die
Beitragsabrechnung und -zahlung (Art. 14 Abs. 1 AHVG; Art. 34 ff. AHVV)
qualifiziert schuldhaft verursachten Schaden zu ersetzen haben. Sodann trifft
zu, dass ATSG und ATSV auf den vorliegenden Fall nicht anwendbar sind. Darauf
wird verwiesen.

3.
Streitig und zu prüfen ist die Schadenersatzpflicht beider Beschwerdeführer.

3.1 Es fehlen Anhaltspunkte, dass die Vorinstanz den massgebenden Sachverhalt
bundesrechtswidrig festgestellt haben könnte, weshalb das Eidgenössische
Versicherungsgericht daran gebunden ist (Erw. 1 hievor). Hinsichtlich des
Verschuldens hat die Vorinstanz die Grobfahrlässigkeit bei den zwei
Beschwerdeführern zu Recht bejaht. In der Tat sind keine Exkulpationsgründe
ersichtlich. Dass die Beschwerdeführer, die seit 1994 Verwaltungsräte der
Firma waren, nach eigenen Angaben in der kantonalen Klageantwort erst spät
begannen, sich ernstlich mit der finanziellen Lage zu befassen, ist als
grobfahrlässige Passivität zu werten (ZAK 1989 S. 104). Als Verwaltungsräte
eines kleinen Betriebs mit übersichtlichen Strukturen hatten sie sich von
allem Anfang an zu vergewissern, dass die ausstehenden Beiträge bezahlt
wurden. Schon 1999 mussten beide eine Rangrücktrittserklärung unterschreiben,
um die Fortführung der Firma zu ermöglichen. Es lag also keine bloss
vorübergehender Engpass vor. Daran ändern auch die angeblich aussichtsreichen
Verhandlungen mit der K.________ AG nichts, zumal die entsprechenden Belege
lediglich Parteibehauptungen der Beschwerdeführer darstellen. Unter solchen
Umständen kann sich der Beschwerdeführer G.________ mit dem Austritt aus dem
Verwaltungsrat auf Ende April 2001 nicht für die bisher angelaufenen
Beitragsausstände exkulpieren. Die Zahlungssperre der Bank X.________
entlastet die Beschwerdeführer nicht, weisen sie doch keinerlei Bemühungen
nach, mit welchen sie zumindest versucht hätten, die Bank trotz allem zur
Zahlung der Sozialversicherungsbeiträge zu bewegen. Eine Entlastung in
derartigen Situationen kommt aber nur dann in Betracht, wenn die Organe
nachweisen, dass sie alles ihnen Mögliche und Zumutbare für die Begleichung
der Beiträge unternommen haben (Urteil M. vom 12. Februar 2003, H 169/02).
Solches ist vorliegend nicht dargetan. Ebenfalls nicht entschuldigen können
sich die Beschwerdeführer mit der angeblichen Gebundenheit an die Weisungen
der Sachwalterin. Einerseits fehlen jegliche Hinweise dafür, dass diese
Zahlungen an die Ausgleichskasse hätte unterbinden wollen, anderseits hätte
es an den Beschwerdeführern gelegen, sich gegebenenfalls für derartige
Überweisungen einzusetzen.

3.2 In Bezug auf das Ausmass des geschuldeten Schadenersatzes hat die
Vorinstanz mit einlässlicher Begründung dargelegt, weshalb die Kasse ihre
Forderung mit den im Klageverfahren eingereichten Akten hinreichend
substantiiert hat. Darauf wird verwiesen. Dass die Kopien einiger Kassenakten
nicht das Originaldatum tragen, sondern dasjenige des Tages, an welchem sie
ausgedruckt worden sind, hat die Kasse in nachvollziehbarer Weise mit den
Eigenheiten ihres Informatiksystems erklärt. Am Umfang des Schadenersatzes
ändern diese Daten nichts. Zudem reichten die Beschwerdeführer keinerlei
Unterlagen ein, in welchen sich Anhaltspunkte für allfällige Unrichtigkeiten
bei den von der Ausgleichskasse erstellten Berechnungen finden liessen.
Ebenso machen sie selbst nicht geltend, jemals eine Anpassung der
Monatspauschalen beantragt zu haben.

3.3 Die Beschwerdeführer verlangen sodann, dass Dispositiv-Ziffer 1 des
kantonalen Entscheides abzuändern sei. Dadurch werden die  beiden
verpflichtet, der Kasse Fr. 32'587.45 (G.________) und Fr. 62'874.35
(B.________) zu bezahlen, wobei beide für den Betrag von Fr. 32'587.45
solidarisch haften. Das bedeutet, dass die Kasse gegen beide Beschwerdeführer
auf Bezahlung des kleineren Beitrages vorgehen, diesen aber insgesamt nur
einmal einkassieren kann, während für die Differenz zum grösseren Betrag nur
B.________ einzustehen hat. Hingegen ist diese Dispositiv-Ziffer nicht in dem
Sinne zu verstehen, dass die beiden Beträge zu addieren wären und die Kasse
daher insgesamt über Fr. 95'000.- einziehen könnte.

Sodann ist klar, dass die Kasse auch ohne Änderung des Dispositivs allfällige
Konkursdividenden an die Schadenersatzforderung anrechnen wird. Von einer
Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör kann daher nicht gesprochen
werden.

4.
Da es nicht um die Bewilligung oder Verweigerung von Versicherungsleistungen
geht, ist das Verfahren kostenpflichtig (Art. 134 OG e contrario). Die
unterliegenden Beschwerdeführer haben die Gerichtskosten zu tragen (Art. 156
Abs. 1 OG).

Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht:

1.
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen.

2.
Die Gerichtskosten von total Fr. 4000.- werden den Beschwerdeführern
auferlegt und mit den geleisteten Kostenvorschüssen verrechnet. Der
Differenzbetrag von Fr. 3000.- wird den Beschwerdeführern anteilsmässig
(4/7:3/7) zurückerstattet.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Obergericht des Kantons Schaffhausen und
dem Bundesamt für Sozialversicherung zugestellt.

Luzern, 5. Dezember 2003
Im Namen des Eidgenössischen Versicherungsgerichts

Der Präsident der II. Kammer:   Der Gerichtsschreiber: