Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Sozialrechtliche Abteilungen H 192/2003
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H 192/03

Urteil vom 24. Juli 2003
III. Kammer

Präsident Borella, Bundesrichter Meyer und Lustenberger; Gerichtsschreiber
Hochuli

Schweizerische Ausgleichskasse, Avenue Edmond-Vaucher 18, 1203 Genf,
Gesuchstellerin,

gegen

R.________, 1939, Gesuchsgegnerin

(Urteil vom 13. Mai 2003)

Sachverhalt:
Mit Urteil vom 13. Mai 2003 hiess das Eidgenössische Versicherungsgericht in
Dispositiv Ziffer 1 die gegen einen Entscheid der Präsidentin der
Eidgenössischen Rekurskommission der AHV/IV für die im Ausland wohnenden
Personen vom 3. Dezember 2002 gerichtete Verwaltungsgerichtsbeschwerde der
verwitweten R.________ - soweit darauf einzutreten war - in dem Sinne
teilweise gut, dass:
"[...] Dispositiv-Ziffer 2 des Entscheides der Präsidentin der
Eidgenössischen Rekurskommission der AHV/IV für die im Ausland wohnenden
Personen vom 3. Dezember 2002 aufgehoben und die Sache zur masslichen
Bestimmung des Anspruchs auf Rentennachzahlung ab 1. Februar 1996 ohne
Verrechnung der Witwenabfindung und zu anschliessender Neuverfügung im Sinne
der Erwägungen an die Schweizerische Ausgleichskasse in Genf zurückgewiesen
[...]"
wurde.

Hiegegen lässt die Schweizerische Ausgleichskasse in Genf (nachfolgend: SAK)
mit Schreiben vom 19. Juni 2003 Revision im Sinne von Art. 136 lit. d OG
beantragen, indem sie darauf hinweist, in der Erwägung Ziffer 5.2 des
zitierten Urteils werde ausgeführt, die Nachzahlung der Witwenrente habe ab
1. März 1996 zu erfolgen, im Dispositiv desselben Urteils sei jedoch der
Zahlungsbeginn auf den 1. Februar 1996 festgelegt worden.

Zur Eingabe der SAK nimmt R.________ mit Schreiben vom 11. Juli 2003
dahingehend Stellung, ihr stehe ab August 1977 (und nicht erst ab 1. Februar
1996) ein Anspruch auf Rentennachzahlung zu.

Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:

1.
1.1 Die Entscheidungen des Eidgenössischen Versicherungsgerichts werden mit
der Ausfällung rechtskräftig (Art. 38 in Verbindung mit Art. 135 OG). Sie
unterliegen der Revision aus den in Art. 136, 137 und 139a OG abschliessend
genannten Gründen (Art. 135 OG).

Im Revisionsgesuch ist unter Nennung der Beweismittel der Revisionsgrund und
dessen rechtzeitige Geltendmachung darzulegen sowie anzugeben, welche
Abänderung des früheren Entscheids und welche Rückleistung verlangt wird
(Art. 140 OG). Auf das Revisionsgesuch ist nicht einzutreten, wenn Antrag
oder Begründung fehlen. Allerdings genügt es, wenn der Antrag und der
angerufene Revisionstatbestand dem Revisionsgesuch insgesamt entnommen werden
können (ZAK 1972 S. 585; siehe auch BGE 101 V 127). An die Begründung sind
strenge Anforderungen zu stellen. Neben dem angerufenen Revisionstatbestand
muss dargetan werden, weshalb gerade dieser Revisionstatbestand gegeben sein
soll (Elisabeth Escher, Revision und Erläuterung, in: Geiser, Thomas/Münch,
Peter: Prozessieren vor Bundesgericht, 2. Aufl., Basel / Frankfurt a.M. 1998,
Rz 8.28). Wird der Sachverhalt nicht dargelegt, auf welchem die Anrufung
eines bestimmten Revisionsgrundes beruht, ist auf das Revisionsgesuch nicht
einzutreten.

1.2 Die SAK begnügt sich in ihrer Eingabe vom 19. Juni 2003 mit dem Hinweis
auf einen Widerspruch zwischen Dispositiv Ziffer 2 und Erwägung Ziffer 5.2
des zitierten Urteils, ohne in der Sache einen Antrag zu stellen und/oder zu
begründen, weshalb der angerufene Revisionstatbestand gemäss Art. 136 lit. d
OG gegeben sein sollte. Soweit die SAK mit Schreiben vom 19. Juni 2003
geltend machen wollte, das Gericht habe in den Akten liegende erhebliche
Tatsachen aus Versehen nicht berücksichtigt (vgl. Art. 136 lit. d OG), ist
auf ein entsprechendes Revisionsgesuch mangels rechtsgenüglicher Anträge und
Begründung im vereinfachten Verfahren (Art. 143 OG) nicht einzutreten.

1.3 R.________ wiederholt mit Schreiben vom 11. Juli 2003 ihren bereits am
13. Mai 2003 durch das Eidgenössische Versicherungsgericht materiell
beurteilten Standpunkt, ohne Revisionsgründe im Sinne von Art. 136 OG
darzulegen, weshalb sich hierzu - unter ausdrücklichem Verweis auf Erwägung
Ziffer 4 des Urteils vom 13. Mai 2003 - Weiterungen erübrigen.

2.
Hingegen ist das Schreiben der SAK vom 19. Juni 2003 im Rahmen der
Rechtsanwendung von Amtes wegen als Erläuterungsgesuch entgegen zu nehmen.

3.
3.1 Ist der Rechtsspruch eines bundesgerichtlichen Entscheides unklar,
unvollständig oder zweideutig oder stehen seine Bestimmungen untereinander
oder mit den Entscheidungsgründen im Widerspruch oder enthält er Redaktions-
oder Rechnungsfehler, so nimmt das Bundesgericht auf schriftliches Gesuch
einer Partei die Erläuterung oder Berichtigung vor (Art. 145 Abs. 1 OG).
Diese Regelung gilt laut Art. 135 OG in gleicher Weise für die Erläuterung
oder Berichtigung von Entscheiden des Eidgenössischen Versicherungsgerichts.

Die Erläuterung dient (für das Folgende siehe BGE 110 V 222) dazu, Abhilfe zu
schaffen, wenn die Entscheidformel (Dispositiv) unklar, unvollständig,
zweideutig oder in sich widersprüchlich ist. Sie kann sich ferner auf
Gegensätze zwischen den Entscheidungsgründen und dem Dispositiv beziehen
(Gygi, Bundesverwaltungsrechtspflege, 2. Aufl., S. 228; Grisel, Traité de
droit administratif, Bd. II S. 945-946), nicht dagegen auf die
Entscheidungsgründe als solche (BGE 101 Ib 223 Erw. 3; Saladin, Das
Verwaltungsverfahrensrecht des Bundes, S. 216). Die Erwägungen unterliegen
der Erläuterung nur, wenn und insoweit der Sinn der Entscheidformel
(Dispositiv) erst durch Beizug der Entscheidungsgründe ermittelt werden kann
(BGE 104 V 53 Erw. 1 mit Hinweis; RSKV 1982 Nr. 479 S. 59 Erw. 1a).

Die Berichtigung ist dazu bestimmt, Redaktions- und Rechnungsfehler sowie
Kanzleiversehen zu beheben (BGE 110 V 222; vgl. auch Poudret, Commentaire de
la loi fédérale d'organisation judiciaire, Bd. V, S. 76 ff.).
3.2 Im Urteil vom 13. Mai 2003 hat das Eidgenössische Versicherungsgericht
entschieden, dass R.________ 1978 zu Unrecht eine Witwenabfindung
ausgerichtet worden war und ihr statt dessen von Anfang an ein Anspruch auf
eine Witwenrente zustand. Gestützt auf Art. 46 Abs. 1 AHVG bejahte das
Gericht praxisgemäss (BGE 121 V 202 Erw. 5d) bis zur Grenze der absoluten
Verwirkung für die Dauer von fünf Jahren rückwärts gerechnet ab dem Zeitpunkt
der Neuanmeldung einen Anspruch auf Nachzahlung der nicht bezogenen
Witwenrente. Nachdem das Anmeldeformular vom 7./8. Februar 2001 durch die
Landesversicherungsanstalt Baden-Württemberg am 12. März 2001 bei der SAK
eingereicht wurde und die Rente für die dem Monat der Anmeldung vorangehenden
fünf Jahre nachbezahlt wird (vgl. Rz 10114 der vom Bundesamt für
Sozialversicherung [BSV] herausgegebenen Wegleitung über die Renten [RWL]),
steht R.________ gemäss Dispositiv Ziffer 1 des Urteils vom 13. Mai 2003 ab
1. Februar 1996 der Anspruch auf Rentennachzahlung zu. Bei dem in Erwägung
Ziffer 5.2 des genannten Urteils erwähnten 1. März 1996 (anstatt
richtigerweise 1. Februar 1996) handelt es sich um einen Redaktionsfehler in
der Benennung des Zeitpunktes des Nachzahlungsbeginns. Die Erwägung Ziffer
5.2 des Urteils vom 13. Mai 2003 ist in diesem Sinne zu berichtigen.
Massgeblich bleibt Dispositiv Ziffer 1 des Urteils vom 13. Mai 2003 (Beginn
der Rentennachzahlung ab 1. Februar 1996). Ein Rechtsnachteil ist für die
Gesuchsgegnerin damit nicht verbunden.

Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht:

1.
Auf das Revisionsgesuch wird nicht eingetreten.

2.
In Gutheissung des Erläuterungsgesuchs wird das Urteil vom 13. Mai 2003 im
Sinne der Erwägungen erläutert.

3.
Es werden keine Gerichtskosten erhoben.

4.
Dieses Urteil wird den Parteien, der Eidgenössischen Rekurskommission der
AHV/IV für die im Ausland wohnenden Personen und dem Bundesamt für
Sozialversicherung zugestellt.

Luzern, 24. Juli 2003

Im Namen des Eidgenössischen Versicherungsgerichts

Der Präsident der III. Kammer:   Der Gerichtsschreiber:

i.V.