Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Sozialrechtliche Abteilungen H 181/2003
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H 181/03

Urteil vom 23. Januar 2004
III. Kammer

Präsidentin Leuzinger, Bundesrichter Rüedi und Lustenberger;
Gerichtsschreiberin Schüpfer

Ausgleichskasse Obwalden, Brünigstrasse 144, 6060 Sarnen, Beschwerdeführerin,

gegen

Verein X.________, Beschwerdegegner

Verwaltungsgericht des Kantons Obwalden, Sarnen

(Entscheid vom 6. Mai 2003)

Sachverhalt:

A.
Die Revisionsstelle der Ausgleichskassen führte am 13. Juni und am 28.
September 2001 beim Verein X.________ mit Sitz in Y.________ eine
Arbeitgeberkontrolle durch. Sie stellte dabei fest, dass in den Jahren 1997
und 1998 Zahlungen für C.________ (Fr. 4142.- bzw. Fr. 2881.-) und in den
folgenden Jahren solche für C.________ und K.________ (Fr. 15'456.- für 1999
und Fr. 9952.- für 2000) nicht abgerechnet worden sind. Im Weiteren seien
diese Personen auch nicht als Selbstständigerwerbende bei der Ausgleichskasse
Obwalden angeschlossen. Mit Verfügungen vom 14. Dezember 2001 verpflichtete
die Kasse den Verein X.________ zur Nachzahlung ausstehender
Sozialversicherungsbeiträge in der Höhe von insgesamt Fr. 5222.60
(einschliesslich Verwaltungskosten und Verzugszinsen). C.________ und
K.________ wurden mit Verfügungen vom 25. Februar 2002 über die
Nachzahlungsverfügungen orientiert.

B.
Die vom Verein X.________hiegegen mit dem sinngemässen Antrag auf Aufhebung
der Nachzahlungsverfügungen erhobene Beschwerde hiess das Verwaltungsgericht
des Kantons Obwalden gut (Entscheid vom 6. Mai 2003).

C.
Die Ausgleichskasse Obwalden führt Verwaltungsgerichtsbeschwerde mit dem
Rechtsbegehren, der angefochtene Entscheid sei aufzuheben.
Der Verein X.________ schliesst sinngemäss auf Abweisung der
Verwaltungsgerichtsbeschwerde, während das Bundesamt für Sozialversicherung
auf eine Vernehmlassung verzichtet.

Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:

1.
1.1 Da keine Versicherungsleistungen streitig sind, hat das Eidgenössische
Versicherungsgericht nur zu prüfen, ob der vorinstanzliche Entscheid
Bundesrecht verletzt, einschliesslich Überschreitung oder Missbrauch des
Ermessens, oder ob der rechtserhebliche Sachverhalt offensichtlich unrichtig,
unvollständig oder unter Verletzung wesentlicher Verfahrensbestimmungen
festgestellt worden ist (Art. 132 in Verbindung mit Art. 104 lit. a und b
sowie Art. 105 Abs. 2 OG).
Ferner ist Art. 114 Abs. 1 OG zu beachten, wonach das Eidgenössische
Versicherungsgericht in Abgabestreitigkeiten an die Parteibegehren nicht
gebunden ist, wenn es im Prozess um die Verletzung von Bundesrecht oder um
die unrichtige oder unvollständige Feststellung des Sachverhalts geht.

1.2 Auf die Verwaltungsgerichtsbeschwerde kann nur so weit eingetreten
werden, als Sozialversicherungsbeiträge kraft Bundesrechts streitig sind. Im
vorliegenden Verfahren ist daher nicht zu prüfen, wie es sich bezüglich der
Beitragsschuld gegenüber der Ausgleichskasse für kantonale Familienzulagen
verhält (BGE 124 V 146 Erw. 1 mit Hinweis).

2.
2.1 Am 1. Januar 2003 ist das Bundesgesetz über den Allgemeinen Teil des
Sozialversicherungsrechts (ATSG) vom 6. Oktober 2000 in Kraft getreten. Mit
ihm sind zahlreiche Bestimmungen in den einzelnen Sozialversicherungsgesetzen
geändert worden. Weil in zeitlicher Hinsicht grundsätzlich diejenigen
Rechtssätze massgebend sind, die bei der Erfüllung des zu Rechtsfolgen
führenden Tatbestandes Geltung haben (BGE 127 V 467 Erw. 1), und weil ferner
das Sozialversicherungsgericht bei der Beurteilung eines Falles grundsätzlich
auf den bis zum Zeitpunkt des Erlasses der streitigen Verfügung (hier: 14.
Dezember 2001) eingetretenen Sachverhalt abstellt (BGE 121 V 366 Erw. 1b),
sind im vorliegenden Fall die bis zum 31. Dezember 2002 geltenden
Bestimmungen anwendbar (BGE 129 V 4 Erw. 1.2).
2.2 Die sozialversicherungsrechtliche Beitragspflicht Erwerbstätiger richtet
sich unter anderem danach, ob das in einem bestimmten Zeitraum erzielte
Erwerbseinkommen als solches aus selbstständiger oder aus unselbstständiger
Erwerbstätigkeit zu qualifizieren ist (Art. 5 und 9 AHVG sowie Art. 6 ff.
AHVV). Nach Art. 5 Abs. 2 AHVG gilt als massgebender Lohn jedes Entgelt für
in unselbstständiger Stellung auf bestimmte oder unbestimmte Zeit geleistete
Arbeit; als Einkommen aus selbstständiger Erwerbstätigkeit gilt nach Art. 9
Abs. 1 AHVG jedes Einkommen, das nicht Entgelt für in unselbstständiger
Stellung geleistete Arbeit darstellt.
Nach der Rechtsprechung beurteilt sich die Frage, ob im Einzelfall
selbstständige oder unselbstständige Erwerbstätigkeit vorliegt, nicht auf
Grund der Rechtsnatur des Vertragsverhältnisses zwischen den Parteien.
Entscheidend sind vielmehr die wirtschaftlichen Gegebenheiten. Die
zivilrechtlichen Verhältnisse vermögen dabei allenfalls gewisse Anhaltspunkte
für die AHV-rechtliche Qualifikation zu bieten, ohne jedoch ausschlaggebend
zu sein. Als unselbstständig erwerbstätig ist im Allgemeinen zu betrachten,
wer von einem Arbeitgeber in betriebswirtschaftlicher bzw.
arbeitsorganisatorischer Hinsicht abhängig ist und kein spezifisches
Unternehmerrisiko trägt.
Aus diesen Grundsätzen allein lassen sich indessen noch keine einheitlichen,
schematisch anwendbaren Lösungen ableiten. Die Vielfalt der im
wirtschaftlichen Leben anzutreffenden Sachverhalte zwingt dazu, die
beitragsrechtliche Stellung einer erwerbstätigen Person jeweils unter
Würdigung der gesamten Umstände des Einzelfalles zu beurteilen. Weil dabei
vielfach Merkmale beider Erwerbsarten zu Tage treten, muss sich der Entscheid
oft danach richten, welche dieser Merkmale im konkreten Fall überwiegen (BGE
123 V 162 Erw. 1, 122 V 171 Erw. 3a, 283 Erw. 2a, 119 V 161 Erw. 2 mit
Hinweisen).

3.
3.1 Entgegen der Darstellung in Erwägung 1 des angefochtenen Entscheides ist
streitig und zu prüfen, ob C.________ und K.________ für ihre Tätigkeit im
Rahmen der vom Beschwerdegegner angebotenen Dienstleistungen als
Selbstständigerwerbende oder Unselbstständigerwerbende zu qualifizieren sind.
Es ist also nicht zu entscheiden, ob in den vom Beschwerdegegner vermittelten
Einsätzen von Personen generell eine selbstständige oder unselbstständige
Tätigkeit zu sehen ist, das heisst, ob er als Arbeitgeber im Sinne von Art.
12 Abs. 1 AHVG gilt, weil er Arbeitsentgelte ausrichtet. Es würde einer
unzulässigen Feststellungsverfügung gleichkommen, wenn der Beitragsstatus der
Vereinsmitglieder generell beurteilt würde. Vielmehr ist nur zu prüfen, ob
die mit den angefochtenen Nachzahlungsverfügungen vom 14. Dezember 2001
erfassten Tätigkeiten konkret unter die Beitragspflicht des Beschwerdegegners
fallen. Dabei ist selbstredend nur die Erwerbstätigkeit und nicht eine
allfällige Maschinenvermittlung zu beurteilen.

3.2 Vorliegend ist einzig bekannt, dass C.________ und K.________, welchen
vom Verein X.________Entgelte ausgerichtet wurden, nicht als
Selbstständigerwerbende bei der Beschwerdeführerin angeschlossen sind. Den
Betroffenen ist von der Ausgleichskasse zwar eine "Orientierungsverfügung"
über die Qualifikation ihres Status und die Höhe der Nachzahlungsforderungen
zugegangen, womit ihr rechtliches Gehör grundsätzlich gewahrt wurde. Hingegen
haben sie sich zur Sache nicht geäussert. Sie wurden von der Vorinstanz auch
nicht zur Klärung des Sachverhaltes in das Verfahren miteinbezogen. Aus den
Akten geht nicht hervor, welche Tätigkeiten C.________ und K.________ im
Rahmen ihrer Einsätze für den Beschwerdegegner ausgeübt haben. Ebenso wenig
ist ersichtlich, in welcher Form diese standen, das heisst, ob im konkreten
Einzelfall je separat eher eine selbstständige oder unselbstständige
Betätigung vorlag. Dies wird die Vorinstanz, an welche die Sache
zurückgewiesen wird, abklären und auf Grund der von der Rechtsprechung
entwickelten Abgrenzungskriterien - wie sie im kantonalen Entscheid richtig
dargelegt sind - neu entscheiden. C.________ und K.________ werden dafür
beizuladen sein.

4.
Das Verfahren ist kostenpflichtig, da es nicht um die Bewilligung oder
Verweigerung von Versicherungsleistungen, sondern um eine
Beitragsstreitigkeit geht (Art. 134 OG e contrario). Entsprechend dem Ausgang
des Prozesses sind die Gerichtskosten dem Verein X.________ aufzuerlegen
(Art. 156 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 135 OG).

Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht:

1.
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird in dem Sinne gutgeheissen, dass der
Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Obwalden vom 6. Mai 2003
aufgehoben und die Sache an die Vorinstanz zurückgewiesen wird, damit sie im
Sinne der Erwägungen verfahre und neu entscheide.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden dem Beschwerdegegner auferlegt.

3.
Der geleistete Kostenvorschuss von Fr. 800.- wird der Beschwerdeführerin
zurückerstattet.

4.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Obwalden
und dem Bundesamt für Sozialversicherung zugestellt.
Luzern, 23. Januar 2004

Im Namen des Eidgenössischen Versicherungsgerichts

Die Präsidentin der III. Kammer:  Die Gerichtsschreiberin: