Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Sozialrechtliche Abteilungen H 150/2003
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H 150/03

Urteil vom 30. April 2004

I. Kammer

Präsident Borella, Bundesrichterin Leuzinger, Bundesrichter Rüedi, Meyer und
Lustenberger; Gerichtsschreiberin Bucher

1. R.________,

2. O.________,

3. E.________,
Beschwerdeführer,
alle vertreten durch die If AG, Dienstleistungen für Soziale Sicherheit,
Dornacherplatz 7, 4500 Solothurn,

gegen

Ausgleichskasse des Kantons Solothurn, Allmendweg 6, 4528 Zuchwil,
Beschwerdegegnerin,

betreffend L.________ selig,

Versicherungsgericht des Kantons Solothurn, Solothurn

(Entscheid vom 11. März 2003)

Sachverhalt:

A.
Die 1931 geborene L.________ meldete sich am 30. März 2001 zum Bezug einer
Hilflosenentschädigung der Alters- und Hinterlassenenversicherung an. Dr.
med. B.________, FMH für innere Medizin, diagnostizierte damals einen
insulinpflichtigen Diabetes mellitus mit Folgeschäden in Form einer
Makroangiopathie mit Status nach Amputation des linken Unterschenkels (wegen
Gangrän), einer diabetischen Nephropathie, einer diabetischen Neuropathie,
einer arteriellen Hypertonie und einer globalen Herzinsuffizienz. Mit
Verfügung vom 16. Mai 2002 lehnte die Ausgleichskasse des Kantons Solothurn
das Gesuch ab. Sie erklärte, die Versicherte sei nur in den beiden
alltäglichen Lebensverrichtungen "An- und Auskleiden" sowie "Körperpflege"
auf regelmässige und erhebliche Hilfe Dritter angewiesen; eine dauernde
persönliche Überwachung sei nicht erforderlich.

B.
L.________ liess hiegegen beim Versicherungsgericht des Kantons Solothurn
Beschwerde einreichen. Nachdem sie am 13. Juli 2002 verstorben war, liessen
ihre Erben - R.________, O.________ und E.________ - den Prozess fortführen.
Das kantonale Gericht wies das Rechtsmittel mit Entscheid vom 11. März 2003
ab. Es ging von der Notwendigkeit regelmässiger und erheblicher Dritthilfe
beim An- und Auskleiden, bei der Körperpflege sowie wohl bei der
Notdurftverrichtung aus und verneinte eine dauernde persönliche
Überwachungsbedürftigkeit.

C.
Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde beantragen die Erben der L.________, der
kantonale Gerichtsentscheid und die Verwaltungsverfügung seien aufzuheben und
die Ausgleichskasse sei zur Ausrichtung einer Hilflosenentschädigung zu
verpflichten. Sie machen geltend, die Versicherte sei zum einen bei den
alltäglichen Lebensverrichtungen "An- und Auskleiden", "Körperpflege",
"Verrichtung der Notdurft" sowie "Fortbewegung/Kontaktaufnahme" regelmässig
und in erheblicher Weise auf die Hilfe Dritter angewiesen gewesen und habe
zum andern der dauernden persönlichen Überwachung bedurft.
Die Verwaltung, der nebst der Beschwerdeschrift auch eine nachträgliche
Eingabe der Beschwerdeführenden mit einem Bericht der hinterbliebenen Töchter
der Versicherten über die geleistete Hilfe zur Stellungnahme übermittelt
wurde, schliesst auf Abweisung des Rechtsmittels. Das Bundesamt für
Sozialversicherung verzichtet auf eine Vernehmlassung.

D.
Das Eidgenössische Versicherungsgericht holte am 12. März 2004 bei Dr. med.
B.________ eine schriftliche Auskunft sowie ein in den Akten erwähntes
früheres Schreiben dieses Arztes ein. Sowohl die Beschwerdeführenden als auch
die Verwaltung verzichteten darauf, zu dessen Antwort vom 17. März 2004
Stellung zu nehmen.

Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:

1.
1.1 Das kantonale Gericht hat die einschlägigen Bestimmungen über die
Hilflosenentschädigung (Art. 43bis Abs. 1, 2 und 5 AHVG; Art. 42 Abs. 2 IVG;
Art. 36 Abs. 1 und 2 IVV, worauf Art. 66bis Abs. 1 AHVV verweist) in der hier
anwendbaren, im Zeitpunkt des Erlasses der Verwaltungsverfügung (16. Mai
2002) in Kraft gestandenen Fassung (vgl. BGE 129 V 356 Erw. 1) und die
Rechtsprechung des Eidgenössischen Versicherungsgerichts zu den für die
Bemessung der Hilflosigkeit massgebenden sechs alltäglichen
Lebensverrichtungen (BGE 127 V 97 Erw. 3c, 125 V 303 Erw. 4a), zur für die
Annahme mittelschwerer Hilflosigkeit erforderlichen Anzahl betroffener
Lebensverrichtungen (BGE 121 V 90 Erw. 3b) sowie zum Vorgehen bei mehrere
Teilfunktionen umfassenden Lebensverrichtungen (BGE 121 V 91 Erw. 3c)
zutreffend wiedergegeben. Darauf wird verwiesen. Zu ergänzen ist, dass, wenn
die versicherte Person den Anspruch auf eine Hilflosenentschädigung mehr als
zwölf Monate nach dessen Entstehung geltend macht, die Entschädigung
lediglich für die zwölf Monate ausgerichtet wird, die der Geltendmachung
vorangehen; weiter gehende Nachzahlungen werden erbracht, wenn die
versicherte Person den anspruchsbegründenden Sachverhalt nicht kennen konnte
und die Anmeldung innert zwölf Monaten seit Kenntnisnahme vornimmt (Art. 46
Abs. 2 AHVG).

1.2 Beizufügen ist ferner, dass sich die Bemessung der Hilflosigkeit im
Unfallversicherungsrecht nach den gleichen Kriterien richtet wie in der
Invaliden- und in der Alters- und Hinterlassenenversicherung (BGE 127 V 115
Erw. 1d), weshalb für die Lösung der vorliegend streitigen Fragen zusätzlich
zur auf dem Gebiet der Alters- und Hinterlassenenversicherung ergangenen
Rechtsprechung nicht nur die Praxis zur Invaliden-, sondern auch jene zur
Unfallversicherung herangezogen werden kann.

1.3 Ausserdem ist zu ergänzen, dass Hilfsmittel bei der Prüfung der
Hilfsbedürftigkeit in den einzelnen Lebensverrichtungen nur soweit
berücksichtigt werden, als die Alters- und Hinterlassenenversicherung dafür
tatsächlich aufkommt (BGE 117 V 146 und 149-151 Erw. 3a). In diesem
Zusammenhang ist auch auf die Rechtsprechung zur einen allgemeinen Grundsatz
des Sozialversicherungsrechts darstellenden (BGE 123 V 233 Erw. 3c)
Schadenminderungspflicht hinzuweisen, wonach die versicherte Person auch im
Bereich der Hilflosenentschädigung, bevor sie Leistungen verlangt, alles ihr
Zumutbare selber vorzukehren hat, um die Folgen des Gesundheitsschadens
bestmöglich zu mildern (ZAK 1989 S. 214 Erw. 1c und 215 Erw. 2b, 1986 S. 482
Erw. 1c und 483 Erw. 2a; Urteil D. vom 23. September 2003, I 360/03, Erw.
1.1), und, solange in diesem Rahmen durch geeignete Massnahmen bei einzelnen
Lebensverrichtungen die Selbstständigkeit erhalten werden kann, diesbezüglich
keine relevante Hilflosigkeit vorliegt (ZAK 1989 S. 215 Erw. 2b, 1986 S. 483
Erw. 2a; Urteil V. vom 12. November 2002, I 108/01, Erw. 3.3). In dieser
Hinsicht ist festzuhalten, dass von der versicherten Person nur Vorkehren
verlangt werden können, die unter Berücksichtigung der gesamten objektiven
und subjektiven Gegebenheiten des Einzelfalles zumutbar sind (BGE 113 V 28
Erw. 4a).

2.
Streitig und zu prüfen ist, ob der Versicherten eine Hilflosenentschädigung
der Alters- und Hinterlassenenversicherung zustand, was die
Beschwerdeführenden bejahen, Verwaltung und Vorinstanz aber verneinen. Dabei
fällt - wovon auch die Beschwerdeführenden ausgehen - die Annahme einer
Hilflosigkeit schweren Grades von vornherein ausser Betracht, weil
unbestritten und aus den Akten ersichtlich ist, dass die Versicherte trotz
einer während des Verwaltungsverfahrens eingetretenen Verschlechterung des
Gesundheitszustandes zu keiner Zeit dauernd (Art. 43bis Abs. 5 Satz 1 AHVG in
Verbindung mit Art. 42 Abs. 2 IVG) in allen sechs massgebenden alltäglichen
Lebensverrichtungen (BGE 127 V 97 Erw. 3c, 125 V 303 Erw. 4a) regelmässig und
in erheblicher Weise auf die Hilfe Dritter angewiesen war (Art. 36 Abs. 1
IVV). Unbestritten und aufgrund der Akten nicht zu beanstanden ist eine seit
dem 28. Dezember 1998 bestehende relevante Hilfsbedürftigkeit in den
Lebensverrichtungen "Ankleiden, Auskleiden" sowie "Körperpflege". Eine
Hilflosigkeit mittleren Grades ist unter anderem dann gegeben, wenn die
Versicherte trotz der Abgabe von Hilfsmitteln in zwei weiteren alltäglichen
Lebensverrichtungen hilflos war (Art. 36 Abs. 2 lit. a IVV in Verbindung mit
BGE 121 V 90 Erw. 3b). Dies trifft nach Auffassung der Beschwerdeführenden
für die Notdurftverrichtung und die Fortbewegung/Kontaktaufnahme zu.

3.
3.1 Aus den Akten ist ersichtlich, dass die Versicherte zum einen ein eigenes
Auto besass und zum andern seit Dezember 1998 insbesondere über einen
Rollstuhl und einen Treppenlift verfügte. Die Alters- und
Hinterlassenenversicherung übernahm die Mietkosten für den Rollstuhl als
Hilfsmittel. Demgegenüber leistete sie keinen Beitrag an die Kosten des
Treppenlifts, weil dieser in der im Anhang zur Verordnung über die Abgabe von
Hilfsmitteln durch die Altersversicherung (HVA) enthaltenen Hilfsmittelliste
in nicht zu beanstandender Weise nicht aufgeführt sei. Schliesslich ist ohne
weiteres davon auszugehen, dass die Versicherung keinen Beitrag an die
Motorfahrzeugkosten leistete; denn Automobile als Hilfsmittel sind nur in der
im Anhang zur Verordnung über die Abgabe von Hilfsmitteln durch die
Invalidenversicherung (HVI) - und auch dort nur für erwerbliche Zwecke (BGE
117 V 149 Erw. 3a/bb) -, nicht aber im Anhang zur hier massgebenden HVA
vorgesehen.

3.2 Die Verwendung eines eigenen Autos sowie die Anschaffung und der Einbau
eines Treppenlifts stellen kostspielige Vorkehren dar, die weit über das im
Rahmen der Schadenminderungspflicht Zumutbare - etwa die Anschaffung von
Kleidern ohne Knöpfe und von Schuhen ohne Schnürsenkel (ZAK 1989 S. 215 Erw.
2b, 1986 S. 483 Erw. 2a), die Installation eines Föhnes an der Wand (ZAK 1986
S. 483 Erw. 2b) oder die Schaffung günstigerer Lichtverhältnisse und die
Neuverlegung oder Beseitigung störender Teppiche in der Wohnung zwecks
Verringerung des Sturzrisikos (Urteil D. vom 23. September 2003, I 360/03,
Erw. 3.2) - hinausgehen. Im Gegensatz zum von der Versicherung abgegebenen
Rollstuhl sind daher der Treppenlift und das Auto bei der Frage, ob die
Versicherte bei bestimmten Lebensverrichtungen hilflos war, als nicht vom
Sozialversicherungsträger finanzierte Hilfsmittel nicht zu berücksichtigen.

4.
Zunächst ist zu prüfen, ob die Versicherte in der Lebensverrichtung
"Fortbewegung (im oder ausser Haus), Kontaktaufnahme" trotz der Abgabe von
Hilfsmitteln regelmässig in erheblicher Weise auf die Hilfe Dritter
angewiesen war.

4.1 Im Formular "Anmeldung und Fragebogen für eine Hilflosenentschädigung der
AHV" gab die Versicherte bezüglich der Fortbewegung und der Pflege
gesellschaftlicher Kontakte (Ziff. 3.1.6) eine Hilfsbedürftigkeit bei der
Fortbewegung im Freien an, wohingegen sie eine solche für die Fortbewegung in
der Wohnung und die Pflege gesellschaftlicher Kontakte verneinte.
Demgegenüber wurde im Abklärungsbericht "Hilflosenentschädigung der AHV", in
welchem wie schon im soeben erwähnten Formular auf das Vorhandensein unter
anderem eines Treppenliftes und eines Rollstuhls hingewiesen wurde,
hinsichtlich der Fortbewegung und der Pflege gesellschaftlicher Kontakte
(Ziff. 3.1.6) die Notwendigkeit regelmässiger und erheblicher Dritthilfe für
alle drei Teilbereiche - Fortbewegung in der Wohnung, Fortbewegung im Freien
und Pflege der gesellschaftlichen Kontakte - verneint. Zur Pflege
gesellschaftlicher Kontakte wurde bemerkt, diese sei mittels des eigenen
Autos ohne regelmässige und erhebliche Hilfe Dritter möglich. Damit kann die
Abklärungsperson - da mit der Verwendung des Autos einzig auf den Transport
Bezug genommen wird - in Wirklichkeit nicht die Pflege gesellschaftlicher
Kontakte bzw. Kontaktaufnahme, worunter die zwischenmenschlichen Beziehungen
zu verstehen sind (BGE 107 V 140 f. Erw. 1c, 148 f. Erw. 1b; Rz. 8019 des
Kreisschreibens des Bundesamts für Sozialversicherung über Invalidität und
Hilflosigkeit), sondern nur die Fortbewegung im Freien gemeint haben.

4.2 Dabei fällt auf, dass eine Hilfsbedürftigkeit bei der Fortbewegung im
Freien einzig wegen des Autos verneint wurde, welches indessen als nicht von
der Versicherung finanziertes Hilfsmittel bei der Beurteilung der
Hilflosigkeit unberücksichtigt zu bleiben hat. Bei Ausserachtlassung des
eigenen Motorfahrzeugs ist die Notwendigkeit regelmässiger und erheblicher
Dritthilfe bei der Fortbewegung im Freien - und damit bei der
Lebensverrichtung "Fortbewegung (im oder ausser Haus), Kontaktaufnahme" (BGE
121 V 91 Erw. 3c) - in Übereinstimmung mit den vom Hausarzt bestätigten
Angaben der Versicherten ab Dezember 1998 zu bejahen. Letztere war nämlich -
wie schon aus der Abgabe dieses Hilfsmittels, zunächst eines Hand-, dann
eines Leichtgewichtrollstuhls, durch die Versicherung zu schliessen ist -
jedenfalls ab diesem Zeitpunkt für die Fortbewegung ausser Haus nicht nur
gelegentlich (vgl. Ziff. 9.51 des Anhangs zur HVA) auf einen Rollstuhl
angewiesen, weshalb nicht ersichtlich ist, wie sie im Freien ohne
regelmässige und erhebliche Dritthilfe beispielsweise sich aufwärts hätte
fortbewegen oder in öffentliche Verkehrsmittel hätte ein- und aus solchen
aussteigen können. Die Situation ist insoweit mit jener von Paraplegikern
vergleichbar, die, auch wenn sie Auto fahren können, bei der Fortbewegung
ausser Haus und damit in der Lebensverrichtung Fortbewegung/Kontaktaufnahme
als hilflos zu betrachten sind (BGE 117 V 150 f. Erw. 3a/bb; Urteil B. vom
30. April 2002, I 784/01, Erw. 2b).

5.
Weiter ist zu prüfen, ob die Versicherte bei der Verrichtung der Notdurft
trotz der Abgabe von Hilfsmitteln regelmässiger und erheblicher Dritthilfe
bedurfte.

5.1 Die Versicherte verfügte seit Dezember 1998 über einen Treppenlift. Sie
war nach der Teilamputation ihres linken Beines auf diesen angewiesen, um für
die nächtliche Notdurftverrichtung, mit der sie jeweils nicht zuwarten
konnte, bis sie ihre Prothese angelegt hatte, drei Treppenstufen in ihrer
Wohnung zu überwinden, während ihr dies tagsüber dank der Prothese ohne
Treppenlift möglich war. Ohne einen solchen hätte sie daher für die
nächtliche Notdurftverrichtung von einer Drittperson entweder sich die Treppe
hinauf und hinab begleiten lassen oder einen Topf ans Bett bringen und leeren
lassen müssen. Da der Treppenlift als nicht von der Versicherung finanziertes
Hilfsmittel bei der Beurteilung der Hilflosigkeit nicht berücksichtigt werden
darf, fragt sich, ob eine solche Hilfeleistung zur Annahme einer
regelmässigen und erheblichen Dritthilfe bei der Notdurftverrichtung führt.

5.2
5.2.1In ZAK 1982 S. 420 Erw. 2a hielt das Eidgenössische Versicherungsgericht
fest, das Ordnen der Kleider, der Gang zur Toilette und das dortige Absitzen
bzw. Aufstehen seien im Gegensatz zur Körperreinigung keine Teilfunktionen
des Verrichtens der Notdurft, sondern bei anderen Lebensverrichtungen
(Ankleiden/Auskleiden; Fortbewegung; Aufstehen/Absitzen/Abliegen) zu
berücksichtigen. In BGE 121 V 93-96 Erw. 6 änderte es diese Rechtsprechung in
Bezug auf das im Zusammenhang mit der Notdurftverrichtung erforderliche
Ordnen der Kleider, indem es dieses neu als Teilfunktion der
Notdurftverrichtung qualifizierte. Zur Begründung führte es an, grundsätzlich
sei der Vorinstanz darin beizupflichten, dass die Notdurftverrichtung als
einheitlicher, verschiedene Teilfunktionen umfassender Vorgang zu betrachten
sei. Gerade beim dabei unabdingbar notwendigen Ordnen der Kleider liege es
angesichts des engen zeitlichen und sachlichen Zusammenhangs nahe, im Sinne
einer funktionalen Einheit von einer direkt dieser Lebensverrichtung
zuzuordnenden Betätigung auszugehen. Zwar treffe es zu, dass sich die dabei
geleistete Hilfe auf das Objekt "Kleid" beziehe und deshalb rein mechanisch
und selektiv betrachtet als Teil der Lebensverrichtung Ankleiden/Auskleiden
gesehen werden könne. Diese beinhalte indessen primär lediglich das
morgendliche An- und das abendliche Auskleiden, welche ohne weiteres
vorausplanbar seien. Die sporadisch und mehr oder weniger häufig nötige Hilfe
beim Ordnen der Kleider im Zusammenhang mit der Notdurftverrichtung bedinge
demgegenüber unter Umständen einen unvergleichbar grösseren Einsatz der
Hilfsperson. Diesem werde allein durch die Berücksichtigung bei der
Lebensverrichtung Ankleiden/Auskleiden nicht hinreichend Beachtung geschenkt.
Die bisherige Rechtsprechung habe diesen Verhältnissen nicht genügend
Rechnung getragen, weshalb daran nicht mehr festgehalten werden könne. Ob und
inwieweit auch die Begleitung zur Toilette und die dortige Hilfe beim
Absitzen und Aufstehen in Abweichung von der früheren Praxis als
Teilfunktionen der Notdurftverrichtung zu betrachten seien, wurde offen
gelassen. Auch in seiner späteren Rechtsprechung beantwortete das
Eidgenössische Versicherungsgericht diese Frage nicht; noch im Urteil D. vom
23. September 2003, I 360/03, Erw. 3.1, blieb dahingestellt, ob die
Begleitung bei den nächtlichen Toilettengängen beim Verrichten der Notdurft
zu berücksichtigen ist.

5.2.2 In ZAK 1985 S. 403 Erw. 2b bezeichnete das Eidgenössische
Versicherungsgericht die regelmässig notwendige Hilfeleistung beim
nächtlichen Verrichten der Notdurft, die darin bestand, der betroffenen
Person, deren Beschwerden es kaum oder nur mit unzumutbarem Aufwand
zuliessen, die Toilette aufzusuchen, einen Topf ans Bett zu bringen und ihn
anschliessend leeren zu gehen, als erhebliche Dritthilfe beim Verrichten der
Notdurft und nahm gestützt darauf bei dieser Lebensverrichtung eine relevante
Hilfsbedürftigkeit an.

5.3
5.3.1Für den Fall, dass bei Fehlen eines Treppenlifts der nächtliche Gang zur
Toilette unzumutbar gewesen wäre und der Versicherten deshalb ein Topf hätte
ans Bett gebracht und anschliessend geleert werden müssen, ist eine relevante
Hilfsbedürftigkeit bei der Notdurftverrichtung aufgrund des in Erw. 5.2.2
hievor erwähnten Urteils ohne weiteres zu bejahen.

5.3.2 Für den Fall, dass ihr ohne Treppenlift nachts ein begleiteter Gang zur
Toilette möglich und zumutbar gewesen wäre, kann es sich nicht anders
verhalten. Zum einen liesse es sich in Anbetracht des der Hilfsperson
entstehenden - bei beiden Varianten vergleichbaren - Aufwandes unter dem
Gesichtspunkt der Rechtsgleichheit (vgl. dazu BGE 129 I 357 Erw. 6) durch
nichts rechtfertigen, die Notwendigkeit  regelmässiger und erheblicher
Dritthilfe bei der Notdurftverrichtung zu bejahen, wenn eine versicherte
Person nachts wegen des Nichttragens der Prothese die Notdurft im Bett
verrichten muss, aber zu verneinen, wenn sie sich stattdessen nachts zur
Toilette, die sie tagsüber mit der Prothese alleine aufsuchen kann, begleiten
lässt. Zum andern drängt es sich im Sinne einer funktional gesamtheitlichen
Betrachtungsweise auf, die wie vorliegend nur für die nächtliche
Notdurftverrichtung erforderliche und durch diese bedingte - die Fortbewegung
ohne Prothese war nur wegen der Notwendigkeit der nächtlichen
Notdurftverrichtung erforderlich - Hilfeleistung bei der Fortbewegung in der
Wohnung nicht bei der Lebensverrichtung Fortbewegung/Kontaktaufnahme, sondern
bei jener der Notdurftverrichtung zu berücksichtigen, ebenso wie
- die Hilfsbedürftigkeit beim Besteigen des Spezialbettes bei einer Person,
die sich nur darin an- und auskleiden kann, nicht nur bei der
Lebensverrichtung "Aufstehen, Absitzen, Abliegen", sondern auch im Rahmen der
Lebensverrichtung "Ankleiden, Auskleiden" (RKUV 1999 Nr. U 334 S. 204 Erw.
2b) und
- die einzig durch die Notwendigkeit des Badens oder Duschens bedingte
Fremdhilfe beim Besteigen der Badewanne (nicht veröffentlichtes Urteil H. vom
26. Juni 1998, I 438/96), beim Aussteigen aus dem Duschrollstuhl (Urteil S.
vom 3. September 2003, I 214/03, Erw. 3.2) oder beim Wechsel zwischen
Rollator und Duschstuhl (Urteil B. vom 4. Februar 2004, H 128/03, Erw. 4)
ungeachtet der Lebensverrichtung "Aufstehen, Absitzen, Abliegen" bei der
Lebensverrichtung "Körperpflege" zu veranschlagen ist.
Demzufolge kann hinsichtlich der Frage, ob die Hilfe beim Gang zur Toilette
der Notdurftverrichtung zuzurechnen ist, jedenfalls insoweit nicht an der
bisherigen Rechtsprechung festgehalten werden, als diese die Frage
ausnahmslos verneint und keinen Vorbehalt anbringt für Situationen wie die
vorliegend zu beurteilende, in denen nach dem Gesagten die Begleitung zur
Toilette als Teilfunktion des Verrichtens der Notdurft zu betrachten ist. Ob
die Begleitung zur Toilette generell, auch in anders gelagerten Fällen, bei
der Notdurftverrichtung zu berücksichtigen ist, braucht hingegen auch im
vorliegenden Verfahren nicht entschieden zu werden.

5.4 Da die Notwendigkeit regelmässiger und erheblicher Dritthilfe in einer
Teilfunktion einer Lebensverrichtung zur Annahme einer relevanten
Hilfsbedürftigkeit in dieser Lebensverrichtung führt (BGE 121 V 91 Erw. 3c),
ist vorliegend eine Hilfsbedürftigkeit bei der Notdurftverrichtung schon
aufgrund der seit Dezember 1998 bestehenden Notwendigkeit von Dritthilfe für
das nächtliche Verrichten der Notdurft zu bejahen. Es braucht daher nicht auf
die Frage eingegangen zu werden, ob schon damals oder erst ab einem späteren
Zeitpunkt auch hinsichtlich der Körperreinigung/Überprüfung der Reinlichkeit
und/oder des Ordnens der Kleider eine Hilfsbedürftigkeit bei der
Notdurftverrichtung bestand.

6.
Zusammenfassend ist festzuhalten, dass die Versicherte jedenfalls ab Ende
Dezember 1998 in den vier Lebensverrichtungen "Ankleiden, Auskleiden",
"Körperpflege", "Verrichtung der Notdurft" und "Fortbewegung (im oder ausser
Haus), Kontaktaufnahme" regelmässig und in erheblicher Weise auf die Hilfe
Dritter angewiesen war. Da dies für die Bejahung einer mittelschweren
Hilflosigkeit ausreicht und eine Hilflosigkeit schweren Grades ausgeschlossen
ist (Erw. 2 hievor), braucht nicht geprüft zu werden, zu welchen zusätzlichen
Einschränkungen die im Laufe des Verwaltungsverfahrens eingetretene
Verschlechterung des Gesundheitszustandes führte und wie es sich mit der
umstrittenen Erforderlichkeit einer dauernden persönlichen Überwachung
verhält.

7.
Eine Hilflosigkeit mittleren Grades war nach dem Gesagten jedenfalls seit
Ende Dezember 1998 gegeben. Der Anspruch auf eine Hilflosenentschädigung, der
gemäss Art. 43bis Abs. 2 Satz 1 am ersten Tag des Monats entsteht, in dem
sämtliche Voraussetzungen erfüllt sind und die Hilflosigkeit schweren oder
mittleren Grades ununterbrochen während mindestens eines Jahres bestanden
hat, entstand daher zwar schon vor März 2000. Er wurde indessen erst im März
2001 und damit mehr als zwölf Monate nach dessen Entstehung geltend gemacht,
wobei keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die Versicherte den
anspruchsbegründenden Sachverhalt nicht schon vor März 2000 hätte kennen
können. In Anwendung von Art. 46 Abs. 2 AHVG ist die Hilflosenentschädigung
daher ab März 2000 - rückwirkend für die zwölf der Geltendmachung des
Anspruchs vorangehenden Monate - auszurichten.

8.
Es werden keine Gerichtskosten erhoben (Art. 134 OG). Dem Prozessausgang
entsprechend haben die durch die If AG qualifiziert vertretenen
Beschwerdeführenden für das letztinstanzliche Verfahren Anspruch auf eine
Parteientschädigung (Art. 135 in Verbindung mit Art. 159 Abs. 1 und 2 OG;
Urteil C. vom 4. Mai 2000, P 64/99, Erw. 4). Das Gleiche gilt für das
kantonale Gerichtsverfahren (Art. 61 lit. g ATSG; § 7 Abs. 3 der
solothurnischen Verordnung vom 22. September 1987 über das Verfahren vor dem
Versicherungsgericht und über die Organisation und das Verfahren des
Schiedsgerichts in der Kranken- und Unfallversicherung), für welches ein
Anspruch auf Parteientschädigung nach der Rechtsprechung ebenfalls auch bei
qualifizierten nichtanwaltlichen Vertretungen besteht (BGE 126 V 11 Erw. 2
und 13 Erw. 5).

Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht:

1.
In Gutheissung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde werden der Entscheid des
Versicherungsgerichts des Kantons Solothurn vom 11. März 2003 und die
Verfügung der Ausgleichskasse des Kantons Solothurn vom 16. Mai 2002
aufgehoben, und es wird festgestellt, dass L.________ sel. ab 1. März 2000
Anspruch auf Hilflosenentschädigung für Hilflosigkeit mittleren Grades hatte.

2.
Es werden keine Gerichtskosten erhoben.

3.
Die Ausgleichskasse des Kantons Solothurn hat den Beschwerdeführenden für das
Verfahren vor dem Eidgenössischen Versicherungsgericht eine
Parteientschädigung von Fr. 2'000.-- (einschliesslich Mehrwertsteuer) zu
bezahlen.

4.
Das Versicherungsgericht des Kantons Solothurn wird über eine
Parteientschädigung für das kantonale Verfahren entsprechend dem Ausgang des
letztinstanzlichen Prozesses zu befinden haben.

5.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Versicherungsgericht des Kantons
Solothurn, der IV-Stelle des Kantons Solothurn und dem Bundesamt für
Sozialversicherung zugestellt.

Luzern, 30. April 2004
Im Namen des Eidgenössischen Versicherungsgerichts

Der Präsident der I. Kammer:   Die Gerichtsschreiberin: