Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Sozialrechtliche Abteilungen H 143/2003
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H 143/03

Urteil vom 25. August 2003
II. Kammer

Bundesrichterin Widmer, Bundesrichter Ursprung und Frésard; Gerichtsschreiber
Grunder

D.________, 1967, Beschwerdeführerin, vertreten durch X.________,

gegen

Ausgleichskasse des Kantons Zürich, Röntgenstrasse 17, 8005 Zürich,
Beschwerdegegnerin

Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich, Winterthur

(Entscheid vom 17. März 2003)

Sachverhalt:

A.
Mit zwei Verfügungen vom 7. Januar 2002 forderte die Ausgleichskasse des
Kantons Zürich von der 1967 geborenen, mit dem nichterwerbstätigen Schweizer
Staatsbürger X.________ verheirateten D.________ die Mindestbeiträge der
AHV/IV/EO für Nichterwerbstätige für Dezember 2001 und das Jahr 2002 in Höhe
von Fr. 32.50 bzw. Fr. 390.- (ohne Verwaltungskosten) ein.

B.
Die hiegegen eingereichte Beschwerde wies das Sozialversicherungsgericht des
Kantons Zürich ab (Entscheid vom 17. März 2003).

C.
Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde beantragt die durch den Ehemann vertretene
D.________, unter Aufhebung des vorinstanzlichen Entscheids und der
Verwaltungsverfügungen sei der Beginn der Beitragspflicht auf den 1. März
2002 festzulegen und "das ordentliche Beitragsverfahren" einzuleiten. Sodann
sei ihr eine Parteientschädigung zuzusprechen. Gleichzeitig werden
verschiedene Unterlagen aufgelegt.

Die Ausgleichskasse das Kantons Zürich und das Bundesamt für
Sozialversicherung verzichten auf eine Vernehmlassung.

Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:

1.
Die Beschwerdeführerin rügt, dass sie die Ausgleichskasse entgegen dem
Vermerk "Selbstdeklaration" in den zwei Beitragsverfügungen vom 7. Januar
2002 vor Erlass dieser Verwaltungsakte nicht angehört habe. Indessen geht aus
der letztinstanzlich aufgelegten Aktennotiz vom 18. Dezember 2001 und den
Schreiben der Ausgleichskasse vom 18. und 20. Dezember 2001 hervor, dass ihr
Ehemann sie als Nichterwerbstätige angemeldet hatte. Eine Verletzung des
Anspruchs auf rechtliches Gehör (Art. 29 Abs. 2 BV) liegt daher nicht vor.

2.
Da keine Versicherungsleistungen streitig sind, hat das Eidgenössische
Versicherungsgericht nur zu prüfen, ob der vorinstanzliche Entscheid
Bundesrecht verletzt, einschliesslich Überschreitung oder Missbrauch des
Ermessens, oder ob der rechtserhebliche Sachverhalt offensichtlich unrichtig,
unvollständig oder unter Verletzung wesentlicher Verfahrensbestimmungen
festgestellt worden ist (Art. 132 in Verbindung mit Art. 104 lit. a und b
sowie Art. 105 Abs. 2 OG).

Ferner ist Art. 114 Abs. 1 OG zu beachten, wonach das Eidgenössische
Versicherungsgericht in Abgabestreitigkeiten an die Parteibegehren nicht
gebunden ist, wenn es im Prozess um die Verletzung von Bundesrecht oder um
die unrichtige oder unvollständige Feststellung des Sachverhalts geht.

3.
Streitig ist, ab welchem Zeitpunkt die Beschwerdeführerin der obligatorischen
Versicherungspflicht der AHV kraft Schweizerischen Wohnsitzes (Art. 1 Abs. 1
lit. a AHVG) unterstellt war. Diese Frage beurteilt sich, wie die Vorinstanz
zutreffend darlegt, gemäss Art. 95a AHVG nach den Regeln des Zivilrechts
(Art. 23 ff. ZGB; BGE 120 III 8 Erw. 2a), wobei der fremdenpolizeiliche
Status eines Ausländers ausser Acht zu bleiben hat (BGE 113 II 7 f. Erw. 2;
SVR 2000 IV Nr. 14 S. 41 Erw. II/3d). Richtig ist auch, dass das am 1. Januar
2003 in Kraft getretene Bundesgesetz vom 6. Oktober über den Allgemeinen Teil
des Sozialversicherungsrechts (ATSG) auf den vorliegenden Fall nicht
anwendbar ist.

3.1 Nach den verbindlichen und im Übrigen unbestrittenen Feststellungen im
angefochtenen Entscheid heiratete die aus E.________ stammende
Beschwerdeführerin am 30. Juni 2001 den in Zürich wohnhaften X.________ und
reiste am 18. November 2001 in die Schweiz ein. Seit diesem Zeitpunkt ist sie
ohne Unterbruch beim Personenmeldeamt der Stadt Zürich am Wohnsitz des
Ehemannes gemeldet. Vom 11. Dezember 2001 bis im Februar 2002 weilte sie
wieder in ihrem Heimatland. Nach ihrer Rückkehr händigte ihr das
Bevölkerungsamt der Stadt Zürich am 28. Februar 2002 den Ausländerausweis B
aus. Die Vorinstanz zog aus diesen Umständen den Schluss, die
Beschwerdeführerin habe mit Anmeldung beim Personenmeldeamt nach aussen ihren
Willen deutlich kundgetan, den Lebensmittelpunkt in der Schweiz zu begründen.
Der Aufenthalt in der Heimat stelle kein Indiz gegen diese Annahme dar, zumal
sie sich beim Personenmeldeamt nicht abgemeldet habe. Daher habe die
Ausgleichskasse zu Recht angenommen, dass die Beschwerdeführerin habe sich
seit 18. November 2001 dauernd in Zürich niedergelassen und sei daher ab 1.
Dezember 2001 der obligatorischen Beitragspflicht der AHV/IV/EO zu
unterstellen.

3.2 In der Verwaltungsgerichtsbeschwerde werden die bereits im
vorinstanzlichen Verfahren entkräfteten Rügen wiederholt, sodass auf die
zutreffenden Erwägungen im angefochten Entscheid verwiesen wird. Beizufügen
bleibt einerseits, dass sich die Beschwerdeführerin nach den eigenen
Darlegungen (Eingabe vom 28. Januar 2002 an das kantonale Gericht) beim
Personenmeldeamt nicht abgemeldet hatte, weil sie befürchtete, die
Bewilligung des Aufenthaltsgesuchs zu gefährden; dieses Indiz spricht für
eine Wohnsitzbegründung in der Schweiz ab November 2001. Andererseits ist
festzustellen, dass die Beschwerdeführerin im vorinstanzlichen Verfahren
ausdrücklich nicht offenlegen wollte, weshalb sie sich im Ausland aufhielt.
Das kantonale Gericht hat daher den rechtserheblichen Sachverhalt weder
offensichtlich unrichtig noch unvollständig festgestellt.

4.
4.1 Wie schon im kantonalen Verfahren bringt die Beschwerdeführerin erneut
vor, die Ausgleichskasse habe zu Unrecht die Mindestbeiträge für
Nichterwerbstätige eingefordert, statt sie gestützt auf Art. 28 Abs. 4 AHVV
auf Grund der Hälfte des ehelichen Vermögens zu bemessen. Der angefochtene
Entscheid enthält dazu keine Erwägungen.

Zu prüfen ist zunächst, ob die Beschwerdeführerin ein Rechtsschutzinteresse
an der Aufhebung der Verfügungen hat. Nach der zur Beschwerdelegitimation im
erstinstanzlichen Rechtsmittelverfahren (BGE 122 V 375 mit Hinweisen) und zum
schutzwürdigen Interesse nach Art. 103 lit. a OG (123 V 115 Erw. 5a mit
Hinweisen) ergangenen Rechtsprechung ist die Beschwerdelegitimation eines
Ehegatten zu bejahen, auch wenn er nicht Verfügungsadressat war (BGE 125 V
221 Erw. 1). Im Lichte dieser Praxis kann der Beschwerdeführerin die
Beschwerdelegitimation nicht abgesprochen werden, da die zwei Verfügungen vom
7. Januar 2002 auf die Beitragspflicht des Ehemannes, der ebenfalls nicht
erwerbstätig ist und dessen Beiträge auf Grund seines Vermögens bemessen
werden, unzweifelhaft präjudizielle Wirkung haben. Im Interesse der ehelichen
Gemeinschaft muss daher der Beschwerdeführerin die Befugnis eingeräumt
werden, die zwei Beitragsverfügungen auch hinsichtlich der Bemessung
anzufechten, zumal sie auch für die Beiträge des Ehemannes zahlungspflichtig
werden könnte.

4.2 Aus den Akten ergibt sich, dass der Ehemann seit 1. Januar 2000 von der
Ausgleichskasse des Kantons Zürich als Nichterwerbstätiger erfasst ist und
die Beiträge auf Grund seines Vermögens bemessen werden. Für den in Frage
stehenden Zeitraum sind seine Beiträge verfügungsweise nicht definitiv
festgesetzt worden. Sodann steht fest, dass die Beschwerdeführerin nicht
erwerbstätig ist. In einem solchen Fall sieht Art. 28 Abs. 4 AHVV vor, dass
die Beiträge auf Grund der Hälfte des ehelichen Vermögens (und
Renteneinkommens) zu bemessen sind. Die zwei Verfügungen vom 7. Januar 2001
stützen sich daher zu Unrecht auf den Mindestbeitrag gemäss Art. 10 Abs. 1
AHVG (in Verbindung mit. Art. 2 Abs. 2 ff. der Verordnung 2000 über
Anpassungen an die Lohn- und Preisentwicklung bei der AHV/IV). Der kantonale
Entscheid, mit welchem die zwei Verfügungen vom 7. Januar 2002 bestätigt
worden sind, erweist sich somit hinsichtlich der Bemessung der
Beitragspflicht als bundesrechtswidrig.

5.
Nach der Rechtsprechung ist für persönlichen Arbeitsaufwand und Umtriebe
einer nicht vertretenen Partei grundsätzlich keine Parteientschädigung zu
gewähren, ausser wenn besondere Verhältnisse vorliegen. Dabei wird kumulativ
vorausgesetzt, dass es sich um eine komplizierte Sache mit hohem Streitwert
handelt, dass die Interessenwahrung einen hohen Arbeitsaufwand erforderlich
macht, welcher die normale (z.B. erwerbliche) Betätigung während einiger Zeit
erheblich beeinträchtigt und dass zwischen dem betriebenen Aufwand und dem
Ergebnis der Interessenwahrung ein vernünftiges Verhältnis besteht (BGE 110 V
72 Erw. 7). Die Beschwerdeführerin ist zwar vertreten durch ihren Ehemann; es
steht aber fest, dass die Anfechtung der zwei Beitragsverfügungen
gleichermassen auch seinen Interessen dient. Daher steht nichts entgegen, die
geltend gemachte Parteientschädigung gemäss der dargelegten Praxis zu
beurteilen. Da weder ein hoher Streitwert vorliegt, noch ein hoher
Arbeitsaufwand notwendig war, ist der Antrag auf Parteientschädigung
abzuweisen

6.
Bei diesem Ausgang des Verfahrens rechtfertigt es sich, die Kosten den
Parteien je zur Hälfte aufzuerlegen.

Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht:

1.
Soweit darauf einzutreten ist, werden in teilweiser Gutheissung der
Verwaltungsgerichtsbeschwerde der Entscheid des Sozialversicherungsgerichts
des Kantons Zürich vom 17. März 2003 und die zwei Beitragsverfügungen der
Ausgleichskasse Zürich vom 7. Januar 2002 aufgehoben, und es wird die Sache
an die Ausgleichskasse zurückgewiesen, damit sie im Sinne der Erwägungen über
die ab 1. Dezember 2001 bestehende Beitragspflicht der Beschwerdeführerin neu
befinde.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 500.- werden je zur Hälfte (Fr. 250.-) der
Ausgleichskasse des Kantons Zürich und der Beschwerdeführerin auferlegt. Der
Beschwerdeführerin wird unter Anrechnung des geleisteten Kostenvorschusses
von Fr. 500.- der Differenzbetrag von Fr. 250.- zurückerstattet.

3.
Der Antrag auf Parteientschädigung wird abgewiesen.

4.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht des Kantons
Zürich und dem Bundesamt für Sozialversicherung zugestellt.

Luzern, 25. August 2003

Im Namen des Eidgenössischen Versicherungsgerichts

Die Vorsitzende der II. Kammer:  Der Gerichtsschreiber: