Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Sozialrechtliche Abteilungen H 134/2003
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H 134/03

Urteil vom 14. Dezember 2004
III. Kammer

Präsidentin Leuzinger, Bundesrichter Rüedi und Kernen; Gerichtsschreiberin
Helfenstein Franke

M.________, 1979, Beschwerdeführer, vertreten durch E.________,

gegen

Ausgleichskasse des Kantons Freiburg, Impasse de la Colline 1, 1762 Givisiez,
Beschwerdegegnerin

Verwaltungsgericht des Kantons Freiburg, Givisiez

(Entscheid vom 13. März 2003)

Sachverhalt:

A.
Mit Verfügung vom 22. Februar 2002 setzte die Ausgleichskasse des Kantons
Freiburg (nachfolgend: Ausgleichskasse) die von M.________ zu entrichtenden
Nichterwerbstätigen-Beiträge für 2001 in der Höhe des Mindestbeitrages von
Fr. 390.- zuzüglich Verwaltungskosten von Fr. 9.60 fest.

B.
Die hiegegen erhobene Beschwerde wies das Verwaltungsgericht des Kantons
Freiburg mit Entscheid vom 13. März 2003 ab.

C.
M.________ lässt Verwaltungsgerichtsbeschwerde führen und beantragen, der
angefochtene Entscheid und die Verfügung der Ausgleichskasse vom 22. Februar
2002 seien aufzuheben. Zudem seien die ihm auferlegten Kosten von Fr. 400.-
abzuschreiben und es sei ihm eine Parteientschädigung zuzusprechen.
Die Ausgleichskasse schliesst auf Abweisung der
Verwaltungsgerichtsbeschwerde, während das Bundesamt für Sozialversicherung
(nachfolgend: BSV) auf eine Vernehmlassung verzichtet.

Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:

1.
Da es sich bei der angefochtenen Verfügung nicht um die Bewilligung oder
Verweigerung von Versicherungsleistungen handelt, hat das Eidgenössische
Versicherungsgericht nur zu prüfen, ob das vorinstanzliche Gericht
Bundesrecht verletzt hat, einschliesslich Überschreitung oder Missbrauch des
Ermessens, oder ob der rechtserhebliche Sachverhalt offensichtlich unrichtig,
unvollständig oder unter Verletzung wesentlicher Verfahrensbestimmungen
festgestellt worden ist (Art. 132 in Verbindung mit Art. 104 lit. a und b
sowie Art. 105 Abs. 2 OG).

2.
2.1 Wie die Vorinstanz zutreffend erwogen hat, findet das auf den 1. Januar
2003 in Kraft getretene Bundesgesetz über den Allgemeinen Teil des
Sozialversicherungsrechts (ATSG) vom 6. Oktober 2000 keine Anwendung, weil in
zeitlicher Hinsicht grundsätzlich diejenigen Rechtssätze massgebend sind, die
bei der Erfüllung des zu Rechtsfolgen führenden Tatbestandes Geltung haben
(BGE 130 V 3 Erw. 3, 129 V 4 Erw. 1.2).
2.2 Bei den unselbstständig Erwerbstätigen werden die Beiträge auf dem
massgebenden Lohn erhoben (Art. 5 Abs. 1 AHVG), wozu jedes Entgelt für in
unselbstständiger Stellung auf bestimmte oder unbestimmte Zeit geleistete
Arbeit gehört (Art. 5 Abs. 2 AHVG). Diese Beiträge sind bei jeder Lohnzahlung
abzuziehen und vom Arbeitgeber zusammen mit dem Arbeitgeberbeitrag periodisch
(in der Regel monatlich, allenfalls vierteljährlich) der Ausgleichskasse zu
überweisen (Art. 14 Abs. 1 AHVG, Art. 34 Abs. 1 AHVV).
Nichterwerbstätige bezahlen gemäss Art. 10 AHVG (in der bezüglich des
Mindestbeitrages hier massgebenden, bis 31. Dezember 2002 gültigen Fassung;
vgl. demgegenüber die seit 1. Januar 2003 in Kraft stehende Verordnung 03
über Anpassungen an die Lohn und Preisentwicklung bei der AHV/IV/EO, SR
831.108, die in Art. 2 Abs. 2 einen Mindestbeitrag von Fr. 353.- vorsieht) je
nach ihren sozialen Verhältnissen einen Beitrag von Fr. 324.- bis Fr. 8400.-.
Erwerbstätige, die im Kalenderjahr, gegebenenfalls mit Einschluss des
Arbeitgeberbeitrages, weniger als Fr. 324.- entrichten, gelten als
Nichterwerbstätige. Der Bundesrat kann den Grenzbetrag nach den sozialen
Verhältnissen des Versicherten erhöhen, wenn dieser nicht dauernd voll
erwerbstätig ist. Art. 9bis ist anwendbar (Abs. 1). Nichterwerbstätige
Studenten und Versicherte, die aus öffentlichen Mitteln oder von
Drittpersonen unterhalten oder unterstützt werden, bezahlen den
Mindestbeitrag. Der Bundesrat kann den Mindestbeitrag für weitere
Nichterwerbstätige vorsehen, denen höhere Beiträge nicht zuzumuten sind (Abs.
2). Der Bundesrat erlässt nähere Vorschriften über den Kreis der Personen,
die als Nichterwerbstätige gelten, und über die Bemessung der Beiträge. Er
kann bestimmen, dass vom Erwerbseinkommen bezahlte Beiträge auf Verlangen des
Versicherten an die Beiträge angerechnet werden, die dieser als
Nichterwerbstätiger schuldet (Abs. 3).

Gemäss Art. 28 Abs. 1 Satz 1 AHVV bemessen sich die Beiträge der
Nichterwerbstätigen, für die nicht der jährliche Mindestbeitrag von Fr. 324.-
(Art. 10 Abs. 2 AHVG) vorgesehen ist, auf Grund ihres Vermögens und
Renteneinkommens.
Gemäss Art. 30 AHVV können Versicherte, die für ein Kalenderjahr als
Nichterwerbstätige gelten, verlangen, dass die Beiträge von ihrem
Erwerbseinkommen, die für dieses Jahr bezahlt wurden, an die Beiträge
angerechnet werden, die sie als Nichterwerbstätige zu entrichten haben (Abs.
1). Nichterwerbstätige, die die Anrechnung verlangen, müssen die Beiträge,
die von ihrem Erwerbseinkommen bezahlt wurden, der Ausgleichskasse gegenüber
nachweisen, der sie als Nichterwerbstätige angeschlossen sind (Abs. 2). Diese
Bestimmung soll die Kumulierung von Nichterwerbstätigenbeiträgen und
Lohnbeiträgen verhindern.
Nach Art. 30ter und Art. 63 Abs. 1 lit. f AHVG haben die Ausgleichskassen für
jeden beitragspflichtigen Versicherten individuelle Konten (nachfolgend: IK)
zu führen, in welche die für die Berechnung der ordentlichen Renten
erforderlichen Angaben aufgenommen werden. Die Eintragungen sind in der Regel
einmal jährlich vorzunehmen (Art. 139 AHVV) und haben unter anderem das
Beitragsjahr und das Jahreseinkommen zu umfassen (Art. 140 Abs. 1 lit. d und
e AHVV).

3.
3.1 Streitig ist, ob die Ausgleichskasse den Beschwerdeführer zu Recht mit
Verfügung vom 22. Februar 2002 als Nichterwerbstätigen erfasst und ihn zur
Entrichtung des entsprechend geschuldeten Mindestbeitrages von Fr. 390.-
(resultierend aus 8,4 % AHV-Beiträgen von Fr. 324.-, 1,4 % IV-Beiträgen von
Fr. 54.- sowie 0,3 % EO-Beiträgen von Fr. 12.- auf ein im IK einzutragendes
Einkommen von Fr. 3861.-) zuzüglich Verwaltungskosten von Fr. 9.60
verpflichtet hat, unter Berücksichtigung, dass dieser vom 15. November bis
21. Dezember 2001 als Stellvertreter in der Schule O.________ tätig war und
damit einen Bruttolohn von Fr. 6432.90 erzielte, der ihm im Januar 2002
ausbezahlt wurde. Der Beschwerdeführer hat dies verneint. Demgegenüber hat
die Vorinstanz dies mit der Verwaltung bejaht und erwogen, da der fragliche
Lohn im Januar 2002 ausbezahlt worden sei, sei er auch für 2002 abzurechnen,
weshalb der Beschwerdeführer im Jahr 2001 als Nichterwerbstätiger zu erfassen
und beitragspflichtig sei, zumal er im Fragebogen für die Studierenden der
Universität X.________ angegeben habe, im Jahr 2001 habe er keine
Erwerbstätigkeit ausgeübt.

3.2 Was zunächst die Beitragspflicht bezüglich einer unselbstständigen
Tätigkeit betrifft, hat das Eidgenössische Versicherungsgericht bereits in
BGE 111 V 161 festgehalten, dass dafür die tatsächlichen Verhältnisse im
Zeitpunkt der Ausübung der Erwerbstätigkeit massgebend sind. Nach der
Rechtsprechung beruht die Beitragspflicht direkt auf dem Gesetz und entsteht,
sobald die sie nach dem Gesetz begründenden Tatsachen
(Versicherteneigenschaft und Erwerbstätigkeit bzw. Nichterwerbstätigkeit)
eingetreten sind (ZAK 1984 S. 388 Erw. 3a; vgl. auch BGE 109 V 5 Erw. 3b).
Bei den Unselbstständigerwerbenden knüpft die gesetzliche Beitragspflicht in
sachlicher Hinsicht an die "geleistete Arbeit" an, und in zeitlicher Hinsicht
an den Zeitraum, in welchem ein dem Beitragsstatut als Erwerbstätiger
unterliegender Versicherter diese Arbeit leistet (EVGE 1969 S. 91, vgl. auch
BGE 110 V 228).
Von der Beitragspflicht als solcher zu unterscheiden ist die Entstehung der
Beitragsschuld und die Frage, wann Beiträge vom massgebenden Einkommen zu
entrichten sind, bei welcher es auf den Zeitpunkt ankommt, in dem das
Erwerbseinkommen realisiert worden ist (vgl. BGE 110 V 227 Erw. 3a und EVGE
1969 S. 91, letztmals bestätigt im Urteil S. und K. vom 18. Dezember 2001, H
257/00), was aber allein den Beitragsbezug betrifft und deshalb
beispielsweise aus arbeitsvertraglichen oder tatsächlichen Gründen ausserhalb
des Erwerbsjahres liegen kann (BGE 111 V 166 Erw. 4a mit Hinweisen; ZAK 1989
S. 308 Erw. 3c, 1985 S. 43; vgl. auch BGE 115 V 163 Erw. 4b).
Was schliesslich den Zeitpunkt der IK-Eintragung betrifft, ist dieser zwar
insofern nicht Gegenstand des Verfahrens, als das IK durch die
Ausgleichskasse des Kantons Wallis geführt wird und vorliegend nicht ein
gemäss Art. 141 AHVV beschwerdefähiger IK-Auszug im Streite steht. Da indes
die Vorinstanz mit der Verwaltung den im Jahr 2002 erfolgten Eintrag zur
Begründung der Beitragspflicht in diesem Jahr herangezogen hat, sei lediglich
angefügt, dass das Eidgenössische Versicherungsgericht im bereits zitierten
BGE 111 V 161 festgehalten hat, dass aus dem Gesetz der Grundsatz folgt, dass
beitragspflichtiges Einkommen Unselbstständigerwerbender im individuellen
Konto unter demjenigen Jahr zu verbuchen ist, in welchem der Versicherte die
entsprechende Erwerbstätigkeit ausgeübt hat (Erw. 3 und 4a-c). Es hat
erwogen, unter welchen Voraussetzungen die Ausgleichskasse solches Einkommen
dem Jahr der Lohnzahlung gutschreiben darf, wenn Erwerbsjahr und
Auszahlungsjahr auseinander fallen. Gemäss dieser Rechtsprechung lässt sich
bei Lohnnachzahlungen der Eintrag im individuellen Konto unter dem
Auszahlungsjahr nur dann nicht beanstanden, wenn er sich bei der späteren
Rentenberechnung für den Versicherten nicht nachteilig auswirken kann oder
wenn er nicht zu einer Umgehung der gesetzlichen Beitragspflicht für
Nichterwerbstätige führt; insbesondere darf eine Lohnnachzahlung nicht im
Realisierungsjahr verbucht werden, wenn ein Versicherter in diesem Jahr gar
nicht mehr erwerbstätig ist (BGE 111 V 169 Erw. 4d).

3.3 Aus dem Gesagten erhellt, dass der Beschwerdeführer für die vom 15.
November bis 21. Dezember 2001 ausgeübte Erwerbstätigkeit entgegen der
Auffassung von Vorinstanz und Verwaltung grundsätzlich im Jahr 2001
beitragspflichtig ist. Bei der fraglichen Tätigkeit hat er einen Bruttolohn
von Fr. 6432.90 erzielt, was an AHV-Beiträgen (Arbeitgeber- und
Arbeitnehmerbeitrag) von 8,4 % mit rund Fr. 540.- mehr als dem gesetzlichen
Mindestbeitrag von Fr. 324.- (entsprechend einem ins IK einzutragenden
Bruttolohn von Fr. 3861.-) entspricht. Nachdem der Versicherte sich gestützt
auf Art. 30 Abs. 1 AHVV die Beiträge an den Mindestbeitrag, den
nichterwerbstätige  Studierende schulden (wobei Studierende ungeachtet ihrer
persönlichen finanziellen Verhältnisse immer nur den gesetzlichen
Minimalbeitrag zu leisten haben und nie eine Beitragsfestsetzung nach Art. 10
Abs. 1 AHVG auf Grund ihres Vermögens und ihres Renteneinkommens stattfindet,
vgl. BGE 115 V 74 Erw. 4-6), anrechnen lassen kann und er bereits im
vorinstanzlichen Verfahren belegt hat, dass diese Beiträge mit der
Ausgleichskasse des Kantons Wallis abgerechnet werden (vgl. Art. 10 Abs. 1
Satz 2 AHVG), ist er damit von der Beitragspflicht im Umfang des verfügten
Mindestbeitrages befreit und die entsprechende Beitragsverfügung aufzuheben.

4.
Die Vorinstanz hat dem Beschwerdeführer auf Grund leichtsinnigen Verhaltens
die Gerichtskosten von Fr. 400.- gestützt auf Art. 1 Abs. 1 AHVG in
Verbindung mit Art. 61 lit. a ATSG (Einreichung einer offensichtlich
unbegründeten Beschwerde) auferlegt. Der Beschwerdeführer verlangt die
Aufhebung des vorinstanzlichen Entscheides auch in diesem Punkt.
Entsprechend der Begründetheit der Verwaltungsgerichtsbeschwerde kann auch
mit Bezug auf die vor Vorinstanz eingereichte Beschwerde weder von einem
leichtsinnigen noch mutwilligen Verhalten des Versicherten ausgegangen
werden. Damit fehlt einer Kostenauferlegung jedenfalls die Grundlage.

5.
5.1 Da es vorliegend nicht um die Bewilligung oder Verweigerung von
Versicherungsleistungen geht (Erw. 1 hiervor), ist das Verfahren
kostenpflichtig (Art. 134 OG e contrario). Dem Ausgang des letztinstanzlichen
Prozesses entsprechend wären dessen Kosten grundsätzlich der in der Sache
unterliegenden Beschwerdegegnerin aufzuerlegen (Art. 156 Abs. 1 in Verbindung
mit Art. 135 OG). In Anwendung des Verursacherprinzips muss unnötige Kosten
jedoch bezahlen, wer sie verursacht hat (Art. 156 Abs. 6 OG; BGE 125 V 375
Erw. 2b und ZAK 1989 S. 283 Erw. 3). Dem obsiegenden Beschwerdeführer ist
vorzuhalten, dass er den ihm von der Ausgleichskasse zugestellten "Fragebogen
für die AHV/IV/EO 2001 für Studentinnen und Studenten der Universität
X.________" insofern unrichtig ausgefüllt hat, als er die Frage nach einer
während des Kalenderjahres 2001 ausgeübten Erwerbstätigkeit klar verneinte.
Hätte er damals wahrheitsgemässe Angaben gemacht, wäre er für das Jahr 2001
nicht als Nichterwerbstätiger erfasst und zur Entrichtung des entsprechend
geschuldeten Mindestbeitrages von Fr. 390.- zuzüglich Verwaltungskosten
verpflichtet worden. Dadurch hätte sowohl das vorinstanzliche wie auch das
Verfahren vor dem Eidgenössischen Versicherungsgericht ohne weiteres
vermieden werden können. Insofern hat der Beschwerdeführer unnötig Kosten im
Sinne von Art. 156 Abs. 6 OG verursacht, welche ihm somit trotz Obsiegens
aufzuerlegen sind.

5.2 Wäre der letztinstanzliche Prozess folglich nicht erforderlich gewesen,
erweisen sich auch die dadurch entstandenen Parteikosten als unbegründet und
sind mithin ebenfalls vom Versicherten selber zu tragen (Art. 159 Abs. 5 in
Verbindung mit Art. 156 Abs. 6 und Art. 135 OG; SVR 2004 ALV Nr. 8 S. 22 Erw.
3.1 mit Hinweisen).

Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht:

1.
In Gutheissung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde werden der Entscheid des
Verwaltungsgerichts des Kantons Freiburg vom 13. März 2003 und die Verfügung
der Ausgleichskasse des Kantons Freiburg vom 22. Februar 2002 aufgehoben.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 500.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt und
mit dem geleisteten Kostenvorschuss verrechnet.

3.
Es wird keine Parteientschädigung zugesprochen.

4.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Freiburg,
Sozialversicherungsgerichtshof, und dem Bundesamt für Sozialversicherung
zugestellt.
Luzern, 14. Dezember 2004

Im Namen des Eidgenössischen Versicherungsgerichts

Die Präsidentin der III. Kammer:  Die Gerichtsschreiberin:

i.V.