Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Schuldbetreibungs- und Konkurskammer 7B.79/2003
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7B.79/2003 /min

Urteil vom 22. Mai 2003
Schuldbetreibungs- und Konkurskammer

Bundesrichterin Escher, Präsidentin,
Bundesrichter Meyer, Bundesrichterin Hohl,
Gerichtsschreiberin Scholl.

N. ________, Beschwerdeführerin, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Hans Peter
Beck, Via Tegiatscha 24, 7500 St. Moritz,

gegen

Kantonsgericht von Graubünden, Kantonsgerichtsausschuss, als Aufsichtsbehörde
über Schuldbetreibung und Konkurs, Poststrasse 14, 7002 Chur.

Notbedarf; Unterhaltsbeitrag,

SchKG-Beschwerde gegen den Entscheid des Kantonsgerichts von Graubünden,
Kantonsgerichtsausschuss, als Aufsichtsbehörde über Schuldbetreibung und
Konkurs, vom 11. Februar 2003.

Sachverhalt:

A.
Mit zwei Betreibungen (Nr. aaa und Nr. bbb) betrieb N.________ ihren
geschiedenen Ehemann auf Zahlung ausstehender Unterhaltsbeiträge. Am 10.
Dezember 2002 stellte das Betreibungsamt Oberengadin N.________ in beiden
Betreibungen Pfändungsurkunden/Verlustscheine (Nr. ccc und Nr. ddd) aus,
wobei unter der Rubrik "Ergebnis des Pfändungsvollzuges" jeweils vermerkt
wurde: "Beim Schuldner konnte kein pfändbares Vermögen festgestellt und auch
kein künftiger Lohn gepfändet werden."

B.
Gegen die beiden Pfändungsurkunden/Verlustscheine führte N.________
Beschwerde beim Kantonsgerichtsausschuss als Aufsichtsbehörde über
Schuldbetreibung und Konkurs des Kantonsgerichts von Graubünden und
beantragte, die angefochtenen Verfügungen seien aufzuheben und das
Betreibungsamt Oberengadin sei anzuweisen, beim Schuldner Lohnpfändungen im
Betrag von mindestens Fr. 1'000.-- monatlich anzuordnen. Mit Entscheid vom
11. Februar 2003 hob der Kantonsgerichtsausschuss die angefochtenen
Pfändungsurkunden/Verlustscheine auf und wies die Sache zur Neuberechnung der
pfändbaren Quote unter Berücksichtigung des Vorrechts der
Unterhaltsgläubigerin auf Eingriff in das Existenzminimum des Schuldners an
das Betreibungsamt Oberengadin zurück.

C.
Gegen diesen Entscheid gelangt N.________ mit Beschwerde vom 28. März 2003
(rechtzeitig) an die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer des Bundesgerichts
und beantragt, der angefochtene Entscheid sei aufzuheben und das
Betreibungsamt Oberengadin anzuweisen, beim Schuldner Lohnpfändungen im
Betrag von mindestens Fr. 1'000.-- monatlich anzuordnen. Zudem stellt sie ein
Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung für das
bundesgerichtliche Beschwerdeverfahren.

Dem Gesuch um Erlass vorsorglicher Verfügungen vom 6. Mai 2003 von N.________
gab die Präsidentin der Schuldbetreibungs- und Konkurskammer mit Schreiben
vom 8. Mai 2003 keine Folge.
Der Kantonsgerichtsausschuss schliesst in seinen Gegenbemerkungen (Art. 80
OG) unter Hinweis auf den angefochtenen Entscheid auf Abweisung der
Beschwerde, soweit darauf einzutreten sei.

Die Kammer zieht in Erwägung:

1.
Mit Beschwerde ans Bundesgericht nach Art. 19 SchKG kann einzig geltend
gemacht werden, der angefochtene Entscheid beruhe auf einer Verletzung von
Bundesrecht oder von völkerrechtlichen Verträgen des Bundes; dagegen bleibt
wegen Verletzung verfassungsmässiger Rechte des Bürgers die staatsrechtliche
Beschwerde vorbehalten (Art. 43 Abs. 1 i.V.m. Art. 81 OG; BGE 107 III 11 E. 1
S. 12; 120 III 114 E. 3a S. 116). Demzufolge ist auf die Rüge der Verletzung
von Art. 9 BV durch formelle Rechtsverweigerung nicht einzutreten.

2.
Soweit sich die Beschwerdeführerin zudem gegen die Neuberechnung der
pfändbaren Quote unter Berücksichtigung des Vorrechts der
Unterhaltsgläubigerin auf Eingriff in das Existenzminimum des Schuldners
wendet, ist sie diesbezüglich durch den angefochtenen Entscheid nicht
beschwert. Insoweit kann ebenfalls nicht auf die Beschwerde eingetreten
werden.

Im Übrigen ist anzumerken, dass der Kantonsgerichtsausschuss in seinem
Entscheid die Voraussetzungen für einen Eingriff in das Existenzminimum des
Schuldners korrekt dargelegt hat (BGE 111 III 13 E. 5 S. 15; 116 III 10 E. 2
S. 12; 123 III 332 E. 1 S. 333). Die Anweisung an das Betreibungsamt, den
Notbedarf für die Beschwerdeführerin sowie den Schuldner zu berechnen und
anschliessend das Einkommen des Schuldners so zu verteilen, dass beide
prozentual die gleiche Einbusse erleiden, ist nicht zu beanstanden. Auf Grund
der anstehenden Neuberechnung ist denn auch im Moment das Ergebnis der
Pfändung noch offen.

3.
Die Beschwerdeführerin verlangt eine monatliche Lohnpfändung von mindestens
Fr. 1'000.--. Zur Begründung führt sie aus, dass in der Scheidungskonvention,
welche den Unterhaltsbeitrag vorsehe, ausdrücklich eine Abänderung der
vereinbarten Rente bei einer allfälligen Wiederverheiratung des Schuldners
ausgeschlossen worden sei. Durch die Unterzeichnung der Scheidungskonvention
habe der Schuldner implizit zum Ausdruck gebracht, dass der Unterhaltsbeitrag
von Fr. 1'000.-- seinen Notbedarf nicht beschneide bzw., dass er mit einem
dadurch bewirkten Eingriff in seinen rechnerischen Notbedarf einverstanden
sei. Indem das Betreibungsamt diese besonderen Umstände bei der Festlegung
der Lohnpfändung nicht berücksichtigt habe, sei Art. 93 SchKG verletzt
worden.

Die Beschwerdeführerin verkennt bei dieser Rüge, dass sich die Höhe der
pfändbaren Einkommensquote im betreibungsrechtlichen Vollstreckungsverfahren
einzig nach den Grundsätzen der Art. 92 und 93 SchKG bestimmt, welche
bezwecken, die wirtschaftliche Existenz des Schuldners und seiner Familie in
der Zwangsvollstreckung zu schützen (Jäger/Walder/Kull/Kottmann, Bundesgesetz
über Schuldbetreibung und Konkurs, 1997, N. 2 zu Art. 92; Amonn/Gasser,
Grundriss des Schuldbetreibungs- und Konkursrechts, 1997, § 23 N. 13). Davon
zu unterscheiden ist die Frage der Abänderbarkeit der dem
Vollstreckungsverfahren zu Grunde liegenden Scheidungsrente; ob und inwieweit
der Schuldner im Scheidungsverfahren auf eine solche Abänderung verzichtet
hat, kann nicht Gegenstand des Vollstreckungsverfahrens sein, wie der
Kantonsgerichtsausschuss korrekt erkannt hat. Somit ist auch in diesem Punkt
nicht auf die Beschwerde einzutreten.

4.
Die Beschwerdeführerin hat für das Beschwerdeverfahren ein Gesuch um
unentgeltliche Rechtspflege sowie Verbeiständung gestellt.

Die Verbeiständung durch einen Rechtsanwalt kann sich unter Umständen auch im
betreibungsrechtlichen Beschwerdeverfahren vor Bundesgericht als notwendig
erweisen (BGE 122 III 392 E. 3c S. 394). Ob die geforderten Voraussetzungen
dazu im vorliegenden Fall erfüllt sind, kann offen bleiben: Die Bestellung
eines Rechtsbeistandes bedingt nämlich, dass die Beschwerde nicht als
aussichtslos erscheint (Art. 152 Abs. 1 OG), was hier nicht erfüllt ist,
nachdem auf die Beschwerde insgesamt nicht eingetreten werden konnte. Daher
ist das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege abzuweisen, soweit es gestützt
auf die grundsätzliche Kostenfreiheit des Beschwerdeverfahrens (Art. 20a Abs.
1 SchKG) nicht ohnehin gegenstandslos ist.

Demnach erkennt die Kammer:

1.
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten.

2.
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird abgewiesen.

3.
Dieses Urteil wird der Beschwerdeführerin, dem Beschwerdegegner (G.________,
vertreten durch Rechtsanwalt lic. iur. Stefan Metzger, Via Retica 26, 7503
Samedan), dem Betreibungs- und Konkursamt Oberengadin und dem Kantonsgericht
von Graubünden, Kantonsgerichtsausschuss, als Aufsichtsbehörde über
Schuldbetreibung und Konkurs, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 22. Mai 2003

Im Namen der Schuldbetreibungs- und Konkurskammer
des Schweizerischen Bundesgerichts

Die Präsidentin:  Die Gerichtsschreiberin: