Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Schuldbetreibungs- und Konkurskammer 7B.63/2003
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7B.63/2003 /min

Urteil vom 2. Juli 2003
Schuldbetreibungs- und Konkurskammer

Bundesrichterin Escher, Präsidentin,
Bundesrichter Meyer, Bundesrichterin Hohl,
Gerichtsschreiber Gysel.

Bank X.________ (Syrien), Beschwerdeführerin,
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. iur. Erich Fluri, dieser substituiert durch
Rechtsanwalt lic. iur. Alexander Biderbost, Bellariastrasse 7, Postfach, 8027
Zürich,

gegen

Obergericht (II. Zivilkammer) des Kantons Zürich als oberer kantonaler
Aufsichtsbehörde in Schuldbetreibungs- und Konkurssachen, Postfach, 8023
Zürich.

Arrestvollzug,

Beschwerde gegen den Beschluss vom 28. Februar 2003 (NR020121/U).

Sachverhalt:

A.
A.a Am 1. Juli 2002 erliess die Arrestrichterin am Bezirksgericht Zürich auf
Begehren der T.________ für eine Forderungssumme von rund 6 Mio. Franken
einen Arrestbefehl gegen die Bank X.________ mit dem Vermerk, dass der
"Arrest ... nur Wirkungen (entfalte), sofern der unter dem Datum des 10. Juni
1993 (für Forderungen von rund 5,6 Mio Franken) erlassene Arrestbefehl
mangels Prosequierung dahingefallen (sei)". Als Arrestgegenstände wurden die
Vermögenswerte der Bank X.________ bei der Bank Y.________ in Zürich
bezeichnet, "insbesondere die gestützt auf den Arrestbefehl ... vom 10. Juni
1993 (..., Arrest Nr. aaa) verarrestierten Guthaben gemäss der Arresturkunde
vom 21. Juni 1993 und Anlagewerte, in welche diese Guthaben seither
umgewandelt wurden, sowie Kontokorrentguthaben in Schweizer Franken und
fremden Währungen."

Das Betreibungsamt Zürich 1 vollzog den Arrest am 4. Juli 2002 (Arrest Nr.
bbb).

A.b Am 15. Juli 2002 verfügte das Betreibungsamt Zürich 1, der am 4. Juli
2002 vollzogene Arrest Nr. bbb werde aufgehoben. Zur Begründung erklärte es,
weitere Abklärungen hätten ergeben, dass die Prosequierung des (auf Grund des
Arrestbefehls vom 10. Juni 1993 vollzogenen) Arrestes Nr. aaa nach wie vor
möglich sei.

B.
Gegen diese Verfügung erhob die T.________ beim Bezirksgericht Zürich als
unterer kantonaler Aufsichtsbehörde in Schuldbetreibungs- und Konkurssachen
Beschwerde mit dem Begehren, der Arrest Nr. bbb sei zu vollziehen.

Das Bezirksgericht (2. Abteilung) hiess die Beschwerde am 10. Dezember 2002
gut und hob die betreibungsamtliche Verfügung vom 15. Juli 2002 auf.

Hiergegen rekurrierte die Bank X.________ an das Obergericht (II.
Zivilkammer) des Kantons Zürich (obere Aufsichtsbehörde) und verlangte, die
Verfügung des Betreibungsamtes vom 15. Juli 2002 zu bestätigen.

Das Obergericht wies den Rekurs am 28. Februar 2003 ab.

C.
Die Bank X.________ nahm den Beschluss des Obergerichts am 6. März 2003 in
Empfang. Mit einer vom 17. März 2003 (Montag) datierten und noch am gleichen
Tag zur Post gebrachten Eingabe führt sie (rechtzeitig) Beschwerde an die
Schuldbetreibungs- und Konkurskammer des Bundesgerichts und erneuert das im
kantonalen Verfahren gestellte Begehren. Ausserdem ersuchte sie darum, der
Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

Am 21. März 2003 verfügte die Präsidentin der erkennenden Kammer, auf das
Gesuch um aufschiebende Wirkung werde nicht eingetreten.

Das Obergericht hat auf Gegenbemerkungen zur Beschwerde verzichtet. Die
Beschwerdegegnerin T.________ beantragt Abweisung der Beschwerde. Das
Betreibungsamt hält an seiner Verfügung vom 15. Juli 2002 fest und schliesst
sich damit im Ergebnis dem Standpunkt der Beschwerdeführerin an.

Die Kammer zieht in Erwägung:

1.
Die Beschwerdeführerin beanstandet vorab, dass die untere kantonale
Aufsichtsbehörde auf die Beschwerde der Beschwerdegegnerin überhaupt
eingetreten ist bzw. die Vorinstanz dieser das erforderliche
Rechtsschutzinteresse, d.h. die Legitimation zur Beschwerde, zugestanden hat.

Mit seiner Verfügung vom 15. Juli 2002 hatte das Betreibungsamt den von der
Beschwerdegegnerin erwirkten Arrestvollzug vom 4. Juli 2002 widerrufen. Die
Beschwerdegegnerin war unter diesen Umständen durchaus in einer Weise
betroffen, die sie als zu einer Anfechtung der Verfügung befugt erscheinen
liess (dazu BGE 120 III 42 E. 3 S. 44).

2.
Das Obergericht ist zum Schluss gelangt, der Arrest Nr. aaa aus dem Jahre
1993 sei mangels rechtzeitiger Prosequierung dahingefallen, so dass der am 1.
Juli 2002 erlassene Arrestbefehl seine Wirkungen entfaltet habe und zu
vollziehen sei.

2.1 Im Einzelnen hält die Vorinstanz fest, das Handelsgericht des Kantons
Zürich habe im Arrestprosequierungsprozess am 4. Februar 1999 ein erstes und
nach Rückweisung der Sache durch das kantonale Kassationsgericht am 26.
Oktober 2000 ein zweites Mal entschieden. Den zweiten Entscheid habe das
Bundesgericht am 1. März 2002 bestätigt. Das bundesgerichtliche Urteil sei
mit seiner Ausfällung in Rechtskraft erwachsen und der Beschwerdegegnerin am
7. März 2002 zugestellt worden. Der dieser Zustellung folgende Tag sei
Ausgangspunkt für die weitere Prosequierung des Arrestes, doch sei innerhalb
von zehn Tagen kein Fortsetzungsbegehren gestellt worden. Das Obergericht
erklärt des Weitern, dass das Handelsgericht in seinem Urteil vom 26. Oktober
2000 zwar bezüglich eines Teils der Verzugszinsforderungen versehentlich den
Rechtsvorschlag nicht aufgehoben habe, dass aber die Beschwerdegegnerin
vorerst untätig geblieben sei und kein entsprechendes Rechtsöffnungsbegehren
gestellt habe, womit sie auch in diesem Punkt die Prosequierungsmöglichkeit
verwirkt habe. Mit Eingabe vom 21. Mai 2002 habe die Beschwerdegegnerin ein
Gesuch um Berichtigung des handelsgerichtlichen Entscheids eingereicht, doch
wäre diese Vorkehr auch dann verspätet gewesen, wenn dieses Begehren als
Prosequierungshandlung betrachtet werden wollte. Die Auffassung, dass wegen
des am 5. Juni 2002 vom Handelsgericht gefällten Berichtigungsentscheids, der
seinerseits an das Kassationsgericht und alsdann an das Bundesgericht
weitergezogen worden sei, der ganze Rechtsvorschlag erst mit dem noch
ausstehenden Bundesgerichtsentscheid beseitigt werden könne, sei in
Anbetracht des Dargelegten unhaltbar.

2.2 Für unbehelflich hält das Obergericht sodann die Auffassung der
Beschwerdeführerin, Art. 279 Abs. 3 SchKG sei als Schöpfung des neuen Rechts
und angesichts von Art. 2 der Schlussbestimmungen des SchKG nicht anwendbar.
Bereits auf Grund des Kreisschreibens des Bundesgerichts vom 1. November 1910
sei nämlich die zehntägige Frist des Art. 278 [a]SchKG zur
Arrestprosequierung auch für die Einreichung des Fortsetzungsbegehrens
massgebend gewesen, und zwar in dem Sinne, dass die Frist von dem Moment an
zu laufen begonnen habe, da der Arrestgläubiger tatsächlich in die Lage
versetzt gewesen sei, die Fortsetzung der Betreibung zu verlangen.

2.3 Die Vorinstanz erklärt schliesslich, aus dem Umstand, dass die
Beschwerdegegnerin bereits am 1. September 1995 ein Fortsetzungsbegehren
gestellt habe, lasse sich nichts für den Standpunkt der Beschwerdeführerin
gewinnen. Das erwähnte Begehren sei vom Betreibungsamt am 5. September 1995
als verfrüht und deshalb unzulässig abgewiesen worden, was die erkennende
Kammer als letzte Instanz am 20. Dezember 1996 bestätigt habe.

3.
Was in der Beschwerde vorgebracht wird, ist nicht geeignet, die Auffassung
der Vorinstanz als bundesrechtswidrig erscheinen zu lassen:
3.1 Unter Hinweis auf das Begehren um Berichtigung des handelsgerichtlichen
Entscheids vom 26. Oktober 2000 bestreitet die Beschwerdeführerin, dass mit
dem Urteil des Bundesgerichts vom 1. März 2002 einem Fortsetzungsbegehren
nichts mehr entgegengestanden habe. Mit dem angesprochenen Begehren verlangte
die Beschwerdegegnerin eine Ergänzung des Dispositivs in dem Sinne, dass für
ein zusätzliches Zinsbetreffnis, zu dessen Bezahlung die Beschwerdeführerin
verpflichtet worden war, der Rechtsvorschlag beseitigt werde. Zwischen der
Zustellung des von der Vorinstanz als endgültigen Rechtsöffnungsentscheid
gewerteten bundesgerichtlichen Urteils an die Beschwerdegegnerin (7. März
2002) und der Einreichung des Begehrens (21. Mai 2002) waren mehr als zehn,
ja sogar weit mehr als zwanzig Tage verstrichen.

3.2 In Anbetracht der dargelegten Gegebenheiten ist nicht nur der Hinweis auf
das Berichtigungsbegehren unbehelflich, sondern auch das, was die
Beschwerdeführerin gegen die Anwendung von Art. 279 Abs. 3 SchKG durch das
Obergericht vorbringt. Diese Bestimmung trat am 1. Januar 1997, mithin nach
Einleitung der strittigen Arrestprosequierung, in Kraft, so dass sich die
übergangsrechtliche Frage ihrer Anwendbarkeit auf das entsprechende
Betreibungsverfahren stellt. Art. 2 Abs. 1 der Schlussbestimmungen des
Bundesgesetzes über die Revision des SchKG erklärt die Verfahrensvorschriften
dieses Gesetzes, soweit mit hängigen Verfahren vereinbar, als mit ihrem
Inkrafttreten anwendbar, und nach Art. 2 Abs. 2 gilt für die Länge von
Fristen, die vor dem Inkrafttreten der Gesetzesnovelle zu laufen begonnen
hatten, das alte Recht.

Auf Grund der vorinstanzlichen Feststellungen zum Zeitpunkt der Beseitigung
des Rechtsvorschlags steht hier ausser Zweifel, dass die Voraussetzungen für
das Fortsetzungsbegehren erst zu einem Zeitpunkt erfüllt waren, als das neue
Recht in Kraft stand. Die Beschwerdeführerin verkennt sodann den Wortlaut von
Art. 279 Abs. 3 SchKG bzw. die Bedeutung des dort enthaltenen Hinweises auf
Art. 88 SchKG. Art. 279 Abs. 3 SchKG erklärt ausdrücklich, dass der Gläubiger
das Fortsetzungsbegehren innert zehn Tagen ab dem Zeitpunkt zu stellen habe,
da er - im Sinne von Art. 88 (Abs. 1) SchKG - dazu berechtigt sei (d.h.
gegebenenfalls nach Beseitigung des Rechtsvorschlags), und nicht etwa
"solange" er (im Sinne von Art. 88 Abs. 2 SchKG) dazu berechtigt sei. Dass
Art. 279 Abs. 3 SchKG - aus übergangsrechtlicher Sicht - sich mit dem hier in
Frage stehenden Betreibungsverfahren nicht vereinbaren liesse (Art. 2 Abs. 1
der Schlussbestimmungen), legt die Beschwerdeführerin nicht dar und ist auch
nicht ersichtlich.

3.3 Unbehelflich ist auch der Hinweis der Beschwerdeführerin auf das
Fortsetzungsbegehren, das die Beschwerdegegnerin (schon) mit Eingabe vom 1.
September 1995 gestellt hatte: Als Beilage zur Verfügung des Betreibungsamtes
vom 5. September 1995 (von der erkennenden Kammer am 20. Dezember 1996
bestätigt) wurde das (verfrühte) Fortsetzungsbegehren an die
Beschwerdegegnerin zurückgeleitet. Dieses Vorgehen entspricht dem, was heute
in Art. 9 Abs. 2 und 3 der seit 1. Januar 1997 gültigen Verordnung über die
im Betreibungs- und Konkursverfahren zu verwendenden Formulare und Register
sowie die Rechnungsführung (VFRR; SR 281.31) festgelegt ist und wonach
Fortsetzungsbegehren, die mehr als zwei Tage zu früh beim Betreibungsamt
eingehen, von diesem - ohne weitere Behandlung - mit einem entsprechenden
Vermerk an den Einsender zurückgeleitet werden. Unter den dargelegten
Umständen kann von einer blossen Sistierung des Fortsetzungsbegehrens vom 1.
September 1995 bzw. von einem "Wiederaufleben" dieses Begehrens zu einem
späteren Zeitpunkt keine Rede sein.

Demnach erkennt die Kammer:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2.
Dieses Urteil wird der Beschwerdeführerin, der Beschwerdegegnerin
(T.________, Kroatien), vertreten durch Rechtsanwalt Dr. iur. P. Christoph
Gutzwiller, Englischviertelstrasse 57, 8032 Zürich), dem Betreibungsamt
Zürich 1 und dem Obergericht (II. Zivilkammer) des Kantons Zürich als oberer
kantonaler Aufsichtsbehörde in Schuldbetreibungs- und Konkurssachen
schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 2. Juli 2003

Im Namen der Schuldbetreibungs- und Konkurskammer
des Schweizerischen Bundesgerichts

Die Präsidentin:  Der Gerichtsschreiber: