Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Schuldbetreibungs- und Konkurskammer 7B.45/2003
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7B.45/2003 /bnm

Urteil vom 2. Juni 2003
Schuldbetreibungs- und Konkurskammer

Bundesrichterin Escher, Präsidentin,
Bundesrichter Meyer, Bundesrichterin Hohl,
Gerichtsschreiber Gysel.

A. ________ (Deutschland),
Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Lucien W. Valloni,
Bellerivestrasse 201, 8034 Zürich,

gegen

Obergericht (II. Zivilkammer) des Kantons Zürich als oberer kantonaler
Aufsichtsbehörde in Schuldbetreibungs- und Konkurssachen, Postfach, 8023
Zürich.

Freigabe von Arrestgegenständen gegen Sicherheitsleistung,

Beschwerde gegen den Beschluss vom 10. Februar 2003 (NR020080/U).

Sachverhalt:

A.
Am 7. Dezember 2000 vollzog das Betreibungsamt X.________ den von der
Sparkasse B.________ beim Arrestrichter am Bezirksgericht Zürich gegen
A.________ für einen Forderungsbetrag von insgesamt 1,937 Mio. Franken
erwirkten Arrestbefehl vom 6. Dezember 2000. Mit Beschlag belegt wurden fünf
Kunstgemälde, deren Wert zunächst auf Fr. 2'500.-- geschätzt wurde. Nachdem
A.________ in der Folge einen Überarrest gerügt und geltend gemacht hatte, es
sei von einem höheren Verkehrswert der mit Beschlag belegten Gemälde
auszugehen, ordnete das Betreibungsamt eine Neuschätzung an. Nach den beiden
Verfügungen des Betreibungsamtes vom 9. November 2001 und vom 5. Dezember
2001 wurde der Schätzungswert der Bilder alsdann auf insgesamt Fr. 260'763.--
festgelegt.

B.
B.aMit Eingabe vom 24. Januar 2002 stellte A.________ beim Betreibungsamt
X.________ im Sinne von Art. 277 SchKG das Begehren, ihm die fünf Bilder
gegen Hinterlegung von Fr. 260'763.-- zur freien Verfügung zu belassen. In
einer Verfügung vom 13. Februar 2002 erklärte das Betreibungsamt, es werde
die Arrestgegenstände nach Eingang des genannten Betrags und Eintritt der
Rechtskraft der Verfügung herausgeben.

B.b Die Sparkasse B.________ erhob mit Eingabe vom 21. Februar 2002 beim
Bezirksgericht Zürich als unterer kantonaler Aufsichtsbehörde in
Schuldbetreibungs- und Konkurssachen Beschwerde und beantragte, die
betreibungsamtliche Verfügung vom 13. Februar 2002 aufzuheben; allenfalls sei
A.________ zu erlauben, die Verfügung über die Arrestgegenstände gegen
Leistung einer Sicherheit von 3,7 Mio. Franken zurück zu erlangen. Am 21.
Februar 2002 erteilte das Bezirksgericht der Beschwerde aufschiebende
Wirkung, und am 7. August 2002 hiess es die Beschwerde gut und hob die
betreibungsamtliche Verfügung auf.

B.c A.________ zog den Beschluss vom 7. August 2002 an das Obergericht (II.
Zivilkammer) des Kantons Zürich (obere Aufsichtsbehörde) weiter. Er
verlangte, die Verfügung des Betreibungsamtes vom 13. Februar 2002 zu
bestätigen, allenfalls das Betreibungsamt anzuweisen, eine Neuschätzung der
arrestierten Gemälde anzuordnen und die Gemälde alsdann gegen Leistung einer
Sicherheit in Höhe des neu ermittelten Werts freizugeben; ferner sei das
Betreibungsamt anzuweisen, einstweilen keine Verwertungshandlungen
vorzunehmen.

Durch Präsidialverfügung wurde das Betreibungsamt am 4. September 2002
angewiesen, in der zur Prosequierung des Arrestes (für Forderungen von
insgesamt über 3,5 Mio. Franken) eingeleiteten Betreibung  während der Dauer
des kantonalen Rekursverfahrens keine Verwertungshandlungen vorzunehmen.

B.d Am 12. September 2002 erliess das Betreibungsamt X.________ eine
Verfügung, wonach die arrestierten Gemälde nach Eingang einer
Sicherheitsleistung von 3,7 Mio. Franken freigegeben würden.

B.e In der von der Sparkasse B.________ eingeleiteten Arrestbetreibung
pfändete das Betreibungsamt X.________ am 16. Oktober 2002 die arrestierten
Gemälde.

B.f Am 10. Februar 2003 beschloss das Obergericht, es werde vorgemerkt, dass
die Verfügung des Betreibungsamtes X.________ vom 13. Februar 2002 (über die
Freigabe der Arrestgegenstände im Sinne von Art. 277 SchKG) und damit auch
das diese Verfügung betreffende Rechtsmittelverfahren infolge Pfändung der
Arrestgegenstände gegenstandslos geworden sei, und das Verfahren werde
deshalb abgeschrieben. Es stellte ausserdem fest, dass die am 4. September
2002 an das Betreibungsamt erteilte Anweisung, in der Betreibung Nr. ...
einstweilen keine Verwertungshandlungen vorzunehmen, dahin falle.

C.
A.________ nahm den Beschluss des Obergerichts am 14. Februar 2003 in
Empfang. Mit einer vom 24. Februar 2003 datierten und noch am gleichen Tag
zur Post gebrachten Eingabe führt er (rechtzeitig) Beschwerde an die
Schuldbetreibungs- und Konkurskammer des Bundesgerichts und verlangt im
Hauptantrag, das Obergericht anzuweisen, seinen Rekurs materiell zu
beurteilen.

Durch Präsidialverfügung vom 3. März 2003 ist das Betreibungsamt X.________
angewiesen worden, in der Arrestbetreibung Nr. ... von Verwertungshandlungen
einstweilen abzusehen.

Das Obergericht hat bei der Überweisung der Akten (Art. 80 OG) erklärt, auf
Gegenbemerkungen zur Beschwerde zu verzichten. Das Betreibungsamt X.________
hat sich eines Antrags enthalten, und die Beschwerdegegnerin (Sparkasse
B.________) schliesst im Hauptantrag auf Abweisung der Beschwerde.

Die Kammer zieht in Erwägung:

1.
Die eingegangenen Vernehmlassungen zur Beschwerde enthalten keine neuen
Vorbringen, die die Anordnung eines zweiten Schriftenwechsels gebieten
würden.

2.
Das Obergericht hat festgehalten, Grundlage des vom Beschwerdeführer gestützt
auf Art. 277 erster Satz SchKG gestellten Freigabegesuchs sei, dass im Fall
der Pfändung die Arrestgegenstände oder an deren Stelle andere
Vermögensstücke von gleichem Wert vorhanden sein würden. Hier seien die
arrestierten Gemälde am 16. Oktober 2002 gepfändet worden. Der Arrestbeschlag
und damit auch das Gesuch um Freigabe der Arrestgegenstände gegen
Sicherheitsleistung seien deshalb obsolet. Die der Beschwerde zugrunde
liegende Verfügung des Betreibungsamtes vom 13. Februar 2002 habe sich nicht
auf den Pfändungsbeschlag bezogen, sondern auf den heute nicht mehr aktuellen
Arrestbeschlag, und auf die Pfändung sei Art. 277 SchKG, auf dem das
Freigabegesuch des Beschwerdeführers beruhe, nicht anwendbar. Sei aber die
betreibungsamtliche Verfügung vom 13. Februar 2002 zur Freigabe der
arrestierten Gemälde und demzufolge auch das betreffende
Rechtsmittelverfahren gegenstandslos geworden, sei letzteres abzuschreiben.

3.
Was in der Beschwerde vorgebracht wird, ist nicht geeignet, den angefochtenen
Entscheid als bundesrechtswidrig erscheinen zu lassen:

Der Beschwerdeführer erklärt, die Vorinstanz habe eine künstliche Trennung
zwischen Arrest- und Pfändungsbeschlag vorgenommen,  und glaubt, aus BGE 120
III 89 ff. ableiten zu können, dass sein Begehren um Entlassung der Gemälde
aus dem Arrestbeschlag gegen Sicherheitsleistung durch den Vollzug der
Pfändung nicht gegenstandslos geworden sei. Wie die Vorinstanz zutreffend
bemerkt, hatte dem angerufenen Urteil ein Gesuch zugrunde gelegen, das
eingereicht worden war, als die herausverlangten arrestierten Gegenstände
bereits mit Pfändungsbeschlag belegt worden waren. Aus der Feststellung des
Bundesgerichts, das Freigabegesuch müsse vor dem Vollzug der Pfändung in der
Arrestprosequierungsbetreibung gestellt werden (BGE 120 III 89 E. 4b S. 91),
ergibt sich nicht zwangsläufig, dass ein vor der Pfändung eingereichtes
Gesuch auch noch nach deren Vollzug zu einer Freigabe der arrestierten
Gegenstände führen kann. Mit der Vorinstanz ist im Gegenteil davon
auszugehen, dass Art. 277 SchKG in einem solchen Fall nicht mehr zum Tragen
kommt. Sobald in dem zur Prosequierung des Arrestes eingeleiteten
Betreibungsverfahren die Voraussetzungen für das Fortsetzungsbegehren erfüllt
sind, kann der Gläubiger den Vollzug der Pfändung verlangen, ohne dass er
sich ein allenfalls noch hängiges Freigabegesuch des Schuldners
entgegenhalten zu lassen hätte. Der Einwand des Beschwerdeführers, es könnten
nur Vermögenswerte gepfändet werden, die vom Arrestbeschlag erfasst gewesen
seien, und es müsse hier zunächst darüber befunden werden, ob es die
strittigen Gemälde seien oder eine an deren Stelle tretende
Sicherheitsleistung, ist deshalb unbehelflich. Mit der Pfändung fällt das
Interesse des Gläubigers an der durch den Arrest gewährleisteten
(provisorischen) Sicherung dahin. Gleichzeitig wird der dem Schuldner
gebotenen Möglichkeit, die freie Verfügung über die Arrestobjekte gegen
Leistung einer entsprechenden Sicherheit wieder zu erlangen, die Grundlage
entzogen. Wünscht der Schuldner (einstweilen) im Genuss der mit Beschlag
belegten Sache zu bleiben und handelt es sich bei dieser nicht um einen unter
Art. 98 Abs. 1 SchKG fallenden Vermögenswert, steht ihm offen, sich gegenüber
dem Betreibungsamt auf Art. 98 Abs. 2 SchKG zu berufen.

Nichts zu ändern am Gesagten vermag der Hinweis des Beschwerdeführers auf die
obergerichtliche Präsidialverfügung vom 4. September 2002, mit der das
Betreibungsamt angewiesen worden war, während der Dauer des Rekursverfahrens
im Betreibungsverfahren von Verwertungshandlungen abzusehen: Es ist nicht
ersichtlich, inwiefern der Pfändungsvollzug vom 16. Oktober 2002 (der keinen
Verwertungsakt darstellt) gegen die erwähnte Anweisung verstossen haben soll.
Dass die Pfändung aus einem andern Grund nicht hätte vollzogen werden dürfen,
macht der Beschwerdeführer nicht geltend.

4.
Die vorinstanzliche Abschreibung der Beschwerde ist nach dem Gesagten nicht
zu beanstanden und die vorliegende Beschwerde daher abzuweisen. Damit
brauchen die weiteren Ausführungen des Beschwerdeführers, die die
grundsätzliche Frage der Freigabe der Gemälde im Sinne von Art. 277 SchKG
bzw. die Höhe der Sicherheitsleistung betreffen, nicht erörtert zu werden.

Demnach erkennt die Kammer:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2.
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, der Beschwerdegegnerin, dem
Betreibungsamt X.________ und dem Obergericht (II. Zivilkammer) des Kantons
Zürich als oberer kantonaler Aufsichtsbehörde in Schuldbetreibungs- und
Konkurssachen schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 2. Juni 2003

Im Namen der Schuldbetreibungs- und Konkurskammer
des Schweizerischen Bundesgerichts

Die Präsidentin:  Der Gerichtsschreiber: