Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Schuldbetreibungs- und Konkurskammer 7B.255/2003
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7B.255/2003 /rov

Urteil vom 19. Januar 2004
Schuldbetreibungs- und Konkurskammer

Bundesrichterin Escher, Präsidentin,
Bundesrichter Meyer, Bundesrichterin Hohl,
Gerichtsschreiber Levante.

Z. ________ AG,
Beschwerdeführerin,
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Jürg Reichenbach,

gegen

Obergericht des Kantons Zürich, II. Zivilkammer, als obere kantonale
Aufsichtsbehörde in Schuldbetreibungs- und Konkurssachen, Postfach, 8023
Zürich.

Wiederherstellung der Rechtsvorschlagsfrist,

SchKG-Beschwerde gegen den Beschluss des Obergerichts des Kantons Zürich, II.
Zivilkammer, als oberer kantonaler Aufsichtsbehörde in Schuldbetreibungs- und
Konkurssachen vom 4. November 2003 (NR030052/U).

Die Kammer zieht in Erwägung:

1.
Das Betreibungsamt Zürich 1 teilte der Z.________ AG mit Verfügung vom 17.
Januar 2003 mit, dass in der gegen sie von der Y.________ AG zur
Prosequierung des Arrestes Nr. yyy eingeleiteten Betreibung Nr. xxx kein
Rechtsvorschlag erhoben worden sei. Zur Begründung hielt das Betreibungsamt
im Wesentlichen fest, es sei wohl Widerspruch in einem gegen die
Betreibungsschuldnerin im Fürstentum Liechtenstein eingeleiteten
Zwangsvollstreckungsverfahren (Zahlbefehl Nr. zzz vom 8. März 2001) erhoben
worden, nicht aber Rechtsvorschlag gegen den Zahlungsbefehl in Betreibung Nr.
xxx, welcher über das Fürstliche Landgericht (rechtshilfeweise) am 26. März
2001 zugestellt worden sei. Die Z.________ AG gelangte an das Bezirksgericht
Zürich als unterer kantonaler Aufsichtsbehörde über die Betreibungsämter und
verlangte, die Frist zur Erhebung des Rechtsvorschlages in Betreibung Nr. xxx
sei wiederherzustellen und neu anzusetzen. Mit Beschluss vom 19. Juni 2003
wies die untere Aufsichtsbehörde die Beschwerde und das Gesuch um
Wiederherstellung der Rechtsvorschlagsfrist ab (soweit darauf eingetreten
wurde). Das Obergericht des Kantons Zürich, II. Zivilkammer, als obere
kantonale Aufsichtsbehörde in Schuldbetreibungs- und Konkurssachen bestätigte
mit Beschluss vom 4. November 2003 den erstinstanzlichen Beschwerdeentscheid.

Die Z.________ AG hat den Beschluss der oberen Aufsichtsbehörde mit
Beschwerdeschrift (datiert) vom 28. November 2003 an die Schuldbetreibungs-
und Konkurskammer des Bundesgerichts weitergezogen und beantragt (wie im
kantonalen Verfahren), die Frist zur Erhebung des Rechtsvorschlages in
Betreibung Nr. xxx sei wiederherzustellen und neu anzusetzen.

Die obere Aufsichtsbehörde hat anlässlich der Aktenüberweisung auf
Gegenbemerkungen (Art. 80 OG) verzichtet. Es sind keine Vernehmlassungen
eingeholt worden.

2.
Der Entscheid der oberen kantonalen Aufsichtsbehörde kann innert zehn Tagen
nach der Eröffnung an das Bundesgericht weitergezogen werden (Art. 19 Abs. 1
SchKG).

2.1 Die Beschwerdeführerin hält einzig fest, der angefochtene Beschluss sei
ihr am 18. November 2003 zugegangen, und behauptet Rechtzeitigkeit der
Beschwerdeführung. Nach den Angaben der oberen Aufsichtsbehörde wurde der
Beschluss am 6. November 2003 als (in den Akten liegende) Gerichtsurkunde dem
Rechtsvertreter der Beschwerdeführerin zugesandt (vgl. auch Vermerk auf S. 10
des angefochtenen Beschlusses), von der Post (am 14. November 2003) als
"nicht abgeholt" retourniert und am 18. November 2003 vom Rechtsvertreter der
Beschwerdeführerin auf der Gerichtskanzlei persönlich abgeholt.

2.2 Wird eine eingeschriebene Sendung nicht innerhalb der vorgesehenen
Abholfrist von sieben Tagen abgeholt (Ziff. 2.3.7 lit. b der Allgemeinen
Geschäftsbedingungen "Postdienstleistungen" der Schweizerischen Post, Ausgabe
Januar 2002, i.V.m. Art. 11 Abs. 1 des Postgesetzes [SR 783.0] sowie Art. 13
Abs. 1 der Postverordnung [SR 783.01]), gilt die Sendung nach der
Rechtsprechung (BGE 123 III 492 E. 1 S. 493; 127 I 31 E. 2a/aa S. 34; 127 III
173 E. 1a S. 174) als am letzten Tag der Frist zugestellt, sofern der
Adressat mit der Zustellung hatte rechnen müssen. Letzteres ist hier ohne
weiteres zu bejahen, da die Beschwerdeführerin mit Eingabe vom 7. Juli 2003
bei der oberen Aufsichtsbehörde Beschwerde geführt hat. Ab diesem Zeitpunkt
musste die Beschwerdeführerin mit der Zustellung eines Entscheides dieser
Behörde rechnen. Somit begann die 10-tägige Beschwerdefrist für die
Weiterziehung des Beschlusses der oberen Aufsichtsbehörde an das
Bundesgericht mit rechtswirksamer Zustellung am 13. November 2003 (letzter
Tag der Abholfrist) mit dem 14. November 2003 zu laufen und endigte am 23.
November 2003, verlängerte sich aber, weil dieser Tag ein Sonntag war, auf
den nächstfolgenden Werktag, den 24. November 2003 (Art. 31 Abs. 1 und 3
SchKG). Die am 28. November 2003 der schweizerischen Post (Art. 32 Abs. 1
SchKG) übergebene Beschwerde erweist sich als verspätet.

2.3 Wegen verspäteter Beschwerdeführung können die Vorbringen der
Beschwerdeführerin, die obere Aufsichtsbehörde habe ihr zu Unrecht die
Wiederherstellung der Rechtsvorschlagsfrist verweigert, nicht gehört werden.
Auf den (allenfalls sinngemäss erhobenen) Vorwurf, die Vorinstanz habe das
Verbot des überspitzten Formalismus sowie weitere Verfahrensgarantien im
Sinne von Art. 29 Abs. 1 BV verletzt, kann ohnehin nicht eingetreten werden,
da im Beschwerdeverfahren gemäss Art. 19 SchKG ein Verstoss gegen Normen mit
Verfassungsrang nicht gerügt werden kann (Art. 43 Abs. 1 i.V.m. Art. 81 OG;
BGE 122 III 34 E. 1 S. 35).

3.
Unabhängig von fehlenden Beschwerdevoraussetzungen kann die
Schuldbetreibungs- und Konkurskammer des Bundesgerichts eingreifen, wenn sie
auf die Nichtigkeit (Art. 22 SchKG) einer Betreibungshandlung aufmerksam wird
(BGE 112 III 1 E. 1a, c u. d S. 3 f.).
3.1 Die Beschwerdeführerin macht im Wesentlichen geltend, die parallele
Betreibung in der Schweiz (Zahlungsbefehl in der
Arrestprosequierungsbetreibung Nr. xxx des Betreibungsamtes Zürich 1) und im
Fürstentum Liechtenstein (Zahlbefehl im Schuldentriebsverfahren Nr. zzz des
Fürstlichen Landgerichts) habe zu einem Irrtum über die Verfahrenslage
geführt, indem sie angenommen habe, die Erhebung des Widerspruchs in der
liechtensteinischen Betreibung wirke auch als Rechtsvorschlag in der
schweizerischen Betreibung. Die Verfügung des Betreibungsamtes, wonach in der
schweizerischen Betreibung kein Rechtsvorschlag erhoben worden sei, belaste
sie (die Beschwerdeführerin) mit einem Verfahrensnachteil, weil sie nun auf
dem Klageweg nach Art. 85, Art. 85a und Art. 86 SchKG vorgehen müsse,
währenddem das formalistische Behaften auf dem Erklärungsirrtum die
Betreibungsgläubigerin begünstige. Dies sei unbillig und verstosse gegen die
Grundregeln eines fairen Verfahrens, weshalb die Verfügung nach Art. 22 SchKG
aufzuheben sei.

3.2 Eine Verfügung ist nichtig, wenn sie gegen zwingendes Recht verstösst,
indem sie eine im öffentlichen Interesse oder im Interesse von am Verfahren
nicht beteiligten Personen aufgestellte Vorschrift verletzt (Art. 22 Abs. 1
SchKG; BGE 115 III 24 E. 1 S. 26). Das trifft hier nicht zu: Ein Interesse an
der Erhebung des Rechtsvorschlages ist einzig für die Beschwerdeführerin
ersichtlich. Wenn das Betreibungsamt den von der Beschwerdeführerin
irrtümlich nur im liechtensteinischen Mahnverfahren erhobenen Widerspruch
nicht als Rechtsvorschlag in der Betreibung Nr. xxx erachtet hat, steht die
Verletzung einer Vorschrift mit Schutzbereich im erwähnten Sinn nicht zur
Diskussion. Der Einwand, die Verfügung des Betreibungsamtes sei wegen eines
Irrtums der Beschwerdeführerin nichtig, geht fehl, und es besteht kein Anlass
zum Einschreiten von Amtes wegen.

4.
Das Beschwerdeverfahren ist grundsätzlich kostenlos (Art. 20a Abs. 1 SchKG).

Demnach erkennt die Kammer:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.

2.
Dieses Urteil wird der Beschwerdeführerin, der Beschwerdegegnerin (Y.________
AG, vertreten durch Rechtsanwalt Alex Wittmann), dem Betreibungsamt Zürich 1
und dem Obergericht des Kantons Zürich, II. Zivilkammer, als oberer
kantonaler Aufsichtsbehörde in Schuldbetreibungs- und Konkurssachen
schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 19. Januar 2004

Im Namen der Schuldbetreibungs- und Konkurskammer
des Schweizerischen Bundesgerichts

Die Präsidentin:  Der Gerichtsschreiber: