Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Schuldbetreibungs- und Konkurskammer 7B.225/2003
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7B.225/2003 /rov

Urteil vom 23. Oktober 2003
Schuldbetreibungs- und Konkurskammer

Bundesrichterin Escher, Präsidentin,
Bundesrichter Meyer, Bundesrichterin Hohl,
Gerichtsschreiberin Scholl.

Z. ________,
Beschwerdeführer,

gegen

Aufsichtsbehörde für Schuldbetreibung und Konkurs des Kantons Solothurn,
Amthaus 1, 4502 Solothurn.

Lohnpfändung; Berechnung des Existenzminimums,

SchKG-Beschwerde gegen das Urteil der Aufsichtsbehörde für Schuldbetreibung
und Konkurs des Kantons Solothurn vom 19. September 2003.

Die Kammer zieht in Erwägung:

1.
Mit Datum vom 3. Juni 2003 berechnete das Betreibungsamt A.________ das
Existenzminimum von Z.________ (Schuldner) neu. Gestützt darauf vollzog es am
4. Juni 2003 die Lohnpfändung für diverse Betreibungen der Gruppe Nr. ....
Dagegen erhob die Stadt B.________ (Gläubigerin) Beschwerde an die
Aufsichtsbehörde für Schuldbetreibung und Konkurs des Kantons Solothurns und
beantragte eine Erhöhung der pfändbaren Lohnquote. Mit Urteil vom 19.
September 2003 hiess die Aufsichtsbehörde die Beschwerde teilweise gut.

Z. ________ gelangt mit Beschwerde vom 2. Oktober 2003 (Abgabe
Obergerichtskanzlei: 10. Oktober 2003) rechtzeitig an die Schuldbetreibungs-
und Konkurskammer des Bundesgerichts. Umstritten ist insbesondere die
Berechnung des Existenzminimums. Die Aufsichtsbehörde hat nur in Bezug auf
die Pfändung des 13. Monatslohnes Gegenbemerkungen (Art. 80 Abs. 1 OG)
angebracht. Es sind keine Vernehmlassungen eingeholt worden.

2.
Anfechtungsobjekt der vorliegenden Beschwerde ist gemäss Art. 19 Abs. 1 SchKG
allein der Entscheid der Aufsichtsbehörde vom 19. September 2003.
Streitgegenstand ist somit einzig die Existenzminimumsberechnung vom 3. Juni
2003 sowie die gestützt darauf vorgenommene Lohnpfändung. Aus diesem Grund
sind die Vorbringen des Beschwerdeführers, die sich gegen Lohnpfändungen aus
den Jahren 2001 und 2002 richten, unzulässig.

Der Beschwerdeführer wirft dem Betreibungsamt die ungerechtfertigte
Einforderung von Gebühren vor. Soweit sich diese Vorwürfe auf die Jahre 2001
und 2002 beziehen, kann auch hier nicht darauf eingetreten werden. Im Übrigen
lässt sich der Beschwerde nicht entnehmen, welche Gebühren der
Beschwerdeführer im Einzelnen als "grundlos" ansieht. Damit genügt die
Eingabe in diesem Punkt nicht den gesetzlichen Begründungsanforderungen von
Art. 79 Abs. 1 OG, wonach in der Beschwerdeschrift kurz darzulegen ist,
welche Bundesrechtssätze und inwiefern diese durch den angefochtenen
Entscheid verletzt worden sind (BGE 119 III 49 E. 1 S. 50).

3.
Erwerbseinkommen kann soweit gepfändet werden, als es nach dem Ermessen des
Betreibungsbeamten für den Schuldner und seine Familie nicht unbedingt
notwendig ist (Art. 93 Abs. 1 SchKG). Mit Beschwerde gemäss Art. 19 Abs. 1
SchKG kann gerügt werden, dass bei der Ausübung des im Gesetz eingeräumten
Ermessens, das Existenzminimum des Schuldners festzusetzen, sachfremde
Kriterien berücksichtigt oder rechtserhebliche Umstände ausser Acht gelassen
worden sind (BGE 128 III 337 E. 3a; 129 III 242 E. 4 S. 243). Nachfolgend
wird auf die einzelnen Positionen der Existenzminimumsberechnung, welche der
Beschwerdeführer kritisiert, eingegangen.

3.1 In Bezug auf die monatliche Krankenkassenprämie hat die Aufsichtsbehörde
ausgeführt, dass der vom Betreibungsamt anerkannte Betrag von Fr. 363.-- für
die monatliche Grundprämie als zu hoch erscheine. Das Betreibungsamt habe
daher diese Angabe des Schuldners zu überprüfen und allenfalls zu
korrigieren.

Diese Anweisung der Aufsichtsbehörde, nur den Prämienaufwand für die
obligatorische Grundversicherung anzurechnen, ist nicht zu beanstanden (BGE
129 III 242 E. 4.1 S. 244). Weitere, von der obligatorischen
Krankenversicherung nicht gedeckte grössere Auslagen für ärztliche
Behandlungen können nur berücksichtigt werden, wenn diese hinreichend belegt
sind. Der Beschwerdeführer weist jedoch keine konkreten diesbezüglichen
Ausgaben nach, so dass sich die Beschwerde insoweit als unbegründet erweist.

3.2 Gemäss den Feststellungen der Aufsichtsbehörde wohnt der Beschwerdeführer
mit seiner erwachsenen Tochter zusammen. Sie hat daher festgehalten, dass die
Tochter einen angemessenen Anteil an die gemeinsamen Wohnkosten von Fr.
1'910.-- zu leisten habe.

Lebt der Schuldner mit einem volljährigen Kind in einer häuslichen
Gemeinschaft, so ist ein angemessener Anteil des Kindes an den Wohnkosten bei
der Festsetzung des Existenzminimums zu berücksichtigen (Georges Vonder
Mühll, in: Staehelin/Bauer/Staehelin, Kommentar zum Bundesgesetz über
Schuldbetreibung und Konkurs, N. 35 zu Art. 93 SchKG; Alfred Bühler,
Betreibungs- und prozessrechtliches Existenzminimum, AJP 2002 S. 660). Da das
Einkommen der Tochter der Aufsichtsbehörde nicht bekannt gewesen ist, hat sie
das Betreibungsamt angewiesen, die nötigen Abklärungen zu treffen. Die
Behauptung des Beschwerdeführers, die Leistungen seiner Tochter an die
Wohnkosten seien nachgewiesen und eine Neubeurteilung erübrige sich, erweist
sich als offensichtlich unzutreffend. Der Beschwerdeführer macht im Übrigen
nicht geltend, seine Tochter sei nicht in der Lage, einen Beitrag zu leisten,
sondern führt im Gegenteil aus, diese habe sich im Jahr 2001 monatlich sogar
mit Fr. 1'700.-- an den Wohnkosten beteiligt.

3.3 In Bezug auf die Wohnkosten hat die Aufsichtsbehörde weiter ausgeführt,
diese seien in Anbetracht der familiären Situation des Beschwerdeführers
ohnehin zu hoch. Für ihn und seine Tochter sei eine 3-Zimmerwohnung, welche
ortsüblich durchschnittlich Fr. 900.-- koste, ausreichend und zumutbar. Daher
werde das Betreibungsamt angewiesen, ab 1. April 2004 den zu
berücksichtigenden Mietzins auf Fr. 900.-- herabzusetzen, wobei zudem für die
mit dem Beschwerdeführer zusammenlebende Tochter ein Wohnkostenanteil von Fr.
450.-- abzuziehen sei.

Die Herabsetzung übersetzter Wohnkosten eines Schuldners auf ein Normalmass
unter Gewährung einer angemessenen Frist entspricht der bundesgerichtlichen
Rechtsprechung (BGE 128 III 337 E. 3b S. 338; 129 III 526 E. 2 S. 527), eine
Ermessensüberschreitung durch die Aufsichtsbehörde ist im vorliegenden Fall
nicht ersichtlich. Die Höhe der ab 1. April 2004 anzurechnenden Wohnkosten
rügt der Beschwerdeführer im Übrigen nicht. In Bezug auf den Wohnkostenanteil
der Tochter kann auf die obigen Erwägungen (E. 3.2) verwiesen werden.

3.4 Die Aufsichtsbehörde hat weiter die Steuern bei der Berechnung des
Existenzminimums nicht berücksichtigt, da der Beschwerdeführer seit Jahren
weder Staats- noch Gemeindesteuern bezahle. An diese tatsächliche
Feststellung ist das Bundesgericht grundsätzlich gebunden (Art. 63 Abs. 2
i.V.m. Art. 81 OG; BGE 119 III 54 E. 2b S. 55; 124 III 286 E. 3b S. 288).
Zudem entspricht diese Feststellung den  in den amtlichen Akten befindlichen
Schreiben des Steueramtes des Kantons Solothurn vom 15. Juli 2003 sowie des
Steuerregisteramtes der Stadt Grenchen vom 14. Juli 2003, wonach der
Beschwerdeführer seit längerer Zeit keine Zahlungen geleistet habe. Die
gegenteilige Behauptung des Beschwerdeführers, er habe die Steuern bezahlt,
erweist sich daher als offensichtlich unzutreffend. Ohnehin sind nach
bundesgerichtlicher Rechtsprechung Steuern nicht an das betreibungsrechtliche
Existenzminimum anzurechnen, selbst wenn deren Bezahlung nachgewiesen ist
(BGE 95 III 39 E. 3 S. 42; 126 III 89 E. 3b S. 93).

3.5 Der Beschwerdeführer verlangt weiter die Aufhebung der Pfändung seines
13. Monatslohnes, da dieser bereits früher gepfändet worden sei. Die
Aufsichtsbehörde hat in ihren Gegenbemerkungen eingeräumt, dass diese
Behauptung zutreffe: Die bereits bestehende Pfändung sei auf Grund der neuen
Vorgehensweise des Betreibungsamtes (Pfändung des 13. Monatslohnes nur noch
auf Anzeige an Arbeitgeber vermerkt und nicht mehr auf Pfändungsverfügung
selbst) übersehen worden. Dies gereiche dem Schuldner aber nicht zum
Nachteil, da der 13. Monatslohn faktisch nicht mehrfach gepfändet werden
könne. Angesichts dieser Ausführungen der Aufsichtsbehörde kann in diesem
Punkt von einer Gutheissung der Beschwerde abgesehen werden.

3.6 Die weiteren Einwendungen des Beschwerdeführers erweisen sich ebenfalls
als unbegründet, soweit es sich dabei nicht ohnehin um unzulässige neue
Tatsachen (Art. 79 Abs. 1 OG) handelt bzw. sie sich überhaupt auf die hier
strittige Lohnpfändung beziehen: Unbehelflich sind die Vorbringen des
Beschwerdeführers, er habe kein Geld für Kleider, Schuhe, Ferien, Telefon
etc.; diese Ausgaben sind im Grundbetrag von Fr. 1'100.-- enthalten. In Bezug
auf die Rüge, er habe zeitweilig nicht zur Arbeit gehen können, weil er das
Bahnabonnement nicht termingerecht habe erneuern können, ist darauf
hinzuweisen, dass in der Existenzminimumsberechnung für die Fahrten zum
Arbeitsplatz monatlich Fr. 450.-- vorgesehen sind. Dass die effektiven Kosten
höher sind, bringt der Beschwerdeführer nicht vor. Grundsätzlich nicht
berücksichtigt werden beim betreibungsrechtlichen Existenzminimum Prämien für
freiwillige Versicherungen (Alfred Bühler, a.a.O., S. 650).

4.
Damit ist die Beschwerde abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden kann.
Mit dem Entscheid in der Sache selbst wird das (sinngemässe) Begehren, der
Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, gegenstandslos. Das
Beschwerdeverfahren ist grundsätzlich kostenlos (Art. 20a Abs. 1 SchKG), und
es darf keine Parteientschädigung zugesprochen werden (Art. 62 Abs. 2 GebV
SchKG).

Demnach erkennt die Kammer:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.

2.
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, der Beschwerdegegnerin, dem
Betreibungsamt A.________ und der Aufsichtsbehörde für Schuldbetreibung und
Konkurs des Kantons Solothurn schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 23. Oktober 2003

Im Namen der Schuldbetreibungs- und Konkurskammer
des Schweizerischen Bundesgerichts

Die Präsidentin:  Die Gerichtsschreiberin: