Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Schuldbetreibungs- und Konkurskammer 7B.203/2003
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7B.203/2003 /rov

Urteil vom 19. November 2003
Schuldbetreibungs- und Konkurskammer

Bundesrichterin Escher, Präsidentin,
Bundesrichter Meyer, Bundesrichterin Hohl,
Gerichtsschreiber Levante.

1. Z.________ & Co.,
2.Y.________ AG,
3.X.________,
4.W.________,
5.V.________,
6.U.________,
7.T.________,
Beschwerdeführer,
Nr. 1-7 vertreten durch Nr. 4, W.________,
c/o Z.________ & Co.,

gegen

Obergericht des Kantons Zürich, II. Zivilkammer, als oberer kantonaler
Aufsichtsbehörde in Schuldbetreibungs- und Konkurssachen, Postfach, 8023
Zürich.

Vorkaufsrecht,

SchKG-Beschwerde gegen den Beschluss des Obergerichts des Kantons Zürich, II.
Zivilkammer, als oberer kantonaler Aufsichtsbehörde in Schuldbetreibungs- und
Konkurssachen vom 20. August 2003 (NR030060/U).

Sachverhalt:

A.Das Konkursamt Affoltern führt den Konkurs der S.________ AG in Liquidation
durch, in dem die zweite Gläubigerversammlung noch nicht stattgefunden hat.
Die Gemeinschuldnerin ist mit Baurecht GB ... am Grundstück GB ... (Kat. Nr.
..., Plan ..., A.________) berechtigt, auf welchem sie Wohn- und
Geschäftsbauten erstellte. Am 23. Mai 2003 schloss die Eigentümerin der
Liegenschaft, R.________, mit der Bank Q.________ einen (öffentlich
beurkundeten) Kaufvertrag über die Liegenschaft (Kaufpreis Fr. 1,2 Mio.) und
informierte deshalb mit Schreiben vom 24. Mai 2003 gemäss Art. 681a ZGB die
Konkursverwaltung über den Abschluss und Inhalt dieses Kaufvertrages.

Am 30. Mai 2003 orientierte die Konkursverwaltung die ihr bekannten Gläubiger
über den Sachverhalt und verfügte, dass das der Gemeinschuldnerin zustehende
Vorkaufsrecht nicht ausgeübt werde und hierfür Art. 260 SchKG keine Anwendung
finde. Hiergegen erhoben die Z.________ & Co. und sechs weitere Gläubiger
Beschwerde und wollten (im Rahmen von 10 Anträgen) in erster Linie bewirken,
dass die Konkursverwaltung das der Gemeinschuldnerin zustehende Vorkaufsrecht
gemäss Art. 682 Abs. 2 ZGB ausübe. Das Bezirksgericht Affoltern als untere
Aufsichtsbehörde in Schuldbetreibungs- und Konkurssachen trat auf die
Beschwerde mit Beschluss vom 18. Juli 2003 nicht ein. Zur Begründung hielt
sie im Wesentlichen fest, dass die Nichtausübung des Vorkaufsrechts durch die
Konkursverwaltung nicht mit Beschwerde anfechtbar sei. Die Z.________ & Co.
und Mitbeteiligten gelangten in der Folge mit Beschwerde an das Obergericht
des Kantons Zürich, II. Zivilkammer, als oberer kantonaler Aufsichtsbehörde
in Schuldbetreibungs- und Konkurssachen, welches mit Beschluss vom 20. August
2003 den erstinstanzlichen Nichteintretensentscheid bestätigte.

B.
Die Z.________ & Co. und Mitbeteiligten haben den Beschluss der oberen
Aufsichtsbehörde mit Beschwerdeschrift vom 7. September 2003 (Postaufgabe)
rechtzeitig an die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer des Bundesgerichts
weitergezogen und beantragen im Wesentlichen, der angefochtene Beschluss sei
aufzuheben und die Sache an die Vorinstanz zurückzuweisen; eventuell sei (wie
im Wesentlichen bereits vor der ersten Instanz beantragt) die
Konkursverwaltung anzuweisen, das der Gemeinschuldnerin zustehende
Vorkaufsrecht auszuüben. Weiter verlangen sie aufschiebende Wirkung.

C.
Die obere Aufsichtsbehörde hat anlässlich der Aktenüberweisung auf
Gegenbemerkungen (Art. 80 OG) verzichtet. Die Konkursverwaltung schliesst auf
Nichteintreten auf die Beschwerde. Die Bank Q.________ als Beschwerdegegnerin
beantragt, die Beschwerde sei zufolge Gegenstandslosigkeit abzuschreiben und
im Falle des Eintretens abzuweisen.

Mit Präsidialverfügung vom 11. September 2003 wurde der Beschwerde
aufschiebende Wirkung zuerkannt.

Die Kammer zieht in Erwägung:

1.
1.1 Anfechtungsobjekt der Beschwerde gemäss Art. 19 SchKG ist einzig der
Beschluss der oberen Aufsichtsbehörde. Soweit die Beschwerdeführer die
Aufhebung des erstinstanzlichen Beschlusses verlangen, kann auf die
Beschwerde nicht eingetreten werden.

1.2 Gemäss Art. 79 Abs. 1 OG ist in der Beschwerdeschrift kurz darzulegen,
welche Bundesrechtssätze und inwiefern diese durch den angefochtenen
Entscheid verletzt worden sind (BGE 119 III 49 E. 1). Die Verweisung der
Beschwerdeführer auf Vorbringen im kantonalen Verfahren genügt diesen
Begründungsanforderungen nicht und ist unbeachtlich (BGE 106 III 40 E. 1 S.
42).

1.3 Aus den kantonalen Sachverhaltsfeststellungen (Art. 63 Abs. 2 i.V.m. Art.
81 OG) geht hervor, dass die Konkursverwaltung allerspätestens am 30. Mai
2003 Kenntnis vom Abschluss des Kaufvertrages zwischen der Eigentümerin der
Liegenschaft, R.________, und der Bank Q.________ haben musste. Folglich ist
die Frist von drei Monaten, innert der ein Vorkaufsberechtigter sein Recht
ausüben muss (Art. 681a Abs. 2 ZGB), inzwischen abgelaufen. Da - wie im
Folgenden darzulegen sein wird - gar keine anfechtbare Verfügung im Sinne von
Art. 17 SchKG vorliegt, welche nach Art. 21 SchKG berichtigt bzw. im Falle
der Unterlassung angeordnet werden könnte, braucht die Frage, ob die
Beschwerde überhaupt einen praktischen Verfahrenszweck verfolgt (BGE 99 III
58 E. 2 S. 60), nicht erwogen zu werden.

2.
2.1 Die obere Aufsichtsbehörde hat im Wesentlichen festgehalten, das
Vorkaufsrecht nach Art. 682 Abs. 2 ZGB sei ein privatrechtliches Institut.
Die von der Konkursverwaltung an Stelle der Gemeinschuldnerin nicht
vorgenommene rechtsgeschäftliche Handlung sei keine beschwerdefähige
Verfügung konkursrechtlicher Natur. Der Entscheid über die Nichtausübung des
Vorkaufsrechts liege in der Kompetenz der Konkursverwaltung, ohne dass die
Zustimmung der Gläubigerversammlung notwendig wäre, und eine Abtretung des
Vorkaufsrechts an die Gläubiger nach Art. 260 SchKG sei nicht möglich. Die
obere Aufsichtsbehörde hat geschlossen, der erstinstanzliche
Nichteintretensentscheid sei nicht zu beanstanden und der Konkursverwaltung
könne keine Rechtsverweigerung vorgeworfen werden. Demgegenüber machen die
Beschwerdeführer im Wesentlichen geltend, die auf Amtsgewalt gestützte
Nichtausübung des Vorkaufsrechts durch die Konkursverwaltung sei mit
Beschwerde gemäss Art. 17 SchKG anfechtbar, weil diese Entscheidung eine
öffentlich-rechtliche Komponente habe, sich auf das Betreibungsverfahren
auswirke und das Verwertungsergebnis verschlechtere.

2.2 Die Beschwerdeführer gehen fehl, wenn sie die Nichtausübung des
Vorkaufsrechts nach Art. 682 Abs. 2 ZGB durch die Konkursverwaltung mit einem
amtlichen Verwertungsakt vergleichen, der wie eine Versteigerung oder ein
Freihandverkauf der Beschwerde unterliegen würde (Art. 132a SchKG). Der
Freihandverkauf ist wie die öffentliche Steigerung ein Institut der
Zwangsvollstreckung mit dem Zweck, das beschlagnahmte Vermögen zu versilbern,
wobei gemeinsames Merkmal beider Verwertungsarten die Unfreiwilligkeit der
Veräusserung ist (BGE 106 III 79 E. 4 S. 82). Davon unterscheidet sich die
Nichtausübung des Vorkaufsrechts. Da kein beschlagnahmtes Vermögen veräussert
wird, liegt keine Verwertungshandlung vor, die ohne Aufschub oder erst nach
der zweiten Gläubigerversammlung vorgenommen werden könnte (Art. 243 Abs. 2
und 3 SchKG).

2.3 Bei der Nichtausübung des Vorkaufsrechts handelt es sich vielmehr um eine
Massnahme zum Zweck der Erhaltung des Massavermögens im Sinne von Art. 240
SchKG. Ob die Ausübung des Vorkaufrechts und die Herbeiführung des
Vertragsabschlusses von der Verwaltungsaufgabe der Konkursverwaltung noch
gedeckt wäre, weil der Kauf der fraglichen Liegenschaft der Vermeidung eines
sicher entgehenden Gewinns dienen würde (vgl. Hänzi, Die Konkursverwaltung
nach schweizerischem Recht, Diss. Zürich 1979, S. 164), kann im vorliegenden
Verfahren nicht erörtert werden: Der Verzicht der Ausübung des
Gestaltungsrechts stützt sich nicht auf die durch den Konkurs begründete
Vollstreckungsgewalt staatlicher Organe. Vielmehr hat die Konkursverwaltung,
welcher von Gesetzes wegen die entsprechende Verfügungsmacht eingeräumt wird,
lediglich ein vor dem Konkurs der Gemeinschuldnerin zustehendes
Gestaltungsrecht nicht ausgeübt. Gewiss hat diese Nichtausübung des
Vorkaufsrechts Einfluss auf den Verlauf des Konkurses. Das Konkursvermögen -
soweit überhaupt genügend - würde sich um den Kaufpreis vermindern und ein
neu in der Masse befindliches Grundstück wäre zu verwerten. Dies rechtfertigt
aber nicht, die Nichtausübung des Vorkaufsrechts wie eine konkursrechtliche
Verwertung der Beschwerde zu unterstellen, genauso wenig wie übrigens die
Ausübung des Vorkaufsrechts, wenn in der Folge eine Überschreitung der
Vertretungsbefugnis der Konkursverwaltung geltend gemacht würde (vgl. Hänzi,
a.a.O., S. 109). Nicht nur der Grund des Vorkaufsrechts liegt im Privatrecht;
ausschliesslich dieses bestimmt auch, ob und wie das Recht auszuüben und zu
verwirklichen sei. Nach der Rechtsprechung ist daher eine solche von der
Konkursverwaltung an Stelle der Gemeinschuldnerin (nicht) vorgenommene
rechtsgeschäftliche Handlung keine durch Beschwerde anfechtbare Verfügung
konkursrechtlicher Natur (BGE 86 III 106 E. 2c S. 112; 108 III 1 E. 2 S. 2).
Für den konkreten Fall sind keine Gründe ersichtlich, diese feststehende und
erst kürzlich bestätigte Rechtsprechung (BGE 129 III 400 E. 1.2 S. 401 f.) in
Frage zu stellen. Über die - von den Beschwerdeführern behauptete -
Opportunität der Ausübung des Vorkaufsrechts hat das Bundesgericht daher
nicht zu befinden. Vor diesem Hintergrund ist nicht zu beanstanden, wenn die
obere Aufsichtsbehörde zur Auffassung gelangt ist, die Nichtausübung des
Vorkaufsrechts durch die Konkursverwaltung stelle keine nach Art. 17 SchKG
anfechtbare Verfügung (BGE 129 III 400 E. 1.1 S. 401) dar, und den
erstinstanzlichen Nichteintretensentscheid geschützt hat.

2.4 Da die Nichtausübung des Vorkaufsrechts durch die Konkursverwaltung nicht
beschwerdefähig ist, erübrigt sich auf die Kritik der Beschwerdeführer an der
Auffassung der Vorinstanz, die Konkursverwaltung verfüge zur Ausübung über zu
wenig freie Mittel, weiter einzugehen. Soweit die Beschwerdeführer ferner
eine Verletzung von Art. 238 SchKG rügen, weil die Konkursverwaltung vor der
Nichtausübung des Vorkaufsrechts die Gläubiger nicht zur Stellungnahme
eingeladen habe, geht ihr Vorbringen ins Leere. Die Konkursverwaltung ist
(unter Vorbehalt der hier nicht berührten Kompetenzen der zweiten
Gläubigerversammlung; vgl. E. 2.2) in ihrem Zuständigkeitsbereich - Erhaltung
und Verwaltung der Aktiven nach Art. 240 SchKG, worunter die Nichtausübung
des fraglichen Vorkaufsrechts fällt (vgl. E. 2.3) - solange nicht
eingeschränkt, als die erste Gläubigerversammlung im Rahmen von Art. 238
SchKG nichts Abweichendes beschlossen hat. Vor diesem Hintergrund ist die
Kritik an der vorinstanzlichen Auffassung, die Konkursverwaltung habe keine
Zustimmung zur Nichtausübung des Vorkaufsrechts der Gläubiger einholen
müssen, und die Rüge einer Verletzung von Verfahrensrechten der Gläubiger
ohne Grund. Schliesslich ist - entgegen der Auffassung der Beschwerdeführer -
nicht ersichtlich, inwiefern in diesem Zusammenhang ein Verstoss gegen
Vorschriften im Sinne von Art. 22 SchKG vorliegen soll.

3.
Das Beschwerdeverfahren ist grundsätzlich kostenlos (Art. 20a Abs. 1 SchKG),
und es darf keine Parteientschädigung zugesprochen werden (Art. 62 Abs. 2
GebV SchKG).

Demnach erkennt die Kammer:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.

2.
Dieses Urteil wird den Beschwerdeführern, der Beschwerdegegnerin (Bank
Q.________), dem Konkursamt Affoltern a.A. und dem Obergericht des Kantons
Zürich, II. Zivilkammer, als oberer kantonaler Aufsichtsbehörde in
Schuldbetreibungs- und Konkurssachen schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 19. November 2003

Im Namen der Schuldbetreibungs- und Konkurskammer
des Schweizerischen Bundesgerichts

Die Präsidentin:  Der Gerichtsschreiber: