Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Schuldbetreibungs- und Konkurskammer 7B.196/2003
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7B.196/2003 /rov

Urteil vom 27. Oktober 2003
Schuldbetreibungs- und Konkurskammer

Bundesrichterin Escher, Präsidentin,
Bundesrichter Meyer, Bundesrichterin Hohl,
Gerichtsschreiber Levante.

Z. ________ AG,
Beschwerdeführerin,
handelnd durch Alfred Urech, Dörflistrasse 67, 8050 Zürich,

gegen

Obergericht des Kantons Zürich, II. Zivilkammer,
als obere kantonale Aufsichtsbehörde in Schuldbetreibungs- und Konkurssachen,
Postfach, 8023 Zürich.

Zahlung an das Betreibungsamt; Abrechnung,

SchKG-Beschwerde gegen den Beschluss des Obergerichts des Kantons Zürich, II.
Zivilkammer, als oberer kantonaler Aufsichtsbehörde in Schuldbetreibungs- und
Konkurssachen vom 12. August 2003 (NR030059/U).

Sachverhalt:

A.
Das Betreibungsamt Zürich 11 rechnete am 27. Juni 2003 die gegen die
Z.________ AG laufende Betreibung Nr. ... infolge vollständiger Bezahlung ab
und bestätigte gleichzeitig, den zuletzt noch offenen Endbetrag von Fr.
10'460.55 erhalten zu haben. Hiergegen erhob die Z.________ AG tags darauf
Beschwerde mit dem Antrag, die Schlussabrechnung sei aufzuheben und die
Betreibung neu abzurechnen. Das Bezirksgericht Zürich als untere
Aufsichtsbehörde über die Betreibungsämter wies die Beschwerde mit Beschluss
vom 8. Juli 2003 ab, soweit es darauf eintrat. Auf Beschwerde hin bestätigte
das Obergericht des Kantons Zürich, II. Zivilkammer, als obere kantonale
Aufsichtsbehörde in Schuldbetreibungs- und Konkurssachen mit Beschluss vom
12. August 2003 den erstinstanzlichen Entscheid.

B.
Die Z.________ AG hat den Beschluss der oberen Aufsichtsbehörde mit
Beschwerdeschrift vom 29. August 2003 (rechtzeitig) an die Schuldbetreibungs-
und Konkurskammer des Bundesgerichts weitergezogen und beantragt im
Wesentlichen, der angefochtene Beschluss sei aufzuheben und es sei
festzustellen, dass der zuletzt offene Endbetrag Fr. 8'577.85 betrage; weiter
sei das Betreibungsamt anzuweisen, den zu viel bezogenen Betrag
zurückzuerstatten.

C.
Die obere Aufsichtsbehörde hat anlässlich der Aktenüberweisung auf
Gegenbemerkungen (Art. 80 OG) verzichtet. Die Schweizerische
Eidgenossenschaft als Gläubigerin beantragt die Abweisung der Beschwerde,
soweit darauf einzutreten sei. Das Betreibungsamt schliesst auf Abweisung der
Beschwerde.

Die Kammer zieht in Erwägung:

1.
1.1 Gemäss Art. 79 Abs. 1 OG ist in der Beschwerdeschrift kurz darzulegen,
welche Bundesrechtssätze und inwiefern diese durch den angefochtenen
Entscheid verletzt worden sind (BGE 119 III 49 E. 1). Soweit die
Beschwerdeführerin in ihrer Eingabe auf Vorbringen im kantonalen Verfahren
verweist, genügt sie den Begründungsanforderungen nicht (BGE 106 III 40 E. 1
S. 42).

1.2 Der Antrag der Beschwerdeführerin, "die Verwertung sei einzustellen", ist
überflüssig, da die Betreibung für den - hier vollumfänglich - bezahlten
Betrag nicht weitergeht (BGE 73 III 89 E. 1 S. 70).

2.
Die obere Aufsichtsbehörde hat in der Sache festgehalten, dass die
Betreibungskosten in erster Linie von den Zahlungen des Schuldners in Abzug
zu bringen seien, und weiter erwogen, dass mit der Tilgung der
Kapitalforderung die Zinspflicht des Schuldners aufhöre. Dies gelte aber nur,
wenn die Betreibungsforderung entweder samt Kosten vollständig getilgt werde
oder das Betreibungsamt Abschlagszahlungen an den Gläubiger vornehme. Dies
sei nicht der Fall gewesen, weshalb die Zinspflicht bis zum Datum der
Schlussabrechnung weiterhin für die ganze Forderung bestanden habe.
Demgegenüber hält die Beschwerdeführerin die vorinstanzliche Auffassung mit
Art. 12 Abs. 2 und Art. 68 Abs. 2 SchKG nicht vereinbar. Inbesondere macht
sie - wie bereits im kantonalen Verfahren - im Wesentlichen geltend, dass die
Hauptforderung jeweils in der Höhe der eingegangenen Teilzahlungen zu
vermindern sei, so dass die Zinspflicht vom Eingang der Teilbeträge an nur
noch für die verminderte Forderung weiterlaufen könne.

3.
3.1 Strittig ist im vorliegenden Beschwerdeverfahren die vom Betreibungsamt
vorgenommene Abrechnung der Zinsen und Kosten, nachdem die Beschwerdeführerin
die Betreibungsforderung an das Amt bezahlt hat. Die Zahlung an das
Betreibungsamt ist, weil sie in Befolgung des Zahlungsbefehls geschieht, ein
Akt des Betreibungsverfahrens, über den die Aufsichtsbehörden zu urteilen
haben (BGE 114 III 49 E. 1 S. 50). Die Beschwerde gegen die Quittung des
Betreibungsamtes und die Rüge, die Abrechung vom 27. Juni 2003 über die
Tilgung der Zinsen zur Betreibungsforderung und über die Bezahlung der
Betreibungskosten sei unrichtig, ist daher grundsätzlich zulässig.

3.2 Die Beschwerdeführerin macht zunächst geltend, die obere Aufsichtsbehörde
habe übergangen, dass das Betreibungsamt die Betreibungskosten nur dann von
ihren Zahlungen vorab erheben dürfe, wenn die Gläubigerin ihr Recht hierzu
auch beanspruche; eine derartige Erklärung der Gläubigerin liege indessen
nicht vor. Die Beschwerdeführerin verweist zu Recht auf Art. 68 Abs. 2 SchKG.
Danach ist der Gläubiger berechtigt, von den Zahlungen des Schuldners die
Betreibungskosten - zu denen auch die Rechtsöffnungskosten gehören (BGE 123
III 271 E. 4a S. 272) - vorab zu erheben. Die Beschwerdeführerin verkennt
indessen, dass die Gläubigerin die Betreibungskosten vorzuschiessen hat (Art.
68 Abs. 1 SchKG), weshalb in der - wie hier - erfolgreichen Betreibung die
Betreibungskosten praktisch zur Schuld geschlagen werden (Amonn/Gasser,
Grundriss des Schuldbetreibungs- und Konkursrechts, 6. Aufl. 1997, § 13 Rz
9). Die Beschwerde ist insoweit haltlos.

3.3 Weiter bringt die Beschwerdeführerin vor, dass die in der Abrechnung
aufgeführten Betreibungskosten nicht ausgewiesen seien und keine
Rechtsgrundlage hätten. Die obere Aufsichtsbehörde hat in diesem Zusammenhang
- unter Verweisung auf die erstinstanzlichen Erwägungen - festgehalten, dass
auf die pauschale Kritik der Beschwerdeführerin an der Höhe der
Betreibungskosten mangels Substantiierung nicht einzutreten sei und die
Beschwerdeführerin keine detaillierte Kostenrechnung nach Art. 3 GebV SchKG
verlangt habe. Inwiefern die obere Aufsichtsbehörde Bundesrecht verletzt
habe, wenn sie das Nichteintreten der Erstinstanz auf die Rüge der
Beschwerdeführerin geschützt hat, geht aus der Eingabe nicht hervor. Insoweit
kann auf die Beschwerde nicht eingetreten werden (Art. 79 Abs. 1 OG).
Entgegen der Darstellung in der Beschwerdeschrift bestehen im Übrigen keine
Anhaltspunkte, dass sich das Betreibungsamt geweigert habe (vgl. Art. 17 Abs.
3 SchKG), der Beschwerdeführerin eine detaillierte Kostenabrechnung nach Art.
3 GebV SchKG auszustellen.

3.4 Die obere Aufsichtsbehörde hat sodann festgehalten, dass der in
Betreibung gesetzte Zins an das Betreibungsamt auf der ganzen Forderung
weitergelaufen sei, weil im konkreten Fall weder die Betreibungskosten
beglichen noch Abschlagszahlungen vorgenommen worden seien.
 3.4.1 Die Zahlung an das Betreibungsamt (Art. 12 SchKG) tilgt die Forderung
unmittelbar, unabhängig davon, ob und wann das Geld an den Gläubiger
ausbezahlt wird (BGE 127 III 182 E. 2b S. 185; Frank Emmel, in: Kommentar zum
Bundesgesetz über Schuldbetreibungs- und Konkurs, N. 14 zu Art. 12). Soweit
die obere Aufsichtsbehörde die Frage der Tilgung im Falle der Zahlung an das
Betreibungsamt von der Ablieferung des Geldes an den Gläubiger abhängig
gemacht hat, ist dies nicht haltbar. Der Hinweis im angefochtenen Beschluss
auf die Lehrmeinung von Emmel (a.a.O., N. 16 zu Art. 12) geht an der Sache
vorbei: Der Autor bezieht sich mit seiner Ansicht, wonach erst Auszahlungen
an die Gläubiger (teil-) tilgende Wirkung haben sollen, ausdrücklich auf den
Eingang von Lohnquoten bei der Einkommenspfändung, und nicht auf (Teil-)
Zahlungen des Schuldners an das Betreibungsamt.

3.4.2 Die Betreibungskosten sind - wie erwähnt (E. 3.2) - vorab von den
Teilzahlungen des Schuldners in Abzug zu bringen (Art. 68 Abs. 2 SchKG; vgl.
auch Art. 85 Abs. 1 OR). Die Frage der Tilgung der in Betreibung gesetzten
Forderung und Zinsen stellt sich folglich - wie von der Vorinstanz insoweit
richtig festgehalten - erst nach Deckung der aufgelaufenen Betreibungskosten
(Pierre-Robert Gilliéron, Commentaire de la loi fédérale sur la poursuite
pour dettes et la faillite, N. 27 zu Art. 12; Emmel, a.a.O., N. 21 zu Art.
68, N. 20 zu Art. 12; Jaeger/Walder/Kull/Kottman, Bundesgesetz über
Schuldbetreibung und Konkurs, 4. Aufl., N. 7 zu Art. 12).

Dass Teilzahlungen an das Betreibungsamt tatsächlich erbracht wurden, scheint
für die Vorinstanz ohne weiteres festzustehen (Art. 63 Abs. 2 i.V.m. Art. 81
OG). Nach dem angefochtenen Beschluss sollen die Teilzahlungen der
Beschwerdeführerin die Betreibungskosten aber nicht gedeckt haben. Die
Beschwerdeführerin behauptet (wie bereits im kantonalen Verfahren), sie habe
dem Betreibungsamt am 24. Mai (recte wohl) 2002 und 29. Januar 2003
Teilzahlungen im Umfang von Fr. 20'000.-- bzw. Fr. 16'177.60 geleistet.

Aus der in den Akten liegenden Endabrechnung vom 27. Juni 2003 geht hervor -
dem angefochtenen Beschluss selber lässt sich dazu nichts entnehmen -, dass
die Betreibungskosten ingesamt Fr. 980.10 betragen. Angaben über Datum und
Höhe der Teilzahlungen der Beschwerdeführerin finden sich indessen weder im
angefochtenen Beschluss, noch in der Endabrechnung, noch liegen in den
kantonalen Akten die Teilabrechnungen infolge Teilzahlungen vor. Unter diesen
Umständen ist der Schluss der Vorinstanz, dass die Teilzahlungen die
aufgelaufenen Betreibungskosten nicht gedeckt hätten und die Frage der
(Teil-) Tilgung von Schuld und Zinsen sich nicht stelle, nicht haltbar. Im
konkreten Fall fehlt es vielmehr an einer hinreichenden Feststellung des
rechtlich relevanten Sachverhalts (Art. 20a Abs. 2 Ziff. 2 SchKG). Dass die
obere Aufsichtsbehörde ihrer Pflicht, vom Betreibungsamt die zur Beurteilung
des Sachverhaltes notwendigen Dokumente einzuholen (Urteil 7B.94/1999, E. 2,
in: Rep 132/1999 S. 78 f.), nicht nachgekommen ist und aufgrund
unvollständiger amtlicher Akten entschieden hat, ist im Übrigen
offensichtlich: Das Betreibungsamt hat dem Bundesgericht in der Beilage zu
seiner Vernehmlassung die Abrechnungen über die Teilzahlungen vom 24. Mai
2002 und 3. Februar 2003 in der von der Beschwerdeführerin behaupteten Höhe
eingereicht.

3.4.3 Nach dem Dargelegten ist der angefochtene Beschluss in teilweiser
Gutheissung der Beschwerde aufzuheben und die Sache an die obere
Aufsichtsbehörde zu neuer Entscheidung zurückzuweisen (Art. 64 Abs. 1 i.V.m.
Art. 81 OG). Die Vorinstanz wird nach Vervollständigung der
betreibungsamtlichen Akten festzustellen haben, ob die Teilzahlungen der
Beschwerdeführerin die aufgelaufenen Betreibungskosten tatsächlich ersetzt
haben. Falls die Teilzahlungen der Beschwerdeführerin die Betreibungskosten
und Zinsen bis zum Zahlungstag gedeckt haben (vgl. Art. 68 Abs. 2 SchKG und
Art. 85 Abs. 1 OR), wird sie zu prüfen haben, ob das Betreibungsamt zufolge
teilgetilgter Forderung (vgl. BGE 116 III 56 E. 2b S. 58) die Betreibung -
welche aus der nicht gedeckten Kapitalschuld und den darauf nach dem
Zahlungstag weiter auflaufenden Zinsen weiterbesteht - entsprechend reduziert
hat.

4.
Das Beschwerdeverfahren ist grundsätzlich kostenlos (Art. 20a Abs. 1 SchKG),
und es darf keine Parteientschädigung zugesprochen werden (Art. 62 Abs. 2
GebV SchKG).

Demnach erkennt die Kammer:

1.
Die Beschwerde gegen den Beschluss des Obergerichts des Kantons Zürich, II.
Zivilkammer, als oberer kantonaler Aufsichtsbehörde in Schuldbetreibungs- und
Konkurssachen vom 12. August 2003 wird teilweise gutgeheissen. Der Beschluss
wird aufgehoben, und die Sache wird im Sinne der Erwägungen an die obere
Aufsichtsbehörde zu neuer Entscheidung zurückgewiesen.

2.
Dieses Urteil wird der Beschwerdeführerin, der Beschwerdegegnerin
(Schweizerische Eidgenossenschaft, vertreten durch Eidgenössische
Steuerverwaltung, Mehrwertsteuer, Schwarztorstrasse 50, 3003 Bern), dem
Betreibungsamt Zürich 11 und dem Obergericht des Kantons Zürich, II.
Zivilkammer, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 27. Oktober 2003

Im Namen der Schuldbetreibungs- und Konkurskammer
des Schweizerischen Bundesgerichts

Die Präsidentin:  Der Gerichtsschreiber: