Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Schuldbetreibungs- und Konkurskammer 7B.183/2003
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7B.183/2003 /bnm

Urteil vom 28. August 2003
Schuldbetreibungs- und Konkurskammer

Bundesrichterin Escher, Präsidentin,
Bundesrichter Meyer, Bundesrichterin Hohl,
Gerichtsschreiberin Scholl.

Z. ________,
Beschwerdeführer,

gegen

Aufsichtsbehörde über das Betreibungs- und Konkursamt Basel-Stadt,
Bäumleingasse 5, Post-
fach 964, 4001 Basel.

Kompetenzstücke (Kultusgegenstände),

SchKG-Beschwerde gegen das Urteil der Aufsichtsbehörde über das Betreibungs-
und Konkursamt Basel-Stadt vom 2. Juli 2003.

Sachverhalt:

A.
Am 8. Februar 2002 verstarb Y.________ mit letztem Wohnsitz in A.________.
Sein Nachlass wurde von den nächsten gesetzlichen Erben ausgeschlagen, worauf
es am 6. März 2002 zur Konkurseröffnung kam. Mit Schreiben vom 29. April 2003
verlangte Z.________, der Sohn des Erblassers, die Herausgabe einer Ikone,
auf welcher die heilige Maria dargestellt ist, sowie einer Statue des
heiligen Antonius. Er machte sinngemäss geltend, die beiden Objekte seien
unpfändbare Kultusgegenstände. Das Konkursamt A.________ wies mit Verfügung
vom 13. Mai 2003 das Begehren ab. Dagegen gelangte Z.________ an die
Aufsichtsbehörde über das Betreibungs- und Konkursamt Basel-Stadt, welche die
Beschwerde mit Urteil vom 2. Juli 2003 abwies.

B.
Z.________ gelangt mit Beschwerde vom 7. August 2003 (rechtzeitig) an die
Schuldbetreibungs- und Konkurskammer des Bundesgerichts. Er beantragt erneut
die Herausgabe der Ikone sowie der Heiligenstatue.

Die Aufsichtsbehörde hat auf Gegenbemerkungen verzichtet (Art. 80 OG). Es
sind keine Vernehmlassungen eingeholt worden.

Die Kammer zieht in Erwägung:

1.
Mit Beschwerde an das Bundesgericht nach Art. 19 SchKG kann einzig geltend
gemacht werden, der angefochtene Entscheid beruhe auf einer Verletzung von
Bundesrecht oder von völkerrechtlichen Verträgen des Bundes; dagegen bleibt
wegen Verletzung verfassungsmässiger Rechte des Bürgers die staatsrechtliche
Beschwerde vorbehalten (Art. 43 Abs. 1 i.V.m. Art. 81 OG; BGE 107 III 11 E. 1
S. 12; 126 III 30 E. 1c S. 32). Demzufolge kann nicht auf die Beschwerde
eingetreten werden, soweit der Beschwerdeführer die Verletzung von
Verfassungsrecht, insbesondere der Glaubensfreiheit (Art. 15 BV), geltend
macht.

2.
Gemäss Art. 92 SchKG sind bestimmte Vermögenswerte aus moralischen, sozialen
und wirtschaftlichen Gründen oder mit Rücksicht auf deren besondere Natur
gänzlich unpfändbar. Durch den Verweis in Art. 224 SchKG ist diese Bestimmung
grundsätzlich auch bei einem Konkursverfahren anwendbar.

2.1 Zur Geltendmachung der Unpfändbarkeit nach Art. 92 SchKG ist in erster
Linie der Schuldner befugt. Jedoch steht dieses Recht auch seinen
Familienangehörigen, welche mit ihm in einer Hausgemeinschaft leben,
gegenüber der Pfändung von Gegenständen zu, die sie gemäss Art. 92 Abs. 1
Ziff. 1-5 SchKG als nicht nur dem Schuldner, sondern auch ihnen persönlich
unentbehrlich beanspruchen (BGE 82 III 54; 85 III 65 E. 2 S. 66 f.; 91 III 52
E. 1 S. 55; Georges Vonder Mühll, in: Staehelin/Bauer/Staehelin, Kommentar
zum Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs, N. 10 und 64 zu Art. 92
SchKG).

2.2 Dieses Recht bleibt ihnen nach dem Tod des Schuldners erhalten: Bereits
in BGE 22 I 699 hat das Bundesgericht entschieden, dass bei der
konkursamtlichen Liquidation der Erbschaft die Familienangehörigen, obwohl
sie die Erbschaft ausgeschlagen haben, die Unpfändbarkeit von Gegenständen
geltend machen können. Auch die Lehre geht mehrheitlich davon aus, dass die
Kompetenzstücke gemäss Art. 92 Abs. 1 Ziff. 1-5 SchKG zu Gunsten der
Familienangehörigen aus der zu liquidierenden Erbschaft auszuscheiden sind
(Jaeger/Walder/Kull/Kottmann, Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs,
N. 13 zu Art. 193 SchKG; Sandra Laydu Molinari, La poursuite pour les dettes
successorales, Diss. Lausanne 1999, S. 52 f.; Erich Bürgi, Probleme im
Nachlasskonkurs, BlSchK 1948 S. 112 f.; a. M.: Eugen Meier, Die
Beschränkungen der Zwangsvollstreckung nach schweizerischem Recht, Diss.
Zürich 1907, S. 85). Damit ist der Beschwerdeführer im vorliegenden Fall
legitimiert, die Unpfändbarkeit der strittigen Gegenstände geltend zu machen.

3.
Unpfändbar nach Art. 92 Abs. 1 Ziff. 2 SchKG sind die religiösen
Erbauungsbücher und Kultusgegenstände. Unter Kultusgegenständen sind
bewegliche Sachen zu verstehen, welche zur Ausübung gottesdienstlicher
Handlungen verwendet werden oder Gegenstand religiöser Verehrung bilden (BGE
61 III 44 S. 45; 88 III 47 S. 48). Die in BGE 88 III 47 S. 48 f. vertretene
Auffassung, der Schuldner bzw. dessen Familienangehöriger müsse jener
Religion angehören, welcher der betreffende Kultusgegenstand zuzuordnen ist,
darf zwar nicht zu eng verstanden werden. Jedoch bleibt Voraussetzung, dass
der betreffende Kultusgegenstand tatsächlich Objekt einer religiösen
Verehrung bildet. In dieser Hinsicht hat die Aufsichtsbehörde allerdings
festgehalten, es sei weder nachgewiesen noch glaubhaft, dass sich der
Beschwerdeführer bei der Ausübung seines Glaubens der Ikone und der
Heiligenstatue tatsächlich bediene. An diese tatsächliche Feststellung ist
die erkennende Kammer gebunden (Art. 63 Abs. 2 i.V.m. Art. 81 OG; BGE 119 III
54 E. 2b S. 55; 124 III 286 E. 3b S. 288). Damit weisen die beiden strittigen
Gegenstände für den Beschwerdeführer keinen Kompetenzcharakter auf und sind
daher auch nicht unpfändbar bzw. fallen in den Konkursnachlass.

4.

Demnach ist die Beschwerde abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden kann.
Das Beschwerdeverfahren ist grundsätzlich kostenlos (Art. 20a Abs. 1 SchKG),
und es darf keine Parteientschädigung zugesprochen werden (Art. 62 Abs. 2
GebV SchKG).

Demnach erkennt die Kammer:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.

2.
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, dem Konkursamt A.________ und der
Aufsichtsbehörde über das Betreibungs- und Konkursamt Basel-Stadt schriftlich
mitgeteilt.

Lausanne, 28. August 2003

Im Namen der Schuldbetreibungs- und Konkurskammer
des Schweizerischen Bundesgerichts

Die Präsidentin:  Die Gerichtsschreiberin: