Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Schuldbetreibungs- und Konkurskammer 7B.164/2003
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7B.164/2003 /bnm

Urteil vom 16. Oktober 2003
Schuldbetreibungs- und Konkurskammer

Bundesrichterin Escher, Präsidentin,
Bundesrichter Meyer, Bundesrichterin Hohl,
Gerichtsschreiber Möckli.

1. Z.________,
2.Y.________,
Beschwerdeführer,
beide vertreten durch Fürsprecher Georg Friedli, Bahnhofplatz 5, Postfach
6233, 3001 Bern,

gegen

Aufsichtsbehörde in Betreibungs- und Konkurssachen für den Kanton Bern,
Hochschulstrasse. 17, Postfach 7475, 3001 Bern.

Grundpfandverwertungsverfahren; Auszahlung von Mietzinseinnahmen,

SchKG-Beschwerde gegen den Entscheid der Aufsichtsbehörde in Betreibungs- und
Konkurssachen für den Kanton Bern vom 7. Juli 2003.

Sachverhalt:

A.
Die Beschwerdeführer sind Eigentümer von A.________-GBB-...-2; dabei handelt
es sich um einen Miteigentumsanteil von einem Drittel an der Liegenschaft an
der Strasse B.________. Der inzwischen verstorbene X.________ war Eigentümer
des auf A.________-GBB-...-1 im Grundbuch eingetragenen anderen
Miteigentumsanteils von zwei Dritteln. Gegen Letzteren hat die Bank
W.________ beim Betreibungsamt Bern-Mittelland, Dienststelle Bern, die
Betreibung auf Grundpfandverwertung Nr. ... eingeleitet und dabei eine
Mietzinssperre gemäss Art. 91 VZG verlangt.

B.
Am 27. März 2003 verfügte das Betreibungsamt, dass den Beschwerdeführern ein
und der Bank W.________ zwei Drittel der Nettomietzinseinnahmen für die
Monate November 2001 bis November 2002 zustehe. Dagegen erhoben Z.________
und Y.________ Beschwerde, mit der sie zum einen zusätzlich und vorab einen
Drittel der bis Oktober 2001 angefallenen Mietzinse und zum anderen die
Anweisung an das Betreibungsamt verlangten, mit Bezug auf die verbleibenden
Mietzinseinnahmen einen anfechtbaren Verteilungsplan und eine
nachvollziehbare Abrechnung zu erstellen.

In ihrem Entscheid vom 7. Juli 2003 trat die Aufsichtsbehörde in Betreibungs-
und Konkurssachen für den Kanton Bern auf die Beschwerde nicht ein, soweit
sie sich auf die Mietzinse bis zum Oktober 2001 bezog, weil diese ein anderes
Betreibungsverfahren beträfen und folglich nicht Beschwerdeobjekt sein
könnten. Mit Bezug auf die Mietzinse von November 2001 bis November 2002 wies
sie die Beschwerde ab.

C.
Diesen Entscheid haben Z.________ und Y.________ mit Beschwerde vom 21. Juli
2003 an die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer des Bundesgerichts
weitergezogen mit dem Begehren um Aufhebung des angefochtenen Entscheides
sowie der Verfügung des Betreibungsamtes vom 27. März 2003, soweit darin
Auszahlungen an die Bank W.________ angeordnet worden seien. Wie die
Begründung verdeutlicht, ist der Entscheid der Aufsichtsbehörde nicht
angefochten, soweit er die Mietzinse bis Oktober 2001 betrifft und
diesbezüglich auf Nichteintreten lautet. Mit Vernehmlassungen vom 18. August
bzw. 2. September 2003 haben sowohl das Betreibungsamt als auch die Bank
W.________ auf Abweisung der Beschwerde geschlossen.

Die Kammer zieht in Erwägung:

1.
Die Beschwerdeführer behaupten, Abschlagszahlungen setzten ein gültiges
Verwertungsbegehren voraus. Aus Art. 95 Abs. 1 VZG geht indes unzweideutig
hervor, dass an betreibende Grundpfandgläubiger mit (wie vorliegend)
rechtskräftig festgestellten Forderungen auch vor Stellung des
Verwertungsbegehrens Abschlagszahlungen geleistet werden dürfen; diesen
klaren Wortlaut scheinen die Beschwerdeführer mit ihren gegenteiligen
Ausführungen überlesen zu haben.

Ebenso wenig schliesst Art. 95 Abs. 1 VZG aus, dass Abschlagszahlungen in der
Höhe der Nettomietzinseinnahmen vorgenommen werden; entgegen der Behauptung
der Beschwerdeführer werden die Abschlagszahlungen dadurch nicht zur
definitiven Verteilung, selbst wenn die Verfügung vom 27. März 2003 den
Begriff "Verteilung" enthält. Eine untechnische Ausdrucksweise schadet nicht,
umso weniger als das Betreibungsamt in der Verfügung ausdrücklich auf Art. 95
VZG verwiesen und somit klar zum Ausdruck gebracht hat, dass es um
Abschlagszahlungen geht.

Nicht gefolgt werden kann den Beschwerdeführern auch, soweit sie sinngemäss
monieren, Art. 95 VZG stehe mit Art. 806 ZGB und insofern mit übergeordnetem
Bundesrecht in Widerspruch. Art. 806 Abs. 1 ZGB besagt nicht mehr und nicht
weniger, als dass sich die Pfandhaft bei vermieteten Grundstücken auf die
Mietzinsforderungen erstreckt, die seit Anhebung der Betreibung auf
Grundpfandverwertung bis zur Verwertung auflaufen.

Nichts hilft den Beschwerdeführern schliesslich die - ohnehin neue -
Behauptung, V.________ als Grundpfandgläubiger des Gesamtgrundstücks hätte
den Abschlagszahlungen zustimmen müssen und gemäss Art. 95 Abs. 2 VZG wäre
die Erstellung eines Kolloka-tionsplanes erforderlich gewesen: Wie die
Verfügung des Betreibungsamtes vom 27. März 2003 zeigt, hat V.________ erst
Ende November 2002 auf Grundpfandverwertung betrieben und entsprechend stehen
ihm nach der Verfügung des Betreibungsamtes ab Dezember 2002 sämtliche
Mietzinseinnahmen zu. Hingegen war er in die vorliegend relevante Betreibung
Nr. ... überhaupt nicht involviert und die Mietzinssperre kann frühestens mit
dem Betreibungsbegehren verlangt werden (Art 152 Abs. 2 SchKG). Seine
Zustimmung für Abschlagszahlungen betreffend die Zeitspanne von November 2001
bis November 2002 war somit entbehrlich, und es gab zu jener Zeit auch keine
Mehrzahl von Grundpfandbetreibungen, die gemäss Art. 95 Abs. 2 VZG die
Erstellung eines Kollokationsplanes erfordert hätte.

2.
Die Beschwerdeführer machen geltend, vor der Ausrichtung von
Abschlagszahlungen an die Bank W.________ müsse in einem formellen Verfahren
geklärt werden, ob allenfalls Dritten Ansprüche an diesen Geldern zustünden,
denn vorliegend sei dies der Fall: Sie (die Beschwerdeführer) hätten
sachenrechtlich Anspruch auf einen Drittel der Mietzinseinnahmen entsprechend
ihrem Miteigentumsanteil. Obligationenrechtlich ergebe sich sodann ein
Anspruch auf indexierte Fr. 96'000.-- pro Jahr aus den U.________ zustehenden
Mietzinsen. Sie verweisen dabei auf Ziff. 10 des am 29. August 1989 zwischen
Z.________ und U.________ sowie den beiden anderen damaligen Miteigentümern
am Zweidrittelsanteil geschlossenen Vertrages, der wie folgt lautet: "Die
drei Miteigentümer zahlen Z.________ für seinen Anteil von 1/3 an der
Liegenschaft einen jährlichen Mietzins von netto Fr. 96'000.--").

Bei ihrer Argumentation übersehen die Beschwerdeführer, dass Rechtsgeschäfte
des Grundeigentümers über noch nicht verfallene Mietzinse gegenüber einem
Grundpfandgläubiger, der vor der Fälligkeit der Zinsforderung die Betreibung
auf Verwertung des Grundpfandes angehoben hat, nicht wirksam sind (Art. 806
Abs. 1 ZGB). Vorliegend geht es um die Mietzinse, die nach Einleitung der
Grundpfandverwertung durch die Bank W.________ bis zum November 2002 laufend
fällig geworden sind. Diese stehen von Gesetzes wegen zu zwei Dritteln der
Grundpfandgläubigerin zu und anders lautende Verträge des
Grundpfandschuldners waren für das Betreibungsamt unbeachtlich.

Da es sich im Übrigen nicht um eine Verteilung des Erlöses, sondern um
Abschlagszahlungen aus den mithaftenden Mietzinsen handelt, die auf
Anrechnung an die betriebene Grundpfandforderung erfolgen und für den (wegen
dem Erfordernis der Anerkennung bzw. rechtskräftigen Feststellung der
Betreibungsforderung nur schwer denkbaren) Fall materieller Nichtberechtigung
unter dem Vorbehalt der Rückerstattung stehen, haben die Beschwerdeführer im
jetzigen Verfahrensstadium der amtlichen Liegenschaftsverwaltung durch das
Betreibungsamt (vorliegend ist nicht einmal das Stadium der Verwertung
erreicht) ein Recht weder auf Erstellung eines Verteilplanes noch einer
genauen Abrechnung über die (angebliche) Erlösverteilung.

3.
Zusammenfassend ergibt sich, dass der angefochtene Entscheid
bundesrechtskonform und somit die dagegen erhobene Beschwerde abzuweisen ist.
Im Beschwerdeverfahren werden weder Gerichtskosten noch Parteientschädigungen
gesprochen (Art. 20a Abs. 1 SchKG und Art. 62 Abs. 2 GebV SchKG).

Demnach erkennt die Kammer:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Betreibungsamt Bern-Mittelland und der
Aufsichtsbehörde in Betreibungs- und Konkurssachen für den Kanton Bern
schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 16. Oktober 2003

Im Namen der Schuldbetreibungs- und Konkurskammer
des Schweizerischen Bundesgerichts

Die Präsidentin:  Der Gerichtsschreiber: