Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Schuldbetreibungs- und Konkurskammer 7B.150/2003
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7B.150/2003 /bnm

Urteil vom 17. Juli 2003
Schuldbetreibungs- und Konkurskammer

Bundesrichterin Escher, Präsidentin,
Bundesrichter Meyer, Bundesrichterin Hohl,
Gerichtsschreiberin Scholl.

Z. ________,
Beschwerdeführer,

gegen

Aufsichtsbehörde für Schuldbetreibung und Konkurs des Kantons Solothurn,
Amthaus 1, 4502 Solothurn.

Mietzinsherabsetzung,

SchKG-Beschwerde gegen das Urteil der Aufsichtsbehörde für Schuldbetreibung
und Konkurs des Kantons Solothurn vom 4. Juni 2003.

Sachverhalt:

A.
Mit Verfügung vom 3. April 2003 setzte das Betreibungsamt A.________ den bei
der Notbedarfberechnung von Z.________ zu berücksichtigenden Mietzins von Fr.
2'850.-- auf Fr. 800.-- herab, geltend ab 1. Oktober 2003. Die von Z.________
dagegen erhobene Beschwerde wies die Aufsichtsbehörde für Schuldbetreibung
und Konkurs des Kantons Solothurn mit Urteil vom 4. Juni 2003 ab.

B.
Gegen diesen Entscheid gelangt Z.________ mit Beschwerde vom 20. Juni 2003 an
die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer des Bundesgerichts.

Die Aufsichtsbehörde schliesst auf Abweisung der Beschwerde. Das
Betreibungsamt A.________ hat sich innert Frist nicht vernehmen lassen.

Die Kammer zieht in Erwägung:

1.
Der Beschwerdeführer anerkennt, dass ein Schuldner, dessen Einkommen
gepfändet wird, die Wohnkosten so tief wie möglich zu halten habe. Jedoch sei
eine Herabsetzung des Mietzinses erst auf den nächsten Kündigungstermin
zulässig. Auf Grund seines langfristigen Mietvertrages sei ihm eine Kündigung
erstmals per 30. Juni 2006 möglich, bis dahin müsse dementsprechend der volle
Mietzins von monatlich Fr. 2'850.-- an sein Existenzminimum angerechnet
werden.

2.
Der Grundsatz, dass der von der Lohnpfändung betroffene Schuldner seine
Lebenshaltung einschränken und mit dem ihm zugestandenen Existenzminimum
auskommen muss, gilt auch in Bezug auf die Wohnkosten. Die effektiv
anfallenden Auslagen können nur vollumfänglich berücksichtigt werden, wenn
sie der familiären Situation des Schuldners und den ortsüblichen Ansätzen
entsprechen (BGE 119 III 70 E. 3c S. 73; 128 III 337 E. 3b S. 338). Dem
Schuldner ist die Möglichkeit zu geben, seine Wohnkosten innert einer
angemessenen Frist den für die Berechnung des Notbedarfs massgebenden
Verhältnissen anzupassen: Ein überhöhter Mietzins kann in der Regel nach
Ablauf des nächsten Kündigungstermins auf ein Normalmass herabgesetzt werden
(BGE 114 III 12 E. 4 S. 16; 116 III 15 E. 2d S. 21), auch wenn der Schuldner
nicht unmittelbar zum Bezug einer günstigeren Wohnung gezwungen werden kann.

2.1 Bei einem langjährigen Mietvertrag ist es mit der Pflicht des Schuldners,
die Wohnkosten möglichst tief zu halten, unvereinbar,  den nächsten
ordentlichen Kündigungstermin abzuwarten, wenn es bis dahin noch
unverhältnismässig lange dauert. Auch wenn im Moment eine ordentliche
Kündigung vertraglich nicht zulässig ist, kann der Schuldner durch andere
Massnahmen die Wohnkosten reduzieren (BGE 57 III 204 E. 1 S. 207).
Insbesondere besteht die Möglichkeit der vorzeitigen Rückgabe der Mietsache
(Art. 264 OR). Ebenfalls in Frage kommt eine ganz oder teilweise
Untervermietung der Wohnung (Art. 262 OR).

2.2 Zu berücksichtigen ist ebenfalls, dass bei der Berechnung des
Existenzminimums Hauseigentümer und Mieter grundsätzlich gleich zu behandeln
sind. Auch die Wohnkosten eines Schuldners mit Eigenheim, der einer
unangemessenen Hypothekarzinsbelastung ausgesetzt ist, können unter Gewährung
einer angemessenen Frist herabgesetzt werden (BGE 116 III 15 E. 2d S. 21; 119
III 70 E. 3c S. 73), selbst wenn es sich dabei typischerweise um
längerfristige Verpflichtungen handelt. Eine Besserstellung von Mietern mit
auf lange Zeit unkündbaren Verträgen rechtfertigt sich daher auch aus dieser
Sicht nicht.

2.3 Die gegenteilige Auffassung würde zudem zu einer ungerechtfertigten
Privilegierung derjenigen Vermieter führen, welche mit ihren Mietern Verträge
mit einer langen Mindestdauer oder Befristung abgeschlossen haben. Zwar wird
ein Vermieter faktisch bereits dadurch bevorteilt, dass dem Schuldner bei der
Berechnung des Notbedarfs ein Betrag für die Wohnkosten zugestanden wird (BGE
114 III 12 E. 2a S. 14); dies gilt jedoch nur in der Höhe einer angemessenen
Miete.

2.4 In Anbetracht dieser Erwägungen erscheint die Herabsetzung der
anrechenbaren Wohnkosten auf einen angemessenen Betrag durch das
Betreibungsamt als gerechtfertigt. Dass dem Beschwerdeführer beim Abschluss
des mehrjährigen Mietvertrages kein Rechtsmissbrauch vorgeworfen werden kann,
ändert daran nichts.

3.
Das Betreibungsamt hat dem Beschwerdeführer eine Übergangsfrist von rund
sechs Monaten zugestanden, um Vorkehren zur Senkung seiner Wohnkosten zu
treffen. Dies entspricht der Zeitspanne, welche das Bundesgericht bei einem
Schuldner mit Eigenheim bereits als rechtmässig anerkannt hat (BGE 116 III 15
E. 2d S. 21). Auch ein Hauseigentümer muss innert dieser Frist - will er
seine Wohnkosten senken - einen Mieter oder sogar einen Käufer für seine
Liegenschaft finden; seine Situation ist insofern mit derjenigen eines
Mieters, der einen Nach- oder Untermieter sucht, vergleichbar. Somit ist ein
Missbrauch oder eine Überschreitung des Ermessens der Vorinstanz auch in
diesem Punkt nicht ersichtlich.

4.
Damit ist die Beschwerde insgesamt abzuweisen. Das Beschwerdeverfahren ist
grundsätzlich kostenlos (Art. 20a Abs. 1 SchKG), und es darf keine
Parteientschädigung zugesprochen werden (Art. 62 Abs. 2 GebV SchKG).

Demnach erkennt die Kammer:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2.
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, dem Betreibungsamt A.________ und
der Aufsichtsbehörde für Schuldbetreibung und Konkurs des Kantons Solothurn
schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 17. Juli 2003

Im Namen der Schuldbetreibungs- und Konkurskammer
des Schweizerischen Bundesgerichts

Die Präsidentin:  Die Gerichtsschreiberin: