Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Kassationshof in Strafsachen 6S.6/2003
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6S.6/2003 /pai

Urteil vom 28. März 2003
Kassationshof

Bundesrichter Schneider, Präsident,
Bundesrichter Kolly, Karlen,
Gerichtsschreiber Borner.

S. ________,
Beschwerdeführer,

gegen

Staatsanwaltschaft des Kantons Aargau,
Frey-Herosé-Strasse 12, 5001 Aarau.

Widerhandlung gegen das Betäubungsmittelgesetz,

Nichtigkeitsbeschwerde gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Aargau,
2. Strafkammer, vom 17. September 2002.

Sachverhalt:

A.
Anlässlich einer Verkehrskontrolle der Kantonspolizei Aargau vom 27. Oktober
2001 um 03.45 Uhr in Dättwil führte S.________ 0,9 Gramm Marihuana mit einem
THC-Gehalt von 6 % mit sich. Zudem gab er zu Protokoll, am Vorabend letztmals
einen Marihuana-Joint geraucht zu haben.

B.
Das Bezirksgericht Baden büsste S.________ am 6. März 2002 wegen unbefugten
Besitzes und des Konsums von Betäubungsmitteln im Sinne von Art. 19a Ziff. 1
BetmG mit Fr. 80.--.

Eine Berufung des Gebüssten wies das Obergericht des Kantons Aargau am 17.
September 2002 ab.

C.
S.________ führt Nichtigkeitsbeschwerde und beantragt, der angefochtene
Entscheid sei aufzuheben und die Sache zu neuer Beurteilung an die Vorinstanz
zurückzuweisen.

Das Obergericht hat auf Gegenbemerkungen verzichtet (act. 7).

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1.
Der Beschwerdeführer macht geltend, er habe bloss eine geringfügige Menge
Hanfkraut (0,9 g) zum Eigenkonsum auf sich getragen, weshalb er lediglich den
Tatbestand von Art. 19b BetmG und nicht denjenigen von Art. 19a BetmG erfüllt
habe.

1.1 Im vorinstanzlichen Verfahren hatte der Beschwerdeführer keine
entsprechende Einrede erhoben. Nachdem die Vorinstanz die Frage der Anwendung
von Art. 19a BetmG im Berufungsverfahren hätte prüfen können, ist im Rahmen
der Nichtigkeitsbeschwerde darauf einzutreten (BGE 102 IV 103 E. 2a).

1.2 Zur aufgeworfenen Frage führt das Bezirksgericht unter Hinweis auf BGE
124 IV 184 aus, im Kanton Solothurn gelte jene Menge als geringfügig, die
üblicherweise für eine Konsumation reiche. Nach der ratio legis, wonach
Widerhandlungen gegen das Betäubungsmittelgesetz aufgrund der damit
verbundenen grossen Gefährlichkeit streng zu ahnden seien, was beim eigenen
Konsum eben nicht der Fall sei, und der deshalb privilegiert zu behandeln
sei, erfolge nun nochmals eine Privilegierung, die aber im Gesamtrahmen nur
dann haltbar sei, wenn es sich um die Menge für eine Konsumation handle. Dies
vor allem deshalb, weil durch Art. 19b BetmG im Gegensatz zu Art. 19a BetmG
ja nicht nur der eigene Konsum, sondern auch die - allerdings kostenlose -
Abgabe von Betäubungsmitteln an Dritte mitumfasst werde. Der Praxis des
Kantons Solothurn sei deshalb uneingeschränkt beizupflichten.

Beim Beschwerdeführer sei eine Menge von 0,9 g Cannabis sichergestellt
worden. Nach dessen Aussage würden ca. 0,3 g Cannabis für einen Joint
benötigt. Das sichergestellte Material habe somit für mehr als eine
Konsumation gereicht, weshalb Art. 19b BetmG nicht mehr zur Anwendung
gelangen könne (kantonale Akten, act. 54 f.).
1.3 Der Beschwerdeführer macht geltend, laut Gesetzesmaterialien sei unter
"geringfügige Menge" eine Wochenration zu verstehen, "sprich, bei einem
täglichen Konsum von einem Gramm eine Menge von 7 Gramm" (Beschwerdeschrift
S. 1 f. Ziff. 1a).

Anlässlich der erstinstanzlichen Verhandlung antwortete der Beschwerdeführer
auf die Frage, "wie viel man in eine Cigi tue", 0,3 g und auf die weitere
Frage, ob er regelmässig konsumiere, "höchstens zu Hause rauche ich ab und
zu" (kantonale Akten, act. 37). Damit gibt der Beschwerdeführer selbst zu,
dass die bei ihm gefundene Menge von 0,9 g für drei Joints ausreicht. Stellt
man weiter auf seine Angaben ab, wonach er höchstens zu Hause ab und zu
rauche, so ergeben drei Joints zwanglos eine Wochenration. Unter diesen
Umständen hat die Vorinstanz die Anwendung von Art. 19b BetmG zu Recht
ausgeschlossen, und es kann hier offen bleiben, ob die Solothurner Praxis
allenfalls gegen Bundesrecht verstösst.

Der Beschwerdeführer bringt vor, es komme auf den Wirkstoffgehalt der Ware
an. Die 0,9 g Hanfkraut mit einem THC-Gehalt von 6 % wiesen lediglich 0,05 g
Wirkstoff auf, was als geringfügig einzustufen sei (Beschwerdeschrift S. 2
Abs. 1 am Ende). Auch dieser Einwand ist nicht stichhaltig. Beim Rauchen von
Cannabis müssen ca. 15 mg  Ç9-THC aufgenommen werden (Thomas Geschwinde,
Rauschdrogen, 4. Auflage, N 99). 6 % von 0,9 g ergeben 54 mg  Ç9-THC, mithin
einen Wirkstoffgehalt, der für gut drei Joints ausreicht.

Der Beschwerdeführer argumentiert, wenn die fragliche Hanfmenge nicht
handelbar sei, müsse Art. 19b zur Anwendung gelangen (Beschwerdeschrift S. 2
f. lit. b). Diese Argumentation geht schon deshalb an der Sache vorbei, weil
der Beschwerdeführer dabei annimmt, die beschlagnahmten 0,9 g seien weniger
als eine Konsumeinheit.

2.
Der Beschwerdeführer rügt, der ihm heute angelastete, fast fünf Jahre nach
einer Verwarnung erfolgte Konsum einer Zigarette gefüllt mit 0,3 g Hanfkraut
dürfte kaum anders als ein leichter Fall bezeichnet werden. Indem die
Vorinstanz Art. 19a Ziff. 2 BetmG nicht angewandt habe, habe sie Bundesrecht
verletzt (Beschwerdeschrift S. 3 Ziff. 2).
Aus dem angefochtenen Entscheid geht hervor, dass sich die Verurteilung wegen
Art. 19a Ziff. 1 BetmG auf das vom Beschwerdeführer mitgeführte Marihuana
bezieht (angefochtener Entscheid S. 6 f. Ziff. 5). Inwiefern der angefochtene
Entscheid diesbezüglich Art. 19a Ziff. 2 BetmG verletzen sollte, legt der
Beschwerdeführer nicht dar und ist auch nicht ersichtlich. Damit erweist sich
die Beschwerde als unbegründet, soweit sie zulässig ist.

3.
Bei diesem Ausgang des Verfahrens wird der Beschwerdeführer kostenpflichtig
(Art. 278 Abs. 1 BStP).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.

2.
Die Gerichtsgebühr von Fr. 2'000.-- wird dem Beschwerdeführer auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, der Staatsanwaltschaft des Kantons
Aargau und dem Obergericht des Kantons Aargau, 2. Strafkammer, schriftlich
mitgeteilt.

Lausanne, 28. März 2003

Im Namen des Kassationshofes
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident:  Der Gerichtsschreiber: