Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Kassationshof in Strafsachen 6S.388/2003
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6S.388/2003 /kra

Urteil vom 3. Februar 2004
Kassationshof

Bundesrichter Schneider, Präsident,
Bundesrichter Karlen, Ersatzrichterin Pont Veuthey,
Gerichtsschreiberin Arquint Hill.

X. _________,
Beschwerdeführer, vertreten durch Advokat Dr. Donald Stückelberger,

gegen

Y.________,
Beschwerdegegner, vertreten durch Advokat Marco Giavarini,

Sachbeschädigung (Art. 144 StGB),

Nichtigkeitsbeschwerde gegen das Urteil des Appellationsgerichts des Kantons
Basel-Stadt, Ausschuss, vom 11. Juni 2003.

Sachverhalt:

A.
Y. ________ mietete unter seiner Firma A.________ Büroräumlichkeiten in
Basel. Per 1. August 2000 wurden diese Mietlokalitäten an die Firma
B.________ untervermietet. Nach neun Monaten kündigte X._________, Inhaber
der Firma B.________, das Mietverhältnis auf Ende April 2001. Unmittelbar vor
Rückgabe des Mietobjekts erlaubte X._________ seinem Sohn und dessen Cousine,
Graffiti an den Wänden der bereits geräumten Büroräumlichkeiten anzubringen.

Am 4. Mai 2001 erstattete Y.________ Strafanzeige wegen Sachbeschädigung
gegen Unbekannt. Nach Bekanntwerden der Urheberschaft der Wandbemalungen
stellte er am 15. Februar 2002 Strafantrag gegen X._________ und machte
gleichzeitig eine Entschädigung in der Höhe von Fr. 6'500.-- geltend. Die
Graffiti liess er offenbar durch einen seiner Mitarbeiter überstreichen.

B.
Der Strafgerichtspräsident Basel-Stadt verurteilte X._________ am 29. Juli
2002 wegen Sachbeschädigung zu einer Busse von Fr. 700.--, bedingt löschbar
nach einer Probezeit von einem Jahr, und verwies die Schadenersatzforderung
an den Zivilrichter.

Das Appellationsgericht des Kantons Basel-Stadt wies am 11. Juni 2003 die
gegen den Schuldspruch erhobene Appellation von X._________ ab und bestätigte
das erstinstanzliche Urteil.

C.
X._________ führt eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde und beantragt, das
Urteil des Appellationsgerichts aufzuheben.

Das Appellationsgericht und Y.________ schliessen auf Abweisung der
Beschwerde.

D.
Dem Gesuch um aufschiebende Wirkung der Beschwerde wurde mit Verfügung des
Präsidenten des Kassationshofs vom 26. November 2003 stattgegeben.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1.
Das Bundesgericht ist an die tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz
gebunden (Art. 277bis Abs. 1 BStP). Ausführungen, die sich gegen die
tatsächlichen Feststellungen des angefochtenen Entscheids richten, sind
unzulässig (Art. 273 Abs. 1 lit. b BStP). Die Anwendung des Bundesrechts wird
insoweit ausschliesslich auf der Grundlage des von der Vorinstanz
festgestellten Sachverhalts geprüft (BGE 126 IV 65 E. 1). Auf die vorliegende
Nichtigkeitsbeschwerde ist daher nicht einzutreten, soweit sich der
Beschwerdeführer gegen die vorinstanzliche Sachverhaltsfeststellung wendet.

2.
2.1 Nach Art. 144 Abs. 1 StGB macht sich der Sachbeschädigung schuldig, wer
eine Sache, an der ein fremdes Eigentums-, Gebrauchs- oder Nutzniessungsrecht
besteht, beschädigt, zerstört oder unbrauchbar macht. Der Tatbestand der
Sachbeschädigung dient dem Schutz des Berechtigten vor jeder mehr als nur
belanglosen Beeinträchtigung seiner Sache. Als beeinträchtigt bzw. beschädigt
gilt eine Sache unter anderem, wenn in ihr äusseres Erscheinungsbild
eingegriffen bzw. ihre Ansehnlichkeit herabgesetzt wird. So erfüllt
beispielsweise bereits das (unerlaubte) Bemalen oder Besprayen einer Wand den
angeführten Straftatbestand (BGE 120 IV 319 E. 2a mit Hinweis).
Mit Recht bestreitet der Beschwerdeführer nicht, die Mieträumlichkeiten durch
das Anbringen der farbigen Graffiti beschädigt zu haben. Die Vorinstanz hat
den objektiven Tatbestand der Sachbeschädigung gestützt auf die
bundesgerichtliche Rechtsprechung richtigerweise als erfüllt betrachtet.

2.2 In subjektiver Hinsicht erfordert der Tatbestand der Sachbeschädigung
Vorsatz. Dabei genügt Eventualvorsatz (BGE 116 IV 143 E. 2b).

Der Beschwerdeführer hat um alle massgeblichen Umstände der ihm angelasteten
Sachbeschädigung gewusst. Dass er zumindest eventualvorsätzlich handelte,
wird von ihm zu Recht nicht in Abrede gestellt. Auf die zutreffenden
Ausführungen der Vorinstanz kann verwiesen werden.

3.
Der Beschwerdeführer macht geltend, das Bemalen der Mieträumlichkeiten mit
Graffiti sei ausschliesslich von zivilrechtlicher Relevanz. Damit geht er
offenbar davon aus, dass im (Unter)-Mietvertrag ein  Rechtfertigungsgrund für
sein Verhalten zu erblicken sei.

3.1 Durch den Mietvertrag verpflichtet sich der Vermieter, dem Mieter eine
Sache zum Gebrauch zu überlassen, und der Mieter, dem Vermieter dafür einen
Mietzins zu leisten (Art. 253 OR). Umfang und Grenzen des Gebrauchsrechts des
Mieters bestimmen sich in erster Linie nach dem Vertrag; subsidiär ist auf
die Zweckbestimmung der Mietsache abzustellen. Der Mieter ist nur zu
vertragsgemässem Gebrauch berechtigt (vgl. Art. 256 OR), daneben auch,
unabhängig vom Vertrag, zu sorgfältigem Gebrauch verpflichtet (Art. 257f OR).
Endet das Mietverhältnis, muss der Mieter die Sache gemäss Art. 267 Abs. 1 OR
in dem Zustand zurückgeben, der sich aus dem vertragsgemässen Gebrauch
ergibt.

3.2 Da Miete lediglich Überlassung zum Gebrauch bedeutet, ist eine
Veränderung oder Erneuerung des Mietobjekts durch den Mieter grundsätzlich
ausgeschlossen (vgl. Art. 260a OR). Der Vermieter muss sich folglich -
abweichende vertragliche Vereinbarungen vorbehalten - Eingriffe des Mieters,
die über den blossen Unterhalt und Gebrauch der Sache hinausgehen, nicht
gefallen lassen. Er kann vielmehr frei entscheiden, ob er einer Änderung der
Mietsache durch den Mieter zustimmen will oder nicht. Erteilt der Vermieter
seine (schriftliche) Zustimmung, gelten die vom Mieter vorgenommenen
Änderungen als genehmigt; eine Vertragsverletzung seitens des Mieters liegt
dann nicht vor (Roger Weber, Basler Kommentar, Obligationenrecht I, 3.
Auflage, Art. 260a Rz 1; Thomas Oberle, Mietrecht heute, Zürich 2002, S. 54;
Peter Zihlmann, Das Mietrecht, 2. Auflage, Zürich 1995, S. 86).

3.3 Der Beschwerdeführer liess unmittelbar vor Ablauf des Mietverhältnisses
mehrere Wände der bereits leerstehenden Bürolokalitäten im Hinblick auf deren
Rückgabe an den Beschwerdegegner mit farbigen Graffiti besprayen. Es handelt
sich dabei um einen substantiellen Eingriff in das Mietobjekt, welcher durch
den Vertragszweck, der Nutzung der Mietsache zur Ausübung einer
Geschäftstätigkeit, grundsätzlich nicht gedeckt ist.

Dass die Mietparteien eine von den gesetzlichen Bestimmungen abweichende
vertragliche Vereinbarung getroffen hätten, welche den Beschwerdeführer
ausnahmsweise zu einer solchen Nutzung der Mietsache ermächtigte, ist nicht
ersichtlich und wird auch nicht geltend gemacht. Ebenso wenig kann sich der
Beschwerdeführer auf das Vorliegen einer zumindest nachträglich erteilten
Zustimmung des Beschwerdegegners berufen, welche die inkriminierte Handlung
genehmigen und die entsprechende Vertragsverletzung des Beschwerdeführers
heilen würde. Unter diesen Umständen liegt aber eine vertragswidrige Nutzung
der Mietsache durch den Beschwerdeführer vor. Damit entfällt freilich auch
die Möglichkeit, die als Sachbeschädigung qualifizierte Verhaltensweise des
Beschwerdeführers gestützt auf das Mietrechtsverhältnis bzw. die
mietrechtlichen Bestimmungen zu rechtfertigen. Die Nichtigkeitsbeschwerde
erweist sich insoweit als unbegründet.

3.4 Andere Gründe, welche der Beschwerdeführer zur Rechtfertigung seiner
schädigenden Verhaltensweise in Anspruch nehmen könnte, liegen nicht vor. So
ist insbesondere sein Hinweis auf die nachträgliche Einwilligung der
Eigentümerin des Mietobjekts unbehelflich. Denn der Beschwerdegegner braucht
eine Verletzung seiner selbständigen Berechtigung als Mieter bzw.
Untervermieter der Büroräumlichkeiten nicht hinzunehmen.

4.
Nach dem Gesagten ist die Nichtigkeitsbeschwerde abzuweisen, soweit darauf
einzutreten ist. Bei diesem Ausgang des Verfahrens hat der Beschwerdeführer
die bundesgerichtlichen Kosten zu tragen (Art. 278 Abs. 1 BStP). Dem
obsiegenden Beschwerdegegner wird eine angemessene Entschädigung aus der
Bundesgerichtskasse zugesprochen. Der unterliegende Beschwerdeführer wird
verpflichtet, ihr dafür Ersatz zu leisten (Art. 278 Abs. 3 BStP).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.

2.
Die Gerichtsgebühr von Fr. 2'000.-- wird dem Beschwerdeführer auferlegt.

3.
Dem Beschwerdegegner wird für das bundesgerichtliche Verfahren eine
Entschädigung von Fr. 1'500.-- aus der Bundesgerichtskasse ausgerichtet. Der
Beschwerdeführer wird verpflichtet, ihr dafür Ersatz zu leisten.

4.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Appellationsgericht des Kantons
Basel-Stadt, Ausschuss, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 3. Februar 2004

Im Namen des Kassationshofes
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident:  Die Gerichtsschreiberin: