Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Kassationshof in Strafsachen 6S.352/2003
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6S.352/2003 /kra

Sitzung vom 19. Februar 2004
Kassationshof

Bundesrichter Schneider, Präsident,
Bundesrichter Wiprächtiger, Kolly, Karlen,
Ersatzrichterin Pont Veuthey,
Gerichtsschreiber Näf.

X. ________,
Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwalt Reto A. Lardelli,

gegen

Eidgenössische Steuerverwaltung, Hauptabteilung Mehrwertsteuer,
Schwarztorstrasse 50, 3003 Bern.

Fahrlässige Steuerhinterziehung (Art. 85 Abs. 3 MWSTG); Verjährung,

Nichtigkeitsbeschwerde gegen das Urteil des Kantonsgerichts von Graubünden,
Kantonsgerichtsausschuss, vom 20. August 2003.

Sachverhalt:

A.
A.a Die eidgenössische Steuerverwaltung (ESTV) führte im August 1997 beim
Förderverein A.________ eine Mehrwertsteuerkontrolle durch, welche die
Abrechnungsperiode vom 20. Juli 1995 bis zum 30. Juni 1997 umfasste. Aus dem
Kontrollbericht des Inspektors der Hauptabteilung Mehrwertsteuer der ESTV vom
22. August 1997 samt den dazugehörenden Unterlagen ergibt sich, dass beim
Förderverein A.________ ungenügend Buch geführt, Belege nicht ausreichend
aufbewahrt, Umsätze nicht richtig deklariert und unberechtigte
Vorsteuerabzüge vorgenommen worden waren und daher ungenügende
Mehrwertsteuerabrechnungen erfolgten. Dem Förderverein A.________ wurden
deshalb im Jahre 1997 fünf Ergänzungsabrechnungen über einen Gesamtbetrag von
Fr. 178'928.-- zugestellt. Drei Ergänzungsabrechnungen blieben vollständig
beziehungsweise überwiegend unbeglichen. Daher wurde der Verein B.________,
der von der ESTV in diesem Bereich als Rechtsnachfolger des per 30. April
1997 aufgelösten Fördervereins A.________ betrachtet wurde, durch drei
Zahlungsbefehle vom 20. November 1998, 7. Dezember 1998 und 28. Januar 1999
betrieben.

Nachdem gegen alle drei Zahlungsbefehle Rechtsvorschlag erhoben worden war,
erliess die ESTV - am 4. Februar, 8. Februar und 1. März 1999 - gestützt auf
Art. 51 MWSTV drei Entscheide, worin festgehalten wurde, dass der Verein
B.________ die darin genannten Nachsteuerbeträge noch zu zahlen habe und
hiermit die Rechtsvorschläge gegen die Zahlungsbefehle aufgehoben seien.
Gegen diese drei Entscheide der ESTV erhob der Verein B.________ am 5. März
1999 Einsprache mit dem Antrag, sie seien aufzuheben und neu auf den
Förderverein A.________ auszustellen. Zur Begründung wurde ausgeführt, die
Zustellung sei falsch. Der Förderverein A.________ sei aufgelöst worden und
habe keinen Zusammenhang mit dem Verein B.________. Die ESTV trat mit
Entscheid vom 17. Mai 2001 auf die Einsprache nicht ein, unter anderem mit
der Begründung, dass die Vertreterin des Einsprechers die verlangte Vollmacht
nicht innert der gesetzten Nachfrist und daher zu spät eingereicht habe.
Dieser Einspracheentscheid blieb unangefochten.

A.b Die ESTV sandte am 28. August 2001 ein Schreiben an die C.________AG,
welche sie als Nachfolgefirma des Fördervereins A.________ und des Vereins
B.________ betrachtete. Im Schreiben wurde zur Abklärung des Sachverhalts,
namentlich zur Abgrenzung der Verantwortlichkeitsbereiche, unter anderem die
Frage gestellt, welche Personen in der Periode vom 20. Juli 1995 bis zum 30.
Juni 1997 beim Förderverein A.________ für die Geschäftsführung, die
Buchhaltung, die Abschlüsse und die Mehrwertsteuerabrechnungen verantwortlich
gewesen seien. Mit Schreiben vom 6. September 2001 ersuchte die C.________AG
um Verlängerung der Antwortfrist. Da in den letzten Jahren mehrere
Vorstandsmitglieder ausgetreten seien, sei es nicht möglich, die
verschiedenen Fragen termingerecht zu beantworten. Das Schreiben war von
X.________, Finanzen, unterzeichnet.

B.
Die ESTV verurteilte X.________, der im massgebenden Zeitraum als Finanzchef
beim Förderverein A.________ für die Mehrwertsteuerabrechnungen
verantwortlich gewesen war, mit Strafverfügung vom 21. Februar 2003 - wie
bereits mit Strafbescheid vom 28. November 2002 - wegen fahrlässiger
Hinterziehung der Mehrwertsteuer im Sinne des als neues, milderes Recht
anwendbaren Art. 85 Abs. 3 MWSTG zu einer Busse von 2'000 Franken. X.________
verlangte die gerichtliche Beurteilung.

C.
Der Kantonsgerichtsausschuss von Graubünden verurteilte X.________ am 20.
August 2003 wegen fahrlässiger Steuerhinterziehung im Sinne von Art. 85 Abs.
3 MWSTG zu einer Busse von 2'000 Franken.

D.
X.________ führt eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde mit dem Antrag, das
Urteil sei aufzuheben.

E.
Der Kantonsgerichtsausschuss hat unter Hinweis auf die Erwägungen im
angefochtenen Urteil auf Gegenbemerkungen verzichtet und beantragt die
Abweisung der Beschwerde, soweit darauf einzutreten ist.

F.
Die Staatsanwaltschaft des Kantons Graubünden und die Schweizerische
Bundesanwaltschaft haben auf Vernehmlassung verzichtet.

G.
Die ESTV beantragt in ihrer Vernehmlassung, die Nichtigkeitsbeschwerde sei
vollumfänglich abzuweisen und der angefochtene Entscheid zu bestätigen.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1.
Der Beschwerdeführer macht einzig geltend, die inkriminierten Taten seien im
Zeitpunkt der Ausfällung des angefochtenen Urteils entgegen der Auffassung
der Vorinstanz verjährt gewesen.

1.1 Die Verfolgung und Beurteilung von Widerhandlungen gegen das
Mehrwertsteuergesetz fallen unter den Anwendungsbereich des Bundesgesetzes
über das Verwaltungsstrafrecht (siehe Art. 88 Abs. 1 MWSTG, Art. 1 VStrR).
Gemäss Art. 2 VStrR gelten für Taten, die in der Verwaltungsgesetzgebung des
Bundes mit Strafe bedroht sind, die allgemeinen Bestimmungen des
Strafgesetzbuches, soweit das Bundesgesetz über das Verwaltungsstrafrecht
oder das einzelne Verwaltungsgesetz nichts anderes bestimmt. Art. 4 ff. VStrR
regeln einige Abweichungen vom Schweizerischen Strafgesetzbuch. Art. 11 VStrR
sieht in Bezug auf die Verfolgungsverjährung eine vom Strafgesetzbuch
teilweise abweichende Regelung vor.

Die Bestimmungen des Strafgesetzbuches betreffend die Verfolgungsverjährung
(Art. 70 ff. StGB) sind durch Bundesgesetz vom 5. Oktober 2001, in Kraft seit
1. Oktober 2002, geändert worden (AS 2002 S. 2993, AS 2002 S. 3146). Die
neuen Bestimmungen gelten nach Art. 333 Abs. 5 StGB in der Fassung gemäss
Bundesgesetz vom 22. März 2002, in Kraft seit 1. Oktober 2002 (AS 2002 S.
2986), einstweilen grundsätzlich auch für Taten, die in anderen
Bundesgesetzen mit Strafe bedroht sind. Nach Art. 333 Abs. 5 lit. b StGB
werden die Verfolgungsverjährungsfristen für Übertretungen, die über ein Jahr
betragen, um die ordentliche Dauer verlängert. Gemäss Art. 333 Abs. 5 lit. c
StGB werden die Regeln über die Unterbrechung und das Ruhen der
Verfolgungsverjährung aufgehoben. Vorbehalten bleibt Art. 11 Abs. 3 VStrR.
Nach Art. 333 Abs. 5 lit. d StGB tritt die Verfolgungsverjährung nicht mehr
ein, wenn vor Ablauf der Verjährungsfrist ein erstinstanzliches Urteil
ergangen ist.

Die inkriminierten Widerhandlungen wurden unter dem Geltungsbereich des alten
Verjährungsrechts begangen, aber nach dem Inkrafttreten des neuen Rechts
beurteilt. Das neue Recht ist für den Beschwerdeführer unstreitig nicht das
mildere. Daher ist vorliegend nach der zutreffenden Auffassung der Vorinstanz
das alte Verjährungsrecht anwendbar (siehe Art. 2, 337 Abs. 1 StGB).

1.2 Die inkriminierten Widerhandlungen sind im Sinne von Art. 11 Abs. 2 VStrR
Übertretungen, welche in einer Hinterziehung von Abgaben bestehen. Sie
verjähren daher altrechtlich gemäss dieser Bestimmung relativ in 5 und
absolut in 7 ½ Jahren. Da Art. 11 Abs. 2 VStrR zwar die Unterbrechung der
Verjährung vorsieht, aber keine Unterbrechungsgründe nennt, findet insoweit
gemäss Art. 2 VStrR, welcher auf die allgemeinen Bestimmungen des
Strafgesetzbuches verweist, Art. 72 Ziff. 2 Abs. 1 aStGB Anwendung. Danach
wird die Verjährung unterbrochen durch jede Untersuchungshandlung einer
Strafverfolgungsbehörde oder Verfügung des Gerichts gegenüber dem Täter,
namentlich durch Vorladungen, Einvernahmen, durch Erlass von Haft- oder
Hausdurchsuchungsbefehlen sowie durch Anordnung von Gutachten, ferner durch
jede Ergreifung von Rechtsmitteln gegen einen Entscheid.

Gemäss Art. 11 Abs. 3 VStrR ruht die Verjährung bei Vergehen und
Übertretungen während der Dauer eines Einsprache-, Beschwerde- oder
gerichtlichen Verfahrens über die Leistungs- oder Rückleistungspflicht oder
über eine andere nach dem einzelnen Verwaltungsgesetz zu beurteilende
Vorfrage oder solange der Täter im Ausland eine Freiheitsstrafe verbüsst.

1.3
1.3.1Die Vorinstanz hat es als fraglich erachtet, aber letztlich offen
gelassen, ob das durch die Einsprache vom 5. März 1999 bei der ESTV
eingeleitete und durch Nichteintretensentscheid der ESTV vom 17. Mai 2001
abgeschlossene Verfahren als ein Einspracheverfahren im Sinne von Art. 11
Abs. 3 VStrR zu betrachten sei und ob demnach die Verfolgungsverjährung
während dieses Zeitraums von rund 2 Jahren und 2 ½ Monaten gemäss der
genannten Bestimmung geruht habe (angefochtenes Urteil S. 9 f.). Die
Vorinstanz hat auch offen gelassen, ob zwischen den mehreren zu
beanstandenden Steuerdeklarationen des Beschwerdeführers eine
verjährungsrechtliche Einheit bestehe und daher die Verfolgungsverjährung
erst mit der letzten Deklaration begonnen habe (angefochtener Entscheid S.
9). Die Vorinstanz hat erkannt, die inkriminierten Handlungen seien im
Zeitpunkt der Ausfällung ihres Urteils in jedem Fall nicht verjährt gewesen,
auch wenn davon ausgegangen werde, dass die Verjährung mit der am weitesten
zurückliegenden Deklaration begonnen habe, welche vom 14. Oktober 1996
datiere und am 22. Oktober 1996 bei der ESTV eingegangen sei. Die Verjährung
sei nämlich am 28. August 2001 und somit vor Ablauf der relativen
Verjährungsfrist von 5 Jahren unterbrochen worden. Durch das Schreiben vom
28. August 2001 an die C.________AG habe die ESTV unter Hinweis auf Art. 40
VStrR förmlich und unter Fristansetzung darüber Auskunft verlangt, wer im
massgebenden Zeitraum beim Förderverein A.________ und beim Verein B.________
für eine korrekte Mehrwertsteuerabrechnung zuständig gewesen sei. Dieses nach
aussen in Erscheinung getretene, auf die Individualisierung des im Umfeld des
Vereins B.________ anzusiedelnden Täters gerichtete und damit dem Fortgang
des Verfahrens dienende Vorgehen der zuständigen Strafverfolgungsbehörde habe
die Verjährung unterbrochen, zumal der Beschwerdeführer vom Schreiben
Kenntnis genommen und am 6. September 2001 die ESTV um Erstreckung der
Antwortfrist ersucht habe (angefochtenes Urteil S. 10/11).

1.3.2 Der Beschwerdeführer macht geltend, das Schreiben der ESTV vom 28.
August 2001 habe die Verjährung nicht unterbrochen. Es habe gemäss seinem
Wortlaut "zur Abklärung des Sachverhalts (namentlich zur Abgrenzung der
Verantwortlichkeiten)" gedient, mithin offensichtlich erst der vorbereitenden
Abklärung, ob und allenfalls gegen wen ein Fiskalstrafverfahren einzuleiten
sei. Der allfällige Täter sei noch völlig unbekannt gewesen. Das Schreiben
habe sich nicht gegen ihn, den Beschwerdeführer, gerichtet, da er ja der ESTV
als Unterzeichner der Mehrwertsteuerdeklarationen bereits bekannt gewesen
sei. Das Schreiben sei keine Massnahme "gegenüber dem Täter" im Sinne von
Art. 72 Ziff. 2 Abs. 1 aStGB. Der Beschwerdeführer deutet zudem an, das
Schreiben vom 28. August 2001 sei keine "Untersuchungshandlung" gewesen, da
nicht feststehe, ob in jenem Zeitpunkt bereits ein Untersuchungsverfahren
hängig gewesen sei. Er bezweifelt schliesslich, dass der Absender des
Schreibens ein Organ der Strafverfolgung sei.

1.3.3 Die ESTV vertritt in ihrer Vernehmlassung zunächst die Ansicht, die
Strafverfolgung habe in der Zeit vom 5. März 1999 (Einreichung der
Einsprache) bis zum 17. Mai 2001 (Ausfällung des Einspracheentscheides)
gemäss Art. 11 Abs. 3 VStrR geruht. Sie macht sodann geltend, das Schreiben
vom 28. August 2001 sei (im Sinne von Art. 72 Ziff. 2 Abs. 1 aStGB) eine
Untersuchungshandlung einer Strafverfolgungsbehörde. Die ESTV habe auf
konkreten Tatverdacht hin und in Eröffnung einer Strafuntersuchung mit
Schreiben vom 28. August 2001 von der C.________AG Auskunft einverlangt. Mit
diesem Auskunftsbegehren sei das Verwaltungsstrafverfahren korrekt eröffnet
worden. Die ESTV bringt schliesslich sinngemäss zum Ausdruck, das Schreiben
vom 28. August 2001 sei im Sinne von Art. 72 Ziff. 2 Abs. 1 aStGB eine
Massnahme "gegenüber dem Täter" gewesen. Es sei gängige Praxis der ESTV, das
Auskunftsbegehren dem Unternehmen zukommen zu lassen. Die ESTV habe nämlich
die Möglichkeit, die Busse gestützt auf Art. 7 VStrR beziehungsweise Art. 87
MWSTG anstatt einer natürlichen Person dem Geschäftsbetrieb aufzuerlegen,
wenn die Ermittlung der natürlichen Personen Untersuchungsmassnahmen bedingen
würde, welche im Hinblick auf die verwirkte Strafe unverhältnismässig wären.
Wenn die ESTV bestrebt sei, den Täter aus einem bestimmten Personenkreis
innerhalb eines Unternehmens oder eines Vereins zu ermitteln, lasse sie das
Auskunftsbegehren nie gleichzeitig an alle Mitglieder eines Unternehmens
beziehungsweise eines Vereins persönlich zukommen, um die Verjährung zu
unterbrechen. Ein solches Vorgehen würde den Erfolg der Untersuchung
gefährden und wäre demnach unzweckmässig.

2.
2.1 Das Schreiben der ESTV vom 28. August 2001 ist an die C.________AG
gerichtet. Laut der Überschrift wird darin um Auskunft betreffend den
Förderverein A.________ und den Verein B.________ ersucht. Einleitend wird im
Schreiben darauf hingewiesen, dass gestützt auf Art. 40 VStrR der
untersuchende Beamte mündliche oder schriftliche Auskünfte einholen oder
Auskunftspersonen einvernehmen kann. Sodann wird festgehalten, dass (nach der
Ansicht der ESTV) der Förderverein A.________ und der Verein B.________
Vorgänger-Firmen der C.________AG seien. "Zur Abklärung des Sachverhalts
(namentlich zur Abgrenzung der Verantwortlichkeitsbereiche)" werden einige
Fragen gestellt. Im Schreiben wird das Ergebnis der im August 1997 beim
Förderverein A.________ durchgeführten Kontrolle festgehalten. Es werden
unter anderem die Fragen gestellt, wer in der massgeblichen Periode vom 20.
Juli 1995 bis zum 30. Juni 1997 für die Geschäftsführung sowie für die
Buchhaltung, die Abschlüsse und die Mehrwertsteuerabrechnungen verantwortlich
gewesen sei, und um Angabe der Namen und Adressen dieser Personen gebeten.
Für den Fall, dass die Buchhaltung und die Mehrwertsteuerabrechnungen durch
einen Treuhänder erledigt worden sein sollten, wird um die Angabe von dessen
Namen und Adresse gebeten sowie um Zustellung des allfälligen schriftlichen
Auftrags beziehungsweise um eine Beschreibung des allfälligen mündlichen
Auftrags ersucht.

2.2 Im Schreiben der ESTV wird einleitend auf Art. 40 VStrR hingewiesen,
wonach der untersuchende Beamte mündliche oder schriftliche Auskünfte
einholen oder Auskunftspersonen einvernehmen kann. Art. 40 VStrR ist im
zweiten Unterabschnitt des Gesetzes betreffend die "Untersuchung"
eingeordnet. Das Schreiben ist unterzeichnet von einem Beamten der Sektion
Strafwesen der Abteilung Rechtswesen der Hauptabteilung Mehrwertsteuer der
ESTV, mithin von einem untersuchenden Beamten der beteiligten Verwaltung
(siehe Art. 88 Abs. 2 MWSTG; Art. 88 Abs. 1 MWSTG i.V.m. Art. 20 Abs. 1 und
Art. 37 Abs. 1 VStrR). Das Schreiben wurde an die C.________AG versandt und
bezweckte die Abklärung der Identität der für die mangelhaften
Mehrwertsteuerabrechnungen verantwortlichen Personen. Es diente somit dem
Fortgang des Verfahrens und trat nach aussen in Erscheinung (siehe dazu BGE
126 IV 5 1b; 90 IV 62 E. 1, je mit Hinweisen). Das Schreiben der ESTV vom 28.
August 2001 ist daher eine Untersuchungshandlung einer
Strafverfolgungsbehörde im Sinne von Art. 72 Ziff. 2 Abs. 1 aStGB.

2.3
2.3.1Verjährungsunterbrechend wirken allerdings gemäss Art. 72 Ziff. 2 Abs. 1
aStGB nur Untersuchungshandlungen der Strafverfolgungsbehörden "gegenüber dem
Täter" ("contre l'auteur", "contro l'agente"). Gemeint ist damit, da der
"Täter" erst nach der rechtskräftigen Verurteilung feststeht, der
Tatverdächtige.

Die für die mangelhaften Mehrwertsteuerabrechnungen zuständige
beziehungsweise verantwortliche Person war im Zeitpunkt des Schreibens der
ESTV weder namentlich bekannt noch sonst wie individuell bestimmt. Das
Schreiben der ESTV diente gerade der Identifizierung dieser Person. Damit
stellt sich die Frage, ob das Schreiben gleichwohl die Verjährung
unterbrochen hat.

2.3.2 Die in Art. 72 Ziff. 2 Abs. 1 aStGB ausdrücklich genannten
Untersuchungshandlungen gegenüber dem Täter - Vorladungen, Einvernahmen,
Erlass von Haft- und Hausdurchsuchungsbefehlen, Anordnung von Gutachten -
sind nur möglich gegenüber einer namentlich bekannten beziehungsweise sonst
wie individuell bestimmten Person. Die Aufzählung in Art. 72 Ziff. 2 Abs. 1
aStGB ist indessen nicht abschliessend.

2.3.3 Nach Art. 72 Ziff. 2 Abs. 1 StGB in seiner ursprünglichen Fassung wurde
die Verfolgungsverjährung lediglich unterbrochen "durch jede Vorladung des
Beschuldigten vor ein schweizerisches Untersuchungsamt oder Gericht sowie
durch jede Einvernahme des Beschuldigten im Untersuchungsverfahren". Diese
Regelung wurde in der Praxis bald als zu eng empfunden. Im Rahmen der
Teilrevision des Strafgesetzbuches durch Bundesgesetz vom 5. Oktober 1950
wurde daher der Katalog der Unterbrechungsgründe erweitert und zudem ein
allgemeiner Unterbrechungstatbestand geschaffen. Mit dem Erfordernis, dass
die Untersuchungshandlung "gegenüber dem Täter" zu erfolgen hat, sollte
gemäss dem Votum des Berichterstatters im Ständerat, Schoch, vermieden
werden, dass durch den Federstrich eines Kanzlisten die Verjährung
unterbrochen werden könne (StenBull StR 1950 S. 584). Der Berichterstatter im
Ständerat wies darauf hin, eine Streitfrage werde sein, ob eine gegen einen
unbekannten Täter gerichtete Untersuchungshandlung auch unterbrechend wirke.
Sicher könne nicht erforderlich sein, dass der Täter dem Namen nach bekannt
sei, sondern genüge es, dass eine bestimmte Person, die zum Beispiel durch
ein Signalement umschrieben sei, in Anspruch genommen werde. Die Kommission
habe die Auffassung, dass auch die Untersuchungshandlung gegen einen
unbekannten Täter für die Verjährung unterbrechend wirke. Sache der Praxis
werde es auch sein, den Begriff der Untersuchungshandlung näher
auszugestalten, wobei eine einschränkende Auslegung kaum am Platze sein werde
(a.a.O., S. 585; siehe auch das Protokoll der Verhandlung der ständerätlichen
Kommission, II. Session, vom 10./12. November 1949, S. 36 ff., 43). Im
Nationalrat hielt der französischsprachige Berichterstatter, Perrin, fest,
dass der Kreis der Unterbrechungshandlungen unter anderem durch einen
allgemeinen Unterbrechungstatbestand erweitert werde. "Il ne faut pas faire
la part trop belle au délinquant" (StenBull NR 1950 S. 193). Keine
Unterbrechungswirkung habe allerdings eine Untersuchungshandlung "dans le
vide, contre un auteur tout à fait inconnu" (a.a.O., S. 193). Aus den
Materialien ergibt sich somit, dass nach den Vorstellungen des historischen
Gesetzgebers Art. 72 Ziff. 2 Abs. 1 StGB in der Fassung gemäss Bundesgesetz
vom 5. Oktober 1950 jedenfalls nicht restriktiv auszulegen ist.

Der Bundesrat schlug in seiner Botschaft zur Änderung des Allgemeinen Teils
des Strafgesetzbuches vor, zum Zweck der Vereinfachung und der Gewährleistung
der erforderlichen Rechtssicherheit auf das System des Ruhens und der
Unterbrechung der Verjährung ganz zu verzichten und die Verjährungsfristen zu
verlängern (BBl 1999 1979 f., 2134). Das neue, am 1. Oktober 2002 in Kraft
getretene Verjährungsrecht gemäss Bundesgesetz vom 5. Oktober 2002 sieht die
Unterbrechung der Verfolgungsverjährung nicht mehr vor. Stattdessen sind die
Verjährungsfristen generell länger. Die neurechtlichen Fristen entsprechen
ungefähr den altrechtlichen absoluten Verjährungsfristen. Auch mit Rücksicht
auf diese neue Regelung rechtfertigt es sich nicht, Art. 72 Ziff. 2 Abs. 1
aStGB einschränkend auszulegen.

2.3.4 Dass der objektive Tatbestand der Hinterziehung der Mehrwertsteuer
erfüllt war, ergab sich bereits aus den Buchhaltungsunterlagen. Damit stellte
sich nur noch die Frage, wer hiefür verantwortlich war. Als Verdächtige kamen
nur wenige Personen in Betracht, nämlich die Personen, die innerhalb des
Vereins oder ausserhalb desselben (etwa als beigezogene externe Buchhalter
oder Treuhänder) irgendetwas mit der Buchhaltung und den
Mehrwertsteuerabrechnungen zu tun hatten. Der Kreis der Verdächtigen war
damit von vornherein eng begrenzt und konkretisiert. Durch ein
Auskunftsersuchen konnten die Verdächtigen auf einfache Weise ohne weiteres
identifiziert werden. Das Schreiben der ESTV vom 28. August 2001 an die
C.________AG war daher nicht eine Untersuchungshandlung gleichsam ins Leere
gegenüber einem völlig unbekannten Täter. Vielmehr war bereits im Zeitpunkt
dieses Schreibens der Täter zwar nicht namentlich bekannt, aber hinreichend
individualisiert.

2.3.5 Die ESTV brachte durch ihr Schreiben an die C.________AG, welche sie
als Rechtsnachfolgerin des Fördervereins A.________ betrachtete,
unmissverständlich den staatlichen Strafanspruch gegen die für die
Widerhandlungen im Geschäftsbetrieb des Vereins verantwortlichen Personen zum
Ausdruck. Das Schreiben hat daher auch nach der "ratio legis" von Art. 72
Ziff. 2 Abs. 1 aStGB verjährungsunterbrechende Wirkung.

2.4 Das Auskunftsersuchen der ESTV vom 28. August 2001 an die C.________AG
ist demnach im Sinne von Art. 72 Ziff. 2 Abs. 1 aStGB eine
Untersuchungshandlung einer Strafverfolgungsbehörde gegenüber dem Täter, und
es hat daher die Verfolgungsverjährung unterbrochen.

Im Zeitpunkt dieses Schreibens lagen sämtliche inkriminierten Widerhandlungen
weniger als fünf Jahre zurück (siehe angefochtenes Urteil S. 10 unten). Mit
dem Auskunftsersuchen begann gemäss Art. 72 Ziff. 2 Abs. 2 aStGB die
Verjährungsfrist neu zu laufen. Im massgebenden Zeitpunkt der Ausfällung des
hier angefochtenen Urteils vom 20. August 2003 war die absolute
Verjährungsfrist von 7 ½ Jahren noch nicht verstrichen und waren die
inkriminierten Widerhandlungen daher nicht verjährt.

Die eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde ist somit abzuweisen.

3.
Bei diesem Ausgang des Verfahrens hat der Beschwerdeführer die
bundesgerichtlichen Kosten zu tragen (Art. 97 Abs. 1 VStrR i.V.m. Art. 278
Abs. 1 BStP).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde wird abgewiesen.

2.
Die Gerichtsgebühr von Fr. 2'000.-- wird dem Beschwerdeführer auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, der Eidgenössischen Steuerverwaltung
und dem Kantonsgericht von Graubünden, Kantonsgerichtsausschuss, sowie der
Staatsanwaltschaft des Kantons Graubünden und der Schweizerischen
Bundesanwaltschaft schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 19. Februar 2004

Im Namen des Kassationshofes
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident:  Der Gerichtsschreiber: